OLG Hamburg: Wettbewerbsverein bekommt nach eigener Abmahnung nicht die Kosten einer beauftragten anwaltlichen Zweitabmahnung erstattet
Das OLG Hamburg hatte in einer Berufungsentscheidung (vom 11.03.2009; Az.:5 U 35/08) darüber zu befinden, ob ein Wettbewerbsverein neben seinen eigenen Pauschalkosten für eine ausgesprochene Abmahnung auch die Kosten für die Beanspruchung eines Rechtsanwalts für das Aussprechen einer Zweitabmahnung in derselben Sache erfolgreich geltend machen kann.
Inhaltsverzeichnis
Hinweis: Die Entscheidung des OLG Hamburg wurde bereits durch den BGH bestätigt, näheres zur Entscheidung des BGH finden Sie hier.
1. Was war im Fall geschehen?
Ein Wettbewerbsverein hatte eine eigene Abmahnung wegen irreführender Werbung gegen eine Händlerin auf der Internetplattform eBay ausgesprochen. Nachdem die Händlerin hierauf nicht reagierte, beauftragte der Wettbewerbsverein eine Anwaltskanzlei mit der erneuten Abmahnung der Händlerin verbunden mit der Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung. Im anschließenden erstinstanzlichen Prozess lehnte das Gericht die Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Kosten für die Inanspruchnahme der Anwaltskanzlei ab. Gegen diesen Punkt der erstinstanzlichen Entscheidung wendete sich der Wettbewerbsverein mit seiner Berufung.
2. Die Entscheidung des OLG Hamburg
Das OLG Hamburg verneinte im Ergebnis einen Anspruch des Wettbewerbsvereins aus § 12 I 2 UWG. Das Gericht betonte, dass der Wettbewerbsverein lediglich einen Anspruch auf Erstattung der Pauschalkosten für die eigens vorgenommene, erste Abmahnung hat, nicht aber bezüglich der Zweitabmahnung durch die Anwaltskanzlei. Das Gericht begründete seine Auffassung wie folgt:
„Der Unterlassungsgläubiger könne nur für eine berechtigte Abmahnung Aufwendungsersatz verlangen. Berechtigt sei eine Abmahnung nicht bereits dann, wenn der mit der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestehe. Begründet sei eine Abmahnung bereits dann, wenn ihr ein Unterlassungsanspruch zugrunde liegt, berechtigt sei sie dagegen nur, wenn sie erforderlich ist, um dem Schuldner einen Weg zu weisen, den Gläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen (…).“
Das OLG Hamburg teilte in seiner Entscheidung mit, dass Wettbewerbsvereine deren Tätigkeit der Bekämpfung unlauterer Verhaltensweisen diene, anders als Mitbewerber, derart sachlich und personell in geeigneter Weise ausgestattet sein müssen, dass es ihnen möglich ist, durchschnittlich schwierige Abmahnungen ohne anwaltliche Hilfe bearbeiten zu können. Die hierdurch entstehenden Kosten für eine Abmahnung erkennt das Gericht als erstattungsfähig an. Das OLG Hamburg setzte sich in seiner Entscheidung ferner mit Rechtsprechung des OLG München, Düsseldorf und Brandenburg auseinander und stellte fest, dass diese von der Händlerin vorgelegte Rechtsprechung tatsächlich dem Ergebnis des OLG Hamburg entgegen steht. Das OLG Hamburg argumentierte zugunsten seiner Entscheidung jedoch, dass in den Fällen der Oberlandesgerichte München und Brandenburg, soweit ersichtlich, Kostenpauschalen für die Erstabmahnung gar nicht oder nicht rechtzeitig geltend gemacht wurden. Das OLG Düsseldorf bejahte in seiner Entscheidung (Urteil vom 16.12.2008; Az.: I-20 U 36/08) hingegen eindeutig einen Anspruch auf Erstattung der Kosten einer anwaltlichen Abmahnung neben dem Kostenerstattungsanspruch für die eigene Abmahnung. Das OLG Hamburg verteidigte seine Rechtsansicht im Weiteren mit folgendem Erst-Recht-Schluss:
„Kann indes der Gläubiger schon dann keinen Aufwendungsersatzanspruch verlangen, wenn er von einer erfolglosen Abmahnung eines anderen Gläubigers weiß, dann muss dies erst recht gelten, wenn er selbst bereits erfolglos abgemahnt hat. Mit anderen Worten: Geht der Gläubiger nach der verständlichen Devise vor, lieber einmal mehr abzumahnen, als nachher mit den Prozesskosten überzogen zu werden, bleibt ihm dies unbenommen. Er geht dabei allenfalls das Risiko ein, dass ihm seine Abmahnkosten nicht ersetzt werden.“
Das OLG Hamburg argumentierte ferner, dass eine Anwaltsabmahnung, die auf die eigene Abmahnung folgt, im Regelfall keine berechtigte Abmahnung im Sinne des § 12 I 2 UWG darstellt. Jedoch können, so das Gericht weiter, auch Ausnahmen von diesem Regelfall bestehen, so etwa, wenn in der Antwort des Abgemahnten auf ein Abmahnschreiben schwierige Rechtsfragen aufgeworfen werden.
3. Fazit
Das Gericht räumt selbst ein, dass Ausnahmen zu dieser Entscheidung möglich sind, ohne näher zu präzisieren, was das Gericht unter „schwierigen Rechtsauffassungen“ versteht. Durch die nicht näher erläuterte Ausnahmemöglichkeit des OLG Hamburg ist für den Händler wenig an Rechtssicherheit gewonnen. Gerade im Hinblick auf die divergierende obergerichtliche Rechtsprechung wäre es an der Zeit, eine Entscheidung des BGH zu dieser Frage herbeizuführen und somit Rechtssicherheit- und –klarheit herzustellen
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