Abmahnung: Unzulässiger Ausschluss des Widerrufsrechts bei Warenkonfiguration

Abmahnung: Unzulässiger Ausschluss des Widerrufsrechts bei Warenkonfiguration
5 min
Beitrag vom: 09.09.2025

Verbrauchern steht beim Onlinekauf ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu. Eine bloße Auswahlmöglichkeit der Warenbeschaffenheit reicht nicht für den Ausschluss dieses Widerrufsrechts – dies wurde einem Händler zum Verhängnis.

Was war der Anlass für die Abmahnung?

Ein Onlinehändler bot auf seiner Website einen Sonnenschirm mit verschiedenen Konfigurationsmöglichkeiten an – u. a. Größe, Stoffklasse und Farbe.

Dabei wies er unter dem Artikel auf Folgendes hin:

"Die Schirme der Glatz individual-Serie sind nicht vorgefertigt und werden aufgrund der Auswahl des Käufers individuell angefertigt. Bitte beachten Sie dazu die Hinweise unter 'Ausschluss bzw. vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts' in unserer Widerrufsbelehrung. Hiervon ausgenommen sind die sofort verfügbaren Modelle."

Damit bezweckte der Online-Händler den Ausschluss des fernabsatzrechtlichen Widerrufsrechts, weil die Artikelkonfiguration auf Kundenwunsch erfolge. Aus Sicht der Wettbewerberin war dies rechtswidrig. Sie mahnte den Online-Händler ab.

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Rechtliche Bewertung des Wettbewerbsverstoßes

Der Ausschluss des Widerrufsrechts im Fernabsatz ist nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich. Gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB entfällt das Widerrufsrecht bei Waren, die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind.

Aber: Eine Auswahl aus vorgegebenen Optionen genügt nicht, um die Voraussetzungen für diese Ausnahme zu erfüllen.

Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 19.03.2003 – VIII ZR 295/01) sowie zahlreiche Oberlandesgerichte haben klargestellt:

  • Die Ware muss nicht mehr oder nur mit erheblichem wirtschaftlichem Verlust anderweitig verkäuflich sein.
  • Es reicht nicht aus, dass die Bestellung erst nach Kundenauswahl gefertigt wird.
  • Auch eine Verknüpfung vorgefertigter Standardbauteile begründet noch keine individuelle Anfertigung.

Im konkreten Fall handelte es sich um einen Sonnenschirm, der aus Standardteilen (Gestell und Bezug in wählbarer Farbe und Größe) zusammengesetzt wurde. Diese Konfiguration erfüllt daher nicht die Anforderungen für einen Ausschluss des Widerrufsrechts.

Folglich lag eine Irreführung über Verbraucherrechte nach § 5 Abs. 2 Nr. 7 UWG vor und damit ein abmahnbarer Wettbewerbsverstoß.

Best Practice: Korrekter Umgang mit Widerrufsrecht bei Konfigurationsprodukten

Um Abmahnungen zu vermeiden, sollten Händler folgende Punkte unbedingt beachten:

  • Nur in echten Ausnahmefällen Widerrufsrecht ausschließen:
 Ein Ausschluss ist nur bei eindeutig individualisierten Waren zulässig, etwa bei einer persönlich gravierten Uhr oder einem maßgefertigten Möbelstück mit ungewöhnlichem Sondermaß.
  • Standardisierte Optionen = kein Ausschluss:
 Wird das Produkt lediglich aus vorgegebenen Komponenten nach Bestellung zusammengesetzt, besteht das Widerrufsrecht fort – selbst wenn die Ware erst dann produziert wird. Andernfalls läge es in der Hand des Unternehmers, ein Widerrufsrecht des Verbrauchers dadurch auszuschließen, dass auch standardisierte Ware nicht vorrätig gehalten, sondern erst auf Bestellung produziert wird.
  • Transparente Widerrufsbelehrung:
 Die Widerrufsbelehrung darf nur dann eine Ausnahme nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB aufführen, wenn konkret dargelegt wird, bei welchen Produkten sie greift – und warum.
  • Keine Pauschalhinweise bei Serienprodukten: Texte wie „wird individuell gefertigt“ genügen nicht, wenn sie sich auf Produkte beziehen, die aus vordefinierten Konfigurationen bestehen.

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Learning für Händler

Das Widerrufsrecht ist ein zentrales Verbraucherschutzinstrument und darf nur in gesetzlich ausdrücklich geregelten Ausnahmefällen ausgeschlossen werden. Damit das Widerrufsrecht wegen einer Kundenspezifikation entfällt, genügt es nicht, dass der Verbraucher bei der Bestellung lediglich bestimmte Eigenschaften der Ware auswählt und dadurch deren Herstellung auslöst.

Wäre dies ausreichend, hinge das Widerrufsrecht allein davon ab, ob ein Produkt auf Lager liegt oder erst nach Bestellung gefertigt wird. Der Unternehmer könnte so durch bloßes Produzieren „auf Abruf“ das Widerrufsrecht ausschalten. Das widerspricht jedoch dem Ausnahmecharakter der gesetzlichen Regelung.

Online-Händler sollten größte Sorgfalt bei der Formulierung ihrer Hinweise und AGB walten lassen, um kostspielige Abmahnungen zu vermeiden. Oft lohnt sich auch eine Überarbeitung der gesamten Widerrufsbelehrung und Produktkommunikation, um weitere Risiken auszuschließen.

Sie haben eine Abmahnung erhalten - So gehen Sie richtig vor

Lassen Sie die Abmahnung trotz der regelmäßig kurzen Fristen anwaltlich von einem Spezialisten überprüfen. In diesen Abmahnungen geht es oft um hohe Zahlungsforderungen. Hier sollten Sie nicht vorschnell handeln.

Auch die vorformulierte Unterlassungserklärung ist in den uns vorliegenden Fällen fast immer einseitig und zudem gefährlich vorformuliert und sollte in dieser Form nicht abgegeben werden!

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