Wertersatz für eine nicht (mehr) vorhandene oder kaputte Originalverpackung im Widerrufsfall?
Nicht selten kommt es vor, dass Verbraucher nach Ausübung des Widerrufsrechts die Ware ohne die originale Verkaufsverpackung zurücksenden und dem Händler damit die Weiterverkäuflichkeit empfindlich erschweren. Immerhin wird sich ein Produkt ohne Originalverpackung regelmäßig nur noch als günstigere B-Ware verkaufen lassen. Der nachstehende Beitrag erörtert, inwiefern Händler Wertverluste infolge des Fehlens von Originalverpackungen vom Verbraucher nach den Vorschriften des Wertersatzes erstattet verlangen können.
Gemäß § 357 Abs. 7 BGB kann der Händler vom Verbraucher Wertersatz verlangen, wenn er hierüber innerhalb der Widerrufsbelehrung unterrichtet hat und nach Eingang einer retournierten Bestellung einen Wertverlust der Ware feststellt, der auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit ihr zurückzuführen ist. Einen derartigen Wertverlust kann der Händler mit dem zurückzuzahlenden Kaufpreis verrechnen.
Weil der Gesetzgeber die Frage nach einer fehlenden Produktverpackung bei Rücksendungen keiner spezialgesetzlichen Erstattungsregelung zugeführt hat, bemisst sich die Pflicht des Verbrauchers zum Wertersatz in derlei Fällen gemäß § 357 Abs. 7 BGB grundsätzlich anhand der Funktion der Verpackung für das jeweilige Produkt.
Regelmäßig kommt Primärverpackungen, also solchen, welche die Ware unmittelbar beinhalten und diese nicht nur vor Fremdeinwirkungen schützen, sondern gleichzeitig zum jeweiligen Produktimage beitragen, ein wertsteigernder Faktor zu (vgl. etwa OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 10.11.2005 – Az: 1 U 127/05). Ein Verlust dieser Wertsteigerung kann im Wege des Wertersatzes geltend gemacht werden und umfasst bei Beschaffbarkeit einer neuen Leerverpackung den für diese entrichteten Kaufpreis, bei Unmöglichkeit der Neubeschaffung die Wertminderung, die aus der Schmälerung des zu erwartenden Weiterverkaufserlöses ohne Verpackung resultiert.
Demgegenüber löst ein Verlust von bloßen Transportverpackungen oder sonstigen Umverpackungen in der Sphäre des Verbrauchers regelmäßig keine Wertersatzansprüche des Händlers aus, weil diese mit der eigentlichen Kaufsache in keinem direkten Zusammenhang stehen und beliebig austauschbar sind, ohne sich auf die Werthaltigkeit des Produkts auszuwirken.
Unser Tipp: Als Faustregel kann herangezogen werden, dass Beschädigungen an oder das Fehlen von solchen Verpackungen, die vom Hersteller individuell für die konkrete Ware erstellt wurden, zum Wertersatz berechtigen. Alle anderen Verpackungen bleiben bei Ersatzansprüchen des Händlers aber außer Betracht.
Achtung: Die Rücksendung der Kaufsache ohne oder in einer verschlissenen Originalverpackung schließt das Widerrufsrecht nicht aus! Klauseln in AGB, die einen Ausschluss für derlei Fälle vorsehen, verstoßen gegen die gesetzlichen Wertungen des Widerrufsrechts und sind nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB unwirksam (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 17.05.2006 – Az. 12 O 496/05; LG Bochum, Urt. v. 25.10.2011 – Az.: 12 O 170/11)
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