Kundenbewertung nur nach Absprache – Landgericht kippt AGB-Klauseln
Kundenbewertungen – egal ob für den Anbieter oder dessen Produkte – spielen eine gewaltige Rolle im E-Commerce und bestimmen nicht selten, wohin die Kaufentscheidung fällt. Welcher Anbieter hätte es dabei nicht gerne so bequem, dass ihn seine Kunden nur „nach Absprache“ bewerten dürfen und trotzdem abgegebene Bewertungen „zurückgerufen“ werden können. Doch geht das rechtlich?
Inhaltsverzeichnis
Worum geht es?
Für den wirtschaftlichen Erfolg des Verkaufs im Internet ist es inzwischen von großer Bedeutung, welche Reputation der Verkäufer bzw. die von ihm angebotenen Waren genießen.
Interessenten lassen sich heutzutage maßgeblich von Kundenbewertungen leiten, die entweder für den Verkäufer oder für dessen Waren hinterlassen wurden. Ob ein Verkäufer gut oder schlecht bewertet ist bzw. ob ein bestimmtes Produkt empfohlen wird oder von diesem abgeraten wird, ist nicht selten das Zünglein an der Waage für den Verkaufserfolg.
Entsprechend nachteilig wirken sich schlechte Bewertungen für den jeweiligen Anbieter aus.
Gerade wenn es um dubiose Geschäftsmodelle geht, haben Kundenbewertungen zudem eine gewichtige Warnfunktion. In heutigen Zeiten spricht sich ein zweifelhaftes Geschäftsmodell schnell herum und potentielle, neue Opfer werden durch aufklärende, negative Bewertungen gewarnt.
Was käme für Anbieter bzw. Verkäufer also gelegener, als eine vertragliche Vereinbarung mit dem Kunden dahingehend, dass nur nach vorheriger Absprache bewertet werden darf?
Skurrile Klausel in den AGB eines Coaching-Anbieters
Ein Anbieter von Coachingdienstleistungen hielt in seinen AGB die folgende Klausel vor:
"Bewertungen (Sterne, Kommentare) innerhalb sozialer Medien (…) geben die Parteien nur im gegenseitigen Einvernehmen ab."
Ferner sah eine weitere Regelung in den AGB vor, dass „auf erstes Anfordern“ die Parteien bereits abgegebene Bewertungen und Kommentare übereinander wieder dauerhaft „entfernen“, was auch nach Beendigung der Coaching-Dienstleistung noch zu berücksichtigen sei.
Aus Sicht des Anbieters stellt ein solches, faktisches Bewertungsverbot natürlich den Idealfall dar. Die „doppelte Bewertungsbremse“ sichert dem Anbieter quasi bewertungstechnisch Narrenfreiheit zu.
Zunächst muss der (unzufriedene) Kunde – geht es nach den AGB – den Kontakt mit dem Anbieter suchen (von dem er ja ohnehin bereits enttäuscht ist) und sich sodann das „Go“ für die intendierte Bewertung einholen. Das dürfte bereits das Gros potentieller Bewerter abschrecken.
Dem nicht genug, bedingt sich der Anbieter für den Fall, dass trotz der bereits weitgehenden Blockaderegelung doch einmal eine nicht so erfreuliche Bewertung durchgehen sollte, noch die Handhabe, die Entfernung einer solchen Bewertung auf vertraglicher Grundlage zu verlangen. Und zwar auch dann noch, wenn die schlecht bewertete vertragliche Leistung längst beendet wurde.
Doch geht das so einfach? Hält eine das Grundrecht zur freien Meinungsäußerung derart krass einschränkende AGB-Klausel überhaupt einer rechtlichen Prüfung stand?
LG Koblenz untersagt Nutzung solcher AGB-Klauseln
Das LG Koblenz musste sich im Wege einer Unterlassungsklage näher mit den vorgenannten AGB-Klauseln beschäftigen.
Dem Rechtsstreit voraus ging eine Abmahnung des Coachingdienstleisters, der mit überdurchschnittlich guten Bewertungen auffiel, von Seiten der Wettbewerbszentrale.
Die Wettbewerbszentrale beanstandete die vom Coachingdienstleister verwendeten, vorgenannten AGB-Klauseln als unangemessen benachteiligend und damit unwirksam und wettbewerbswidrig. Auf entsprechende Abmahnung hin gab der Dienstleister keine Unterlassungserklärung ab, sodass er von der Wettbewerbszentrale vor dem LG Koblenz auf dem Klageweg auf Unterlassung in Anspruch genommen wurde.
Das Gericht entschied mit Urteil vom 26.01.2021 (Az.: 3 HK O 19/20), dass die Klauseln dazu geeignet sind, die Abgabe negativer Bewertungen durch Kunden des Coachingdienstleisters zu verhindern, indem sie massiv in die grundrechtlich geschützte Freiheit der Kunden zur freien Meinungsäußerung eingreifen.
Aus Furcht vor Sanktionen würden Kunden so abgehalten, möglicherweise gesammelte negative Erfahrungen mit diesem Anbieter auf dem Bewertungswege kundzutun. Die Beklagte verschaffe sich durch die Verwendung dieser Klauseln die Möglichkeit einer Zensur. Die Klauseln seien daher als die Kunden unangemessen benachteiligend und damit AGB-rechtlich unwirksam einzustufen.
Die Koblenzer Richter schlossen sich also der Rechtsauffassung der Wettbewerbszentrale an und verurteilten den Coachinganbieter zur Unterlassung.
Fazit
So einfach geht es dann doch nicht.
Derartige AGB-Klauseln, die proaktiv die Abgabe von Bewertungen verhindern sollen bzw. das Recht zur freien Meinungsäußerung der Vertragsparteien so massiv einschränken, halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand und sind unwirksam.
Wenngleich hier ein Coachingsdienstleister abgemahnt worden ist, lässt sich die rechtliche Wertung ohne weiteres auch auf einen Onlinehändler übertragen.
Das heißt, auch ein Onlinehändler kann sich nicht durch vergleichbare Regelungen in AGB wirksam vor kritischen Bewertungen schützen. Entsprechende AGB-Klauseln dürften zwar Kraft ihres Vorhandenseins viele potentielle Negativbewerter von einer Bewertung abhalten. Diesen Effekt würde sich ein Onlinehändler jedoch mit der entsprechenden Abmahngefahr teuer erkaufen.
Denn: Auf unwirksame AGB-Klauseln kann sich der Verwender nicht nur nicht erfolgreich berufen. Zugleich stellt die Verwendung einer unwirksamen AGB-Klausel in aller Regel auch immer einen abmahnbaren Wettbewerbsverstoß dar. Mitbewerber und Abmahnverbände könnten also gegen Anbieter, die vorgenannte oder ähnliche AGB-Klauseln verwenden, mittels Abmahnung vorgehen.
Händler sollten daher von solchen „Bewertungsschutz“-Klauseln die Finger lassen.
Umgekehrt bedeutet diese Rechtsprechung jedoch nicht, dass ein Anbieter sich nicht gegen widerrechtliche (Negativ)-Bewertungen erfolgreich zur Wehr setzen kann.
Vor allem dann, wenn eine (negative) Bewertung unwahre Tatsachenbehauptungen enthält, die Grenze der Schmähkritik erreicht wird oder die Bewertung formal beleidigend formuliert wird bestehen gute Chancen, juristisch gegen den Bewerter erfolgreich vorzugehen und eine Entfernung bzw. Anpassung der Bewertung zu erreichen.
Falls die Bewertung über externe Bewertungsportale bzw. Bewertungsfunktionen (wie z.B. diejenigen von Google My Business, Trustpilot, Jameda, Kununu) abgegeben wurde, bieten nicht selten auch die Nutzungsbedingungen der jeweiligen Bewertungsfunktion Ansatzpunkte für ein erfolgreiches Vorgehen gegen die Bewertung.
Die IT-Recht Kanzlei bietet Mandanten über ihren Kooperationspartner "trust1" eine transparente, persönliche und vor allem kostengünstige Lösung zur effektiven Löschung ungerechtfertigter negativer Kundenbewertungen für folgende Bewertungsportale an: Google, Trustpilot, Jameda und Kununu.
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