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Grundpreise

Grundpreis? Nicht immer! Diese 10 Ausnahmen sollten Online-Händler kennen

Grundpreis? Nicht immer! Diese 10 Ausnahmen sollten Online-Händler kennen
8 min
Beitrag vom: 05.11.2025

Wenn es um Grundpreise geht, sollten Online-Händler wissen, wann undwie diese anzugeben sind. Interessant sind vor allem die 10 gesetzlichen Ausnahmen, wann die Grundpreispflicht nicht gilt. Wir klären auf.

Die Basics: Warum die Grundpreisangabe im E-Commerce so wichtig ist

1. Das Ziel der PAngV: Transparenz schaffen

Die Preisangabenverordnung (PAngV) ist ein fundamentales Regelwerk des deutschen Verbraucherrechts. Ihr vorrangiges Ziel ist es, Verbraucher vor irreführenden Preisangaben zu schützen und die Markttransparenz zu erhöhen, indem sie Unternehmer zur klar en, verständlichen und vollständigen Ausweisung ihrer Preise verpflichtet.

Diese Transparenz ermöglicht es Verbrauchern, Produkte und Dienstleistungen besser miteinander zu vergleichen. Gleichzeitig sorgt die Verordnung für einen fairen Wettbewerb, da alle Anbieter denselben strengen Regeln unterliegen.

Die Preisangabenverordnung verpflichtet dazu, beim gewerbsmäßigen Verkauf von Waren an Endkunden, die unter Angabe von Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche angeboten oder unter Angabe des Endpreises beworben werden, zusätzlich zum Gesamtpreis den Preis je Mengeneinheit, also den Grundpreis anzugeben.

Grundpreis ist dabei der Preis je Mengeneinheit der jeweiligen Ware. Die Mengeneinheit für den Grundpreis ist jeweils 1 Kilogramm, 1 Liter, 1 Kubikmeter, 1 Meter oder 1 Quadratmeter der Ware.

2. Der BGH zum „Wie“ der Grundpreisangabe: „Auf einen Blick“

Die Darstellung des Grundpreises im Online-Handel unterliegt besonders strengen Anforderungen. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) muss der Grundpreis stets in unmittelbarer Nähe zum Endpreis angegeben werden.

Für den Verkauf im Internet bedeutet dies, dass ein Nutzer beide Preise gleichzeitig im Browserfenster wahrnehmen und erkennen können muss, also „auf einen Blick“.

Diese Anforderung ist nicht erfüllt, wenn der Grundpreis erst durch einen separaten Klick, ein Mouse-Over-Ereignis oder das Aufrufen einer weiteren Detailansicht sichtbar gemacht wird.

Diese strenge Pflicht zur unmittelbaren Sichtbarkeit gilt umfassend: nicht nur auf der eigentlichen Produktseite, sondern auch in Übersichtslisten, Kategorieansichten und sogar bei eingebetteten Funktionen wie „Kunden kauften auch“.

Die Pflicht zur Grundpreisangabe besteht zudem unabhängig von der Vertriebsform, also auch bei Verkäufen über Plattformen wie Amazon oder eBay. Darüber hinaus muss der Grundpreis auch in der Werbung, sei es in Werbeprospekten oder Google Ads, angegeben werden, sofern dort ein Endpreis genannt wird.

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Die 10 Ausnahmen von der Pflicht zur Grundpreisangabe

Die Pflicht zur Angabe des Grundpreises besteht nur, wenn die Ware nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche angeboten oder unter Nennung des Endpreises beworben wird. Die PAngV selbst definiert darüber hinaus in § 4 Abs. 3 PAngV einen Katalog von Ausnahmen, bei denen die Pflicht zur Grundpreisangabe entfällt.

Für Online-Händler sind vor allem die folgenden Ausnahmen von praktischer Bedeutung:

1. Ausnahme: Identität von Grund- und Endpreis

Die Angabe des Grundpreises kann entfallen, wenn dieser mit dem Endpreis identisch ist. Dies ist der Fall, wenn die Verkaufseinheit exakt der Bezugsgröße (1 Kilogramm oder 1 Liter) entspricht. Bietet ein Händler beispielsweise eine Fertigpackung mit exakt 1 Kilogramm Mehl oder 1 Liter Milch an, sind Grundpreis und Endpreis zahlenmäßig identisch. In diesem Fall ist die zusätzliche Angabe des Grundpreises verzichtbar, da dem Verbraucher dadurch keine zusätzliche Transparenz verschafft wird.

2. Ausnahme: Kleinstmengen unter 10 Gramm/Milliliter

Waren mit einem Nenngewicht oder Nennvolumen von weniger als 10 Gramm oder 10 Millilitern sind von der Grundpreispflicht ausgenommen. Diese Ausnahme betrifft typischerweise kleinste Muster, Proben, Einzelportionen oder Reisegrößen, wie etwa Lippenpflegeprodukte unter 10 ml.

3. Ausnahme: Sets und Bundles

Diese juristisch besonders komplexe Ausnahme befreit Waren von der Grundpreispflicht, die verschiedenartige Erzeugnisse enthalten, die nicht miteinander vermischt oder vermengt sind.

Der Gesetzgeber wollte hiermit verhindern, dass bei unüblichen Kombinationen (z.B. einem Geschenkkorb mit Kaffee, Schokolade und einer Tasse) ein Grundpreis angegeben werden muss, der keinen sinnvollen Vergleichsmaßstab mehr darstellt. Die Abgrenzung zur reinen „(kostenfreien) Zugabe“ ist hier jedoch fließend.

4. Ausnahme: Waren von Direktvermarktern

Von der Pflicht ausgenommen sind Waren, die von kleinen Direktvermarktern angeboten werden, sofern die Waren überwiegend durch Bedienung abgegeben werden (z.B. Hofläden, kleine Einzelhandelsgeschäfte, Marktstände), es sei denn, das Sortiment wird im Rahmen eines Vertriebssystems bezogen.

Für den klassischen Online-Shop ist diese Ausnahme meist nicht anwendbar, es sei denn, der Online-Vertrieb ist eine Randerscheinung des stationären Direktverkaufs.

5. Ausnahme: Waren im Rahmen einer Dienstleistung

Wird die Ware im Rahmen einer Dienstleistung angeboten, entfällt die Pflicht. Dies betrifft beispielsweise Artikel, die in Restaurants, Krankenhäusern, Kantinen oder Friseursalons als Teil des Service vertrieben werden.

Für den reinen E-Commerce-Händler ist diese Ausnahme nur bedingt relevant; sobald ein Friseur das Shampoo, das er im Salon benutzt, über einen separaten Webshop verkauft, liegt in der Regel ein reiner Verkauf vor, und die Grundpreispflicht greift wieder.

6. Ausnahme: Automatenwaren und Tabak

Ebenfalls von der Pflicht ausgenommen sind Waren in Verkaufsautomaten, die zur Abgabe von Getränke oder Mahlzeiten gedacht sind (§ 4 Abs. 3 Nr. 6 PAngV) , sowie Kautabak und Schnupftabak mit einem Nenngewicht von bis zu 25 Gramm (§ 4 Abs. 3 Nr. 7 PAngV) .

7. Ausnahme: Spezielle Kosmetika

Von der Pflicht zur Grundpreisangabe ausgenommen sind kosmetische Mittel, die ausschließlich zur Färbung oder Verschönerung der Haut, der Haare oder der Nägel bestimmt sind. Betroffen sind allerdings nur solche Produkte, welche eine kurzfristige Verbesserung des äußeren Erscheinungsbildes bewirken, sowie solche Produkte, die ausschließlich einen Verschönerungseffekt ohne weitere Wirkung entfalten.

Entfalten die kosmetischen Produkte darüber hinausgehende, weitere Effekte, fallen diese Produkte aus dem Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift heraus und eine Grundpreisangabe ist wieder verpflichtend. In unserem Beitrag OLG Celle: Grundpreisangabe bei fast allen kosmetischen Produkten erforderlich können Sie tiefergehende Informationen nachlesen.

8. Ausnahme: Parfums und parfümierte Wässer

Parfums und parfümierte Duftwässer sind ausgenommen, sofern sie bestimmte Mindestanforderungen an den Gehalt erfüllen: Sie müssen mindestens drei Volumenprozent Duftöl und mindestens 70 Volumenprozent reinen Ethylalkohol enthalten.

9. Ausnahme: Waren, die nach Stückzahl in Verkehr gebracht werden

Die Pflicht zur Grundpreisangabe entfällt, wenn die Ware üblicherweise nicht nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche, sondern nach Stückzahl in Verkehr gebracht wird.

Diese Ausnahme ist vor allem bei Lebensmitteln relevant (z.B. Eier) und basiert auf der Verkehrsauffassung. Ist die Stückzahl von außen leicht zählbar oder in der Kennzeichnung angegeben, entfällt die Pflicht zur Angabe der Füllmenge nach Gewicht oder Volumen – und damit die Grundlage für die Grundpreisangabe.

10. Ausnahme: Preisermäßigungen und schnell verderbliche Waren

Die Pflicht zur Angabe des Grundpreises gilt nicht bei individuellen Preisnachlässen (= Preisnachlässe, die im Rahmen von Verhandlungen oder aus Kulanz gewährt werden) und ebenfalls nicht bei nach Kalendertagen zeitlich begrenzten und durch Werbung oder in sonstiger Weise bekannt gemachten generellen Preisermäßigungen.

Ferner ist die Angabe des Grundpreises nicht erforderlich bei schnell verderblichen Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit, wenn der geforderte Gesamtpreis wegen einer drohenden Gefahr des Verderbs oder eines drohenden Ablaufs der Haltbarkeit herabgesetzt wird und dies für die Verbraucher in geeigneter Weise kenntlich gemacht wird.

Aber Achtung: Der Gesetzgeber erlässt in den vorgenannten Fällen lediglich die Ausweisung eines neuen Grundpreises - der ursprünglich anzugebene Grundpreis ist hiervon nicht betroffen (bei Waren, die (noch) nicht von einer Preisermäßigung erfasst sind oder noch nicht als schnell verderblich anzusehen sind).

Noch eine Besonderheit bei Wasch- und Reinigungsmitteln: Bei Haushaltswaschmitteln kann als Mengeneinheit für den Grundpreis eine übliche Anwendung verwendet werden. Dies gilt auch für Wasch- und Reinigungsmittel, sofern sie einzeln portioniert sind und die Zahl der Portionen zusätzlich zur Gesamtfüllmenge angegeben ist.

Die juristischen Fallstricke bei 2 konkreten Abgrenzungsfragen

Trotz der klaren gesetzlichen Regelungen bergen drei Bereiche aufgrund widersprüchlicher Rechtsprechung besondere Abmahnrisiken für Online-Händler.

Fallstrick #1: Sets und Bundles – Die Abgrenzung zur „unwesentlichen Zugabe“

Die Ausnahme für verschiedenartige, unvermischte Erzeugnisse (§ 4 Abs. 3 Nr. 2 PAngV) ist im Falle von Set-Angeboten nur anwendbar, wenn es sich um ein „echtes Set“ handelt. Der Knackpunkt in der juristischen Praxis liegt in der Unterscheidung zwischen einem echten Set und einem Hauptprodukt, dem lediglich eine „wertmäßig unbedeutende Zugabe“ beigefügt wurde.

Die Gerichte legen großen Wert auf die Wahrnehmung des Durchschnittsverbrauchers und das Wertverhältnis der Komponenten. Das Oberlandesgericht Hamburg argumentierte in einem Fall, dass die Ausnahme greifen kann, wenn die Zugabe einen eigenständigen, kommerziellen Wert besitzt und die Produkte für einen gemeinsamen Verwendungszweck verkauft werden, selbst wenn das Wertverhältnis 90 zu 10 Prozent beträgt.

Die Lektion für Händler lautet: Wird ein Produkt als Set oder Bundle beworben und haben alle Komponenten einen relevanten Wert, kann die Ausnahme greifen. Wenn jedoch die beigefügte Komponente lediglich eine kostenlose Probe oder ein wertmäßig stark untergeordneter Artikel ist (wie ein Probepäckchen Weichspüler zu einem Waschmittelpaket), gilt sie als unwesentliche Zugabe. In diesem Fall muss der Grundpreis für das Hauptprodukt angegeben werden, wobei die Kosten der Gratiszugabe in die Berechnung des Grundpreises mit einzubeziehen sind.

Fallstrick #2: Waren, bei denen das Abtropfgewicht zählt

Bei bestimmten Waren, insbesondere Konserven oder eingelegten Produkten, muss zusätzlich zur Nettofüllmenge auch das Abtropfgewicht angegeben werden. In diesen Fällen schreibt die PAngV zwingend vor, dass sich der Grundpreis auf das angegebene Abtropfgewicht beziehen muss.

Der Fehler, den Grundpreis auf Basis des Gesamtfüllgewichts (Nettofüllmenge) zu berechnen, ist eine häufige Abmahnursache. Da das Gesamtgewicht höher ist als das Abtropfgewicht, würde die Berechnung auf dem Gesamtgewicht zu einem niedrigeren, falschen Grundpreis führen. Dies stellt eine Irreführung und damit einen Verstoß dar.

Fazit für Händler

Die Preisangabenverordnung ist ein komplexes Regelwerk, das insbesondere für Online-Händler zahlreiche Herausforderungen bereithält. Das korrekte Anbringen von Grund- und Gesamtpreisen ist nicht nur eine gesetzliche Vorgabe, sondern ein essenzieller Baustein für einen seriösen und kundenfreundlichen Webshop.

Die in diesem Beitrag aufgeführten Ausnahmen zeigen, dass die Anwendung der PAngV keine starre Regel ist, sondern eine differenzierte Herangehensweise erfordert. Das Wissen um diese Ausnahmen und die Vermeidung gängiger Fallstricke kann Händlern dabei helfen, das Risiko kostspieliger Abmahnungen erheblich zu reduzieren.

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