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Französisches Gewährleistungs- und Produkthaftungsrecht

Französisches Gewährleistungs- und Produkthaftungsrecht

Frage: Sind Fragen der gesetzlichen Gewährleistung in Frankreich ähnlich wie in Deutschland geregelt?

Es gibt wichtige Unterschiede bei der Beweislastumkehr vor Ablauf einer Rügefrist zugunsten des Verbrauchers und der gesetzlichen Garantie für verborgene Mängel (garantie légale des vices cachés), die es im deutschen Recht nicht gibt. Ansonsten folgt das französische Recht wie das deutsche Recht den in der Richtlinie 1999/44 gesetzten Standards des Verbrauchsgüterverkaufs (s. hierzu allgemein Beitrag der IT-Recht Kanzlei: http://www.it-recht-kanzlei.de/gewaehrleistungsrecht-europaeische-union.html.

Frage: Wie ist die Beweislastumkehr im französischen Gewährleistungsrecht geregelt?

Wie im deutschen Recht besteht auch im französischen Gewährleistungsrecht für Verbraucher (Garantie légale de conformité) zugunsten des Verbrauchers die Beweislastumkehr, demnach der Verkäufer innerhalb einer bestimmten Frist beweisen muss, dass die Kaufsache mangelfrei ist. Im Unterschied zum deutschen Recht, das für diese Beweislastumkehr einen Zeitraum von 6 Monaten nach Empfang der Ware vorsieht. Ist dieser Zeitraum nach französischem Recht auf 24 Monate ausgedehnt. Für gebrauchte Waren gilt allerdings für die Beweislastumkehr ein verkürzter Zeitraum von 6 Monaten. Diese Regelung ist zwingendes Verbraucherrecht und kann nicht durch AGB abbedungen werden.

Article L217-7 Code de la consommation

Les défauts de conformité qui apparaissent dans un délai de vingt-quatre mois à partir de la délivrance du bien sont présumés exister au moment de la délivrance, sauf preuve contraire.
Pour les biens vendus d'occasion, ce délai est fixé à six mois.

Le vendeur peut combattre cette présomption si celle-ci n'est pas compatible avec la nature du bien ou le défaut de conformité invoqué.

Frage: Was ist eine „garantie légale des vices cachés“?

Während die gesetzliche Garantie für Gebrauchsgüter weitgehend die EU-Richtlinie 1999/44/RG übernimmt, ist die gesetzliche Garantie für verborgene Mängel eine spezielle Ausformung des französischen Rechts und ist in Art 1641 ff Code civil geregelt (garantie des défauts de la chose). Sie gilt für jedermann, also für Verbraucher und Unternehmer gleichermaßen.

Voraussetzungen:

  • Es handelt sich um einen versteckten Mangel, der beim Kauf bei Anlegung eines normalen Sorgfaltsmaßstabs nicht ersichtlich war und bereits vor dem Kauf bestand.
  • Der Käufer muss beweisen, dass der versteckte Mangel bereits vor Kauf der Ware bestanden hat
  • Der Käufer kannte den versteckten Mangel beim Kauf nicht

Rechte des Käufers

  • Der Käufer kann gegen den Verkäufer gerichtlich innerhalb von zwei Jahren nach Entdeckung des verborgenen Mangels auf Schadensersatz oder Minderung des Preises oder Rückabwicklung des Vertrages klagen
  • Er hat ein Wahlrecht zwischen der Rückgabe der Kaufsache und Rückerstattung des Kaufpreises oder der Kaufpreisminderung.

Frage: Was ist eine „garantie commerciale“?

Wie im deutschen Recht auch gibt es zusätzlich die sog. „Garantie commerciale“ (Händlergarantie, Vertragsgarantie), die wie im deutschen Recht auch die gesetzliche Gewährleistungsgarantie nicht ersetzt, sondern ergänzt. Allerdings sind die formalen Voraussetzungen einer solchen Händlergarantie nach französischen Recht strenger gefasst als nach deutschem Recht.

Der Händler muss neben den Angaben zur Garantie (wie im deutschen Recht: Inhalt der Garantie, Dauer, territoriale Geltung, Adresse des Verkäufers oder Fabrikanten) in die Garantieerklärung den Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen des Codes de la Consommation und des Code civil aufnehmen (Art. L211-4, L211-5, L211-12, L211-16, du Code de la consommation; 1641 et 1648 premier alinéa du Code civil).

Im Übrigen muss die Garantieerklärung wie nach deutschem Recht auch (s. hierzu Beitrag der IT-Recht Kanzlei: http://www.it-recht-kanzlei.de/garantie-gewaehrleistung-unterschiede.html) dem Verbraucher spätestens bei Lieferung der Ware per E-Mail in Papierform oder als pdf-Datei im Anhang einer E-Mail zur Verfügung gestellt werden.

Empfehlung der IT-Recht Kanzlei: Der genaue Wortlaut der Händlergarantie einschließlich der genauen Wiedergabe der einschlägigen französischen gesetzlichen Vorschriften ist wichtig, um mögliche Sanktionen der französischen Wettbewerbsbehörden zu vermeiden. Die IT-Recht Kanzlei kann hier bei der Formulierung von solchen Garantien nach französischem Recht Hilfestellung geben.

#Frage: Wie ist die Produkthaftung in Frankreich geregelt?ä

Hier handelt es sich nach deutschem und französischem Recht nicht um eine vertragsrechtliche, sondern um eine deliktrechtliche Haftung, die nach französischem Recht unter dem Begriff „responsabilité du fait des produits défectueux“ geregelt ist und neben der vertragsrechtlichen Gewährleistungshaftung steht.

Wie in Deutschland auch geht die Herstellerhaftung oder Produkthaftung auf die EU-Richtlinien 85/372/EWG und 2001/95/CE zurück, die durch französisches Umsetzungsgesetz in den Code civil (Artikel 1245-18 ff Code civil Neufassung) und das Verbrauchergesetz (Art. 411-1 ff Code de la Consommation) inkorporiert wurden. Das Produkthaftungsrecht ist in Frankreich auf der Basis der genannten EU-Richtlinie in den wesentlichen Punkten ähnlich wie in Deutschland geregelt.

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