Dich erkenn ich doch - zur Anwendbarkeit wettbewerbsrechtlicher Ansprüche bei Designklau
Sofern ein Designcharakteristikum für ein bestimmtes Produkt eine unverkennbare Wiedererkennungswirkung besitzt und durch lang anhaltende Verwendung mit einer bestimmten Firma in Verbindung gebracht wird, kann dies dazu führen, dass ein Marken- und Wettbewerbsschutz zu bejahen ist. In diesem Fall liegt in der Nachahmung des speziellen Designs auch eine unlautere Handlung vor. In bestimmten Fallkonstellationen sind wettbewerbsrechtliche- und markenrechtlichen Ansprüche nebeneinander anwendbar, OLG Karlsruhe, Urteil v. 27.02.2013, Az.: 6 U 11/11.
1. Was war passiert?
Ein Mitbewerber hatte das bekannte Rillendesign der Produktserien der Firma Rimova in nachahmender Weise für die eigene Kofferserie übernommen. Hiergegen klagte die Fa. Rimova auf Unterlassung. Sie argumentierte, dass die Übernahme der bekannten Rillenstruktur eine vermeidbare Herkunftstäuschung iSv. § 4 Nr. 9a UWG, als auch eine Ausnutzung des guten Rufs iSv. § 4 Nr. 9b UWG darstellten. Überdies werde durch die Nachahmung in das Recht auf alleinige Nutzung des Markeninhabers gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eingegriffen. Sie stützte Ihre Ansprüche auf eine parallele Anwendung der genannten wettbewerbsrechtlichen und markenrechtlichen Normen
Die Beklagte verteidigte sich damit, dass das Rillendesign keine wettbewerblich relevante Eigenart darstellt, sondern als Versteifung gewichtsreduzierende Wirkung habe und damit technisch bedingt sei.
2. Der rechtliche Rahmen:
• § 4 Abs. 9 a und b UWG statuieren, dass derjenige eine unlautere geschäftliche Handlung begeht, der Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
"a) eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt
b) die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt."
• § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG untersagt es Dritten ein Zeichen zu benutzten, wenn
"wegen der Identität oder Ähnlichkeit…der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechlsungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird."
3. Die Entscheidung des Gerichts:
a) Zur parallelen Anwendbarkeit von Marken- und Wettbewerbsrecht
Das Gericht stellte fest, dass im Anwendungsbereich des Markenrechts das UWG grundsätzlich keine Anwendung finden kann (st. Rspr. BGH GRUR 2006, 329 Tz. 36- Gewinnfahrzeug mit Fremdemblem). Im vorliegenden Fall ging es allerdings nicht um einen Kennzeichnungsschutz, als vielmehr um einen Nachahmungsschutz des speziellen Rillendesigns als konkretes Leistungsergebnis.
Durch die Übernahme dieser wettbewerbsrechtlichen Eigenart werde das Tatbestandsmerkmal der unlauteren Handlung erfüllt und gleichzeitig eine vermeidbare Herkunftstäuschung hervorgerufen. Somit sind beide Regelungsmaterien nebeneinander anwendbar. Der BGH hatte eine parallele Anwendbarkeit bereits in seiner Entscheidung „Rillenkoffer“, erkannt (vgl. BGH GRUR 2008, 793 Tz. 26, ebenso BGH GRUR 2007, 339 Tz. 23- „Stufenleitern“).
b) Designcharakteristika als wettbewerblich relevante Eigenart
Ein Erzeugnis besitzt eine wettbewerbliche Eigenart, wenn dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft hinzuweisen (vgl. BGH GRUR 2007, 795 Tz. 25- „Handtaschen“). Dieses Tatbestandsmerkmal ist bei dem speziellen Rillendesign gegeben, da der Verbraucher aufgrund des Merkmals die Vorstellung hat, dass der Koffer von einem bestimmten Anbieter ist (vgl. BGH GRUR, 984, Tz. 23 – „Gartenliege“). Hierbei ist auf die Vorstellung der breitesten Verkehrskreise abzustellen. In diesem Fall findet keine Begrenzung auf die Vorstellung finanzkräftigerer Kreise statt, da die Koffer der Fa. Rimova nach Ansicht des Gerichts nicht als Luxusgut einzustufen sind. Des Weiteren wurde das Design bereits über 60 Jahre hinweg für alle Koffer aus der Produktpalette der Fa. Rimova verwendet, so dass eine zeitliche Schutzwirkung zu bejahen ist.
Der Umstand, dass das Rillendesign möglicherweise technisch bedingt ist, schließt nach Ansicht des Gerichts die Bejahung einer wettbewerblichen Eigenart nicht aus. Denn in diesem Falle ist die daraus herrührende Herkunftstäuschung vermeidbar, da sie durch geeignete und zumutbare Maßnahmen verhindert werden könnte, etwa durch die Verwendung von gekreuzten Rillen o.ä., (vgl. BGH GRUR 2005, 166- „Puppenausstattungen“).
4. Das Fazit
Der vorliegende Fall macht deutlich, wie die konkurrierenden Regelungsmaterien von marken- und wettbewerbsrechtlichen Normen in bestimmten Fallkonstellationen nebeneinander zur Anwendung kommen können.
Des Weiteren ist einem bestimmten Design eine wettbewerbliche Eigenart zuzuschreiben, selbst wenn es technisch bedingt ist. Dieses ist dann der Fall, wenn das Design herkunftshinweisend wirkt. Der Verbraucher muss, bedingt durch den Bekanntheitsgrad, das Produkt einer bestimmten Marke zuordnen können.
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