Haften Händler für wettbewerbswidrige Kundenbewertungen?

Das Landgericht Bochum hat sich mit der Frage beschäftigt, ob Online-Händler für wettbewerbswidrige Kundenbewertungen zur Verantwortung gezogen werden können.
Inhaltsverzeichnis
Was war passiert?
Der Kläger ist als qualifizierter Wirtschaftsverband beim Bundesamt für Justiz eingetragen und verfolgt satzungsgemäß Wettbewerbsverstöße. Er mahnte die Beklagte, eine Kaffeerösterei, wegen deren Werbung mit den Begriffen „bekömmlich” und „magenschonend” im Internet ab. Am 13. Mai 2024 gab die Beklagte daraufhin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.
1. Zurechnung der eingebundenen Kundenrezensionen
Auf der Website der Beklagten konnten Kunden am Ende jeder Produktseite Bewertungen abgeben. Der Kläger machte geltend, dass in sieben Rezensionen erneut die untersagten Begriffe verwendet wurden. Er hält dies für einen Verstoß gegen die Unterlassungsvereinbarung und verlangte nunmehr die vereinbarte Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,- Euro.
Die Beklagte erwiderte, sie habe keinen Einfluss auf die Inhalte der Rezensionen gehabt, die über ein externes Bewertungstool abgegeben worden sind. Nutzer mussten sich registrieren und trugen selbst die Verantwortung für ihre Beiträge. Da es keine redaktionelle Kontrolle auf der Internetseite gab, könnte auch keine Zurechnung möglicher Verstöße erfolgen.
2. Werbliche Nutzung
Der Kläger berief sich auf die werbliche Nutzung der Kundenbewertungen und führte an, dass das Unterlassungsversprechen auch im vorliegenden Fall greife – da die abgegebene Unterlassungserklärung sowohl für eigene, als auch für fremde Aussagen Geltung beanspruche. Der Kläger betonte, dass die Sichtbarkeit der Begriffe in den Rezensionsfeldern besonders Nutzern von Internet-Suchmaschinen auffallen würde.
Die Beklagte bestritt, den Begriff „magenschonend” selbst verwendet zu haben. Sie verwies auf subjektive Formulierungen wie „etwas empfindlicher Magen“. Eine werbliche Nutzung der Kundenstimmen sowie eine inhaltliche Verantwortungsübernahme bestritt sie ebenfalls.
Wie hat das LG Bochum den Streit entschieden?
Das LG Bochum entschied (Urteil vom 21.11.2024 - Az.: 14 O 65/24) zugunsten des Klägers - nach Auffassung des Landgerichts Bochum hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,- Euro aufgrund des Verstoßes gegen die strafbewehrte Unterlassungserklärung.
1. Verstoß gegen die Unterlassungspflicht
Als Begründung führte das Gericht an, dass die Beklagte sich strafbewehrt dazu verpflichtete, die Begriffe „magenschonend” und „bekömmlich” nicht mehr werblich für ihre Produkte zu verwenden. Die mehrfach belegte Verwendung des Begriffs „bekömmlich“ in den Kundenrezensionen stellt einen klaren Verstoß gegen diese Unterlassungserklärung dar. Die Unterlassungspflicht umfasst nicht nur Eigenwerbung, sondern auch jede werbliche Nutzung Dritter, die bewusst in die Verkaufspräsentation der Beklagten eingebunden wird.
Die Kundenbewertungen wurden von der Beklagten selbst zu Werbezwecken genutzt. Die Sichtbarkeit der Bewertungen am Ende jeder Übersichts- und Produktinformationsseite sowie die Hervorhebung „verifizierter” Käufer bewirken, dass die Bewertungen als authentische Kaufempfehlungen erscheinen und gezielt vertrauensbildend wirken. Der Geschäftsführer hatte ausdrücklich bestätigt, die Bewertungen zur Absatzförderung einzusetzen. Damit sind die Bewertungen der Beklagten zuzurechnen.
2. Online-Händler haftet trotz externem Bewertungstool
Nach Auffassung des Gerichts konnte sich die Beklagte auch nicht mit Verweis auf das externe Dienstleistungsmodell ihrer Verantwortung entziehen. Nach ständiger Rechtsprechung muss der Betreiber einer Plattform, wenn er sie für seine geschäftlichen Zwecke nutzt, problematische Inhalte entweder selbst entfernen oder den Dienstleister zur Entfernung verpflichten. Die Beklagte hat auf den Host des Tools einzuwirken oder die Inhalte aktiv zu kontrollieren und zu löschen. Daher konnte die eigene Haftung der Beklagten nicht mit dem Argument ausgehebelt werden, dass ein Dritter die Betreuung von Bewertungen übernommen hatte.
Dass die Formulierung „magenschonend” in den Kundenbewertungen nicht wörtlich verwendet wurde, sei nach dem Gericht unerheblich. Die Unterlassungserklärung verbot die werbliche Verwendung beider Begriffe einzeln. „Bekömmlich“ deckt bereits den Kernbereich der Beanstandung ab. Eine semantisch vergleichbare Umschreibung („bei richtigem Röstverfahren keinerlei Probleme für empfindlichen Magen“) greift zwar nicht wortgleich den Begriff „magenschonend“ auf, bestätigt aber die Überschreitung des Streitschutzbereichs.
Die geltend gemachte Vertragsstrafe sei rechtlich und nach billigem Ermessen auch angemessen bemessen.
Fazit
Online-Händler haften für werblich genutzte Kundenbewertungen ebenso wie für eigene Werbeaussagen. Sobald Dritte in Rezensionen untersagte Werbebehauptungen wiederholen, müssen Händler aktiv eingreifen, problematische Beiträge entfernen oder eine Aufsichtspflicht wahrnehmen. Hierbei hilft es leider auch nicht, lediglich einen Dienstleister für die Veröffentlichung von Kundenbewertungen einzuschalten, da hierdurch die eigene Haftung nicht ausgeschlossen wird - vielmehr muss auf einen solchen Dienstleister Einfluss genommen werden, damit dieser Bewerbungen, die im Hinblick auf Unterlassungsverpflichtungen problematisch sind, löscht oder entsprechend verändert.
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