LG Berlin: Bewerbung eines Insektenschutzmittels als „umweltfreundlich“ ist unlauter
Hinweis: Interessante weiterführende Informationen zum Thema hat die IT-Recht Kanzlei in ihrem Beitrag "Leitfaden: Biozide im Internet rechtssicher verkaufen" veröffentlicht.
Mit Urteil vom 10.11.2023 (Az.: 15 O 8/23) hat das LG Berlin die Werbung für ein Insektenschutzmittel mit den Aussagen „100% natürliches Mittel“, „100% natürliche Inhaltsstoffe“, „Unschädlich für Mensch, Tier und Umwelt“ sowie „Umweltfreundlich“ als unlauter erachtet. Zudem fehlten in der Werbung die für Biozide erforderlichen Warnhinweise, was das Gericht ebenfalls als wettbewerbswidrig ansah.
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt
Die Beklagte warb im Internet für ein Insektenschutzmittel, welches der Fernhaltung von Schadorganismen (z.B. von wirbellosen Tieren wie Flöhen und Zecken) dient ohne Warnhinweise mit den Aussagen „100% natürliches Mittel“, „100% natürliche Inhaltsstoffe“, „Unschädlich für Mensch, Tier und Umwelt“ sowie „Umweltfreundlich“. Das streitgegenständliche Insektenschutzmittel ist bei der Bundesstelle für Chemikalien der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin als Biozidprodukt registriert.
Der Kläger, ein Wettbewerbsverein, sah hierin einen Verstoß gegen die Biozid-VO (VO [EU] Nr. 528/2012), mahnte die Beklagte wegen der Werbung ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Da die Beklagte die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgab, wurde sie von dem Verein vor dem LG Berlin gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Entscheidung des LG Berlin
Das LG Berlin hat die Beklagte zur Unterlassung verurteilt. Die streitgegenständliche Werbung sei unlauter, da sie gegen die Biozid-VO verstoße, wobei es sich um eine Marktverhaltensregel i.S.d. § 3a UWG handle.
Die streitgegenständliche Werbung verstoße gegen Art. 72 Abs. 1 S. 1 Biozid-VO. Danach ist jeder Werbung für Biozidprodukte folgender Hinweis hinzuzufügen: „Biozidprodukte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformation lesen.“ Diese Sätze müssen sich von der eigentlichen Werbung deutlich abheben und gut lesbar sein, Art. 72 Abs. 1 S. 2 Biozid.-VO. Einen solchen Hinweis enthielt die Werbung der Beklagten jedoch nicht.
Darüber hinaus verstoße die Werbung gegen Art. 72 Abs. 3 Biozid-VO. Danach darf das Produkt nicht in einer Art und Weise dargestellt werden, die hinsichtlich der Risiken des Produkts für die Gesundheit von Mensch und Tier oder für die Umwelt oder seiner Wirksamkeit irreführend ist. Die Werbung für ein Biozidprodukt darf auf keinen Fall die Angaben „Biozidprodukt mit niedrigem Risikopotential“, „ungiftig“, „unschädlich“, „natürlich“, „umweltfreundlich“, „tierfreundlich“ oder ähnliche Hinweise enthalten, Art. 72 Abs. 3 S. 2 Biozid-VO.
Dasselbe gilt nach Art. 69 Abs. 2 Biozid-VO für die Angaben auf dem Etikett. Auch hiergegen habe die Beklagte verstoßen, indem sie mit den Angaben „100% natürliches Mittel“, „100 % natürliche Inhaltsstoffe“, „unschädlich für Mensch, Tier und Umwelt“ und „umweltfreundlich“ warb.
Fazit
Der Verkauf von Biozidprodukten unterliegt hohen rechtlichen Hürden. Nicht nur die rechtliche Einordnung kann unter Umständen schwierig sein. Auch bei der Werbung für Biozidprodukte ist Vorsicht geboten. Dass relativierende Aussagen wie „umweltfreundlich“, „unschädlich für Mensch, Tier und Umwelt“ und „100% natürliche Inhaltsstoffe“ im Zusammenhang mit dem Verkauf von Biozidprodukten unzulässig und abmahnbar sein können, zeigt die o. a. Entscheidung des LG Berlin. Online-Händler, die entsprechende Produkte vertreiben, sollten daher sicherstellen, dass ihre Werbung den gesetzlichen Anforderungen genügt. Anderenfalls drohen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen.
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