Abmahnung der Begriffe „Importeur“ und „Hersteller“ bei Verkauf von Wein
Hinweis: Interessante weiterführende Informationen zum Thema hat die IT-Recht Kanzlei in ihrem Beitrag "Leitfaden zum rechtssicheren Verkauf von Wein über das Internet" veröffentlicht.
Die IT-Recht Kanzlei hat von einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung Kenntnis erlangt, bei der ein Wein-Online-Händler wegen der Verwendung der Begriffe „Importeur“ und „Hersteller“ im Zusammenhang mit dem Verkauf von Wein abgemahnt wurde. Nach Ansicht des Abmahners handele es sich hierbei im Zusammenhang mit dem Verkauf von Wein nicht um zulässige Begriffe im Rahmen der Lebensmittelkennzeichnung, da insoweit besondere, von den Vorgaben der LMIV abweichende Kennzeichnungspflichten zu beachten seien. Der nachfolgende Beitrag setzt sich hiermit auseinander.
Inhaltsverzeichnis
Der Grundsatz: Kennzeichnung nach der LMIV (VO 1169/2011)
Gemäß Artikel 9 Abs. 1 h) LMIV muss beim Verkauf von Lebensmitteln der Name oder die Firma und die Anschrift des Lebensmittelunternehmers nach Artikel 8 Absatz 1 angegeben werden.
Gemäß Artikel 8 Absatz 1 ist verantwortlich für die Information über ein Lebensmittel der Lebensmittelunternehmer, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel vermarktet wird, oder, wenn dieser Unternehmer nicht in der Union niedergelassen ist, der Importeur, der das Lebensmittel in die Union einführt.
Allerdings gilt diese Verordnung gemäß Art. 1 Abs. 4 LMIV nur soweit nicht in speziellen Rechtsvorschriften der Union für bestimmte Lebensmittel abweichende Kennzeichnungsvorschriften enthalten sind.
Spezielle Kennzeichnungsvorschriften für den Verkauf von Wein
Für den Verkauf von Wein hat der europäische Gesetzgeber einige Sonderregelungen geschaffen, die den Vorgaben der LMIV vorgehen. Hierzu zählen insbesondere die EU-Verordnungen Nr. 607/2009 sowie Nr. 1308/2013.
Die Verordnung Nr. 607/2009 regelt u. a. die Kennzeichnung und Aufmachung bestimmter Weinbauerzeugnisse. Art. 56 der Verordnung regelt die Angabe des Abfüllers, Herstellers, Einführers und Verkäufers.
Die Verordnung Nr. 1308/2013 enthält u. a. Regelungen über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Art. 119 der Verordnung enthält Regelungen über obligatorische Angaben im Zusammenhang mit der Vermarktung von Wein innerhalb der EU.
Zulässige Begriffe für den Verkauf von Wein
Nach Art. 119 Abs. 1 e) VO 1308/2013 ist beim Verkauf von Wein die Angabe des Abfüllers oder, im Fall von Schaumwein, Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure, Qualitätsschaumwein oder aromatischem Qualitätsschaumwein der Name des Herstellers oder Verkäufers verpflichtend. Nach Art. 119 Abs. 1 f) VO 1308/2013 ist bei eingeführten Weinen die Angabe des Einführers verpflichtend.
„Abfüller“ ist nach Art. 56 Abs. 1 a) VO 607/2009 die natürliche oder juristische Person oder die Vereinigung solcher Personen, die die Abfüllung vornimmt oder auf eigene Rechnung vornehmen lässt.
Name und Anschrift des Abfüllers werden gemäß Art. 56 Abs. 2 VO 607/2009 ergänzt durch
a) die Wörter „Abfüller“ oder „abgefüllt von (…)“ oder
b) Begriffe, deren Verwendungsbedingungen durch die Mitgliedstaaten festgelegt werden, in denen die Abfüllung von Wein mit geschützter Ursprungsbezeichnung oder geografischer Angabe an folgenden Orten stattfindet:
i) im Erzeugerbetrieb oder
ii) in den Räumlichkeiten einer Gruppe von Erzeugern oder
iii) in einem Unternehmen, das sich im abgegrenzten geografischen Gebiet oder in der unmittelbaren Nähe des abgegrenzten geografischen Gebiets befindet.
Bei Lohnabfüllung wird die Angabe des Abfüllers ergänzt durch die Wörter „abgefüllt für (…)“ oder, wenn auch Name und Anschrift des Lohnabfüllers angegeben werden, durch die Wörter „abgefüllt für (…) von (…)“.
Erfolgt die Abfüllung an einem anderen Ort als dem Sitz des Abfüllers, so müssen die Angaben nach dem vorliegenden Absatz auch einen Hinweis auf den genauen Ort enthalten, an dem die Abfüllung erfolgte; erfolgt die Abfüllung in einem anderen Mitgliedstaat, so ist auch der Name dieses Mitgliedstaats anzugeben. Im Falle anderer Behältnisse als Flaschen werden die Wörter „Abfüller“ und „abgefüllt von (…)“ durch die Wörter „Verpacker“ und „verpackt von (…)“ ersetzt, es sei denn, die verwendete Sprache lässt eine solche Unterscheidung nicht zu.
„Hersteller“ ist nach Art. 56 Abs. 1 c) VO 607/2009 die natürliche oder juristische Person oder die Vereinigung solcher Personen, die die Trauben, Traubenmoste und Weine zu Schaumwein, Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure, Qualitätsschaumwein oder aromatischem Qualitätsschaumwein verarbeitet oder auf eigene Rechnung verarbeiten lässt.
„Einführer“ ist nach Art. 56 Abs. 1 d) VO 607/2009 die natürliche oder juristische Person oder die Vereinigung solcher Personen, die in der Gemeinschaft ansässig ist und die Verantwortung für die Abfertigung der Nichtgemeinschaftswaren im Sinne von Artikel 4 Nummer 8 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zum zollrechtlich freien Verkehr übernimmt.
Namen und Anschrift des Einführers gehen gemäß Art. 56 Abs. 4 VO 607/2009 die Wörter „Einführer“ oder „eingeführt von (…)“ voran.
„Verkäufer“ ist nach Art. 56 Abs. 1 e) VO 607/2009 die natürliche oder juristische Person oder die Vereinigung solcher Personen, die nicht unter die Begriffsbestimmung des Erzeugers fällt und Schaumwein, Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure, Qualitätsschaumwein oder aromatischem Qualitätsschaumwein ankauft und anschließend in den Verkehr bringt.
Name und Anschrift des Herstellers oder Verkäufers werden gemäß Art. 56 Abs. 3 VO 607/2009 durch die Wörter „Hersteller“ oder „hergestellt von“ bzw. „Verkäufer“ oder „verkauft von“ ergänzt.
Demnach müssen für die Vermarktung von Wein innerhalb der EU die Begriffe „Abfüller“ und „Einführer“ verwendet werden. Die Bezeichnung „Hersteller“ ist nur für die Person vorgesehen, die die Trauben, Traubenmoste und Weine zu Schaumweinen verarbeitet oder auf eigene Rechnung verarbeiten lässt. Die Bezeichnung „Importeur“ ist nur in der LMIV vorgesehen, jedoch nicht in der spezielleren VO 607/2009, die gem. Art. 1 Abs. 4 VO 1169/2011 vorrangig ist. Diese Begriffe dürfen somit nicht im Zusammenhang mit dem Verkauf von Wein verwendet werden.
Soweit die Vorschrift die Angabe einer Anschrift erfordert gilt hierfür Art. 56 Abs. 1 f) VO 607/2009. Danach ist „Anschrift“ die Angabe der Gemeinde und des Mitgliedstaats, wo sich der Hauptsitz des Abfüllers, Herstellers, Verkäufers oder Einführers befindet. Wenn es sich hierbei um den verantwortlichen Lebensmittelunternehmer im Sinne des Art. 9 Abs. 1 h) i.V.m. Art. 8 Abs.1 LMIV handelt, muss seine Angabe um die Adresse ergänzt werden.
Fazit und Empfehlung für die Online-Kennzeichnung
Bei der Vermarktung von Wein innerhalb der EU sind neben den ohnehin schon sehr umfangreichen Kennzeichnungspflichten nach der LMIV zusätzlich die speziellen Regelungen der EU-Verordnungen Nr. 607/2009 sowie Nr. 1308/2013 zu beachten. Diese enthalten im Hinblick auf die Lebensmittelkennzeichnung einige Sonderregelungen, die den Regelungen der LMIV vorgehen. Hieraus ergibt sich auch, dass die Begriffe „Importeur“ und „Hersteller“ grundsätzlich nicht für die Vermarktung von Wein verwendet werden dürfen. Verstöße gegen die Kennzeichnungsvorgaben der EU-Verordnungen Nr. 607/2009 sowie Nr. 1308/2013 können auch zu wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen führen, da es sich insoweit jeweils um Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG handelt.
Für die Kennzeichnung von Wein in der Online-Werbung lassen sich hieraus folgende Empfehlungen ableiten:
1. Begriffe, die den EU-Verordnungen Nr. 607/2009 sowie Nr. 1308/2013 widersprechen, sind zu vermeiden.
2. Der verantwortliche Lebensmittelunternehmer nach Artikel 8 Absatz 1 LMIV ist stets anzugeben.
3. Ob die Informationen zum „Abfüller“ bzw. zum „Einführer“, die jedenfalls für die physische Kennzeichnung von Weinerzeugnissen grundsätzlich obligatorisch sind, auch für die Online-Werbung verpflichtend sind, lässt sich dem Gesetzeswortlaut nicht eindeutig entnehmen. Derzeit sind wir der Auffassung, dass entsprechende Angaben für die Online-Werbung nicht zwingend erforderlich sind. Sofern man dem Prinzip des sichersten Weges folgen wollte, sollte man die entsprechenden Angaben aber auch in der Online-Werbung vorhalten.
Dies kann – je nach Sachverhalt – dazu führen, dass der Wein-Händler in seiner Online-Werbung Angaben zu folgenden drei Personen machen muss:
- Verantwortlicher Lebensmittelunternehmer
- Abfüller
- Einführer
4. Ein Formulierungsbeispiel könnte (unter Außerachtlassung der übrigen nach der LMIV erforderlichen Informationen) dann etwa wie folgt lauten:
Lebensmittelunternehmer: Musterfirma, Musterstraße 11, 11111 Musterstadt, Deutschland
Abfüller: Musterfirma, Musterstraße 11, 11111 Musterstadt, Deutschland
(bzw. bei Lohnabfüllung:
abgefüllt für Musterfirma, Musterstraße 11, 11111 Musterstadt, Deutschland)
Einführer: Musterfirma, Musterstraße 11, 11111 Musterstadt, Deutschland
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1 Kommentar
Seit 2014 ist LMIV zur Pflicht geworden, oder zuminest war dort der Stichtag an dem die entsprechenden Daten in Onlineshops anzugeben waren. Was mich dabei aber ärgert, warum weist die IT-Rechtskanzlei erst heute darauf hin? Hätte ich als Kunde der IT Rechtskanzlei erwarten können das man mich bereits 2014 über diesen Unterschied in Sachen Weinverkauf hinweist?
MfG. Andreas Hamann