Die PSA-Verordnung: Pflichten für Hersteller, Importeure und Händler
Die PSA-Verordnung (EU) 2016/425 regelt europaweit die Anforderungen an persönliche Schutzausrüstungen. Dieser Überblick zeigt, welche Pflichten Hersteller, Importeure und Händler auch 2025 zwingend beachten müssen.
Anwendungsbereich der PSA-Verordnung
Die PSA-Verordnung gilt für alle Produkte, die dazu bestimmt sind, eine Person vor gesundheitlichen oder sicherheitstechnischen Risiken zu schützen.
Dazu zählen insbesondere Ausrüstungen zum Schutz vor:
- mechanischen Risiken (z. B. Schnitte, Stöße),
- thermischen Risiken (Hitze/Kälte),
- elektrischen Risiken,
- chemischen Stoffen,
- biologischen Risiken,
- Strahlung,
- Absturz aus der Höhe,
- Ertrinken,
- Lärm.
1 Erweiterter Anwendungsbereich im Vergleich zur alten Richtlinie
Die zentrale Neuerung gegenüber der Richtlinie 89/686/EWG besteht darin, dass der Verordnungsgeber bewusst auch PSA zur privaten Verwendung gegen Hitze einbezogen hat.
Diese Kategorie umfasst z. B.:
- hitzeschützende Grillhandschuhe für private Anwender
- feuerhemmende Handschuhe für Hobbyhandwerker
- Wärmeschutzkleidung im Freizeitbereich
Begründung laut Erwägungsgrund 10: Auch private Nutzer sollen PSA erhalten, die dem gleichen Sicherheitsniveau entsprechen wie PSA für den professionellen Einsatz.
2 Weiterhin ausgenommene Produkte
Nicht vom Anwendungsbereich umfasst bleiben PSA zur privaten Verwendung zum Schutz gegen nicht extreme Witterungseinflüsse, etwa:
- witterungsgerechte Alltagskleidung (Winterjacken, Mützen, Regenjacken),
- Regenschirme,
- einfache Spülhandschuhe zum Schutz gegen Feuchtigkeit und Nässe beim Abwasch.
Diese Abgrenzung ist für Online-Händler relevant, da häufig Alltagsprodukte fälschlicherweise als PSA beworben werden – was zu erheblichen rechtlichen Pflichten führen würde (CE, Konformitätsverfahren, Herstellerkennzeichnung usw.).
3 Freizeit- und Hobbybereich (Sport, Outdoor, DIY)
Die Marktüberwachungsbehörden legen seit einigen Jahren einen deutlichen Fokus auf Fehlklassifizierungen – das zeigt sich in zahlreichen Kontrollen und Veröffentlichungen. Gerade im Freizeit- und Hobbybereich geraten Produkte wie Fahrrad- und Gartenhandschuhe, Thermounterwäsche oder Kinder-Schwimmhilfen immer wieder in den Blick.
Hier ist entscheidend: Sobald ein Produkt primär eine Schutzfunktion gegen ein gesundheitliches oder sicherheitstechnisches Risiko hat, fällt es grundsätzlich unter die PSA-Verordnung – sofern es nicht ausdrücklich nach Art. 2 Abs. 2 PSA-VO ausgenommen ist oder vorrangigen Spezialvorschriften unterliegt.
Verpflichtungen der Wirtschaftsakteure
Die PSA-Verordnung setzt – wie viele moderne EU-Produktverordnungen – auf die Systematik des „Neuen Rechtsrahmens“ (Beschluss Nr. 768/2008/EG).
Mit diesem Konzept wird in erster Linie auf die Verantwortlichkeit der Wirtschaftsakteure (Hersteller, Importeure, Händler) abgestellt.
Staatliche Stellen konzentrieren sich auf die Marktüberwachung von Produkten und das Konformitätsverfahren.
Erstmals regelt die Verordnung ausdrücklich auch Pflichten der Händler und betont deren Verantwortung im Vertriebsprozess.
Pflichten der Hersteller
Der Hersteller bleibt der zentrale Verantwortliche für die Sicherheit der PSA. Er muss sicherstellen, dass nur solche Produkte in Verkehr gebracht werden, die die grundlegenden Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen der Verordnung erfüllen (Art. 8).
Zu seinen Pflichten gehören insbesondere:
- Erstellung der technischen Unterlagen nach Anhang III und Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens,
- Ausstellung der EU-Konformitätserklärung und Anbringung der CE-Kennzeichnung,
- Vergabe einer Typen-, Chargen- oder Seriennummer,
- Angabe von Namen, Handelsnamen und Anschrift auf dem Produkt oder der Verpackung,
- Bereitstellung von Anleitung und Informationen in deutscher Sprache für den deutschen Endnutzer,
- Beifügen der EU-Konformitätserklärung oder Angabe einer Internetadresse, unter der diese abrufbar ist.
Pflichten der Importeure (Einführer)
Importeure sind natürliche oder juristische Personen mit Sitz in der EU, die PSA aus einem Drittstaat erstmals in der Union in Verkehr bringen (Art. 3 Nr. 6).
Ein Händler ist daher nur dann als Importeur anzusehen, wenn er PSA aus einem Drittstaat direkt in die Europäische Union einführt und auf dem Markt der Union erstmals bereitstellt.
Bezieht der Händler seine Ware von einem in der Union ansässigen Grossisten, so ist dies nicht als Einfuhr im Sinne der Verordnung zu bewerten.
Importeure haben gemäß Art. 10 insbesondere sicherzustellen, dass:
- der Hersteller das Konformitätsverfahren durchgeführt und die technischen Unterlagen erstellt hat,
- ihr Name und ihre Anschrift auf der PSA oder Verpackung angegeben sind,
- Anleitungen und Informationen für deutsche Endnutzer in deutscher Sprache vorliegen,
- Lagerungs- und Transportbedingungen eingehalten werden.
Pflichten der Händler
Händler haben gemäß Art. 11 sorgfältig zu prüfen, ob:
- die PSA mit einer CE-Kennzeichnung versehen sind,
- die erforderlichen Unterlagen und Anleitungen in deutscher Sprache beigefügt sind.
Solange sich die PSA in ihrer Verantwortung befinden, müssen Händler sicherstellen, dass Lagerung und Transport keine Risiken schaffen. Bei Verdacht auf Nichtkonformität müssen sie dafür sorgen, dass die Konformität wiederhergestellt wird, und – sofern Risiken bestehen – die zuständigen Behörden informieren.
Ein Händler gilt als Hersteller, wenn er PSA unter seinem eigenen Namen oder seiner eigenen Marke in Verkehr bringt oder bereits in den Verkehr gebrachte PSA so verändert, dass die Konformität mit dieser Verordnung beeinträchtigt werden kann (Artikel 12 Verordnung).
Geltung der PSA-Verordnung
Die Verordnung gilt seit dem 21. April 2018 unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten; eine nationale Umsetzung war nicht erforderlich. Die frühere Richtlinie 89/686/EWG wurde mit diesem Zeitpunkt aufgehoben.
Für die Praxis heute ist wichtig: Die Übergangsfristen sind seit dem 21. April 2019 vollständig abgelaufen; EC-Baumusterprüfbescheinigungen nach der alten Richtlinie durften längstens bis 21. April 2023 gültig bleiben.
Leitfäden, technische Standards und aktuelle Entwicklungen (Stand 2025)
1. Harmonisierte Standards im Wandel
Das technische Fundament der PSA-Verordnung bilden die harmonisierten europäischen Normen. Diese werden fortlaufend überprüft und angepasst, um dem aktuellen Stand von Technik und Wissenschaft zu entsprechen.
Es wurden zahlreiche Normen überarbeitet oder neu veröffentlicht – unter anderem in den Bereichen:
- Schutzkleidung gegen Hitze und Flammen
- Gehörschutz
- Atemschutzgeräte
- Ausrüstung zur Absturzsicherung
- Schutzhandschuhe
Für Hersteller und Importeure bedeutet dies: Die jeweils neueste Fassung der im Amtsblatt der EU veröffentlichten Normen ist regelmäßig zu prüfen.
Nur so lässt sich sicherstellen, dass Produkte weiterhin die „Vermutung der Konformität“ genießen und auf dem Markt bestehen können. Da Normen auch ersetzt oder zurückgezogen werden, ist eine kontinuierliche Beobachtung zwingend erforderlich.
2. Leitfaden der EU-Kommission (5. Ausgabe – Oktober 2025)
Einen besonderen Stellenwert hat der im Oktober 2025 aktualisierte Leitfaden zur Anwendung der Verordnung (EU) 2016/425. Er dient als zentrales Auslegungsdokument für alle Beteiligten und bringt an vielen Praxisstellen Klarheit.
Der Leitfaden behandelt u. a.:
- Kriterien, nach denen ein Produkt als PSA einzustufen ist
- Abgrenzung zu Spielzeug, Sport- und Freizeitartikeln sowie Alltagskleidung
- Fragen des Vertriebs – einschließlich des Onlinehandels und des Verkaufs über Plattformen
- Vorgaben für kombinierte Produkte und Sets (z. B. Helme mit Visierschutz)
- Hinweise zur Unterscheidung zwischen privater und beruflicher Nutzung
- praxisnahe Beispiele für korrekte CE-Kennzeichnung und Konformitätsdokumentation
Gerade für Unternehmen, die PSA entwickeln, importieren oder vertreiben, ist der Leitfaden 2025 ein unverzichtbares Werk, das wesentlich zur rechtssicheren Einordnung und Gestaltung der Compliance-Prozesse beiträgt.
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