Abmahnung: Unzulässiger Ausschluss des Widerrufsrechts bei Warenkonfiguration

Verbrauchern steht beim Onlinekauf ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu. Eine bloße Auswahlmöglichkeit der Warenbeschaffenheit reicht nicht für den Ausschluss dieses Widerrufsrechts – dies wurde einem Händler zum Verhängnis.
Inhaltsverzeichnis
- Was war der Anlass für die Abmahnung?
- Rechtliche Bewertung des Wettbewerbsverstoßes
- Best Practice: Korrekter Umgang mit Widerrufsrecht bei Konfigurationsprodukten
- Abmahnung aufgrund widerrechtlichen Ausschlusses des Widerrufsrechts mit LegalScan Pro vermeiden
- Learning für Händler
- Sie haben eine Abmahnung erhalten - So gehen Sie richtig vor
Was war der Anlass für die Abmahnung?
Ein Onlinehändler bot auf seiner Website einen Sonnenschirm mit verschiedenen Konfigurationsmöglichkeiten an – u. a. Größe, Stoffklasse und Farbe.
Dabei wies er unter dem Artikel auf Folgendes hin:
"Die Schirme der Glatz individual-Serie sind nicht vorgefertigt und werden aufgrund der Auswahl des Käufers individuell angefertigt. Bitte beachten Sie dazu die Hinweise unter 'Ausschluss bzw. vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts' in unserer Widerrufsbelehrung. Hiervon ausgenommen sind die sofort verfügbaren Modelle."
Damit bezweckte der Online-Händler den Ausschluss des fernabsatzrechtlichen Widerrufsrechts, weil die Artikelkonfiguration auf Kundenwunsch erfolge. Aus Sicht der Wettbewerberin war dies rechtswidrig. Sie mahnte den Online-Händler ab.
Rechtliche Bewertung des Wettbewerbsverstoßes
Der Ausschluss des Widerrufsrechts im Fernabsatz ist nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich. Gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB entfällt das Widerrufsrecht bei Waren, die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind.
Aber: Eine Auswahl aus vorgegebenen Optionen genügt nicht, um die Voraussetzungen für diese Ausnahme zu erfüllen.
Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 19.03.2003 – VIII ZR 295/01) sowie zahlreiche Oberlandesgerichte haben klargestellt:
- Die Ware muss nicht mehr oder nur mit erheblichem wirtschaftlichem Verlust anderweitig verkäuflich sein.
- Es reicht nicht aus, dass die Bestellung erst nach Kundenauswahl gefertigt wird.
- Auch eine Verknüpfung vorgefertigter Standardbauteile begründet noch keine individuelle Anfertigung.
Im konkreten Fall handelte es sich um einen Sonnenschirm, der aus Standardteilen (Gestell und Bezug in wählbarer Farbe und Größe) zusammengesetzt wurde. Diese Konfiguration erfüllt daher nicht die Anforderungen für einen Ausschluss des Widerrufsrechts.
Folglich lag eine Irreführung über Verbraucherrechte nach § 5 Abs. 2 Nr. 7 UWG vor und damit ein abmahnbarer Wettbewerbsverstoß.
Best Practice: Korrekter Umgang mit Widerrufsrecht bei Konfigurationsprodukten
Um Abmahnungen zu vermeiden, sollten Händler folgende Punkte unbedingt beachten:
- Nur in echten Ausnahmefällen Widerrufsrecht ausschließen: Ein Ausschluss ist nur bei eindeutig individualisierten Waren zulässig, etwa bei einer persönlich gravierten Uhr oder einem maßgefertigten Möbelstück mit ungewöhnlichem Sondermaß.
- Standardisierte Optionen = kein Ausschluss: Wird das Produkt lediglich aus vorgegebenen Komponenten nach Bestellung zusammengesetzt, besteht das Widerrufsrecht fort – selbst wenn die Ware erst dann produziert wird. Andernfalls läge es in der Hand des Unternehmers, ein Widerrufsrecht des Verbrauchers dadurch auszuschließen, dass auch standardisierte Ware nicht vorrätig gehalten, sondern erst auf Bestellung produziert wird.
- Transparente Widerrufsbelehrung: Die Widerrufsbelehrung darf nur dann eine Ausnahme nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB aufführen, wenn konkret dargelegt wird, bei welchen Produkten sie greift – und warum.
- Keine Pauschalhinweise bei Serienprodukten: Texte wie „wird individuell gefertigt“ genügen nicht, wenn sie sich auf Produkte beziehen, die aus vordefinierten Konfigurationen bestehen.
Abmahnung aufgrund widerrechtlichen Ausschlusses des Widerrufsrechts mit LegalScan Pro vermeiden
Sobald Sie LegalScan Pro eingerichtet haben, scannt unser Service Ihre Angebote regelmäßig und erkennt dabei:
- über 350 wettbewerbsrechtliche Risiken
- über 300 markenrechtlich problematische Begriffe und
- über 50 Produktkategorien mit besonderen rechtlichen Anforderungen.
Die Scan-Ergebnisse werden Ihnen übersichtlich präsentiert. Jedes identifizierte Problem wird mit einer genauen Analyse und konkreten Lösungsvorschlägen erläutert, so dass Sie schnell die notwendigen Änderungen vornehmen können.
Unser intelligenter E-Mail-Benachrichtigungsservice informiert Sie außerdem sofort, wenn neue Risiken auftreten.
LegalScan Pro steht unseren Mandanten im Mandantenportal zur Verfügung und ist derzeit für Verkaufsauftritte auf folgenden Plattformen bereits ab mtl. 6,90€ buchbar:
Amazon, eBay, Etsy, Kasuwa, Kaufland, Shopify-Shops und WooCommerce
Learning für Händler
Das Widerrufsrecht ist ein zentrales Verbraucherschutzinstrument und darf nur in gesetzlich ausdrücklich geregelten Ausnahmefällen ausgeschlossen werden. Damit das Widerrufsrecht wegen einer Kundenspezifikation entfällt, genügt es nicht, dass der Verbraucher bei der Bestellung lediglich bestimmte Eigenschaften der Ware auswählt und dadurch deren Herstellung auslöst.
Wäre dies ausreichend, hinge das Widerrufsrecht allein davon ab, ob ein Produkt auf Lager liegt oder erst nach Bestellung gefertigt wird. Der Unternehmer könnte so durch bloßes Produzieren „auf Abruf“ das Widerrufsrecht ausschalten. Das widerspricht jedoch dem Ausnahmecharakter der gesetzlichen Regelung.
Online-Händler sollten größte Sorgfalt bei der Formulierung ihrer Hinweise und AGB walten lassen, um kostspielige Abmahnungen zu vermeiden. Oft lohnt sich auch eine Überarbeitung der gesamten Widerrufsbelehrung und Produktkommunikation, um weitere Risiken auszuschließen.
Sie haben eine Abmahnung erhalten - So gehen Sie richtig vor
Lassen Sie die Abmahnung trotz der regelmäßig kurzen Fristen anwaltlich von einem Spezialisten überprüfen. In diesen Abmahnungen geht es oft um hohe Zahlungsforderungen. Hier sollten Sie nicht vorschnell handeln.
Auch die vorformulierte Unterlassungserklärung ist in den uns vorliegenden Fällen fast immer einseitig und zudem gefährlich vorformuliert und sollte in dieser Form nicht abgegeben werden!
Profitieren Sie von der Expertise der Anwälte der IT-Recht Kanzlei, die über langjährige Erfahrung in der Vertretung in Abmahnverfahren verfügen!
Hilfreich: Der 10-Punkte-Plan: Ihre Checkliste zum Thema Abmahnung.
Sie möchten rechtssicher verkaufen?
Die IT-Recht Kanzlei stellt Ihnen, wie bereits über 90.000 anderen Unternehmen, gerne ihre Rechtstexte zur Verfügung. Wählen Sie einfach hier (https://www.it-recht-kanzlei.de/agbstarterpaket.php?partner_id=8) Ihr passendes Schutzpaket aus und werden Sie Update-Service-Mandant, um stets rechtlich auf dem neuesten Stand zu bleiben und abgesichert zu sein.
Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.
Link kopieren
Als PDF exportieren
Per E-Mail verschicken
Zum Facebook-Account der Kanzlei
Zum Instagram-Account der Kanzlei
Beiträge zum Thema






0 Kommentare