Widerrufsrecht: Muss benutzte Kosmetik zurückgenommen werden?
Ein Kunde öffnet ein Kosmetikprodukt zum Ausprobieren und widerruft danach den Kauf – ein häufiges Ärgernis für Online-Händler. Doch müssen benutzte Kosmetikartikel überhaupt zurückgenommen werden?
Inhaltsverzeichnis
- Rechtlicher Hintergrund: 14-tägiges Widerrufsrecht
- Benutzte Kosmetik: Ausschluss des Widerrufsrechts aus Hygienegründen
- 1. Aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet
- 2. Ausschluss des Widerrufsrechts nur bei ordnungsgemäßer Versiegelung
- Schnell verderbliche Kosmetikprodukte
- Die richtige Belehrung macht's!
- Fazit
Rechtlicher Hintergrund: 14-tägiges Widerrufsrecht
Verbrauchern steht bei Online-Bestellungen grundsätzlich ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu, das ohne Angabe von Gründen zur Rückabwicklung des Vertrages genutzt werden kann.
Machen Verbraucher bei benutzten Kosmetikprodukten von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch, ist die zurückgegebene Ware für den Unternehmer jedoch unter Umständen nur noch schwer verkäuflich oder gar wertlos. Denn welcher Kunde gibt sich mit einem bereits benutzten Lippenstift oder einem geöffneten Cremetiegel zufrieden?
Benutzte Kosmetik: Ausschluss des Widerrufsrechts aus Hygienegründen
Für Kosmetika kommt allerdings ein Ausschluss des Verbraucherwiderrufsrechts in Betracht, auf den sich Händler bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen berufen können.
So besteht das Widerrufsrecht gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht bei Fernabsatzverträgen zur Lieferung versiegelter Waren, „die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.“
Diese Ausnahme vom Widerrufsrecht soll nach gesetzgeberischer Intention vor allem für in Gebrauch genommene Kosmetik greifen und soll daher im Folgenden näher beleuchtet werden.
Damit das Widerrufsrecht für Kosmetikprodukte ausgeschlossen ist, müssen kumulativ drei Voraussetzungen vorliegen:
- Der Artikel darf aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sein.
- Der Artikel muss mit einer Versiegelung beim Verbraucher eintreffen.
- Die Versiegelung muss nach der Lieferung entfernt worden sein.
1. Aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet
Das Kosmetikprodukt müsste zunächst aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sein. Nur dann erlischt das Widerrufsrecht für einen Kosmetikartikel und der Unternehmer ist nicht zur Rücknahme des benutzten Produkts verpflichtet.
In Anlehnung an vorhandene Rechtsprechung ist daraus zu folgern, dass ein pauschaler Widerrufsausschluss für jedwede Kosmetik nicht durchgesetzt werden kann.
Vielmehr müssen „triftige Gesundheitsschutz- oder Hygienegründe für die Versiegelung vorliegen“.
Nicht erforderlich ist, dass im Falle einer hypothetischen Rücknahme objektiv eine Gesundheitsgefahr für den Wiederkäufer besteht.
Als Faustregel dürfte vielmehr gelten, dass die Eignung zur Rückgabe dann fehlt, wenn ein Wiederkäufer die Retour-Ware aus objektiv nachvollziehbaren hygienischen Gründen nicht würde benutzen wollen.
Dies ist insbesondere bei Produkten, die üblicherweise mit dem Körper, mit Körperöffnungen oder persönlichen Gegenständen zur Anwendung am Körper (etwa: Zahnbürsten) in Berührung kommen, zu verneinen.
Sehr gut vertretbar dürfte der Ausschluss des Widerrufsrechts daher bei Kosmetikartikeln wie
- Lippenstiften
- Wimperntuschen
- Kajalstiften
- Liplinern
- Deos
- Augentropfen
- Zahnpasta
sein.
2. Ausschluss des Widerrufsrechts nur bei ordnungsgemäßer Versiegelung
Die mangelnde Eignung zur Rücksendung ist für den Verbraucher häufig nur schwer zu erkennen. Aus diesem Grund verlangt das Gesetz für den Ausschluss des Widerrufsrechts, dass die Waren
- versiegelt geliefert wurden und
- die Versiegelung nach Lieferung vom Verbraucher entfernt worden ist.
Das bedeutet:
Das Widerrufsrecht erlischt nur, wenn
- das retournierte Kosmetikprodukt von Anfang an ordnungsgemäß versiegelt war und
- die Versiegelung später nicht mehr intakt ist.
Nur dann ist der Unternehmer nicht verpflichtet, den Kosmetikartikel im Rahmen des Fernabsatzwiderrufsrechts zurückzunehmen. Und nur dann muss der Unternehmer das bereits gezahlte Geld auch nicht zurückerstatten.
Doch wie genau sieht eine gesetzeskonforme Versiegelung aus? Reicht dafür bereits jede Form der Verpackung aus oder muss die Verpackung besonderen Anforderungen genügen?
Nach einschlägiger Rechtsprechung muss eine Versiegelung dem Verbraucher als solche erkennbar sein und darf nicht lediglich als Schutzhülle anzusehen sein.
Daher ist etwa die Cellophanhülle (Folie) grundsätzlich nicht als Siegel im Sinne des Gesetzes anzusehen. Zweck einer Versiegelung ist es, dem Verbraucher deutlich zu machen, dass er die Ware behalten muss, wenn er diese spezielle Schutzvorrichtung öffnet.
Daraus folgt für die Praxis: Der Online-Händler sollte darauf achten, dass
- der Kosmetikartikel in besonderer Weise verpackt, also tatsächlich versiegelt ist.
- diese besondere Verpackung vom Verbraucher nicht entfernt und ohne weiteres und ohne sichtbare Spuren wieder angebracht werden kann, und
- die besondere Verpackung für den Verbraucher als Siegel erkennbar ist, etwa weil es als Siegel oder Versiegelung bezeichnet wird oder ein entsprechender Hinweis auf der Verpackung vorhanden ist.
Schnell verderbliche Kosmetikprodukte
Schnell verderbliche Kosmetik kann unter Umständen einem eigenen Ausschlusstatbestand für das Widerrufsrecht unterliegen.
Nach § 312g Abs. 2 Nr. 2 BGB besteht das Widerrufsrecht nämlich nicht bei Waren, „die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde“.
Doch unter welchen Umständen fallen Kosmetikprodukte unter diese Vorschrift?
Nach der Rechtsprechung sind Waren schnell verderblich, „wenn nach ihrem Transport und ihrer Verweildauer beim Verbraucher ein verhältnismäßig erheblicher Teil ihrer Gesamtlebensdauer abgelaufen wäre".
Entscheidend für die Verderblichkeit ist also, dass es sich um Waren handelt, die sich in absehbarer Zeit nach der Versendung aufgrund eines unumkehrbaren natürlichen Vorgangs so verschlechtern, dass ein bestimmungsgemäßer Gebrauch nicht mehr möglich ist.
Kosmetikartikel haben in der Regel allerdings eine hinreichende Haltbarkeit, sodass ein Widerrufsrecht nicht ausgeschlossen sein wird.
Wichtig ist, dass die Verderblichkeit objektiv anhand der Produktkomposition im Auslieferungszustand zu bemessen ist. Für Kosmetik kommt es also auf die Haltbarkeit in ungeöffneter und unentsiegelter Verpackung an. Dass Kosmetik ggf. nach Ingebrauchnahme oder Öffnung der Verpackung verderblich wird, ist von dieser Widerrufsausnahme nicht erfasst.
Die richtige Belehrung macht's!
Ein Händler kann ein benutztes Kosmetikprodukt unter Verweis auf die gesetzlichen Ausnahmetatbestände nur zurückweisen, wenn er seine Kunden ordnungsgemäß über Ausschluss bzw. Erlöschen des Widerrufsrechts belehrt hat.
Daher ist es für den Ausschluss unabdinglich, dass in der Widerrufsbelehrung des Händlers die einschlägigen Ausschlusstatbestände transparent angeführt werden.
Enthält die Widerrufsbelehrung keinen Hinweis auf mögliche Ausschlüsse, kann der Händler das Widerrufsrecht insofern auch nicht ablehnen.
In unseren Schutzpaketen für den Online-Verkauf ist neben weiteren Rechtstexten eine vollständig rechtskonforme Widerrufsbelehrung enthalten, in der Händler alle gesetzlichen Ausnahmetatbestände des Widerrufsrechts rechtskonform regeln können.
Fazit
Online-Händler sind zwar grundsätzlich dazu verpflichtet, Kosmetikprodukte nach einem erfolgten Widerruf zurücknehmen.
Ist das Kosmetikprodukt aber
- aus Gesundheits- und Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet und
- entfernt bzw. „durchbricht“ der Verbraucher das ordnungsgemäß angebrachte Siegel
erlischt das Widerrufsrecht des Verbrauchers, wenn der Händler darüber in seiner Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß informiert.
Darüber hinaus kann das Widerrufsrecht, eine ordnungsgemäße Information in der Widerrufsbelehrung unterstellt, bei schnell verderblichen Kosmetika auch von Vornherein ausgeschlossen sein.
In jedem Fall müssen Händler sicherstellen, dass sie den Kunden ordnungsgemäß über den Ausschluss bzw. das Erlöschen des Widerrufsrechts belehren. Nur dann können Online-Händler den Widerruf eines benutzten Kosmetikartikels zurückweisen.
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2 Kommentare
,erhalten am 16.10.,einige Tage getestet,dabei gemerkt,dass ich das Mittel nicht vertrage! Sofort dem Verkäufer gemeldet,am 22.10. -2 Fläschchen an ihn zurückgeschickt! Die angefangene Flasche wurde nicht angenommen! Nun schreibt man mir,dass die Retoure nicht anerkannt wird,weil die Siegel verletzt sind! Die kleinen Flaschen haben kein erkennbaren Siegel,ausserdem hab ich die Ware nur aus dem Einwickelpapier herausgenommen! Sie sonst nicht angefasst,nur die zubenutzende Flasche geöffnet! Auch da kein erkennbares Siegel! In den AbG weist der Hersteller,der auch Verkäufer ist,bei seinem Rücknahme-Versprechen nicht auf diese Siegel hin! Wie kann ich mich nun wehren,zumal es ein Präparat für die Kopfhaut ist u.für einen Wiederauferstehung gar nicht erkennbar ist,dass es eine Retoure ist!!
E. Simmet