OLG Dresden: Eingriff in den Gewerbebetrieb schon ab einer Spam-E-Mail

OLG Dresden: Eingriff in den Gewerbebetrieb schon ab einer Spam-E-Mail
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von Susanna Milrath und RA Phil Salewski
18.10.2024 | Lesezeit: 4 min

Spam-Mails, die ohne vorherige Einwilligung des Empfängers versendet werden, verlassen das Postfach des Absenders oft in großer Zahl und in wiederkehrenden Abständen. Ob jedoch auch schon eine einzige unerwünschte werbliche E-Mail Rechte des empfangenden Unternehmens verletzen und damit einen Unterlassungsanspruch begründen kann, klärte jüngst das OLG Dresden.

I. Der Sachverhalt

Ein Unternehmen erhielt am 03.02.2023 eine E-Mail eines Veranstalters, mit der dieser das Unternehmen als Sponsor für eine Veranstaltung in Leipzig gewinnen wollte.

Das Unternehmen sollte nach Wunsch des Veranstalters ein Event durch die Bereitstellung kostenloser Freigetränke bewerben und unterstützen, wofür der Veranstalter im Gegenzug anbot, Werbematerial des Unternehmens aufzustellen.

Das Unternehmen stufte die E-Mail, die ihm ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung zuging, als Spam ein und sah in ihrem Erhalt einen rechtswidrigen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Es ließ den Veranstalter daraufhin abmahnen und forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.

Der Veranstalter erhob daraufhin als Kläger vorbeugend Feststellungsklage zum LG Leipzig mit dem Antrag, zu entscheiden, dass dem Unternehmen als nunmehr Beklagter kein Unterlassungsanspruch zustehe.

Er verteidigte seine E-Mail unter anderem damit, dass es sich nicht um eine Massenmail gehandelt habe, sondern um einen Hinweis auf ein konkretes, bestimmtes Ereignis, die keine Rechtsverletzung darstelle.

Nachdem das LG Leipzig (Az: 04 HK O 983/23) die Klage abgewiesen hatte, verfolgte der Veranstalter sein Rechtsschutzziel mit einer Berufung zum OLG Dresden weiter.

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II. Die Entscheidung

Das OLG Dresden legte mit Beschluss vom 24.06.2024 (Az: 4 U 168/24) dem Kläger nahe, die Rücknahme der Berufung in Erwägung zu ziehen, da der Senat beabsichtige, die zulässige Berufung zurückzuweisen.

Dem beklagten Unternehmen stehe gegen die den Veranstalter als Kläger ein Anspruch auf Unterlassung der Zusendung der beanstandeten E-Mail wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in sein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gem. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. §§ 823 Abs. 1, 831 BGB zu.

1.) Sponsoring-Anfrage als Werbung

Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, gälten für unzulässige Mail-Werbemaßnahmen nach ständiger Rechtsprechung die Maßstäbe des § 7 UWG auch im Rahmen der Prüfung eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach § 823 Abs. 1 BGB.

Die streitgegenständliche E-Mail des Klägers falle unter den Begriff der Werbung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG in der Fassung vom 10.8.2021 sei darunter jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, bei oder nach einem Geschäftsabschluss zu verstehen, das unmittelbar und objektiv mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen zusammenhänge.

Ihrem Inhalt nach sei die E-Mail vom 03.02.2023 auf Absatzförderung von Dienstleistungen des Klägers im Rahmen der Veranstaltung in Leipzig gerichtet gewesen, für die der Kläger Sponsoren einwerben wollte. Das Angebot des Klägers, im Gegenzug Werbemittel des beklagten Unternehmens aufzustellen, lasse den Werbecharakter der E-Mail nicht entfallen.

Das Aufstellen von Werbemitteln stelle keine adäquate Bezahlung einer Getränkelieferung des beklagten Unternehmens dar. Darüber hinaus ginge es in der E-Mail mehrfach um ein „Sponsoring“ der Veranstaltung des Klägers. Dem allgemeinen Sprachgebrauch nach sei dieser Begriff als die kostenfreie Unterstützung fremder Zwecke zu verstehen.

2.) Unterlassungsanspruch auch ohne massenhaften E-Mail-Versand

Es bleibe erfolglos einzuwenden, dass es sich nicht um eine massenhafte Versendung einer Werbe-E-Mail, sondern um eine konkrete Sponsorenanfrage im Zusammenhang mit einer bestimmten Veranstaltung gehandelt habe.

Unabhängig davon, dass beim Beklagten als Getränkelieferant solche Anfragen häufig vorkommen dürften, sei für die Beurteilung, ob es sich um unerlaubte Werbung handelt, nicht die Anzahl der versendeten E-Mails entscheidend. Ausschlaggebend seien allein der belästigende Charakter für den Empfänger und die dadurch bei ihm verursachte Betriebsstörung.

Der Schutzzweck des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ziele darauf ab, das Eindringen des Werbenden in die geschäftliche Sphäre zu verhindern, um ungestörte Betriebsabläufe sicherzustellen. Es solle vermieden werden, dass Werbemaßnahmen gegen den erkennbaren oder mutmaßlichen Willen des Marktteilnehmers aufgedrängt würden und dessen Ressourcen durch störende Werbung gebunden würden.

III. Fazit

Bereits die einmalige unaufgeforderte Kontaktaufnahme mit einem Unternehmen per E-Mail zu Werbezwecken kann, auch wenn sie mit der Bitte um Sponsoring verbunden ist, als unzulässige Werbung und als unzulässiger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewertet werden.

Einwilligungslose E-Mail-Werbung ist nicht erst bei wiederholtem Versand verboten, sondern kann wegen des betriebsstörenden Charakters bereits beim erstmaligen Erhalt Gegenansprüche begründen.

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