Botox und Hyaluronsäure: Faltenbekämpfung unter ärztlichem Vorbehalt
Im Kampf gegen Falten und Runzeln kommt immer öfter die chemische Keule zum Einsatz: Botox und Hyaluron sollen durch verschiedene Wirkmechanismen das Gesicht glatt und faltenfrei erscheinen lassen. Diese Methoden sind jedoch mitunter riskant; es bestehen medizinische Risiken für den Patienten und juristische Risiken für den Anwender. Denn nicht jeder Berufszweig, der sich mit der Verschönerung des menschlichen Antlitzes beschäftigt, darf hemmungslos Botox und andere Stoffe in das schlaff gewordene Gewebe injizieren – und dann auch keine Werbung hierfür betreiben.
Inhaltsverzeichnis
Problemlage
In der Beauty-Branche wird gerne und oft mit allerlei Kuren, Mitteln und Methoden geworben, die den Menschlichen Körper in irgendeiner Weise verjüngen oder verschönern sollen. Das Problem hierbei ist, dass viele dieser Methoden unter der Menschlichen Haut wirken; u.U. gelten diese dann als Heileingriff und sind als solcher Ärzten bzw. Heilpraktikern vorbehalten. Botox und Hyaluronsäure sind überdies nach § 1 Nr. 1 AMVV verschreibungspflichtig, entsprechende Präparate sind daher ausschließlich von Ärzten anzuwenden.
Ein Verstoß gegen diesen Vorbehalt kann natürlich ernste juristische Konsequenzen nach sich ziehen. Im Werberecht gibt es jedoch noch die Besonderheit, dass die bloße Ankündigung dieses Verstoßes für sich schon abgemahnt werden kann: Durch die Werbung für kosmetische Verfahren, die dem Arztvorbehalt unterliegen, können Kosmetiker eine wettbewerbswidrige Irreführung des Verbrauchers begründen. Argument: Dem Verbraucher wird vorgetäuscht, der Werbende sei für die beworbenen Eingriffe hinreichend qualifiziert. Selbst wenn später der konkrete Eingriff (z.B. Botox-Injektionen) gar nicht durchgeführt wird, so wird durch Werbung mit dem entsprechenden Stichwort (also Botox) die Aufmerksamkeit des Verbrauchers unbotmäßig von qualifiziertem Personal weg- und zu unqualifiziertem Personal hingeleitet (z.B. weil der Verbraucher im Vorfeld „Botox“ gegooglet hat).
Der IT-Recht Kanzlei liegt derzeit eine entsprechende Abmahnung vor; abgemahnt wurde ein Kosmetikinstitut, das für die Anwendung von Botox- bzw. Hyaluronsäure-Präparaten warb, ohne entsprechend qualifiziertes Personal vorzuhalten.
Arztvorbehalt
Der eigentliche Kern des Problems liegt also im Vorbehalt zugunsten der Heilberufe, die genannten Eingriffe durchzuführen. Jetzt kann man natürlich trefflich darüber streiten, ob solche Injektionen sich so sehr von anderen Eingriffen (z.B. Tätowierungen oder Piercings) unterscheiden, dass hier gleich ein Arzt zum Einsatz kommen muss. Die Rechtsprechung sieht die Sache jedoch relativ klar: Injektionen in die Gesichtshaut sind aufgrund der immanenten Risiken grundsätzlich Heileingriffe.
Beispielhaft ein Auszug aus einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts von Nordrhein-Westfalen (OVG-NRW, Beschluss v. 28.04.2006, Az. 13 A2495103):
„In materiell-rechtlicher Hinsicht beurteilt sich die Tätigkeit des Faltenunterspritzens nach den Vorschriften des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) – HPG […]. Insbesondere ist das Ziel des Heilpraktikergesetzes, die Gesundheit der Bevölkerung durch einen Erlaubniszwang für Heilbehandler ohne Bestallung zu schützen, grundsätzlich mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar […]. Gem. § 1 Abs. 1 HPG bedarf der Erlaubnis, wer die Heilkunde ausüben will, ohne als Arzt bestallt zu sein. Nach § 1 Abs. 2 HPG ist Heilkunde im Sinne des Gesetzes jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Das Gesetz macht dabei keinen Unterschied, ob es sich bei den Krankheiten und Leiden um rein körperliche oder aber um solche auch oder ausschließlich seelischer Natur handelt. Ebenso wenig stellt es auf die Behandlungsweise und -methode ab. Vielmehr liegt in verfassungskonformer Auslegung der Vorschriften stets dann Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes vor, wenn die Tätigkeit nach allgemeiner Auffassung medizinische Fachkenntnisse voraussetzt, und wenn die Behandlung – bei generalisierender und typisierender Betrachtung der in Rede stehenden Tätigkeit – gesundheitliche Schädigungen verursachen kann […]. Die medizinischen Fähigkeiten können notwendig sein im Hinblick auf das Ziel, die Art oder die Methode der Tätigkeit selbst, die, ohne Kenntnisse durchgeführt, den Patienten zu schädigen geeignet ist, oder im Hinblick auf die Feststellung, ob im Einzelfall mit der Behandlung begonnen werden darf, ohne dass der Patient durch die Verrichtung selbst unmittelbar Schaden nimmt.“
Auch das Bundesverwaltungsgericht hat sich bereits mit der Materie befasst und kam zum gleichen Ergebnis (vgl. BVerwG, Beschluss v. 25.06.2007, Az. 3 B 82.06):
„Durch die angefochtene Ordnungsverfügung ist der Klägerin die Tätigkeit der ‚Faltenunterspritzung‘ untersagt worden. Die Auslegung mag ergeben, dass darunter auch das Auffüllen der Lippen durch Einspritzen von Fremdstoffen fällt. Die Faltenunterspritzung, die der Klägerin untersagt worden ist und die sie ausweislich ihrer Werbeanzeigen anbietet, geht jedoch darüber weit hinaus. […] Wie das Berufungsgericht dargelegt hat, sind die Kriterien, die erfüllt sein müssen, um eine Tätigkeit als Ausübung der Heilkunde anzusehen, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seit langem geklärt […]. Insbesondere ist entschieden, dass die kosmetische Zielsetzung eines Eingriffs in den Körper die Bewertung, der Eingriff sei der Ausübung der Heilkunde zumindest gleichzustellen, nicht ausschließt […]. Unter diesen Umständen hängt die Beantwortung der Frage nach der Einordnung der Faltenunterspritzung als Ausübung der Heilkunde im Wesentlichen von der Einschätzung der mit dieser Tätigkeit verbundenen Risiken ab. […]
Es kommt hinzu, dass sich selbst für einen Laien bei schlichter Betrachtung des Vorgangs der Faltenunterspritzung die Notwendigkeit dermatologischer Kenntnisse aufdrängt. Da es sich um das Einbringen dauerhafter Implantate in die Gesichtshaut handelt, muss sowohl die zu füllende Hautschicht fachkundig ermittelt und getroffen als auch die Unbedenklichkeit des zu verwendenden Implantats beurteilt werden.“
Kommentar
Es sollte also klargestellt sein: Zahlreiche „kosmetische“ Wirkstoffe gehören in ärztliche Hände.
Kosmetiker sollten jedoch nicht nur die Finger von Spritzen und Kanülen lassen, es sollte zudem auch keine Werbung mit Schlagworten wie „Botox“ etc. betrieben werden. Nicht nur die Anwendung dieser Mittel am Patienten steht unter Vorbehalt, auch die Werbung hierfür ist den gesetzlich vorgesehenen Anwendern vorbehalten. Verstöße gegen diesen Grundsatz sind ein echter Abmahngrund.
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5 Kommentare
Dürfen Heilpraktiker ab 2018 wirklich botox unterspritzen wenn sie von irgendwo Botox in der Hände bekommen? Mir worde letztens angeboten bei eine HP botox Behandlung aber bei nachfrage wo hier das medikament kommt habe ich keine Antwort bekommen.
Mit freundlichen Grüßen
Lulu
Können Sie mir hier weiterhelfen?
MfG
H.G.Geist
Sie haben natürlich völlig recht. Die angeführten Urteile beschäftigen sich nur mit dem heilberuflichen Vorbehalt, daher ging der Artikel nicht näher auf die Verschreibungspflicht ein. Ich habe mir nun dennoch erlaubt den Arztvorbehalt in den Text einzupflegen.
MfG
C. Engel
Siehe auch Arzneimittelverordnungsgesetz.
Daher ist Heilpraktikern die Anwendung von Botox untersagt.
Mit freundlichen Grüssen
Dr. W.