Textilkennzeichnung: Freiwillige Kennzeichnung mit Tücken
Verstöße gegen die Textilkennzeichnungsverordnung (TKVO) sind ein Abmahnklassiker. In eine Abmahngefahr begibt sich jedoch nicht nur der Händler, der kennzeichnungspflichtige Textilien online nicht oder nicht korrekt kennzeichnet. Auch derjenige, der eigentlich gar nicht kennzeichnungspflichtige Textilien online (freiwillig) kennzeichnet, dabei aber die Vorgaben der TKVO nicht beachtet, begibt sich in Gefahr.
Inhaltsverzeichnis
- Grundsatz: Textilerzeugnisse müssen (auch online) gekennzeichnet werden
- Ausnahmen von der Kennzeichnungspflicht
- Wichtige Ausnahme: Gebrauchte, konfektionierte Textilien
- Gebrauchte, konfektionierte Textilien müssen als solche bezeichnet werden
- Wenn doch Angaben gemacht werden, dann aber richtig
- Falle gilt auch für weitere Ausnahmen
- Guter Wille führt oft zu Problemen
- Fazit: Wer ähnliche Bezeichnungen verwendet oder trotz Ausnahme doch kennzeichnet, sollte unbedingt die Vorgaben der TKVO einhalten
Grundsatz: Textilerzeugnisse müssen (auch online) gekennzeichnet werden
Die „Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2011 über die Bezeichnungen von Textilfasern und die damit zusammenhängende Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 73/44/EWG des Rates und der Richtlinien 96/73/EG und 2008/121/EG des Europäischen Parlaments und des Rates“ – Textilkennzeichnungsverordnung (TKVO) enthält Vorschriften für die Verwendung von Bezeichnungen von Textilfasern und die Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen.
Die TKVO betrifft auch den Onlinehandel, da der Kunde dort die Textilerzeugnisse – anders als im stationären Handel – vor seiner Kaufentscheidung nicht „in die Hand nehmen“ kann, etwa um das physische Kennzeichnungsetikett zu studieren. Er hat aber dasselbe Interesse wie ein Kunde im stationären Handel, zu erfahren, aus welchen Fasern das Erzeugnis besteht.
Damit sind Onlinehändler verpflichtet, die von ihnen angebotenen Textilerzeugnisse (bis auf wenige Ausnahmen) im Rahmen der Onlineangebote bezüglich der Faserzusammensetzung zu kennzeichnen. Die TKVO schreibt dabei auch in formeller Hinsicht genau vor, wie diese Kennzeichnung zu erfolgen hat (etwa durch eine abschließende Liste alleine zulässiger Faserbezeichnungen).
Ausnahmen von der Kennzeichnungspflicht
Von der TKVO werden die meisten, jedoch nicht alle Textilerzeugnisse erfasst. Nach der Vorschrift des Art. 17 Abs. 2 TKVO ist Angabe der Bezeichnungen von Textilfasern oder der Faserzusammensetzung in der Etikettierung und Kennzeichnung für bestimmte Textilerzeugnisse entbehrlich. Ein Aufzählung der von der Etikettierungs- und Kennzeichnungspflicht ausgenommenen Textilerzeugnisse finden Sie gerne hier.
Wichtige Ausnahme: Gebrauchte, konfektionierte Textilien
In der Praxis mit die wichtigste Ausnahme von der Kennzeichnungspflicht der TKVO ist diejenige für gebrauchte, konfektionierte Textilien. Damit sind alle in Serie hergestellten Textilerzeugnisse, die in der Vergangenheit bereits vom Endkunden getragen wurden und danach erneut auf den Markt gelangen, also der klassische „Second-Hand-Bereich“.
Nicht gemeint ist dagegen B-Ware (also ungebrauchte Textilien mit kleinen Schönheits- oder Verpackungsfehlern).
Man könnte in der Folge meinen, wer gebrauchte, konfektionierte Textilien anbietet, muss sich in Sachen Textilkennzeichnung keine weiteren Gedanken machen.
Hierbei gilt es jedoch 2 Fallstricke zu beachten!
Gebrauchte, konfektionierte Textilien müssen als solche bezeichnet werden
Zunächst wird gerne übersehen, dass die angebotenen gebrauchten Textilien auch ausdrücklich als solche bezeichnet werden müssen.
Der Onlinehändler sollte also – will er von der Ausnahme von der Kennzeichnungspflicht nach der TKVO profitieren – die Gebrauchtware in seinen Angeboten auch ausdrücklich als solchen bezeichnen. Dies kann z.B. durch den Zusatz „Es handelt sich um ein gebrauchtes Kleidungsstück“ oder „Gebrauchtware“ erfolgen.
Geht aus dem Angebot nicht hervor, dass es sich um Gebrauchtware handelt, kann sich der Händler nicht auf die Ausnahme nach der TKVO berufen. Wird dann keine Textilkennzeichnung vorgenommen, besteht eine konkrete Abmahngefahr.
Wenn doch Angaben gemacht werden, dann aber richtig
Häufig ist zu beobachten, dass Onlinehändler auch bei gebrauchten, konfektionierten Textilien dann Angaben zur Faserzusammensetzung machen bzw. Bezeichnungen in der Beschreibung wählen, die ähnlich zu den zulässigen Faserbezeichnung nach Anhang I der TKVO sind und mit diesen verwechselt werden können.
Hier besteht eine Abmahnfalle:
Denn obwohl einerseits das Textilerzeugnis von der Kennzeichnungspflicht nach der TKVO ausgenommen ist (z.B. gebrauchtes, konfektioniertes Textilerzeugnis, das als solche bezeichnet ist), besteht andererseits – wird vom Händler dann bei dessen Anbieten eine Bezeichnung (insbesondere ein Markenzeichen oder Firmenbezeichnung) verwendet, welche mit einer Faserbezeichnungen nach Anhang I der TKVO identisch ist, verwechselt werden kann bzw. den Eindruck erweckt, das Erzeugnis bestünde aus diesem Material – die Verpflichtung, wieder sämtliche Kennzeichnungsvorgaben nach der TKVO einzuhalten.
Beispiel: Ein eBay-Händler verkauft einen gebrauchten Schal aus 100% Baumwolle bei eBay, der ausdrücklich als Gebrauchtware deklariert ist. Er macht keine Angaben zur Faserzusammensetzung (da dieses Erzeugnis von der Kennzeichnungspflicht nach der TKVO befreit ist). Seine Geschäftsbezeichnung und der eBay-Mitgliedsname lauten „acryl-master2019“.
Diese Bezeichnung könnte mit den zulässigen Faserbezeichnungen „Polyacryl“, „Modacryl“ und „Polyacrylat“ verwechselt werden. Von daher ist davon auszugehen, dass hier „durch die Hintertür“ des Art. 17 Abs. 2 S.2 TKVO wieder die Pflicht besteht, den gebrauchten Schal entsprechend der Vorgaben der TKVO zu kennzeichnen. Findet sich dann in der Beschreibung des Verkäufers nicht die Angabe „100% Baumwolle“ oder „reine Baumwolle“ besteht die Gefahr einer Abmahnung.
Ähnlich dürfte der Fall liegen, nimmt der Verkäufer an anderer Stelle des Angebots Angaben vor, die geeignet sind, mit einer Faserbezeichnung nach Anhang I der TKVO verwechselt zu werden (also z.B. wenn er bei einem Schaal aus 100% Polyacryl diesen als „Acrylschal“ bewirbt).
Wer also beim Verkauf von gebrauchten, konfektionierten und als gebraucht bezeichneten Textilien eine Angabe macht, die mit einer zulässigen Faserbezeichnung nach Anhang I der TKVO verwechselt kann, sollte die Textilkennzeichnung streng nach den Regeln der TKVO vornehmen (also das Erzeugnis gleich so behandeln, als sei es von der Kennzeichnungspflicht nicht ausgenommen).
Falle gilt auch für weitere Ausnahmen
Die beschriebene Abmahnfalle betrifft nicht nur den Fall des Verkaufs gebrauchter konfektionierter Textilien, sondern sämtliche (grundsätzlich) von der Kennzeichnungspflicht nach Anhang V der TKVO ausgenommene Textilien.
Geht es etwa um Schutzartikel für den Sport (ausgenommen Handschuhe), welche nach Anhang V Ziffer 31 TKVO von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen sind, müsste der eBay-Verkäufer „acryl-master2019“ wiederum sämtliche Kennzeichnungsregeln nach der TKVO einhalten.
Guter Wille führt oft zu Problemen
In der Folge stellt sich auch ein weiteres Problem: Obwohl eine Ausnahme von der Kennzeichnungspflicht nach der TKVO besteht, will der Verkäufer dem Kunden doch weitergehende Infos zum Material geben, beachtet dabei aber die formalen Voraussetzungen der TKVO nicht (z.B. absteigende Gewichtung bei Mehrfasererzeugnissen, Verwendung unzulässiger Faserbezeichnungen).
Auch damit begibt sich der Händler - trotz seines guten Willens – wiederum in eine Abmahngefahr und sollte die Kennzeichnung dann gleich richtig vornehmen, in der Gestalt, wie es die TKVO für nicht ausgenommene Textilien vorschreibt.
Fazit: Wer ähnliche Bezeichnungen verwendet oder trotz Ausnahme doch kennzeichnet, sollte unbedingt die Vorgaben der TKVO einhalten
Obwohl grundsätzlich eine Ausnahme von der Kennzeichnungspflicht nach der TKVO besteht, tappen viele Händler hinterrücks in die Abmahnfalle, wenn diese dann doch Angaben zur Faserzusammensetzung machen bzw. Bezeichnungen nutzen, die mit zulässigen Faserbezeichnungen nach Anhang I der TKVO verwechselt werden können.
Dann greift die streng formelle Kennzeichnungspflicht nach der TKVO trotz grundsätzlicher Ausnahme wieder, und die meisten Händler halten dann die strikten Vorgaben der TKVO nicht ein.
Die TKVO bleibt damit ein permanentes Abmahnthema. Sie suchen umfassende Informationen zur Kennzeichnungspflicht nach der TKVO? Eine umfassenden Leitfaden finden Sie gerne hier.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
Shamils
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1 Kommentar
Ich habe eine Frage. Ich bin klein Unternehmer.
Ich herstelle Bekleidung aus gebrauchte Bekleidung, d.h. sogenannte Upcycling.
Es handelt um Wiederverwendung von gebrauchte Bekleidung.
Bin ich verpflichtet die Erzeugnisse zu gekennzeichnet?
Vielen Dank im Voraus