Böses vs. Region - Beeinträchtigung eines nur regional bekannten Unternehmenskennzeichens führt nicht zur Löschung einer bösgläubig angemeldeten Marke

Wieder einmal zeigte der BGH mit jüngster Entscheidung vom 15.10.2015 (Az.: I ZB 44/14), dass die Beeinträchtigung eines nur lokal bekannten Unternehmenskennzeichens wie z.B. ein Restaurantname oder wie hier im zu zugrunde liegenden Fall die Bezeichnung eines Schwimmbads (§ 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG) , nicht ausreicht, um die Löschung einer bösgläubig angemeldeten Marke zu erzielen (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG) . Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass derjenige, der einen rechtlich ungeschützten Besitzstand erworben hat, danach besser gegen Böswilligkeit geschützt sein kann, als derjenige, der ein räumlich auf das lokale Tätigkeitsgebiet des Unternehmens beschränktes Schutzrecht erworben hat.
Im dem BGH zur Entscheidung vorliegenden Fall pachtete die Markeninhaberin als Geschäftsführerin der „T.B. mbH“ mit Vertrag vom 01.10.2001 von der „Stiftung Neues Tempodrom“ Räumlichkeiten eines in Berlin befindlichen Veranstaltungsgebäudes mit der Bezeichnung „Liquidrom“ an. Das als „Liquidrom“ bezeichnete Bad eröffnete im Jahre 2002. Bereits nur zwei Jahre später fielen Pächterin und Verpächterin jedoch in Insolvenz mit der Folge, dass das Pachtverhältnis 2005 wieder beendet wurde. Noch im selben Jahr erfolgte sodann eine Neuausschreibung für die Wiedereröffnung des „Liquidroms“. Nach zuvor erfolgloser Bewerbung um einen Pachtvertrag, ließ sich die Geschäftsführerin der „ T-GmbH i. Gr.“ 2006 in der Folge die Wortmarke „LIQUIDROM“ für verschiedene Dienstleistungen in das Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragen. Das „Liquidrom“ wurde 2007 wiedereröffnet und seitdem von der „Liquidrom GmbH & Co. KG“ betrieben. Gegen diese Markenanmeldung ging der Hausherr des Veranstaltungsgebäudes „Liquidrom“ vor. Er berief sich in diesem Zusammenhang auf den Schutz der Unternehmenskennzeichnungen, weil der Name „Liquidrom“ als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs i.S.v. § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG schon vor der Eintragung in Berlin verwendet worden sei. Er selbst hatte keine Marke angemeldet.
#BGH: „Liquidrom“ genießt keinen bundesweiten, sondern nur einen räumlichen auf das lokale Tätigkeitsgebiet des Unternehmens beschränkten Schutzbereich#
Der BGH stellte in seiner Entscheidung heraus, dass die Bezeichnung „Liquidrom“ keinen bundesweiten, sondern nur einen räumlich auf das lokale Tätigkeitsgebiet des Unternehmens beschränkten Schutzbereich aufweise. Der Umstand, dass derjenige, der einen rechtlich ungeschützten Besitzstand erworben hat, danach besser gegen Böswilligkeit geschützt sein kann als derjenige, der ein räumlich beschränktes Schutzrecht erworben hat, führt zu keiner abweichenden Beurteilung.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist von einer Böswilligkeit des Anmelders i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG nur dann auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt. Eine böswillige Markenanmeldung scheint insbesondere dann gegeben zu sein, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbares Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben und wenn besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen.
"Als böswillig kann danach eine Markenanmeldung zu beurteilen sein, die der Anmelder allein zu dem Zweck vorgenommen hat, den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern, ohne die Benutzung der Marke zu beabsichtigen."
Frage nach einem böswilligen Eingriff in den schutzwürdigen Besitzstand des Hausherrn kann für die Entscheidung offen bleiben
Im zu entscheidenden Fall ließ der BGH die Frage offen, ob die Markeninhaberin mit der Markenanmeldung böswillig in einen schutzwürdigen Besitzstand des Hausherrn an der Bezeichnung „Liquidrom“ eingegriffen habe. Da die hier streitgegenständliche Bezeichnung „Liquidrom“ lediglich in Berlin für ein Veranstaltungsgebäude verwendet worden sei, genießt sie als besondere Bezeichnung des Geschäftsbetriebs i.S.v. § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG nur einen räumlich auf Berlin beschränkten Schutz.
Die Löschung einer im gesamten Inland geschützten Marke wegen böswilliger Markenanmeldung kann daher nicht allein im Blick auf die Beeinträchtigung eines nur räumlich beschränkten Rechts verlangt werden. Der Hausherr kann sich insoweit auch nicht auf seine älteren Nutzungsrechte berufen.
"Ein Löschungsanspruch besteht nur, wenn der Inhaber des älteren Rechts berechtigt ist, die Benutzung der Marke im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu untersagen (…). Die Löschung einer im gesamten Inland geschützten Marke wegen böswilliger Markenanmeldung kann daher nicht allein im Blick auf die Beeinträchtigung eines räumlich beschränkten Rechts verlangt werden."
Der Umstand, dass derjenige, der einen rechtlich ungeschützten Besitzstand erworben hat, danach besser gegen Böswilligkeit geschützt sein kann als derjenige, der ein räumlich beschränktes Schutzrecht erworben hat, führt nach Ansicht des BGH zu keiner abweichenden Beurteilung.
Eine Löschung wegen Böswilligkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG kommt nur in Betracht, wenn die räumliche Ausdehnung des schutzwürdigen Besitzstandes es rechtfertigt, die Marke mit Wirkung für das gesamte Inland zu löschen. Das sei bei einem räumlich nur auf Berlin beschränkten Besitzstand hier nicht der Fall.
Inhaber des regional beschränkten Zeichenrechts aber nicht schutzlos gestellt: Einrede wettbewerbswidriger Behinderung i.S.v. § 4 Nr. 10 UWG möglich
Der Inhaber des regional beschränkten Zeichenrechts ist gegenüber dem Inhaber der im Zusammenhang auf diese Rechte angemeldeten Marken aber nicht schutzlos gestellt. Im Falle einer Zeichenkollision kann er stets dem Unterlassungsbegehren des Markeninhabers wegen seines räumlich beschränkten Geltungsbereichs die Einrede wettbewerbswidriger Behinderung nach § 4 Nr. 10 UWG entgegenhalten. Dementsprechend kann die Nutzung einer böswillig angemeldeten Marke im räumlichen Geltungsbereich des Zeichens wettbewerbsrechtliche Ansprüche des Inhabers wegen unlauterer gezielter Behinderung begründen.
Die Entscheidung des BGH verdeutlichte mal wieder, dass Inhaber von regionalen Unternehmenskennzeichnungen nicht davor geschützt sind, dass Dritte diesen Namen als Marke anmelden und damit bundesweiten Schutz hierfür genießen. Grund zum Aufatmen gibt aber der Umstand, dass er im Falle einer Zeichenkollision vom Markeninhaber dennoch verlangen kann, dass dieser die Nutzung des Zeichens innerhalb seines räumlich beschränkten Geltungsbereichs unterlässt. Denn hierbei greift – für den Fall einer böswilligen Anmeldung - die Einrede wettbewerbswidriger Behinderung i.S.d. § 4 Nr. 10 UWG.
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