Ware geht nach Widerruf verloren: Wer haftet?
Nicht selten kommt es vor, dass Artikel auf dem Versandweg verschwinden. Geht das Paket eines Kunden nach dem Widerruf bei der Rücksendung zum Verkäufer verloren, stellt sich die Frage: Wer trägt den Schaden? Muss der Verbraucher Wertersatz für den verlorenen Artikel leisten oder bleibt der Händler am Ende auf dem Schaden sitzen?
Inhaltsverzeichnis
- The winner takes it all
- Unternehmer trägt Risiko des Verlusts
- 1.) Grundsatz: Händler trägt Rücksendegefahr
- 2.) Kostentragung nur bei Nachweis der Rücksendung
- 3.) Gefahrtragung nur bei Wahl angemessener Rückversandmethode
- Ansprüche gegenüber dem Versanddienstleister bei Verlust auf Versandweg
- Fazit
- Muster: Schadensersatzanspruch gegen Versanddienstleister
The winner takes it all
Zu der Problematik zunächst folgendes Fallbeispiel:
Ein Verbraucher bestellt bei einem Online-Versand ein Fußballtrikot seines Lieblingsvereins.
Nachdem ihm das Trikot zugeschickt wurde, steigt der Verein in die zweite Liga ab. Der Verbraucher möchte alle Andenken an seinen Ex-Lieblingsverein vernichten und macht von seinem Fernabsatzwiderrufsrecht Gebrauch. Wie mit dem Händler vereinbart, sendet der Verbraucher das Päckchen per Post zurück an den Verkäufer. Dort kommt es allerdings nie an, da es auf mysteriöse Weise unterwegs verloren gegangen ist.
Unternehmer trägt Risiko des Verlusts
1.) Grundsatz: Händler trägt Rücksendegefahr
Nach § 355 Abs. 3 Satz 4 BGB trägt der Unternehmer das Risiko der Rücksendung einer Ware nach erfolgtem Widerruf.
Das bedeutet, dass der Verkäufer beim Verlust der Ware im Rahmen der Rücksendung
- weder den vom Käufer gezahlten Kaufpreis behalten darf,
- noch Wert- oder Schadensersatz geltend machen kann.
Dies folgt auch aus § 357 Abs. 7 BGB, der eine abschließende Regelung von Fällen enthält, in denen der Verbraucher Wertersatz im Rahmen des Widerrufs leisten muss. Eine Wertersatzpflicht im Falle des Verlusts der Ware im Zuge der Rücksendung ist darin nicht geregelt.
Der Händler ist also grundsätzlich verpflichtet, dem Käufer den bereits gezahlten Kaufpreis (nebst ursprünglicher Versandkosten, s. § 357 Abs. 2 BGB) vollständig zurückzuerstatten, wenn die Ware auf dem Rückversandweg beschädigt wird oder verloren geht.
2.) Kostentragung nur bei Nachweis der Rücksendung
Gemäß § 357 Abs. 4 BGB muss der Verbraucher jedoch im Zweifelsfall nachweisen, dass er die Ware tatsächlich bei der Post aufgegeben hat. Als Nachweis der Rücksendung kann dem Kunden regelmäßig ein entsprechender Einlieferungsbeleg dienen.
Allerdings muss der Verbraucher im Zweifelsfall nicht nur beweisen, dass er (irgend-)ein Paket versandt hat, sondern auch, dass das Paket die zurückzugewährende Kaufsache auch tatsächlich enthielt.
Viele Versandhändler registrieren bei Einlieferung das Paketgewicht und koppeln dieses mit der jeweiligen Sendungsnummer so, dass über den Einlieferungsbeleg unter Nachvollziehung des Gewichts auch das Enthaltensein des Artikels bewiesen werden kann.
Wird ein Paketgewicht allerdings mit der Einlieferung nicht registriert und kommt etwa ein leeres Paket beim Händler an, so kann der Verbraucher durch den bloßen Beleg nicht hinreichend beweisen, dass das abgesandte Paket auch die Ware enthielt.
Hier muss er im Streitfall auf andere Beweismittel, etwa Zeugen aus dem Familienbereich oder aus dem Mitarbeiterkreis des Versanddienstleisters benennen, die beweisen können, dass die Ware im Paket verbracht wurde oder dem Gewicht nach darin enthalten gewesen sein muss.
Kann der Kunde einen hinreichend Nachweis über die Absendung des Pakets mitsamt der Ware nicht erbringen, bleibt er letztlich auf dem Schaden sitzen. Der Verkäufer kann dann den bereits gezahlten Kaufpreis einbehalten.
3.) Gefahrtragung nur bei Wahl angemessener Rückversandmethode
Die Gefahrtragung des Händlers auf dem Rückversandweg gilt aber grundsätzlich nur dann, wenn der Verlust der Ware auf das Risiko des Transports an sich zurückzuführen und nicht vom rücksendenden Verbraucher (mit) zu verantworten ist.
Eine Verantwortlichkeit des Verbrauchers kommt etwa in Betracht, wenn dieser eine für die Maße oder den Wert der Kaufsache unangemessene Rücksendemethode wählt (etwa ein nicht vollständig verschließbares oder nicht reißfestes Versandbehältnis).
Was bei Wahl einer risikobehafteten Rückversandmethode gilt, zeigen wir nebst Reaktionsmuster für Mandanten in diesem Beitrag.
Ansprüche gegenüber dem Versanddienstleister bei Verlust auf Versandweg
Zwar trägt der Händler ab Übergabe der Ware beim Versanddienstleister grundsätzlich das Transportrisiko und kann sich bei Verlust nicht an den Verbraucher halten (s.o.). Ihm steht in diesen Fällen allerdings ein Ersatzanspruch gegen das Transportunternehmen aus § 421 Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) zu.
Diese Anspruchsgrundlage gestattet dem Empfänger einer Sendung, Ansprüche aus Beschädigung oder Verlust im eigenen Namen gegen das Versandunternehmen geltend zu machen, auch wenn der Transportvertrag eigentlich nur zwischen dem absendenden Verbraucher und dem Versanddienstleister zustande gekommen ist.
Will der Händler Ersatzansprüche dieser Form geltend machen, sollte er den Verbraucher unbedingt um Zusendung einer Kopie des Einlieferungsbeleges bitten und gleichzeitig etwaige Transportschäden bei Paketeingang unverzüglich (fotographisch) dokumentieren.
Fazit
Geht die Ware bei erfolgter Rücksendung zum Verkäufer nach dem Widerruf des Verbrauchers auf dem Versandweg verloren, so trägt hierfür der Händler grundsätzlich das Risiko. Er kann sich in diesem Fall aber an das Transportunternehmen halten und Ersatz für den Verlust verlangen.
Hiervon zu unterscheiden sind aber (vorgelagerte) Konstellationen, in denen der Händler nicht sicher ist, ob der Verbraucher die Ware tatsächlich versandt hat (etwa bei Eingang eines leeren Pakets beim Verkäufer). Hier kann der Händler dem Verbraucher einen hinreichenden Nachweis darüber abverlangen, dass er die Ware tatsächlich auch beim Versandunternehmen eingeliefert hat. Kann der Kunde diesen Nachweis nicht erbringen, bleibt er letztlich auf dem Schaden sitzen.
Muster: Schadensersatzanspruch gegen Versanddienstleister
Wir stellen das Muster "Schadensersatz bei Paketverlust/-beschädigung nach Widerruf" bereit.
Dieses Muster kann verwendet werden, wenn die Kaufsache auf dem Rücksendeweg nach einem Verbraucherwiderruf in der Sphäre des Transportunternehmens beschädigt wird oder untergeht.
Das Muster ist für Mandanten hier abrufbar.
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36 Kommentare
Jetzt habe ich einen völligen anderen Artikel bekommen und reklamiert.
Nun soll ich die Ware nach Hongkong auf eigene Kosten zurücksenden (ist leider so in den AGB beschrieben) für ca 30,00 EUR zurücksenden.
Die Rückzahlung wird dann mit einem QR Code erstattet, mi dem man dann im Shop einkaufen kann.
Für mich ist das eine reine Abzocke.
Wir haben nach einem Einlieferungsbeleg gefragt oder eine sendungsnummer da bei uns noch nichts ankam. Sie kann nichts nachweisen und fragt uns ob wir das bei allen nicht versicherten Retouren so machen würden. Wer haftet hier?
Muss der Käufer die Versandmarke des Händlers für die Retoure benutzen, oder seine eigens bezahlte?
In meinem Fall versucht der Händler zu argumentieren, dass ich die Retoure mit DHL auf eigene Kosten zurückgesendet habe und ich Vertragspartner von DHL bin. Der Händler kann so angeblich keine Schadenersatzansprüche gegen DHL mehr geltend machen und ich erhalte vom Händler mein Geld nicht zurück.
Er will, dass ich eine Abtretungserklärung unterzeichne. Das würde aber bedeuten, dass ich meine Rechte und die Forderung auf Schadenersatz verliere. D.h. der Händler könnte den Schadenersatz einbehalten und ich stünde trotzdem mit leeren Händen da, oder?
Wenn die Ware laut Kunde verloren gegangen ist....was ich manchmal stark bezweifle...aber darf ich als Händler nachbessern und die Ware noch mal versenden,weil die Ware lagernd ist,oder bin ich wirklich verpflichtet das Geld zu erstatten und darf die Ware nicht nochmal verschicken....
MfG
Würde mich über eine Antwort sehr freuen.
Vielen Dank vorab.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Bosse
ich habe ein elektrisches Gerät gekauft und es innerhalb der 14 Tagen widerruft. Der Händler hat mir ein Label zugesendet somit habe ich die Ware transportsicher verpackt und beim Paket-Shop abgeben. Jetzt habe ich eine Mai vom Händel erhalten wo ein Foto vom Gerät ist, was defekt ist. Bei mir war das ganze noch voll und ganz?
Kriege ich trotzdem den vollen Preis zurück???
Wenn der Absender die Retoure über Packtation versendet hat, und die Sendung auch angekommen ist aber der Händler das Gegenteil behauptet.
Glaube eine Packstation hat Haftungsregelungen die öffentlich so nicht nach aussen kommuniziert werden ?
Händler Versand nur EU Länder.
Widerruf eingehalten 14 Tage - Ware retourniert aus CH und hängt am Zoll fest.
Händler will nicht zum Zoll ;)
Darf eine Retoure aus einen Land gesendet werden, in welches NICHT vom Händler verschickt wird? Finde in keinen Rechtstexten einen Hinweis dazu. Hiermit wäre mir sehr geholfen ...
Vielen Dank und einen schönen Tag Ihnen!
Gruß
Marcus
ich habe ein Handy für meiner Frau gekauft. Jedoch haben wir entschieden, den Wiederruf gebraucht zu machen und haben ein Retourschein vom Verkäufer gekriegt. Nun sagt der Verkäufer, die Ware ist während der Rücksendung entwendet worden. Er hat Anzeige bei der Polizei gegen Unbekannte erstattet. Er rät mir auch zur Polizei zu gehen. Das Geld will er nicht zurück zahlen. Ebay/Paypal sagt, er hat als erstes Anzeige erstattet, daher haben Sie dem Verkäufer recht gegeben. Schadenersatz von DHL kann ich nicht fordern, da ich die Rücksendung nicht bezahlt hab.
Was kann ich als nächstes tun? Anzeige gegen Verkäufer? Rechtanwalt holen "leider kein Rechtschutz"
Gruß
Nuyen
ich habe einen Schaden an meinem Handy bei einer Versicherung geltend gemacht. Diese hat den Vorgang bei einem Gutachter (E.Via Schadenmanagement GmbH) weitergeleitet.
Nachdem ich nun den Hergang in Form eines Fragebogens online übermittelt habe, konnte ich den Versandaufkleber (Retourensendung) ausdrucken. Ich packte das defekte Handy ein und brachte es zu einer Postfiliale. nach gut 4 Werktagen ist in der Sendungsverfolgung immer noch der Abgabestatus hinterlegt und E.via hat auch kein Handy erhalten. Frage: Wer haftet i.d.R. bei solch einer Sendung, kein Widerruf?
Herzlichen Dank
Ich bin mal gespannt wie das ganzen mit Amazon nun ausgeht. Ich bin nicht bereit den Schaden für den Verlust zu tragen.
Grundsätzlich ist es doch unerheblich, ob und wie versichert war, korrekt?
ich habe ein Paket zurückgeschickt, laut Händler ist das Paket leer angekommen. Nach einer Nachforschung von DHL wurde festgestellt, dass das Paket ein zu niedriges Gewicht hatte und deswegen wird mir der Betrag nicht erstattet. Den Retourebeleg den ich erhalten habe, ist kein Gewicht vermerkt und das Paket wurde vor mir nicht gewogen. Was kann ich tun ?
Nun habe ich eine Zahlungserinnerung von einem externen Dienstleister erhalten, dass ich im Verzug sei, die ausstehende Rechnung zu begleichen?
Wer trägt in diesem Fall die Kosten? Muss ich auf die Zahlungserinnerungen inkl. Mahnung reagieren?
Vielen Dank für Ihre Beurteilung!
In unserem Fall war das so, dass ein Kunde eine Lupe zurück geben wollte. Im Paket war nur die original-Hülle der Lupe, die Lupe selbst aber nicht.
Das Päckchen kam hier unbeschädigt an, so dass wir auch nicht feststellen können, ob das unterwegs geöffnet wurde oder der Kunde einfach nur einen leeren Karton schickte. Bei dem geringen Gewicht der Lupe ist das von außen auch so nicht festzustellen ob das Paket leer ist oder nicht.
Eine Sendenummer, Portokosten und das Datum?
Oder nur Portokosten und Datum?
Wie ist es möglich, anhand des Belegs, eine eindeutige Zuordnung zu der entsprechenden Rücksendung zu ermöglichen?
Folgendes ist mir passiert.
Ich habe zwei Smartphones zurückgesendet. Das Paket kam bei Anbieter jedoch leer an. Ich konnte mit Belegen nachweisen, dass ich die Ware ordnungsgemäß versendet habe. Nun bat mich der Anbieter eine Verlustmeldung innerhalt von 7 Tagen auszufüllen, was ich aber wegen Aufenthalt im Ausland beruflich nicht konnte. Habe sie also nachgereicht. Nur wird mit gesagt, die Verlustmeldung kam zu spät und ich soll nun den vollen Betrag der beiden Geräte begleichen. 1200 Euro !! Das kann doch nicht sein ! Und warum muss ich eine Verlustmeldung ausfüllen ? Mir ist ja kein Verlust entstanden, ich habe ja alles ordnungsgemäß versendet.
Wie kann ich weiter vorgehen?
Denn das Päckchen ist zum anderen nicht versichert und zum anderen bekommt man keinen einliferungsbeleg! Zumindest wenn man es im Paketshop abgibt. Das kann man wiederum ganz elegant umgehen, wenn man das Päckchen beim DHL boten (der gerade der Nachbarin ihre neuen Schuhe bringt) abgibt. Dann hat man zwar einen Beleg, aber trotz der fehlenden Versicherung.... Doof oder? Ausserdem sind Päckchen nicht trackbar, somit haftet die eBay Käufer Garantie, im übrigen auch nicht.
Sehr spannendes Thema. Hab da schon viel Spaß mit eBay gehabt (zumindest als privat Verkäufer).