Kein Urheberrecht an KI-generierten Inhalten?

Kein Urheberrecht an KI-generierten Inhalten?
17.03.2023 | Lesezeit: 6 min

Die Aufregung ist aktuell groß, wenn es um KI - und vor allem ChatGPT - geht. Künstliche Intelligenz (KI) oder Systeme maschinellen Lernens (ML) können auf Anforderung Texte, Bilder, Melodien u.v.m. erzeugen. Doch bestehen an solchen KI-generierten Inhalten eigentlich Urheberrechte, und wem stehen sie zu? In den USA hat jüngst die für den Urheberrechtsschutz zuständige Behörde hierüber eine Entscheidung getroffen. Wie sie entschieden hat und was nach deutschem Urheberrecht gilt, erläutern wir in diesem Beitrag.

I. Wem gehört, was ChatGPT sagt und tut?

Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst genießen Schutz nach den urheberrechtlichen Gesetzen. Der Urheberrechtsschutz an einem Werk beinhaltet, dass die Rechteinhaber ein grundsätzlich ausschließliches Recht haben, darüber zu entscheiden, wer ihre Werke in welcher Weise nutzen darf. Urheber eines Werkes ist dabei immer der Schöpfer des Werkes.

Erzeugt nicht ein Mensch einen (vermeintlich) literarischen oder wissenschaftlichen Text oder ein kunstartiges Bild, sondern eine künstliche Intelligenz bzw. ein System maschinellen Lernens (im Folgenden stets als „KI“ bezeichnen), wie z.B. ChatGPT, stellt sich die Frage, ob an diesen Texten und Bildern auch Urheberrechte oder ähnliche, vergleichbare Rechte bestehen können. Falls ja, drängt sich die Folgefrage auf, wem diese Rechte dann eigentlich zustehen.

II. Das United States Copyright Office lehnt Urheberrechte an KI-generierten Inhalten ab

Während nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz Werke, d.h. persönliche geistige Schöpfungen, stets automatisch von Gesetzes wegen geschützt sind, ohne dass sich der Urheber hierfür bei einer Behörde registrieren muss, ist dies nach dem US-Urheberrecht anders. Dem US-Recht unterliegende Werke sind nur dann urheberrechtlich geschützt, wenn sie die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen und ordnungsgemäß bei der hierfür zuständigen Behörde, dem United States Copyright Office (Urheberrechtsbehörde der Vereinigten Staaten), registriert werden.

In einer jüngst veröffentlichen Kommunikation lehnt die US-Behörde den urheberrechtlichen Schutz an bestimmten KI-generierten Inhalten ausdrücklich ab. In dem Fall ging es um einen Comic, der neben einigen Bildern und Texten, die von Menschen entworfen wurden, auch solche Texte und Bilder enthielt, die von einer KI generiert wurden.

Hierzu äußerte sich die Behörde wie folgt (Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche):

"Das Amt hat die Prüfung des ursprünglichen Eintragungsantrags und der Hinterlegungskopie des Werks sowie des einschlägigen Schriftverkehrs in den Verwaltungsunterlagen abgeschlossen. Wir kommen zu dem Schluss, dass Frau Kashtanova [Anmerkung: diese Frau war in der Registrierung als Urheberin angegeben] die Urheberin des Textes des Werks sowie der Auswahl, Koordinierung und Anordnung der schriftlichen und visuellen Elemente des Werks ist. Diese Urheberschaft ist durch das Urheberrecht geschützt. Wie weiter unten erläutert, sind die Bilder des Werkes, die durch die Midjourney-Technologie [Anmerkdung: dies ist eine KI-Technologie] erzeugt wurden, jedoch nicht das Produkt menschlicher Urheberschaft. Da die derzeitige Registrierung des Werks den von Midjourney erzeugten Inhalt nicht ausschließt, beabsichtigen wir, das ursprüngliche Zertifikat, das Frau Kashtanova ausgestellt wurde, zu löschen und ein neues auszustellen, das nur das von ihr geschaffene Ausdrucksmaterial abdeckt."

Wären die Bilder und Texte des Comics hingegen ausschließlich durch Menschen kreiert worden, würde es sich bei diesen also um die Arbeit von kreativen Köpfen handeln, hätte der Comic wohl einen vollständigen urheberrechtlichen Schutz nach dem US-Urheberrecht erhalten können.

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III. Sind KI-generierte Inhalte in Deutschland urheberrechtlich geschützt?

Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort.

Schutzfähig nach deutschem Urheberrecht sind nach § 1 des deutschen Urheberrechtsgesetze (UrhG) Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Zu den geschützten Werken gehören nach § 2 Abs. 1 UrhG:

  • Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme
  • Werke der Musik
  • pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst
  • Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke
  • Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden
  • Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden
  • Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.

Dabei gilt vor allem, dass nur dann urheberrechtlich schutzfähige Werke vorliegen können, wenn diese persönliche geistige Schöpfungen (des Urhebers) sind, d.h. von einem Menschen geschaffen sind, der überhaupt zu geistigen Schöpfungen in der Lage ist (§ 2 Abs. 2 UrhG) .

Dies bedeutet, dass ausschließlich durch die KI erzeugte Inhalte für sich genommen keine Werke i.S.d. Urheberrechtsgesetzes sein können, weil die KI keinen Geist hat und die durch sie erzeugten Inhalte daher auch keine persönlichen geistigen Schöpfungen sein können.

Allerdings hat die Sache noch einen Haken: Eine KI ist nicht etwa per se intelligent und erzeugt Inhalte alleine aus sich selbst heraus, sondern wird vielmehr dadurch „intelligent“, dass sie maschinell lernt, d.h. konkret - im Rahmen ihres jeweils vorgegebenen Algorithmus - ständig die ihre verfügbaren Informationsquellen, etwa aus dem allgemein zugänglichen Internet oder auch aus sonstigen, für sie zugänglichen Datenbanken, durchforstet, auswertet und gewissermaßen in sich aufnimmt. Typischerweise unterscheidet eine KI bei ihrem Lernprozess nicht, ob die von ihr aufgesuchten und ausgewerteten Informationen urheberrechtlich geschützt bzw. urheberrechtlich relevant sind. Dies bedeutet, dass die KI dabei zumindest auch auf urheberrechtlich geschützte Werke zurückgreift und diese daher in Einzelfällen ganz oder teilweise im Output der KI - also in dem durch die KI generierten Inhalt - enthalten sein können.

Hierzu ein Beispiel: Eine KI erhält den Auftrag, einen Popsong zum einem bestimmten Thema zu „komponieren“. Die KI erzeugt daraufhin einen Song, der zwar für sich genommen einzigartig ist, in seiner Gesamtheit also nirgendwo auf der Welt so existiert, aber eine signifikante Melodiefolge eines bereits bestehenden, bekannten Popsongs enthält. Verbreitet jemand, etwa der Nutzer der KI, diesen durch die KI generierten Popsong, könnte dies die Rechte des Urhebers der Original-Melodiefolge tangieren, so dass diesem Urheber möglicherweise auch Ansprüche gegen den Nutzer der KI zustehen könnten.

IV. Unsichtbare Gefahr von Urheberrechtsverletzungen durch Nutzung von KI-generierten Inhalten

Da eine KI - ganz grob gesagt - nichts vollständig Neues erfindet bzw. erzeugt, sondern vielmehr das Wissen der Welt - soweit es ihr zum Lernen zur Verfügung stand bzw. steht - auf neue Weise komponiert, d.h. neu zusammenfügt, besteht grundsätzlich die Gefahr, dass zumindest einzelne, ggf. auch nur kleine Bestandteile eines von einer KI generierten Inhalts existierenden Urheber- oder sonstigen Rechten unterliegen.

Die Nutzung solcher rechtlich geschützten Bestandteile durch den KI-Nutzer oder durch andere Personen, z.B. in Form der Veröffentlichung oder Verbreitung der durch die KI-generierten Inhalte im Internet, kann in der Folge gegen das Urheberrecht oder sonstige Gesetze verstoßen und daher z.B. auch Unterlassungs- oder auch Schadensersatzansprüche der jeweiligen Rechteinhaber auslösen. Wie auch bei Nutzung sonstiger fremder Inhalte aus dem Netz oder aus anderen Quellen ist daher zu empfehlen, stets bereits im Vorfeld zu prüfen, ob deren Nutzung aus rechtlicher Sicht unbedenklich ist bzw. erlaubtermaßen erfolgen darf.

Umgekehrt gilt aber auch: Ist ein konkretes urheberrechtlich geschütztes Werk in einem durch eine KI generierten Inhalt nicht erkennbar, ist die Nutzung dieses Inhalts zumindest aus urheberrechtlicher Sicht unproblematisch.

V. Fazit

KI-generierte Inhalte unterliegen als solche nicht dem deutschen Urheberrechtsschutz, da diese keine persönlichen geistigen Schöpfungen eines Menschen sind. Allerdings können in Einzelfällen einzelne Bestandteile KI-generierter Inhalte urheberrechtlich geschützten Werken entstammen, so dass die Nutzung dieser Bestandteile ggf. bereits bestehende Urheberrechte zumindest tangieren könnte.

Weder der Anbieter einer KI noch deren Nutzer noch die KI selbst sind somit Inhaber von Urheberrechten an den KI-generierten Inhalten. Soweit der Anbieter einer KI mit den KI-Nutzern jedoch verbindliche vertragliche Vereinbarungen über die Nutzung der KI im Rahmen von Nutzungsbedingungen trifft, müssen die Nutzer diese beachten.

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1 Kommentar

S
Sonja 04.04.2024, 17:49 Uhr
Was ist bei Hilfestellung
Die Frage, die ich mir stelle ist. Was ist wenn die Ki nur Hilfestellung leistet, weil ich beispielsweise als Deutsche alternative Endungen für einen Songverse erstellen lasse, da mir die Erfahrung und Vielseitig eines Native Speakers nicht zur Verfügung stehen.
Dies mache ich evtl. über mehrere Parts des Songs.
Möglicherweise wird mir aber auch mal eine Zeile ausgegeben, die mir im Ganzen gefällt. Könnte ich diese gefahrlos nutzen?
Oder ich lasse mir Einstiegsideen von der KI erstellen und verändere Dinge, quasi ein Co-Writing. Ich finde es schwierig zu wissen, was man darf und was nicht und was ich dann bei Texter/in anzugeben hätte.

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