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Wertersatz beim Widerrufsrecht

FAQ zum Wertersatz im Widerrufsfall

FAQ zum Wertersatz im Widerrufsfall
14 min 11
Beitrag vom: 14.12.2015
Aktualisiert: 27.11.2025

Wird im Rahmen des Widerrufs die bestellte Ware benutzt oder beschädigt retourniert, stehen Wertersatzansprüche des Händlers im Raum. Doch ab welchem Warenzustand kann Wertersatz verlangt werden und wie berechnet er sich? Unsere FAQ klären auf.

Was versteht man unter „Wertersatz“ und welche Funktion hat er?

Der Wertersatz ist ein Institut zu Gunsten des Händlers in Fällen, in denen eine Kaufsache nach Widerruf vom Verbraucher nicht oder nicht im Auslieferungszustand zurückgegeben wird.

Ein Verbraucher schuldet nach § 357a Abs. 1 BGB Wertersatz nach seinem Widerruf, wenn die Kaufsache einen Wertverlust erlitten hat, weil sie

  • beschädigt
  • abgenutzt oder
  • auf sonstige Weise in ihrer Gebrauchstauglichkeit geschmälert wurde

und aus diesem Grunde nicht oder nicht vollständig integer wieder zurückgegeben werden kann.

Im gesetzlichen Verbraucherwiderrufsrecht soll die Pflicht des Verbrauchers zum Wertersatz einen sachgerechten Ausgleich der gegenseitigen Interessen ermöglichen und quasi als Pendant zur weitgehenden Widerrufsberechtigung eine Haftung für Vermögenseinbüßen begründen, die der Händler dadurch erleidet, dass der Verbraucher die widerrufene Kaufsache nicht in ordnungsgemäßem Zustand wieder herausgibt.

Schließt die Ingebrauchnahme nicht bereits das Widerrufsrecht aus?

Nein! Entgegen einer irrigen, aber weit verbreiteten Auffassung lässt eine wie auch immer geartete Ingebrauchnahme der Kaufsache das Widerrufsrecht des Verbrauchers gerade nicht entfallen.

Das Bestehen eines Widerrufsrechts jenseits der gesetzlichen Ausschlussgründe des § 312g Abs. 2 BGB ist nur an die Art des Vertragsschlusses (Fernabsatzvertrag oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag) und an die Einhaltung der Widerrufsfrist gebunden.

Wie ein Verbraucher nach der Lieferung mit der Kaufsache verfährt, ist für sein Widerrufsrecht grundsätzlich irrelevant.

Ein vollständiger Ausschluss des Widerrufsrechts kommt bei einer Ingebrauchnahme nur für speziell aus hygienischen oder urheberrechtlichen Gründen versiegelte Waren nach § 312g Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 6 BGB in Betracht, wenn die Versiegelung durch den Verbraucher entfernt wurde.

In allen anderen Fällen bleibt das Widerrufsrecht bestehen. Für unsachgemäße Nutzungen existiert insofern gerade der Anspruch des Händlers auf Wertersatz.

Welche Voraussetzungen gelten für den Wertersatz im Widerrufsfall?

Die Voraussetzungen des Wertersatzes gehen aus der Bestimmung des § 357a Abs. 1 BGB hervor.

Nach dieser Vorschrift hat der Verbraucher Wertersatz zu leisten, wenn

  • 1. der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war, und
  • 2. der Unternehmer den Verbraucher per ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung mit Muster-Widerrufsformular über sein Widerrufsrecht unterrichtet hat.

Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein.

Für die ordnungsgemäße Unterrichtung über das Widerrufsrecht muss eine gesetzeskonforme, vollständige Widerrufsbelehrung mit Muster-Widerrufsformular vom Verbraucher vor Vertragsschluss eingesehen werden können, etwa durch Zugänglichmachung im Seitenmenü eines Online-Shops oder durch Einbindung in die Angebote einer Verkaufsplattform.

In unseren Schutzpaketen für den Online-Verkauf ist neben weiteren Rechtstexten eine vollständig rechtskonforme Widerrufsbelehrung enthalten, mit der Händler alle gesetzlichen Widerrufsinformationen rechtskonform bereitstellen können.

Wann liegt ein Umgang vor, der zur Prüfung der Ware nicht notwendig war?

Die Wertersatzpflicht ist nach § 357a Abs. 1 Nr. 1 BGB auf Fälle begrenzt, in denen ein Wertverlust aus einem Umgang mit der Kaufsache resultiert, der zur Prüfung ihrer

  • Eigenschaften
  • Beschaffenheit und
  • Funktionsweise

nicht notwendig war.

Grundsätzlich muss der Verbraucher bei Erhalt der Kaufsache insofern prüfen dürfen, ob das gelieferte Produkt seinen tatsächlichen Kaufvorstellungen entspricht, ohne bei einem Widerruf ersatzpflichtig zu sein.

Erst bei Nutzungen, die über eine jeweils notwendige Eignungsuntersuchung hinausgehen, kann der Händler Ersatz dafür verlangen, dass er die Sache nicht mehr als neuwertig weiterverkaufen kann.

Wann die Grenze der Notwendigkeit überschritten ist, ist nicht allgemein definierbar, sondern bestimmt sich immer nach Art und Verwendungszweck der Kaufsache.

Als Faustregel zur Beurteilung der Grenze des Verbraucherprüfrechts kann die Frage herangezogen werden, ob die Kaufsache nach Rückerhalt als „gebraucht“ im Rechtssinne angesehen werden muss. Verschleißspuren, Abnutzungsansätze oder Beschädigungen können hierfür ein Indiz sein. Die zulässige Eignungsprüfung geht aber regelmäßig über eine bloße Besichtigung hinaus.

Weil die Grenzen zwischen einer zulässigen Sachprüfung und einer nicht mehr notwendigen Ingebrauchnahme fließend sind, sollen im Folgenden von der Rechtsprechung für bestimmte Produktkategorien entschiedene Fallgruppen vorgestellt werden.

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1. Wasserbetten

Große Beachtung erfuhr im Zusammenhang mit der Frage nach der Reichweite des notwendigen Prüfungsspektrums die Wasserbetten-Entscheidung des BGH (Urteil vom 03.11.2010 – Az.: VIII ZR 337/09), nach welcher der Aufbau und die anschließende Befüllung eines Wasserbettes bei anschließendem Widerruf noch keine Wertersatzpflicht auslöse. Vielmehr gehörten die Montage und die Wasserzufuhr zum Umfang einer regulären Tauglichkeitsprüfung.

2. Matratzen

Zwar wird grundsätzlich anerkannt, dass ein Probeliegen auf gekauften Matratzen zu einer regulären Eigenschafts- und Funktionsprüfung gehört. Wann dieses in zeitlicher Hinsicht aber in einen nicht mehr notwendigen Umgang umschlägt, ist umstritten.

Zumindest das AG Köln hat mit Urteil vom 04.04.2012 (Az. 119 C 264/11) entschieden, dass die Überschreitung einer zweinächtigen Testschlafphase Wertersatzansprüche des Händlers auslösen könne, weil für den Verbraucher danach bereits feststehen müsse, ob der jeweilige Liegekomfort seinen Vorstellungen entspräche.

3. Schuhe und Kleidung

Bei Kleidungsstücken und Schuhwerk kann die jeweilige Eignung bereits durch ein einmaliges Anprobieren im häuslichen Bereich festgestellt werden. Nicht „erforderlich“ im Sinne des § 357a Abs. 1 Nr. 1 BGB ist es demgemäß, den erworbenen Gegenstand in sämtlichen Lebenslagen zu testen, in denen eine etwaige Verwendung intendiert wird.

Die zulässige Tauglichkeitsprüfung beschränkt sich hier auf die Begutachtung des optischen Eindrucks und die Feststellung der individuellen Passform.

Ein „Austragen“ von Kleidung im Alltag bzw. ein „Straßeneignungstest“ bei Schuhen dürfte die Grenze der ersatzpflichtunabhängigen Beschaffenheitsuntersuchung insofern stets übersteigen.

4. Montagebedürftige Möbelstücke

Müssen Möbelstücke selbst aufgebaut werden, ist es dem Verbraucher vor der Montage unmöglich, die Eignung des fertigen Möbelstücks zu prüfen.

Eine wertersatzfreie Prüfung umfasst daher auch einen ordnungsgemäßen Aufbau.

Wenn der Verbraucher bei einem sich daran anschließenden Widerruf die Sache zur Rückgabe wieder demontiert, muss der Händler insofern Auf- und Abbauabnutzungen ersatzfrei hinnehmen.

Sobald aber Gebrauchsspuren festgestellt werden, die bei einer sachgerechten Montage und Demontage nicht entstanden wären oder gar einzelne Teile fehlen, kommt ein Wertersatz in Betracht.

5. Nicht schnell verderbliche Lebensmittel

Während bei schnell verderblichen Lebensmitteln ein Widerrufsrecht des Verbrauchers gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 2 BGB überhaupt nicht besteht, ist bei haltbaren, verschlossene Lebensmittel regelmäßig ein Widerrufsrecht gegeben.

Hier beschränkt sich nicht nur das Prüf-, sondern überhaupt das Widerrufsrecht des Verbrauchers allerdings tatsächlich auf eine optische Einsichtnahme und das Öffnen von Umverpackungen.

Sobald nämlich die direkte Schutzverpackung geöffnet oder sogar eine Geschmacksprobe genommen wird, wird die Berechtigung zum Widerruf aus gesundheitsschutzrechtlichen Gründen nach § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB ausgeschlossen.

6. Hygieneartikel, Drogerieprodukte

Die für Lebensmittel angestellten Erwägungen gelten in gleichem Umfang auch für Hygieneartikel und sonstige Drogerieware. Sowohl das Prüf- als auch das originäre Widerrufsrecht des Verbrauchers entfallen, wenn die tatsächliche Versiegelung als Schutzverpackung (etwa die Kappen von Cremes, die Schweißfolie von Seifen etc.) geöffnet werden.

7. Bücher

Auch bei Fernabsatzverträgen über Bücher steht dem Verbraucher (anders als bei Zeitschriften und Illustrierten) grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu.

Eine notwendige Tauglichkeitsprüfung wird hier überschritten, wenn die jeweilige Nutzungshandlung über das Aufschlagen und oberflächliche Durchblättern hinausgeht. Deutliche Gebrauchsspuren, Knicks und Eselsohren lösen regelmäßig die Wertersatzpflicht aus.

8. Elektroware

Fernabsatzverträge über elektronische Geräte kann der Verbraucher wertersatzfrei widerrufen, wenn sich seine Untersuchungshandlungen auf eine bloße, fremdeinwirkungsfreie Funktionsprüfung beschränken.

Vom Prüfrecht gedeckt ist so der Anschluss an die Stromversorgung und die Einschaltung des Geräts.

Überschritten wird die zulässige Untersuchung, wenn der Verbraucher weitergehende Gebrauchshandlungen ausführt und so zum Beispiel bei digitalen Geräten mit der Personalisierung bzw. Installation beginnt oder bei Haushaltselektrogeräten die jeweilige Funktion tatsächlich nutzt (Waschgang bei Waschmaschine; Bearbeitung oder Aufbereitung von Lebensmitteln bei Mixer, Mikrowelle, Ofen; Zubereitung von Getränk bei Kaffeevollautomat etc.).

9. Dessous und Unterwäsche

Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht besteht auch für Dessous und Unterwäsche ein grundsätzliches Widerrufsrecht und wird durch ein Anprobieren nicht aus hygienischen Gründen ausgeschlossen.

Wertersatzfrei bleibt hier - wie auch bei anderer Kleidung - ein Auspacken und Anprobieren zur Feststellung der Passform.

Ein "Tragen" am Körper im Sinne eines Gebrauchs als Unterwäsche löst aber regelmäßig Wertersatzansprüche aus.

Welche Wertminderung werden vom Wertersatz erfasst?

Der Wertersatz soll dem Händler einen Ausgleich dafür gewähren, dass er die retournierte Ware nicht mehr als neuwertig weiterverkaufen kann. Ersatz kann er insofern nur für solche Wertminderungen verlangen, die nach Gefahrübergang, also nach der Übergabe an den Verbraucher, in dessen Sphäre eingetreten sind.

1. Latente Schäden und Wertminderungen auf dem Transportweg

Abnutzungen oder Beschädigungen, die von Anfang an vorhanden waren, durch die Lagerung in den Räumlichkeiten des Händlers oder auf dem Transportweg hin zum Verbraucher entstanden sind, können damit nicht im Wege des Wertersatzes geltend gemacht werden.

Gleiches gilt für Schäden und sonstige Wertverluste, die erst auf dem Rückversand an den Händler entstehen. Ab der Übergabe an den Transportdienstleister geht die Gefahr nach § 355 Abs.3 Satz 4 BGB nämlich wieder auf den Händler über, sodass er mit diesem Zeitpunkt das Risiko zufälliger Schäden oder Beeinträchtigungen wieder selbst zu tragen hat.

2. Mangelbedingte Funktionsstörungen

Ebenso verhält es sich bei Wertminderungen, die auf einer Mangelhaftigkeit der Kaufsache beruhen und erst nach Übergabe an den Verbraucher auftreten.

Hier wird aufgrund des § 477 BGB innerhalb eines Jahres – also für einen die Widerrufsfrist deutlich überschreitenden Zeitraum – grundsätzlich vermutet, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hat und der mangelbedingte Minderwert insofern der Sphäre des Händlers entstammt.

Widerruft der Verbraucher innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Kaufsache den Kaufvertrag der Einfachheit halber wegen eines Sachmangels, anstatt von seinen Gewährleistungsrechten Gebrauch zu machen, wird die originäre Mangelhaftigkeit und mithin ein Ausschluss des Ersatzfähigkeit darauf zurückzuführenden Wertminderungen vermutet.

Zwar gilt der § 477 BGB ausdrücklich nur im Bereich der gesetzlichen Gewährleistung und spielt für das Widerrufsrecht keine Rolle.

§ 357a Abs. 1 Nr. 1 BGB zeigt aber, dass ein Wertersatz ausschließlich dann in Betracht kommt, wenn die Wertminderung alleine auf einen unsachgemäßen Umgang mit der Sache durch den Verbraucher zurückzuführen ist, wenn also einzig eine Handlung des Verbrauchers für diese ursächlich war.

Wer trägt die Beweislast für die Wertminderung?

Die Beweispflicht für die Wertersatzpflicht trägt stets der Händler. Ihm obliegt also der Nachweis, dass die festgestellte Wertminderung gerade auf eine über eine notwendige Eignungsprüfung hinausgehende Benutzung durch den Verbraucher zurückzuführen ist.

Gleichzeitig muss er beweisen, dass vorhandene Gebrauchsspuren oder Abnutzungen nicht bereits im Rahmen einer ersatzlos hinzunehmenden Untersuchung der Beschaffenheit und Funktionsfähigkeit entstanden sind.

Ist für den Wertersatzanspruch ein Verschulden des Verbrauchers erforderlich?

Nein, die Pflicht des Verbrauchers zum Wertersatz ist verschuldensunabhängig.

Der Händler muss also nicht nachweisen, dass der Verbraucher die eingetretene Wertminderung vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt hat. Allein die Beweisbarkeit, dass die Gebrauchshandlung über den Umfang einer zulässigen Tauglichkeitsprüfung hinausgegangen ist und so zur Wertminderung geführt hat, berechtig zum Wertersatz.

Wie wird der ersatzfähige Betrag berechnet?

1. Berechnungsgrundlage

Bei der Lieferung von Waren ist für die Berechnung der Wertersatzhöhe der objektive Wert der Ware heranzuziehen, s. BGH, Urteil vom 27.10.2020 (Az. XI ZR 498/19).

Allerdings existiert ein Korrektiv: übersteigt der Wert einer Ware den vereinbarten Kaufpreis, soll letzterer stattdessen herangezogen werden.

2. Berechnungsformel

Zur Ermittlung des konkreten Ersatzbetrages muss der Händler beurteilen, zu welchem Preis er die zurückerhaltene Ware im gegenwärtigen Zustand noch weiterverkaufen kann. Der geschätzte Betrag ist sodann vom objektiven Wert im Auslieferungszustand abzuziehen, sodass als Ergebnis die konkrete Höhe des Wertersatzes verbleibt.

Es gilt mithin folgende Berechnungsmethode:

Objektiver Wert im Zeitpunkt der Übergabe - Wiederverkaufswert bei Rückgabe durch den Verbraucher = Höhe des Wertersatzes

Setzt die Wiederverkäuflichkeit eine vorangehende Reparatur oder eine Reinigung voraus, sind auch die hierfür anfallenden Kosten ersatzfähig und können auf den ermittelten Betrag aufgeschlagen werden.

Kann neben dem Wertersatz auch ein Ersatz für gezogene Nutzungen geltend gemacht werden?

Nein.

Die Wertersatzpflicht des Verbrauchers beschränkt sich nach geltendem Recht auf den bloßen Ausgleich von Wertminderungen, die durch eine über eine bloße Eignungsprüfung hinausgehende Verwendung tatsächlich eingetreten sind.

Eine Ersatzpflicht des Verbrauchers für Gebrauchsvorteile sieht das deutsche Recht nach europäischem Vorbild demgegenüber gerade nicht vor (vgl. auch § 475 Abs. 3 BGB) .

Greift die Wertersatzpflicht auch bei vollständiger Zerstörung oder beim Untergang der Kaufsache?

Ob auch eine vollständige Zerstörung oder ein sonstiger Untergang der Kaufsache beim Verbraucher einen Wertersatzanspruch des Händlers auslöst, hängt davon ab, ob der Verbraucher die widerrufene Ware überhaupt retourniert.

Geht die Kaufsache verloren oder veräußert der Verbraucher sie beispielsweise weiter, gelangt die Wertersatzpflicht nicht zur Entstehung, weil der Händler in derlei Fällen den Kaufpreis nicht zurückerstatten muss.

Nach § 357 Abs. 4 BGB kann er die Rückzahlung nämlich so lange verweigern, bis der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er nach erfolgreichem Widerruf die Ware auch abgesandt hat. Ist dem Verbraucher aber infolge von Verlust, Zerstörung oder Veräußerung die Rückgabe unmöglich, behält der Händler auch im Widerrufsfall seinen originären Kaufpreisanspruch, sodass es auf einen Wertersatz nicht ankommt.

Anders verhält es sich, wenn der Verbraucher die erhaltene Kaufsache tatsächlich zurücksendet, diese in seiner Sphäre aber so zerstört wurde, dass sie unverkäuflich ist. Hier kommt ein noch zu erzielender Weiterverkaufserlös nicht in Betracht, sodass sich die Wertersatzpflicht des Verbrauchers bei der Rückgabe einer vollständig zerstörten Sache auf 100% des Kaufpreises beläuft.

Kann Wertersatz für eine beschädigte oder nicht vorhandene Originalverpackung verlangt werden?

Regelmäßig kommt Primärverpackungen, also solchen, welche die Ware unmittelbar beinhalten und diese nicht nur vor Fremdeinwirkungen schützen, sondern gleichzeitig zum jeweiligen Produktimage beitragen, ein wertsteigernder Faktor zu (vgl. etwa OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 10.11.2005 – Az: 1 U 127/05).

Ein Verlust dieser Wertsteigerung kann im Wege des Wertersatzes geltend gemacht werden und umfasst

  • bei Beschaffbarkeit einer neuen Leerverpackung den für diese entrichteten Kaufpreis
  • bzw. bei Unmöglichkeit der Neubeschaffung die Wertminderung, die aus der Schmälerung zu erwartenden Weiterverkaufserlöses ohne Verpackung resultiert.

Demgegenüber löst die Beschädigung oder der Verlust von bloßen Transportverpackungen oder sonstigen Umverpackungen in der Sphäre des Verbrauchers regelmäßig keine Wertersatzansprüche des Händlers aus, weil diese mit der eigentlichen Kaufsache in keinem direkten Zusammenhang stehen und beliebig austauschbar sind, ohne sich auf die Werthaltigkeit des Produkts auszuwirken.

Details zur Wertersatzpflicht bei Verlust und Beschädigung von Produktverpackungen finden sich in diesem Beitrag.

Kann eine pauschale Widerrufs-Wertersatzpflicht in AGB vorgesehen werden?

Nein, die Festsetzung pauschaler prozentualer Wertersatzanteile im Widerrufsfall in den AGB ist ebenso unzulässig wie die Regelung starrer Fixbeträge.

Derartige Klauseln verstoßen gleich gegen eine Reihe von gesetzlichen Verboten und können zudem wettbewerbsrechtliche Sanktionen nach § 3a UWG begründen.

Zum einen wird der Verbraucher durch die höhenmäßige Vorgabe von Wertersatzpauschalen im Sinne des §307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen benachteiligt, weil die Bestimmung den gesetzlichen Wertungen des Widerrufsrechts nach §§ 312g, 355 BGB zuwiderlaufen. Durch die Ankündigung von unflexiblen Wertersatzforderungen könnte der Verbraucher nämlich davon abgehalten werden, von seinem gesetzlich einschränkungslos gewährten Widerrufsrecht Gebrauch zu machen.

Zum anderen aber verstoßen fixe Wertersatzregelungen aber gegen § 309 Nr. 5 BGB, welcher die pauschale Geltendmachung von Wertminderungen untersagt. Ebenfalls kehren derartige Klauseln die gesetzlich vorgesehene Beweislast in unzulässiger Weise um, § 309 Nr. 12 BGB. Grundsätzlich muss nämlich der Händler beweisen, dass sein Wertersatzanspruch gegen den Verbraucher im Einzelfall begründet ist.

Schließlich verstoßen derartige Klauseln auch gegen das Abweichungsverbot vom gesetzlichen Widerrufsregime nach § 361 Abs. 2 BGB.

Kann der geltend gemachte Wertersatzbetrag mit dem zu erstattenden Kaufpreis verrechnet werden?

Ja, das ist möglich und in der Praxis sogar durchaus üblich.

Weil der Händler den Kaufpreis gemäß § 357 Abs. 4 BGB erst nach Rückerhalt der Kaufsache erstatten muss, kann er hier der Höhe nach den vom Verbraucher zu leistenden Wertersatz in Abzug bringen und insofern gegen den Rückerstattungsanspruch des Verbrauchers aufrechnen, §§ 387, 389 BGB.

Dies entzieht dem Verbraucher die Fähigkeit, etwaige Wertersatzforderungen nach Wiedererhalt des Kaufpreises zu ignorieren, und stellt sicher, dass der Händler einen Ausgleich für die erlittene Wertminderung auch tatsächlich umgehend erhält und nicht etwa gerichtlich geltend machen muss.

Kommt auch beim Widerruf digitaler Inhalte ein Wertersatzanspruch des Händlers in Betracht?

Digitale Inhalte, also Daten, die nicht auf körperlichen Datenträgern geliefert werden (insb. Software-Downloads, Apps, Media-Streaming) unterliegen besonderen Widerrufsbestimmungen. Zwar besteht auch bei Verträgen, die solche Inhalte zum Gegenstand haben, grundsätzlich ein Widerrufsrecht.

Dieses kann allerdings vom Händler unter bestimmten Bedingungen zum Erlöschen gebracht werden.

Wird ein Vertrag über digitale Inhalte widerrufen, schuldet der Verbraucher nach § 357a Abs. 3 BGB niemals Wertersatz.

Insofern ist dringend zu raten, die Bereitstellung eines digitalen Inhalts vom vorzeitigen Erlöschen des Widerrufsrechts abhängig zu machen.

Muster für Mandanten

Für die wirksame Geltendmachung von widerrufsbedingten Wertersatzansprüchen stellen wir unseren Schutzpaket-Mandanten die folgenden hilfreichen Musterschreiben bereit:

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Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

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11 Kommentare

S
Steffen
Wandhalterung TV nicht wie beschrieben nutzbar
Ich habe eine Wandhalterung für meinen Fernseher gekauft, welcher mit der Funktion 360 Grad drehbar beschrieben war. Zuhause montiert musste ich aber feststellen dass das Kugelgelenk des Wandhalter nicht stark genug ist um den Fernseher auf Hochkant zu halten, da der Schwerpunkt nicht mittig ist und er sich immer wieder schräg zieht. Meiner bitte nach Widderruf möchte der Versender aber nicht nachkommen und verweist darauf dass er nur Neuware vertreibt und keine Gebrauchtware zurücknimmt. Ich habe um die Funktion zu testen aber den Wandhalter einmalig montieren müssen.

Darf der Anbieter einfach so eine Rücksendung ausschließen, vor allem vor dem Hintergrund, dass der Halter nicht wie beschrieben funktioniert? Wenn mein TV Modell auf der Liste ausgeschlossener Geräte stünde oder ähnliches könnte ich es ja noch nachvollziehen, so aber nicht.
l
Little-endian
Unpassender Kontrastmarker "digital" bei Punkt XV.
Schöne und gute Zusammenfassung zum Thema Widerufsrecht. Hierfür vielen Dank.

Bei Punkt XV. kommt es bei der Beschreibung "Digitale Inhalte, also Daten, die nicht auf körperlichen Datenträgern geliefert werden (insb. Software-Downloads, Apps, Media-Streaming) unterliegen besonderen Widerrufsbestimmungen." aber wie so oft zu einer falschen Schlussfolgerung, wohl aufgrund der leider extrem weit verbreiteten, jedoch falschen Prämisse, "digitale Inhalte" und "körperliche Datenträger" schlössen sich gegenseitig aus.

Nicht nur kennt die EDV etliche Beispiele eigentlich selbstverständlich ebenfalls digitaler Inhalte auf Medien wie Büchern mit Text (ja, auch nichtbinäre Daten sind digital), Lochkarten, Disketten oder CDs, sondern auch der Wortbestandteil "Daten" in "Datenträger" als Mehrzahl von "Datum" mit inhärent diskreter und damit abzählbarer, digitaler Information deutet auf diesen Umstand hin.

Mit vermeintlich exklusiv "digitalen Inhalten" sind heutzutage eigentlich Inhalte gemeint, die online / virtuell vertrieben werden. Als Kontrastmarker taugt "digital" hierbei gerade nicht.

Zur Güte muss man abschließend jedoch festhalten, dass all dies etwa Sony auch nicht davon abgehalten hat, die laufwerkslose Variante ihrer PlayStation 5 dusselig "Digital Edition" zu nennen. Seufz.
C
Christoph Weich
iPhone Rückgabe
Hallo, ich habe Anfang Oktober 2 neue IPhone 7 bei einem Händler in eBay erworben. Leider machen die besagten Geräte nur Probleme. Beide wurden jetzt im Rahmen der Garantie schon einmal getauscht, diese neuen Geräte sind jedoch auch fehlerhaft. Ich hab den Verkäufer gebeten die Geräte zurückzunehmen und mir den Kaufpreis zu erstatten. Soeben erhalte ich Antwort per email, das die Geräte zurückgenommen werden, allerdings nur gegen einen Wertverlustausgleich von 40 Prozent. Ich finde das im Anbetracht der kurzen Zeit sehr viel. Wieviel Wertverlust kann (und darf) der Händler mir gegenüber geltend machen? Gibt es da ne Staffelung, irgendwas worauf man sich berufen kann? Danke vielmals, Mit freundlichen Grüßen 
D
Desmond
PC Hardware kauf Online
Hallo,

ich habe PC Hardware bei einem Online Händler gekauft.
Es ging um eine CPU und ein Motherboard.
Das Motherboard wies direkt nach dem Einbau einen Defekt auf und ein Transistor auf dem Motherboard schmorte durch. Aus diesem Grund sandte ich das Motherboard und die CPU direkt am gleichen Tag zum Händler zurück mit der bitte die CPU auf Fehler zu überprüfen und mir ein Fehlerfreies Motherboard zu zusenden.
Nach mehr als 1 Wochen tat sich leider nichts und meine Rücksendung wurde nicht überprüft, auf nachfrage sagte man mir dass es noch dauern könnte.
Kurz bevor meine Widerrufsfrist erlöschen würde, machte ich von meinem Widerrufsrecht Gebrauch und bat den Händler darum, mir mein Geld für die Hardware zurück zu senden.

Der Händler möchte nun die Rücksendungskosten von mir erstattet haben (laut AGB des Händlers), da es sich um einen Widerruf handelt und etwaige Wertminderungskosten anbringen, da die Hardware beschädigt bzw. seines Erachtens nach benutzt ist.

Die Entscheidung den Vertrag zu widerrufen fiel jedoch erst über eine Woche später, da sich bei meiner zurück versandten Ware nichts tat und ich erst einmal um eine Reparatur der Ware bat.

Nun würde ich gern Wissen, ob der Wertersatzabzug, für eine Ware die nicht mal 24 Stunden in meinem Besitz war und ein Teil der Hardware defekt war, gerechtfertigt ist und ob ich die Rücksende kosten tragen muss?

Vielen Dank :)
V
VapeGood Uwe Grieb
Verdreckte ware durch intensiven Gebrauch
Hallo. ich bin Händler von E-Zigaretten. Ich hatte jetzt schon mehrmals den Fall das ein Kunde eine E-Zigarette bzw den Akkuträge kauft und dann nach 1-2 wöchigem Gebrauch den Kauf wiederruft mit der Begründung das Gerät würde nicht gefallen. Zurück kann dann ein Gerät das verschmiert und verdreckt war. Ebenso waren nachweisslich Puffs (jeder Zug an einer E-Zigarette) auf dem Gerät gespeichert, so das dieses Gerät von mir nicht mehr als Neuware verkauft werden konnte. Kann man hier von Wertminderung reden und wenn ja wieviel % darf man vom zurück zu erstattenden Kaufpreis dann abziehen?
M
Manne
AG Urteil zu Wertersatz - Ein Schrecken für Händler
Solch ein neues Urteil gibt mir als Händler zu denken, was kann man da schon noch machen gegen Gebrauchsspuren:

http://rechtsportlich.net/wp-content/uploads/2019/04/Amtsgericht_Landau_5C739_18.pdf
B
Becirovic
Herr
Sehr geehrter Herr Salewski,


 ich habe eine Frage, ich habe ein Handyvertrag widerrufen, jedoch zuvor ein Code für ein Spiel eingelöst. Der Wert des Codes ist jedoch nicht bekannt und der Code ist nur einmal pro Gerät einlösbar. Was kann jetzt im schlimmsten Fall auf mich zu kommen. Muss ich den Vertrag beibehalten oder nur Wertersatz leisten?

Mit freundlichen Grüßen 
Issa B.
I
IT-Recht Kanzlei
Berichtigung
Sehr geehrter Herr Cohnen,

vielen Dank für Ihren Kommentar. Wir haben den Beitrag an der benannten Stelle korrigiert. Freilich regelt § 357 Abs. 8 BGB den Wertersatz für Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen im Allgemeinen einerseits und für Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas und Strom andererseits.
M
Martin Cohnen
Wertersatz bei Dienstleistungen
Sehr geehrter Herr Salewski,


unter IX. 1.) a) Abs.3 erwecken Ihre Ausführungen den Eindruck, ein Wertersatzanspruch nach §357 Abs.8 bestehe nur bei Energielieferverträgen ("spezielle Dienstleistungen über die Lieferung..."). Das ist nicht korrekt. Erfasst werden Energielieferverträge und Dienstleistungen im Allgemeinen, wobei der Begriff "Dienstleistungen" in europarechtlich geprägten Normen weit auszulegen ist (u.a. auch Mietverträge). Indirekt besteht deshalb bei Dienstleistungsverträgen indirekt auch nach neuer Rechtslage ein dem Nutzungsersatzanspruch vergleichbarer Anspruch. MfG
M
M. Schol
Etikettenentfernung bei Kleidung
Sehr geehrter Herr Salewski,

ein sehr interessanter Artikel. Leider ist in meinem Fall noch eine Sache unklar. Ich habe Kleidung (Trikots) in einem Online Shop erworben und zum waschen die Etiketten entfernt. Nach dem Waschen ist aufgefallen, dass der Flok sich löst und ich wollte die Bestellung im Zuge des Widerrufs zurück schicken. Dies verweigert aber der Shop, da die Etiketten nicht mehr an der Kleidung vorhanden sind. Ich würde mich mit einer Wertminderung zufrieden geben, der Shop bietet da Pauschal 50% des Kaufpreises an, was mir deutlich zu viel erscheint.

Wie kann ich in dieser Sache vorgehen?

Vielen Dank und Gruß
M. Schol
M
Matthias
Prüfung oder Nutzung
Sehr geehrter Herr Salewski,

im Artikel werden ja schon erfreulich viele Fallbeispiele genannt um einen Überblick darüber zu bekommen was Prüfung und was Gebrauch ist. Für einen konkreten Fall finde ich jedoch keine Entsprechung. Wie verhält es sich wenn ein Kunde einen Kaminofen online kauft? Fällt das aufstellen, anschließen und feuern noch unter den Punkt Prüfung oder ist hier auch bei nur einmaliger Inbetriebnahme schon ein Gebrauch erfolgt der einen Wertersatz nach sich ziehen könnte?
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