Werbung im Wellness- und Gesundheitssektor: Airpressure Bodyforming Concept – Bauchkiller mit Abmahnfalle
Wer Gesundheit und Wellness vermarkten will, sollte sich mit den Besonderheiten des Werberechts auf diesem Sektor auskennen – allzu verheißungsvolle Werbetexte rutschen schnell einmal in die Wettbewerbswidrigkeit ab. Ein hübsches Beispiel ist die Werbung für ein Fett-weg-Verfahren namens „Airpressure Bodyforming Concept“ (ABC), das in einem Fitness-Studio angeboten wurde. Das einmalige an dieser Werbung: Wissenschaftliche Nachweise fehlen nicht nur – sie wurden gar nicht erst vorgeschoben.
Natürlich landete die Sache vor Gericht (OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.08.2010, Az. 4 U 93/10), nachdem ein Wettbewerbsverband die Werbung beanstandet hatte. Sie enthielt u.a. die folgenden Aussagen:
- „Tschüss Bauch!“
- „Mit dem revolutionären [ABC] werden Sie in vier Wochen um bis zu zwei Kleidergrößen schlanker!“
- „Fett verbrennen, Bauchumfang reduzieren... all das gelingt mit dem neuen Bauchkiller-Konzept […].“
- „Bis zu 8 cm weniger Bauchumfang in nur vier Wochen.“
- „Der Bauchkiller“
- „Gezieltes Abnehmen im Bauchbereich - all das gelingt mit dem ‚Bauchkiller‘.“
Der „Bauchkiller“ – oder eben Airpressure Bodyforming Concept (ABC) – ist übrigens ein Gurt mit zwei Luftkammern, die während des Trainings abwechselnd aufgepumpt werden. Dadurch soll die Durchblutung in der „Problemzone Bauch“ gefördert und so der Bauchumfang beim Training gezielt reduziert werden – so die blanke Theorie. Blöd nur, dass in der Praxis keinerlei wissenschaftliche Erkenntnisse hierzu existieren, und wirklich ernsthaft wurde auch gar nicht nach Erkenntnissen gesucht.
Ein weiterer Mangel der aufgeführten Werbeaussagen war der fehlende Hinweis auf das Gesamtkonzept: Vorsichtshalber sollte der Verwender nicht nur den Airpressure Bodyforming Concept-Gurt anwenden, sondern auch gleichzeitig auf eine negative Energiebilanz achten (was dann ohnehin zu einer Reduktion des Bauchumfangs führt).
Entsprechend unnachsichtig waren auch die Richter in diesem Fall:
„Die Schlagworte ‚Tschüss Bauch‘ […] und ‚Der Bauchkiller‘ […] sind zwar reklamehaft übertrieben formuliert, transportieren aber, wenn man sie im Zusammenhang von Text und Bild der Anzeigen […] betrachtet, im Kern dasselbe Wirkversprechen wie die weiteren Werbeaussagen. Auch soweit nicht ausdrücklich von Körperfett die Rede ist […], versteht der Adressat das Versprechen verminderten Bauchumfangs im Sinne von Fettabbau. […]
Es wird bereits nicht hinreichend deutlich, dass die versprochenen Wirkungen nur bei gleichzeitigem Ausdauertraining und Ernährungsberatung mit der Folge einer negativen Energiebilanz eintreten sollen. Von Ernährungsberatung ist in den beanstandeten Anzeigen nirgends die Rede. Den Begriff ‚Ausdauertraining‘ verwendet die Zeitungsanzeige […] nicht […]. Gleiches gilt für die ersten beiden Seiten des Internetauftritts […]; erst auf der dritten Seite (‚Die Wirkungsweise‘) wird das Konzept insoweit näher erläutert. Auch die Abbildung einer schlanken weiblichen Person am Trainingsgerät und die Veranstaltung der ‚Studie‘ in einem Fitnessstudio stellen nicht zweifelsfrei klar, dass trainiert und gefastet werden muss, um Fett zu verbrennen und den Bauchumfang zu verkleinern. Auf diese Weise lockt die Werbung Probanden an, die fälschlich hoffen, auf einfache Weise Fettposter loszuwerden. Dieser Lockeffekt entfällt nicht, indem das Konzept nachträglich offengelegt wird.“
Gerade auf das Fehlen ernsthafter Studien zum Thema schießen sich die Richter besonders ein:
„Zudem formuliert die Werbung ein Wirkversprechen, das weder wissenschaftlich abgesichert noch auch nur ansatzweise medizinisch plausibel begründet ist.
Mit gesundheitsfördernden Wirkungen darf nicht werben, wer die wissenschaftliche Absicherung seiner Werbung nicht dartun kann […]. Existiert allerdings eine (ernsthafte) Mindermeinung, die die Wirkungsaussage unterstützt, dann kann es für die wettbewerbsrechtliche Unbedenklichkeit genügen, wenn die Werbung auf den Umstand hinweist, dass die behauptete Wirkung nicht allgemein wissenschaftlich anerkannt, sondern nur von einer Mindermeinung vertreten wird […].
Der Beklagte macht gar nicht erst den ernsthaften Versuch, biologisch-chemisch zu erklären, auf welche Weise eine verstärkte Durchblutung der Bauchregion den ‚Abtransport der Fettsäuren zu Muskeln‘ beschleunigen und zur lokalen Fettverbrennung beitragen soll. In zweiter Instanz hält er diese Behauptung auch gar nicht mehr aufrecht. Vielmehr zieht er sich darauf zurück, eine negative Energiebilanz führe zur ganzkörperlichen Fettverbrennung und erhöhtes Schwitzen am Bauch zur lokalen Abnahme. Beide Aussagen mögen richtig sein, gehen aber am Gehalt der beanstandeten Werbung vorbei. Versprochen wird nicht Abnahme durch Training und Diät plus (vorübergehende) Entwässerung der Bauchregion durch den [Gurt], sondern eine gezielte Reduktion von Fett, die gerade der Gurt bewirken soll. […]
Zum einen suggeriert der Hinweis, die Wirkung des Gürtels sei nicht nur durch subjektive Erfahrungen weiterer Probanden bestätigt, sondern bereits durch ein objektiven Verfahren seriös und erfolgreich belegt worden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Zum anderen geht der Adressat der Werbung trotz des Erprobungscharakters davon aus, dass die These einer lokalen Fettverbrennung mittels mechanischer Durchblutungsförderung zumindest nicht jeder Grundlage entbehrt. Letzteres hat der Beklagte aber nicht glaubhaft gemacht.“
Es hilft also nix: Wer mit besonderen gesundheitlichen Vorteilen seiner Produkte oder Leistungen werben will, sollte diese auch nachweisen können. In besprochenen Fall bestand zusätzlich das Problem der „Blickfangwerbung“, die dem interessierten Verbraucher eine gewisse Einfachheit der Methode suggerierte; auch dies ist wettbewerbsrechtlich nicht zulässig, „Haken und Ösen“ müssen dem Verbraucher schnell klar werden. Der Sinn dahinter ist der Schutz des abnehmwilligen Verbrauchers – gerade Personen mit höherem BMI stehen oftmals unter einem hohen gesellschaftlichen (und teilweise auch physiologischen) Leidensdruck, sodass hier von einer höheren Gefahr ausgegangen werden kann, auf allzu positive Werbeversprechen hereinzufallen.
Ausführliche Informationen zum Thema finden sich übrigens im Hauptartikel zur Werbung im Gesundheitssektor.
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