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Irreführende Produktwerbung

Abmahnfalle „Gin alkoholfrei“: Gin gibt`s gemäß Spirituosenverordnung nur mit Alkohol

Abmahnfalle „Gin alkoholfrei“: Gin gibt`s gemäß Spirituosenverordnung nur mit Alkohol
6 min
Beitrag vom: 10.10.2025

Alkoholfrei und trotzdem „Gin”? Was auf den ersten Blick wie eine clevere Produktidee wirkt, kann schnell zum Verhängnis werden. Die Verwendung geschützter Spirituosenbezeichnungen für alkoholfreie Produkte ist unzulässig.

Was war der Anlass für die Abmahnung?

Ein Onlinehändler bot auf seiner Website ein Getränk unter den Bezeichnungen „Gin alkoholfrei” und „alkoholfreier Gin” an. Das Produkt wurde mit „0 % Alkohol“ beworben. Damit sollte den Verbrauchern vermittelt werden, dass es sich um ein alkoholfreies Produkt handelt, das dennoch wie Gin schmeckt.

Der Verband Sozialer Wettbewerb e. V. sah hierin einen Wettbewerbsverstoß und mahnte den Online-Händler ab. Beanstandet wurde, dass der Händler für ein alkoholfreies Getränk den gesetzlich geschützten Begriff „Gin“ verwendete.

Wie ist die Abmahnung rechtlich zu bewerten?

Gemäß der Spirituosenverordnung (Verordnung (EU) 2019/787) darf ein Getränk nur dann als „Gin“ bezeichnet werden, wenn es einen Mindestalkoholgehalt von 37,5 Volumenprozent aufweist und bestimmte Herstellungsvorgaben erfüllt.

Da das hier beworbene Getränk keinen Alkohol (0 %) enthielt, erfüllte es die Mindestanforderungen nicht. Eine Bewerbung als „Gin“ ist deshalb irreführend.

Die Verwendung des Begriffs „Gin” bei alkoholfreien Getränken stellt eine Irreführung gemäß § 5 UWG dar. Verbraucher erwarten bei einem Produkt mit dieser Bezeichnung eine Spirituose mit Alkoholgehalt. Auch Mitbewerber werden hierdurch benachteiligt, weil sich der Händler durch diese Werbemaßnahme einen (unzulässigen) Wettbewerbsvorteil verschafft.

Auch die Rechtsprechung hat sich mit der Werbung "alkoholfreier" Spirituosen bereits beschäftigt:

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1. Landgericht Braunschweig: „Alkoholfreier Gin“ ist tabu

Das Landgericht Braunschweig hat in seinem Urteil vom 16. Oktober 2024 (Az.: 22 O 2566/23) entschieden, dass ein Online-Händler ein Getränk mit der Bezeichnung „G. ALKOHOLFREIER GIN-FLORAL 0,0 % Vol.“ nicht als „Gin“ anbieten durfte.

  • Urteilsbegründung: Das Gericht stellte fest, dass die Spirituosenverordnung einen Mindestalkoholgehalt von 37,5 % Vol. vorschreibt. Da dieser Wert bei einem alkoholfreien Produkt unstreitig nicht erreicht wird, ist die Verwendung der Bezeichnung „Gin“ unzulässig.
  • Irrelevanz des Zusatzes: Der vorangestellte Zusatz „alkoholfrei“ schützt den Händler nicht, da der Schutz der unionsrechtlichen Kategorien vor Verwässerung übergeordnet ist.

2. Landgericht Hamburg: Auch relative Bezeichnungen sind unzulässig

Das Landgericht Hamburg bestätigte diese strenge Auslegung in seinem Urteil vom 24. Juli 2025 (Az. 416 HKO 51/23). Die Entscheidung des LG Hamburg geht sogar noch einen Schritt weiter:

Absoluter Schutz: Das Gericht stellte klar, dass geschützte Spirituosenbezeichnungen auch für alkoholfreie Alternativen nicht verwendet werden dürfen – selbst wenn sie mit relativierenden Zusätzen wie „This is not Rum“ oder „Alkoholfreie Alternative zu Gin“ versehen sind.

Best Practice: Korrekte Bezeichnung alkoholfreier Produkte

Um Abmahnungen zu vermeiden, müssen Händler bei alkoholfreien Alternativen zu Spirituosen sehr sorgfältig auf die gewählte Bezeichnung achten. Begriffe wie „Gin“, „Whisky“ oder „Rum“ dürfen nur verwendet werden, wenn die gesetzlichen Anforderungen an Herstellung und Mindestalkoholgehalt erfüllt sind. Andernfalls erweckt man bei den Verbrauchern den Eindruck, es handele sich um ein echtes alkoholhaltiges Produkt, was eine Irreführung darstellt.

Um Abmahnungen wegen unzulässiger Spirituosen-Bezeichnungen zu vermeiden, sollten Online-Händler die folgenden klaren Empfehlungen beherzigen:

1. Absoluter Verzicht auf geschützte Spirituosenbegriffe

Der Begriff „Gin“ und ähnliche geschützte Bezeichnungen (Rum, Whisky, Wodka) dürfen in der Produktbezeichnung, in der Werbung und in der Aufmachung nicht verwendet werden, wenn die gesetzlichen Mindestanforderungen (insbesondere der Mindestalkoholgehalt) nicht erfüllt sind.

Dies gilt auch für relative Zusätze wie:

  • „Gin-Alternative“
  • „Nach Gin-Art“
  • „Gin-Geschmack“
  • „Gin-Typ“

2. Nutzung neutraler Produktbezeichnungen

Wählen Sie neutrale, beschreibende Begriffe, die keine Assoziation mit der geschützten Spirituosenkategorie herstellen:

  • Wacholdergetränk
  • Alkoholfreies Wacholdergetränk

Sie können den Geschmack des Produkts beschreiben (z. B. „mit intensiven Wacholder- und Zitrusnoten“), aber Sie dürfen die geschützte Bezeichnung „Gin“ nicht verwenden.

3. Kontinuierliche Überprüfung des gesamten Werbeauftritts

Überprüfen Sie regelmäßig sämtliche Werbe- und Vertriebskanäle auf die korrekte Bezeichnung, einschließlich:

  • Produktname auf der Website
  • Produktbeschreibungen und Bullet Points
  • Überschriften in Online-Shops und Marktplätzen
  • Social-Media-Beiträge und Werbeanzeigen
  • Produktetiketten und Verpackungsaufmachung

Darüber hinaus ist es ratsam, die Produktbeschreibung insgesamt transparent zu gestalten. Verbraucher müssen bereits auf den ersten Blick erkennen können, was sie kaufen und dass kein Alkohol enthalten ist. Nur so können sie eine informierte Entscheidung treffen, und es werden Missverständnisse vermieden.

Der Online-Verkauf von Spirituosen unterliegt verschiedenen rechtlichen Anforderungen. Lesenswert und umfassend zeigen wir in unserem Online-Beitrag Leitfaden: Spirituosen online rechtssicher verkaufen auf, was beim Online-Verkauf von Spirituosen rechtlich zu beachten ist.

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Learning für Händler

Das Beispiel „alkoholfreier Gin“ zeigt, wie sensibel der Bereich der Produktkennzeichnung im Onlinehandel ist. Der Begriff „Gin“ ist nicht nur ein Marketingbegriff, sondern eine gesetzlich definierte Spirituosenbezeichnung, die klare Anforderungen an die Herstellung und den Mindestalkoholgehalt stellt.

Wird dieser Begriff für ein alkoholfreies Produkt verwendet, erweckt dies beim Verbraucher den falschen Eindruck, es handele sich um eine echte Spirituose. Damit liegt eine Irreführung im Sinne des Wettbewerbsrechts vor, das sowohl Mitbewerber als auch Verbraucher schützen soll. Händler, die in diesem Bereich ungenau arbeiten, laufen Gefahr, wettbewerbsrechtlich abgemahnt zu werden und somit erhebliche Kosten zu verursachen.

Sie haben eine Abmahnung erhalten - So gehen Sie richtig vor

Lassen Sie die Abmahnung trotz der regelmäßig kurzen Fristen anwaltlich von einem Spezialisten überprüfen. In diesen Abmahnungen geht es oft um hohe Zahlungsforderungen. Hier sollten Sie nicht vorschnell handeln.

Auch die vorformulierte Unterlassungserklärung ist in den uns vorliegenden Fällen fast immer einseitig und zudem gefährlich vorformuliert und sollte in dieser Form nicht abgegeben werden!

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