EU-Recht: Registrierungspflicht und Meldepflicht von Lebensmittelhändlern
Lebensmittelhändler haben sich gemäß EU-Verordnung Nr- 852/2004 behördlich registrieren zu lassen und wesentliche betriebliche Änderungen der jeweils zuständigen Behörde mitzuteilen. Die Registrierungs- und Meldepflicht betrifft auch Online-Händler, die Lebensmittel ausschließlich über das Internet vertreiben. Bei bereits erfolgter Gewerbemeldung entfällt jedoch die Pflicht, sich gesondert registrieren zu lassen. Lesen Sie zum Thema die aktuellen FAQ der IT-Recht Kanzlei.
I. Vorab: Begriffserläuterungen
Frage: Was ist ein „Betrieb“?
Ein „Betrieb“ ist jede Einheit eines Lebensmittelunternehmens (vgl. Artikel 2 Absatz 1 Nr. c der EG-Verordnung Nr. 852/2004).
Frage: Was sind „Lebensmittel“?
„Lebensmittel“ sind alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.
Zu „Lebensmitteln“ zählen auch Getränke, Kaugummi sowie alle Stoffe — einschließlich Wasser —, die dem Lebensmittel bei seiner Herstellung oder Ver- oder Bearbeitung absichtlich zugesetzt werden. Wasser zählt hierzu unbeschadet der Anforderungen der Richtlinien 80/778/EWG und 98/83/EG ab der Stelle der Einhaltung im Sinne des Artikels 6 der Richtlinie98/83/EG (vgl. Artikel 2 Absatz 1 und 2 der EG-Verordnung Nr. 178/2002).
In dem Zusammenhang weist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit auf Folgendes hin:
„Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Lebensmittel sind ebenfalls Lebensmittel, auch wenn es hinsichtlich der Verwendung bestimmter Stoffe zu Überschneidungen mit dem Arzneimittelbereich kommen kann. Das Gemeinschaftsrecht schließt die Arzneimittel vom Lebensmittelbegriff aus, d. h. ein Erzeugnis kann nicht beides sein. Ausgangspunkt für eine Abgrenzung ist dabei die gemeinschaftsrechtliche Definition der Arzneimittel.“
Frage: Was sind „Lebensmittelunternehmen“?
Lebensmittelunternehmen“ sind alle Unternehmen, gleichgültig, ob sie auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind oder nicht und ob sie öffentlich oder privat sind, die eine mit der Produktion, der Verarbeitung und dem Vertrieb von Lebensmitteln zusammenhängende Tätigkeit ausführen (vgl. Artikel 3 Nr. 2 der EG-Verordnung Nr. 178/2002).
Frage: Was sind „Lebensmittelunternehmer“?
„Lebensmittelunternehmer“ die natürlichen oder juristischen Personen, die dafür verantwortlich sind, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts in dem ihrer Kontrolle unterstehenden Lebensmittelunternehmen erfüllt werden (vgl. Artikel 3 Nr. 3 der EG-Verordnung Nr. 178/2002).
II. Zur Registrierungs- und Meldepflicht der Lebensmittelunternehmer
Frage: Was ist Rechtsgrundlage für die Registrierungspflicht von Lebensmittelunternehmen?
Gemäß Art. 6 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene hat jeder Lebensmittelunternehmer seine(n) Betrieb(e) bei der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde zur Registrierung anzuzeigen.
Frage: Was ist Sinn der Registrierungspflicht?
Hierzu heißt es im Leitfaden für die Durchführung einzelner Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 852/2004:
„Durch die Eintragung (Registrierung) sollen die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten einen Überblick über Tätigkeitsort und -art der Betriebe erlangen, so dass amtliche Kontrollen durchgeführt werden können, wann immer dies von der nationalen zuständigen Behörde für erforderlich gehalten wird.“
Frage: Wer muss sich registrieren lassen?
Die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 5 verpflichtet alle Lebensmittelunternehmer, die auf einer der Stufen der Produktion, der Verarbeitung oder des Vertriebs von Lebensmitteln tätig sind, der entsprechenden zuständigen Behörde die Betriebe zwecks Eintragung zu melden. Auch sind wichtige Veränderungen bestehender Betriebe durch den Lebensmittelunternehmer der Behörde zu melden.
Wichtige Veränderungen sind beispielsweise:
- Neuanmeldung eines Lebensmittelunternehmens
- Schließung eines Lebensmittelunternehmens
- Änderung der Personen- oder Adressdaten des Lebensmittelunternehmers
- Änderung von Bezeichnung oder Adresse des Betriebes
- Änderung der Betriebsart/Tätigkeit
- Änderung des Produktsortiments
In dem Zusammenhang heißt es im Leitfaden der Kreisverwaltung Rhein-Land:
„Dieser Pflicht unterliegen Betriebsinhaber auf allen Stufen der Herstellung, Verarbeitung und des Handels, vom landwirtschaftlichen Betrieb über Gaststätten bis zur mobilen Imbisseinrichtung. Auch Betriebe, die Lebensmittel nur als Beisortiment führen, wie z.B. Tankstellen, Apotheken, Kosmetik- und Friseursalons, Drogerien und Fitnessstudios, fallen unter diese Regelung ebenso wie Einrichtungen, die nur für begrenzte Zeit betrieben werden, wie z.B. auf Volksfesten, Vereinsfesten, Märkten u.ä. Zu den Lebensmittelunternehmern zählen auch Hersteller und Inverkehrbringer von Bedarfsgegenständen und Kosmetika. (§ 3 Abs. 1 des Lebensmittel- u. Futtermittelgesetzes vom 1.9.05 (BGBl. I S. 2618)“
Frage: Unterliegen auch Online-Händler der Registrierungspflicht?
Ja, auch Unternehmen die Lebensmittel im Internet zum Verkauf anbieten fallen unter die Definition des Lebensmittelunternehmers.
Frage: Muss sich ein Lebensmittelunternehmen bei bereits erfolgter Gewerbeanmeldung neu registrieren?
Zur Meldung verpflichtet ist ausschließlich derjenige Lebensmittelunternehmer, der noch nicht bei der zuständigen Behörde erfasst ist oder wenn sich Änderungen zu den erfassten Daten ergeben.
Sofern eine nach Gewerberecht vorgeschriebene Gewerbeanmeldung bei der örtlichen Kommune erfolgt ist, (..) ist eine nochmalige Meldung ist dann nicht mehr erforderlich. (Quelle: Leitfaden des Rheinisch Bergischen Kreises)
Dies wird im Leitfaden des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit bestätigt:
„Zur Meldung verpflichtet ist jeder registrierungspflichtige Lebensmittelunternehmer soweit er noch nicht bei der zuständigen Behörde erfasst ist oder wenn sich Änderungen zu den erfassten Daten ergeben. Als Meldung gilt auch die Gewerbe-Anmeldung (…)“
Es gilt also: Sofern bereits eine aktuelle Gewerbemeldung vorliegt, benötigen Lebensmittelunternehmen keine weitere Registrierung!
Frage: Wie kann man sich registrieren lassen?
Die Registrierung erfolgt bei der örtlich zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde. Jeder registrierungspflichtige Lebensmittelunternehmer, der noch nicht bei der zuständigen Behörde erfasst ist oder bei dem sich Änderungen in den erfassten Daten ergeben, ist verpflichtet sich dort zu melden. Besteht ein Lebensmittelunternehmen aus mehreren Betriebsstätten, ist jede Betriebsstätte anzumelden. Für die Lebensmittelüberwachung zuständige Behörden gibt es in jedem Kreis bzw. jeder kreisfreien Stadt.
Achtung: Nahrungsergänzungsmittel müssen vor dem ersten Inverkehrbringen zusätzlich beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) angezeigt werden. Dasselbe gilt für diätetische Lebensmittel, die nicht zu einer der Gruppen der Anlage 8 der Diätverordnung (DiätV) gehören, diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) sowie Säuglingsanfangsnahrung (die für die besondere Ernährung von Säuglingen während der ersten Lebensmonate bestimmt ist und für sich allein den Ernährungserfordernissen von Säuglingen bis zur Einführung der Beikost entspricht).
Frage: Welche Daten müssen bei Registrierung gemeldet werden?
Dazu gehören:
- Bezeichnung und Adresse der Betriebsstätte und ggf. weiterer Betriebsstätten,
- Personen- und Kontaktdaten des verantwortlichen Lebensmittelunternehmers,
- Betriebsart / Tätigkeit (allg. Beschreibung, z.B. Getränkehersteller, Hofladen, Pizza-Service),
- Angaben zum Produktsortiment (Warengruppen),
- Angaben zur Vornutzung der Betriebsstätte
Frage: In welchen Fällen entfällt die Registrierungspflicht?
Die Registrierungspflicht gilt gemäß Artikel 2 Absatz 2 der EG-Verordnung Nr. 852/2004 nicht für
- die Primärproduktion für den privaten häuslichen Gebrauch;
- die häusliche Verarbeitung, Handhabung oder Lagerung von Lebensmitteln zum häuslichen privaten Verbrauch
- die direkte Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher oder an lokale Einzelhandelsgeschäfte, die die Erzeugnisse unmittelbar an den Endverbraucher abgeben.
- Sammelstellen und Gerbereien, die ausschließlich deshalb unter die Definition "Lebensmittelunternehmen" fallen, weil sie mit Rohstoffen für die Herstellung von Gelatine oder Kollagen umgehen.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.
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1 Kommentar
vielen Dank für diesen ausführlichen Artikel.
Wir sind als Großhändler in der Gesundheitsbranche (B2B) tätig und möchten nun gerne als Lebensmittelmakler tätig werden. Es stells sich uns die Frage, ob es sinnvoller wäre, den Gewerbeschein um die Tätigkeit Lebensmittelmakler (online) zu ergänzen oder eine Registrierung als Lebensmittelunternehmen durchzuführen.
Haben Sie damit Erfahrung? Welche Konsequenzen ergeben sich denn aus der Gewerbescheinänderung bzw. aus der Registrierung?
Vielen Dank und herzliche Grüße
Jasmin Becker