E-Mail-Marketing: Ist die sog. Bestandskundenausnahme auch bei "offline" erlangten E-Mail-Adressen anwendbar?

E-Mail-Marketing: Ist die sog. Bestandskundenausnahme auch bei "offline" erlangten E-Mail-Adressen anwendbar?
05.03.2021 | Lesezeit: 6 min

Innerhalb existierender Kundenbeziehungen (= Bestandskunden) ist es den Online-Händlern möglich, für den Verkauf eigener ähnlicher Produkte mittels E-Mail zu werben, ohne die Einwilligung des Kunden eingeholt zu haben. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob diese Bestandskundenausnahme auch für den Bereich der offline erhaltenen E-Mail-Adressen gilt? Die IT-Recht Kanzlei ist dieser Frage im folgenden Beitrag nachgegangen und gibt Händlern Tipps an die Hand, wie sie in diesem Zusammenhang rechtssicher agieren können.

„Bestandskundenausnahme“: Keine Werbe-Einwilligung nötig

Bei der Direktwerbung spielt die in der Regel unabdingbare Einwilligung eine zentrale Rolle. So dürfen Newsletter usw. grundsätzlich nur dann versendet werden, wenn zuvor eine ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen eingeholt worden ist.

Doch sofern der Empfänger keine ausdrückliche Einwilligung erteilt hat, muss der elektronische Versand von Werbung nicht zwangsläufig unzulässig sein. Denn das Wettbewerbsrecht enthält in § 7 Abs. 3 UWG eine Ausnahmeregelung, die sog. Bestandskundenausnahme. Nach dieser Vorschrift ist eine Einwilligung des Kunden bzw. Empfängers in bestimmten Fällen entbehrlich.

Der Hintergrund der Regelung ist, dass es Online-Händlern innerhalb existierender Kundenbeziehungen (= Bestandskunden) ermöglicht werden soll, für den Verkauf eigener ähnlicher Produkte mittels E-Mail zu werben, ohne die Einwilligung der Bestandskunden einzuholen.

Die Ausnahmevorschrift des § 7 Abs. 3 UWG normiert in Nr. 1-4 Kriterien, die kumulativ erfüllt sein müssen. Eine Einwilligung ist somit nicht erforderlich, wenn

  • ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
  • der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
  • er Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
  • der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Tipp: Detaillierte Informationen hierzu haben wir für Sie in unserem Beitrag zusammengefasst: E-Mail-Marketing in Zeiten der DSGVO - wie agiert man rechtssicher? Ein Leitfaden

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Gilt die Ausnahme nach § 7 Abs. 3 UWG nur für „Online-Bestandskunden“?

Der eine oder andere Händler hat sich vielleicht schon einmal die Frage gestellt, ob die Bestandskundenausnahme nach § 7 Abs. 3 UWG nur für solche (Bestands-)Kunden gilt, die ihre vorausgehende Bestellung auch online abgewickelt haben.

Bereits nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 3 Nr. 1 UWG ist lediglich erforderlich, dass „ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat“.

Bereits hieraus wird ersichtlich, dass es nicht auf einen elektronisch abgeschlossenen Vertrag ankommt. Vielmehr ist lediglich erforderlich, dass ein Austauschvertrag (Kauf-, Werk-, Dienstvertrag etc.) geschlossen wurde – ein Abschluss über das Internet ist somit keine Voraussetzung für das Eingreifen der Vorschrift des § 7 Abs. 3 UWG.

Es ist für die Bestandkundenausnahme nach § 7 Abs. 3 UWG damit unerheblich, über welchen Kanal der Unternehmer mit dem Verbraucher den Vertrag geschlossen hat. Von der Bestandskundenausnahme profitieren somit auch Händler, die die E-Mail-Adresse („elektronische Postadresse“) beispielsweise per Bestellung mittels eines Print-Formulars, per Telefon oder auf sonstigem Wege erlangt haben.

Zudem ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass der werbende Unternehmer die E-Mail-Adresse vom Kunden selbst erlangt haben muss. Dies kann auf Anfrage oder im Rahmen einer Bestellung erfolgen, nicht aber mittels Adressbücher oder durch andere Händler.

„Offline“ generierte E-Mail-Adresse + Bestandskundenausnahme: Was ist zu beachten?

Um Newsletter-Werbung rechtssicher an Bestandskunden versenden zu können, reicht die Beachtung der Bestandskundenausnahme nach § 7 Abs. 3 UWG allein nicht aus.

Auch datenschutzrechtliche Belange sind hier im Blick zu behalten. Aber der Reihe nach: Zunächst müssen Händler sicherstellen, dass die Erfordernisse des § 7 Abs. 3 UWG vorliegen. Neben den bereits erwähnten Voraussetzungen spielt in der Praxis § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG eine besondere Rolle.

Bei § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG ist zu beachten, dass sowohl bei der Erhebung der E-Mail-Adresse, als auch bei jeder Verwendung eindeutig (d.h. nicht versteckt) auf die Widerspruchsmöglichkeit gegen die weitere Verwendung der E-Mail-Adresse und auf die dabei entstehenden Übermittlungskosten nach den Basistarifen hingewiesen werden muss.

Daraus resultiert die Pflicht des Händlers, dem Kunden bzw. Empfänger seine Kontaktadresse mitzuteilen, an die der Widerspruch geschickt werden kann. Zudem müssen sich die Kosten des Widerspruchs innerhalb der Basistarife bewegen.

Wird also beispielsweise ein Print-Bestellformular verwendet, welches auch die E-Mail-Adresse des Kunden abfragt, gelten hier – wie natürlich auch online – die genannten Informationspflichten. Daneben müssen Händler auch im Rahmen der Datenschutzerklärung ausführlich über die Datenerhebung und Datenverarbeitung informieren.

Art. 13 Abs. 1 DSGVO zählt dafür einen Katalog an Pflichtinformationen auf, die eine Datenschutzerklärung enthalten muss. Unternehmer, die auf E-Mail-Marketing setzen, müssen in der Datenschutzerklärung umfangreiche Informationen aufführen.

Weitergehende Informationen zur Datenschutzerklärung, insbesondere dazu, welche Form die Datenschutzerklärung haben muss und zu welchem Zeitpunkt die Informationen gegeben werden müssen, erhalten Sie im Artikel Datenschutzerklärung 2018: Was ändert sich durch die DSGVO?.

Im Rahmen der Erhebung der E-Mail-Adresse ist somit erforderlich, dass der Kunde auf sein Widerrufsrecht hinsichtlich etwaiger Werbe-Mails sowie auf die bestehende Datenschutzerklärung hingewiesen wird.

Während der Hinweis auf die Widerrufsmöglichkeit kurz ausfällt und sich somit in der Regel – im Print-Bereich besonders relevant – keine räumlichen Darstellungsprobleme ergeben, kann dies bei Verweis auf umfangreiche Datenschutzerklärungen durchaus anders aussehen.

Anders als im Online-Bereich, wo der Newsletter-Versender die Hinweise im Rahmen der Newsletter-Anmeldung durch Verlinkung seiner Datenschutzerklärung bereitstellen kann, ist die Frage umstritten, ob die Datenschutzhinweise im Print-Bereich dem jeweiligen Druckerzeugnis beiliegen müssen. Hierzu gibt es bisher keine aussagekräftige Rechtsprechung, sodass hier die Meinungen teilweise auseinandergehen.

Die IT-Recht Kanzlei vertritt den Standpunkt, dass ein Verweis auf eine online hinterlegte Datenschutzerklärung (etwa über einen Link) bei einer Datenerhebung in Form eines Print-Formulars nicht ausreicht.

Andernfalls würde ein unzulässiger „Medienbruch“ vorliegen, da der Einwilligende auf ein elektronisches Medium verwiesen würde, dessen Aufrufen im Angesicht der schriftlichen Anmeldeprozesses unverhältnismäßig und nicht unmittelbar genug wäre.

Die sicherste und damit empfohlene Vorgehensweise ist es, sowohl auf das Widerrufsrecht im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG als auch auf die (beigelegte) Datenschutzerklärung an geeigneter Stelle hinzuweisen. Dies kann beispielsweise in dieser Form geschehen:

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Fazit

Nur wenn alle Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Nr. 1-4 UWG erfüllt sind, ist die Einwilligung eines (Bestands-)Kunden in die E-Mail-Werbung entbehrlich. Hierbei ist es wichtig zu wissen, dass die Bestandskundenausnahme nicht nur für Kunden gilt, deren E-Mail-Adresse im Rahmen einer früheren Online-Bestellung erhoben wurde. Auch „offline“ generierte E-Mail-Adressen der Kunden qualifizieren sich für E-Mail-Werbung auf Basis des § 7 Abs. 3 UWG.

Es gilt allerdings zu beachten, dass bei Erhebung der Daten klar und deutlich darüber zu belehren ist, dass der Kunde einer Verwendung seiner E-Mail-Adresse für einen Newsletterversand jederzeit widersprechen kann. Darüber hinaus ist auch in geeigneter Form auf die Datenschutzerklärung hinzuweisen, die außerhalb des elektronischen Umfelds stets in gedruckter Form beigelegt werden sollte.

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Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

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1 Kommentar

T
Thaten 09.03.2021, 12:11 Uhr
H.
Wie ist denn sowas in der Datenschutzerklärung aufzunehmen? Gibt es dazu ein Rechtstext, den man einpflegen muss?

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