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Ausschluss des Widerrufsrechts

Kein Widerrufsrecht bei schnell verderblichen Waren – Was zählt dazu?

Kein Widerrufsrecht bei schnell verderblichen Waren – Was zählt dazu?
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Beitrag vom: 22.01.2023
Aktualisiert: 02.05.2025

Viele Händler verkaufen Lebensmittel über das Internet. Erklärt ein Verbraucher dann den Widerruf, stellt sich die Frage, ob der Händler diesen akzeptieren muss. Immerhin schließt das Gesetz das Widerrufsrecht bei schnell verderblichen Waren aus. Doch wann ist eine Ware schnell verderblich? Wir erläutern die Rechtslage und bieten Musterformulierungen für die Kundenkommunikation.

Wann ist das Widerrufsrecht bei schnell verderblichen Waren gesetzlich ausgeschlossen?

Grundsätzlich haben Verbraucher nach § 312g Abs. 1 BGB bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB.

Allerdings enthält § 312g Abs. 2 BGB eine Aufzählung von Verträgen zur Lieferung von bestimmten Produkten, bei denen ein Widerrufsrecht von Gesetzes wegen nicht besteht, soweit die Parteien jedenfalls nichts anderes vertraglich vereinbart haben.

Demnach besteht das Widerrufsrecht grundsätzlich auch nicht bei:

"Verträge[n] zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde."

Welchen Hintergrund hat dieser gesetzliche Ausschluss des Widerrufsrechts?

Das Verbraucher-Widerrufsrecht ist bei schnell verderblichen Waren gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen, weil der hiervon betroffene Händler bzw. Unternehmer die betreffenden Waren im Falle des Widerrufs wegen deren schneller Verderblichkeit nicht mehr, kaum noch oder zumindest nur mit erheblichen wirtschaftlichen Einbußen an andere Abnehmer vertreiben könnte.

Es wäre unverhältnismäßig und für den Händler bzw. Unternehmer letztlich untragbar, wenn Verbraucher Verträge über die Lieferung von schnell verderblichen Waren widerrufen könnten, deshalb auch nicht zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet wären, der Unternehmer die Ware dann aber nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll verwerten könnte.

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Welche Waren sind schnell verderblich i.S.d. Gesetzes?

Fallgruppen und Beispiele: Wann ist eine Ware „schnell verderblich“?

Hier ein paar praxisrelevante Fallgruppen:

1. Frische Lebensmittel (Mikrobiologische Anfälligkeit)

Dies ist die klassische Fallgruppe. Entscheidend ist die Definition der Lebensmittelhygiene-Verordnung (§ 2 I Nr. 2 LMHV), wonach ein Lebensmittel mikrobiologisch in kurzer Zeit verderblich ist, wenn es nur unter Einhaltung bestimmter Temperaturen verkehrsfähig bleibt.

  • Fleisch- und Wurstwaren: Rohes Fleisch (Hackfleisch, Geflügel, Steaks), frische Wurst (Mettwurst, Aufschnitt), soweit sie nicht durch Konservierungsmittel oder Trocknung (wie z. B. Harttop-Salami) extrem lange haltbar gemacht wurden.
  • Fisch und Meeresfrüchte: Frischer Fisch, Muscheln, Garnelen sowie verzehrfertige Zubereitungen wie Sushi oder Sashimi.
  • Milchprodukte: Frischmilch, Vorzugsmilch, Frischkäse, Joghurt ohne Konservierungsstoffe und andere kurzlebige Molkereiprodukte.
  • Eier: Frischeier, da deren Mindesthaltbarkeitsdatum oft in den Zeitraum der Widerrufsfrist fällt und die Qualität ab Tag eins stetig abnimmt.

2. Obst, Gemüse und pflanzliche Frischeprodukte

Hier kommt es auf die spezifische Sorte und den Reifegrad an. Waren, die innerhalb weniger Tage welken, faulen oder austrocknen, fallen unter den Ausschluss.

  • Beeren- und Weichobst: Erdbeeren, Himbeeren, reife Pfirsiche oder Kirschen. Diese Früchte verlieren oft schon nach 48 Stunden ihre Handelsfähigkeit.
  • Blattgemüse und Kräuter: Frische Salate (Feldsalat, Rucola), Spinat sowie Bundkräuter (Basilikum, Koriander).
  • Convenience-Produkte: Bereits geschältes oder geschnittenes Obst („Fresh-Cut“), verzehrfertige Mischsalate in Beuteln und frisch gepresste, nicht pasteurisierte Säfte (Direktsäfte aus dem Kühlregal).
  • Pilze: Frische Speisepilze wie Champignons oder Pfifferlinge, die aufgrund ihres hohen Wassergehalts extrem schnell verderben.

3. Backwaren und Konditoreierzeugnisse

Frische ist hier das entscheidende Verkaufsargument; bereits nach einem Tag ist die Ware oft nicht mehr als neuwertig verkaufbar.

  • Tagesfrisches Brot und Brötchen: Klassische Backwaren, die zur unmittelbaren Verzehrbarkeit bestimmt sind.
  • Konditoreiwaren: Sahnetorten, Obstkuchen mit Guss, Windbeutel oder andere Gebäcke mit leicht verderblichen Füllungen.
  • Frische Teigwaren: Ungetrocknete Pasta aus dem Kühlregal.

4. Floristik (Schnittware)

Die Abgrenzung bei Pflanzen ist juristisch besonders scharf (vgl. OLG Celle, Az. 2 U 154/12).

  • Schnittblumen: Klassische Blumensträuße, einzelne Schnittrosen oder Gestecke. Diese sind dazu bestimmt, für kurze Zeit optisch zu wirken, und welken unaufhaltsam innerhalb der Widerrufsfrist.
  • Abgrenzung zu lebenden Pflanzen: Topfpflanzen, Bäume, Sträucher oder Blumenzwiebeln sind nicht schnell verderblich. Sie sind auf jahrelanges Wachstum angelegt. Dass sie bei mangelnder Pflege durch den Kunden absterben können, begründet keine „schnelle Verderblichkeit“ der Ware selbst.

5. Pharmazeutika und biologische Wirkstoffe

Obwohl Arzneimittel oft lange haltbar sind, gibt es spezifische Ausnahmen, bei denen die Verderblichkeit im Vordergrund steht.

  • Kühlpflichtige Medikamente: Arzneimittel, die eine lückenlose Kühlkette erfordern (z. B. bestimmte Insuline, biologische Präparate oder Impfstoffe). Sobald die Kühlkette durch den Versand zum Kunden und den potenziellen Rückversand unterbrochen wird, tritt ein sofortiger Verderb der pharmazeutischen Qualität ein.
  • Individuelle Rezepturen: Frisch angerührte Salben oder Lösungen mit einer Haltbarkeit von nur wenigen Tagen (sogenannte Magistralrezepturen).

6. Lebende Organismen (Futter- und Köder)

In spezialisierten Shopping-Apps (Heimtierbedarf/Angelsport) finden sich Waren, die aufgrund ihres Lebenszyklus unter den Ausschluss fallen.

  • Lebendfutter: Insekten (Heimchen, Grillen) für die Reptilienfütterung.
  • Lebendköder: Würmer oder Maden für den Angelsport. Hier endet die Verkehrsfähigkeit oft schon mit dem natürlichen Ableben der Organismen innerhalb weniger Tage.

7. Kochboxen und Meal-Kits

Zutatenpakete: Da diese Boxen fast immer frisches Fleisch, Fisch oder empfindliches Gemüse enthalten, gilt die Box als Gesamtpaket als schnell verderblich. Der Nutzer kann nicht einzelne Bestandteile widerrufen, wenn das Gesamtkonzept auf der unmittelbaren Verzehrbarkeit der frischen Komponenten basiert.

Bei welchen Waren würde das Verfallsdatum schnell überschritten?

Der gesetzliche Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2 Nr. 2 BGB greift nicht nur bei Waren, die schnell verderben können, sondern auch bei solchen Waren, deren Verfallsdatum schnell überschritten würde.

In aller Regel dürften sich die beiden Alternativen „schnell verderbliche Waren“ und „Waren mit Verfallsdaten, die schnell überschritten würden“ decken. Falls bestimmte Waren (vor allem: Lebensmittel) jedoch typischerweise an sich nicht besonders schnell verderben, aber dennoch bloß mit einem kurzen Verfallsdatum bzw. Mindesthaltbarkeitsdatum versehen sind, werden sie von dieser zweiten Ausschlussvariante erfasst.

Nicht möglich bzw. nicht akzeptiert ist allerdings, dass Unternehmer das Verfallsdatum bzw. Mindesthaltbarkeitsdatum ihrer Lebensmittel bewusst künstlich kurzhalten, um das Verbraucher-Widerrufsrecht auf diese Weise zu umgehen bzw. zu unterlaufen. Vielmehr greift der gesetzliche Ausschluss des Widerrufsrechts nur bei solchen Waren, deren kurzes Verfallsdatum bzw. Mindesthaltbarkeitsdatum nicht willkürlich festgelegt worden ist, sondern auf der Grundlage von anerkannten technischen Normen bestimmt wurde.

Wann genau ist eine Ware "schnell“ verderblich?

Bei nicht nur wenigen Produkten bzw. Produktarten wird man diskutieren oder sich sogar trefflich darüber streiten können, ob man sie als „schnell“ verderbliche Ware einzustufen hat oder nicht.

So werden etwa Gewürze, Tees und Kaffeebohnen, die jeweils mehrere Monate haltbar sind, eher nicht als schnell verderblich i.S.d. Vorschrift anzusehen sein, während z.B. Frischmilch, Joghurts und Wurstwaren sicherlich eher schnell verderbliche Lebensmittel sind – ggf. im Gegensatz wiederum zu monatelang haltbarer H-Milch.

In jedem Fall gilt: Als Ausnahmevorschrift muss § 312g Abs. 2 Nr. 2 BGB eng ausgelegt werden. Dies bedeutet, dass in Zweifelsfällen das Widerrufsrecht eher besteht, als dass es nicht besteht.

Was sagt die Rechtsprechung hierzu?

In der Rechtsprechung hat der gesetzliche Ausschluss des Verbraucher-Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2 Nr. 2 BGB - soweit ersichtlich - bislang noch keine allzu große Rolle gespielt, so dass sich hieraus keine weiteren Erkenntnisse für die Auslegung dieses Ausschlussgrundes ableiten lassen.

Das OLG Sachsen-Anhalt hat in einem Fall entschieden, dass jedenfalls nicht pauschal alle Arten von Arzneimitteln vom gesetzlichen Ausschlussgrund erfasst werden (Urteil vom 22. Juni 2017, Az. 9 U 19/17). Zwar gebe es zweifellos Arzneimittel, die schnell verderben würden. Dies gelte jedoch nicht für alle Arzneimittel, so dass eine direkte Anwendung dieser Vorschrift auf alle Arzneimittel ausscheide.

Dies Sichtweise teilt in einem anderen Fall zudem auch das KG Berlin (Urteil vom 9. November 2018, Az. 5 U 185/17).

Müssen Händler etwas für den Ausschluss des Widerrufsrechts tun?

Händler müssen in den Fällen des gesetzlichen Ausschlusses des Widerrufsrechts nichts tun, damit Verbrauchern das Widerrufsrecht nicht zusteht – das Widerrufsrecht ist in diesen Fällen bereits von Gesetzes wegen automatisch ausgeschlossen.

Umgekehrt bedeutet dies zudem, dass Händler in diesen Fällen über das - tatsächlich nicht bestehende - Widerrufsrecht auch nicht belehren müssen bzw. dürfen.

Was sollten Händler beim Ausschluss des Widerrufsrechts beachten?

Ob Händler die Verbraucher in ihrem Shop über das Bestehen des Widerrufsrechts belehren müssen, hängt beim Verkauf von verderblichen Waren somit davon ab, ob diese schnell verderben oder nicht.

Aus diesem Grund ist für Händler wichtig, die in ihrem Shop angebotenen Waren vorab daraufhin zu überprüfen, ob sie vor diesem Hintergrund dem Verbraucher-Widerrufsrecht tatsächlich unterfallen oder nicht. Zudem sollten Händler auch die Art und Weise, wie im Shop über das Widerrufsrecht belehrt wird, diesbezüglich ggf. anpassen. Dadurch sollte vermieden werden, dass sie in falscher Weise über das Widerrufsrecht informieren.

Muster für Schreiben an Kunden bei Ausschluss des Widerrufsrechts bei schnell verderblichen Waren

Nicht allen Verbrauchern ist bewusst, dass das Verbraucher-Widerrufsrecht bei schnell verderblichen Waren und bei Waren, deren Verfallsdatum schnell überschritten würde, von Gesetzes wegen ausgeschlossen ist. Daher wird es bei betroffenen Händlern immer wieder zu jedenfalls einzelnen unberechtigten Widerrufen von Verbrauchern kommen.

Solche Widerrufe sollten Händler grundsätzlich nicht akzeptieren. Vielmehr sollten sie den betreffenden Verbrauchern freundlich, aber bestimmt mitteilen, dass im jeweiligen Fall tatsächlich kein Verbraucher-Widerrufsrecht besteht.

Für unsere Mandanten haben wir nachfolgend ein Muster vorbereitet, das sie für eine solchen Mitteilung gegenüber den Verbrauchern verwenden können:

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Fazit

Bei Verträgen über die Lieferung von schnell verderblichen Waren bzw. von Waren, deren Verfallsdatum bzw. Mindesthaltbarkeitsdatum schnell überschritten würde, besteht von Gesetzes wegen nach § 312g Abs. 2 Nr. 2 BGB ausnahmsweise kein Verbraucher-Widerrufsrecht.

In welchen Einzelfällen das Widerrufsrecht auf diese Weise tatsächlich ausgeschlossen ist, lässt sich aber nicht immer ganz klar und eindeutig feststellen, was im Einzelfall zu Diskussionen und Streit mit Verbrauchern führen kann. Händler sollten sich daher bereits vorab fachkundig darüber informieren, bei welchen der von ihnen angebotenen Waren tatsächlich kein Widerrufsrecht besteht.

Wir unterstützen unsere Mandanten mit diversen Leitfäden, Mustern und sonstigen Inhalten im Rahmen unserer Schutzpakete.

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Bildquelle: Adri Yadam Nasir / Shutterstock.com

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2 Kommentare

K
Kim
GF
Ja, das Thema Topf-/Grün-Pflanzen würde uns auch sehr brenndend interessieren! Insb. wenn Kunden via Amazon bestellte Pflanzen nach drei Wochen wieder an uns zurücksenden, diese inzwischen dann aber völlig vertrocknet oder "verhungert" sind, weil sie die ganze Zeit verwahrlost im Versandkarton vor sich hin kümmern mussten... Aber die Kunden streiten den Zustand natürlich stets ab bzw. wir als Händler müssten irgendwie beweisen können, dass die Pflanzen im einwandfreien Zustand bei uns raus gingen und nun der Zustand der Ware nicht mehr dem urpsünglichen entspricht. Wie soll das gehen?!?
P
Patrick
Pflanzen
Haben Sie hierzu auch einen Hinweis bzgl. Pflanzen? Diese sind im Grunde auch verderblich (bei langen Lieferwegen, Rücksendungen, etc.) haben jedoch kein Mindesthaltbarkeitsdatum.
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