Mit Einmalsiegeln gegen das Widerrufsrecht?

Das Widerrufsrecht im Fernabsatz ist in manchen Fällen ausgeschlossen, wenn die Versiegelung der Ware beschädigt worden ist. Doch können auch in anderen Fällen sog. Einmalsiegel das Widerrufsrecht ausschließen?
Inhaltsverzeichnis
- Was ist ein Einmalsiegel?
- Schließt der Bruch eines Einmalsiegel das Widerrufsrecht aus?
- Dürfen Einmalsiegel auch an anderen Waren angebracht werden?
- Dürfen Händler einen Widerruf zurückweisen, wenn das Einmalsiegel gebrochen wurde?
- Welche Funktion können Einmalsiegel dennoch haben?
- Was sollten Händler unterlassen, um Abmahnrisiken zu vermeiden?
- Was droht Händlern, wenn sie das Widerrufsrecht bei gebrochenen Einmalsiegeln verweigern?
- Wie ist die Lage im stationären Handel?
Was ist ein Einmalsiegel?
Ein Einmalsiegel ist ein Sicherheitsmerkmal, das nach dem ersten Öffnen oder Entfernen nicht in gleicher Weise wiederverwendet werden kann, etwa weil es nach dem ersten Gebrauch unwiederbringlich zerstört oder verändert worden ist.
Ein solches Einmalsiegel hat im Handel von hochwertiger Kleidung und Mode den Zweck, vor Manipulationen zu schützen und die Unversehrtheit eines Kleidungsstücks nachzuweisen.
Zwar schließt ein Einmalsiegel natürlich nicht aus, dass ein damit versehenes Kleidungsstück tatsächlich getragen wird. Es mindert aber den Tragekomfort und stört die Ästhetik - wer ein Kleidungsstück mit Einmalsiegel trägt, signalisiert damit eindeutig und für jeden ersichtlich, dass das Einmalsiegel aus bestimmten Gründen noch nicht entfernt worden ist.
Ein Beispiel für ein Einmalsiegel ist ein Element aus Plastik oder Holz, das prominent, also sichtbar an einem Kleid oder einer Hose so befestigt ist, dass es für einen angenehmen Tragekomfort und eine ansprechende Optik entfernt werden muss.
Schließt der Bruch eines Einmalsiegel das Widerrufsrecht aus?
Ja, allerdings nur in ganz bestimmten, vom Gesetz konkret geregelten Fällen:
- So ist das Verbraucher-Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB grundsätzlich bereits von Gesetzes wegen ausgeschlossen bei Verträgen zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.
- Weiter ist das Widerrufsrecht auch bei Verträgen zur Lieferung von Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung ausgeschlossen, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.
Weitere Konstellationen, in denen der Bruch eines Einmalsiegels das Widerrufsrecht von Verbrauchern ausschließt, enthält das Gesetz hingegen nicht.
Dürfen Einmalsiegel auch an anderen Waren angebracht werden?
Ja, Einmalsiegel dürfen als spezielles Sicherheitstag im Prinzip an sämtlichen Produkten und Waren, wie etwa auch an Kleidung und Mode, angebracht werden.
Allerdings führt der Bruch, also die Entfernung oder Beschädigung eines Einmalsiegels, das an anderen als den gesetzlich hierfür vorgesehenen Waren angebracht ist, nicht zum Erlöschen des Verbraucher-Widerrufsrechts.
Dürfen Händler einen Widerruf zurückweisen, wenn das Einmalsiegel gebrochen wurde?
Nein, es wäre ein Verstoß gegen das gesetzlich zwingend vorgegebene Verbraucher-Widerrufsrecht, wenn Verbrauchern die Ausübung des Widerrufsrechts oder die Rückgabe von Widerrufsware verweigert würde, wenn das Einmalsiegel beim Rückversand der Ware nicht mehr vorhanden oder nicht mehr unversehrt ist.
Welche Funktion können Einmalsiegel dennoch haben?
Die Anbringung von Einmalsiegeln kann insbesondere bei Kleidung dazu führen, dass Verbraucher vorsichtiger mit der Ware umgehen, diese nicht etwa zunächst einige Tage tragen und sie dann doch gebraucht zurückgeben.
Viele Kunden werden sich nicht trauen, die Kleidung mit dem störenden und unschönen Einmalsiegel in der Öffentlichkeit zu tragen. Entfernen die Kunden das Einmalsiegel, ist dies für den Händler jedoch ein Indiz, dass die Kleidung möglicherweise nicht nur anprobiert und wie in einem Ladengeschäft geprüft, sondern auch darüber hinaus getragen worden ist.
In solchen Fällen können dem Händler Ansprüche auf Wertersatz nach § 357a Abs. 1 BGB zustehen, auf die der Händler durch das fehlende Einmalsiegel hingewiesen wird bzw. deren Voraussetzungen der Händler dadurch ggf. leichter nachweisen kann.
Was sollten Händler unterlassen, um Abmahnrisiken zu vermeiden?
Händler dürfen nicht behaupten oder suggerieren, dass die Ausübung des gesetzlichen Widerrufsrechts von Verbrauchern oder die Rückgabe der Widerrufsware von der Intaktheit, d.h. Unversehrtheit des Einmalsiegels abhängt.
Vielmehr sollten Händler im Shop umgekehrt zur Vermeidung von Abmahnrisiken ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Unversehrtheit keine Voraussetzung für die wirksame Ausübung des Widerrufsrechts ist.
Was droht Händlern, wenn sie das Widerrufsrecht bei gebrochenen Einmalsiegeln verweigern?
Wer entgegen den gesetzlichen Bestimmungen zum Verbraucher-Widerrufsrecht behauptet oder zumindest suggeriert, also dahingehend täuscht und irreführt, dass die Ausübung des Widerrufsrechts oder die Rückgabe von Widerrufsware davon abhängt, dass ein an der Ware angebrachtes Einmalsiegel noch intakt ist, verstößt gegen das im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelte Lauterkeitsrecht.
Ein solcher Gesetzesverstoß kann von Mitbewerbern, Branchen- und vor allem auch Verbraucherschutzverbänden kostspielig abgemahnt werden. Nach den Erfahrungen aus unserer Beratungspraxis kommt dies auch immer wieder vor.
Wie ist die Lage im stationären Handel?
Beim Verkauf in Filialen vor Ort oder im Rahmen eines vom Händler freiwillig gewährten Rückgaberechts, das neben dem gesetzlichen Widerrufsrecht bestehen kann, ist die Rechtslage völlig anders.
In beiden Konstellationen ist es Verkäufern gestattet, die Bedingungen zu ihrem Vorteil so auszugestalten, dass die Rücknahme von Kleidern oder sonstigen Waren davon abhängt, dass ein solches Einmalsiegel bei der Rückgabe noch angebracht und unversehrt ist.
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1 Kommentar
Also die Frage: Welche rechtliche Grundlage gibt es für diese Benachteiligung einer Branche? Gleichbehandlung, bzw. gleiche Marktchancen sind hier eindeutig nicht vorhanden...