Werbung mittels Schauversuch: Beweiskraft vs. Fettlösekraft
Wer ein gutes Produkt anpreisen will, braucht auch gute Argumente: Problematisch wird die Sache immer dann, wenn die Qualität des Produkts mit Wirkbehauptungen belegt wird, die dann gar nicht nachweisbar sind. Diese Erfahrung machte kürzlich erst ein Spülmittelhersteller – dem wurde nicht einmal der Slogan weggeklagt, sondern der Schauversuch (vgl. aktuell OLG Köln, Urt. v. 19.04.2013, Az. 6 U 206/12).
Inhaltsverzeichnis
Schauversuch
Der Schauversuch ist schnell erklärt: Eine rechteckige Schale wurde mit Wasser und flüssigem Fett gefüllt, sodass auf der Wasseroberfläche Öltropfen schwammen. Sodann wurde ein Teller mit dem beworbenen (grünen) Spülmittel bestrichen und an einem Ende der Schale in das Wasser eingetaucht, anschließend wurde ein zweiter Teller mit einem (blauen) Konkurrenzprodukt bestrichen und am anderen Ende eingetaucht. Die Öltropfen sammelten sich daraufhin am „blauen“ Ende der Schüssel, was nach Ansicht des „grünen“ Herstellers an der überragenden chemischen Formel seines Spülmittels liegen sollte – schließlich ergriffen die Öltropfen ja offensichtlich die Flucht vor seinem Produkt. Dementsprechend wurde dieses Mittel dann auch mit dem Slogan „kämpft am besten gegen Fett“ beworben.
Physikalischer Hintergrund
Nach Erkenntnissen des OLG Köln ist dieses Phänomen jedoch keineswegs durch überragende chemische Eigenschaften, sondern durch einen simplen physikalischen Effekt zu erklären: Die Bewegung der Öltropfen basiert auf Konvektion, die durch die unterschiedliche Oberflächenspannung zwischen den Tellern hervorgerufen wird. Sie wäre auch mit jedem anderen schwimmenden Gegenstand herbeizuführen und stellt insoweit keinen hinreichenden Beweis für die höhere Fettlösekraft des grünen Spülmittels im Vergleich zum blauen Mittel dar. Anders ausgedrückt: Ein physikalischer Effekt erklärt hier gerade keine besonderen chemischen Eigenschaften.
Urteil des OLG Köln
Dementsprechend ging der „blaue“ Hersteller gerichtlich gegen den Schaubeweis vor – und zwar mit Erfolg. Denn nach Ansicht der Kölner Richter müssen Schauversuche, die eine chemische Eigenschaft des beworbenen Produktes beweisen sollen, dann auch tatsächlich Beweiswert haben (OLG Köln, Urt. v. 19.04.2013, Az. 6 U 206/12; mit weiteren Nachweisen):
"Zur Täuschung geeignet ist die beanstandete werbliche Präsentation […] bereits dann, wenn bei den angesprochenen Verkehrskreisen ein falscher Eindruck von der Beweiskraft des Schauversuchs erweckt wird. Das ist der Fall."
Kommentar
Wirkbehauptungen müssen dem Beweis zugänglich sein – für „Schaubeweise“ gilt das erst recht. Völlig konsequent hat das OLG Köln daher auch die Verwendung des irreführenden Beweismittels in der Werbung untersagt. Der Slogan „kämpft am besten gegen Fett“ dagegen stellt keine chemische Wirkbehauptung dar, sondern lediglich die in der Werbung übliche Anpreisung (es würde schließlich niemand mit der Aussage „kämpft ganz passabel gegen Fett“ werben). Der oben dargestellte Schauversuch mit den eingetauchten Tellern gaukelt dem Publikum jedoch eine Beweiskraft vor, die diesem Versuch gar nicht zukommt – insofern liegt tatsächlich eine Irreführung des Verbrauchers vor.
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