Online- und Offline-Vertrieb: Rechtliche Unterschiede für Händler
Viele Händler kombinieren heute Online-Shop, Ladengeschäft und persönliche Beratung. Doch je nach Art des Vertragsschlusses gelten unterschiedliche Informationspflichten und Widerrufsrechte.
Inhaltsverzeichnis
Je nachdem, wie und wo der Vertrag zustande kommt, greifen unterschiedliche verbraucherschützende Regelungen.
Insbesondere die Einordnung
- als Fernabsatzvertrag,
- als stationärer Kauf oder
- als außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag
hat erhebliche Auswirkungen auf Informationspflichten und das Bestehen eines gesetzlichen Widerrufsrechts.
Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die maßgeblichen rechtlichen Rahmenbedingungen typischer Vertriebssituationen.
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Kunde bestellt online und holt die Ware im Ladengeschäft des Händlers ab
Bestellt ein Kunde eine Ware über den Online-Shop des Händlers und vereinbart dabei, dass die Abholung im stationären Ladengeschäft erfolgt, handelt es sich rechtlich um einen Fernabsatzvertrag, sofern der Kunde als Verbraucher handelt.
Entscheidend ist hierbei nicht der Ort der Übergabe der Ware, sondern die Art des Vertragsschlusses.
Fernabsatzverträge liegen immer dann vor, wenn für Vertragsverhandlungen und Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet werden. Hierzu zählen unter anderem Websites, E-Mails, Telefonate oder sonstige elektronische Kommunikationsmittel.
Die spätere Abholung im Ladengeschäft ändert an dieser rechtlichen Einordnung nichts.
Rechtsfolge
In dieser Konstellation treffen den Händler die umfangreichen gesetzlichen Informationspflichten des Fernabsatzrechts. Zudem steht dem Verbraucher ein gesetzliches Widerrufsrecht von 14 Tagen zu, über das er ordnungsgemäß belehrt werden muss.
Macht der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch, ist der Unternehmer verpflichtet, den Kaufpreis unter Verwendung desselben Zahlungsmittels zu erstatten, das der Verbraucher bei der Zahlung eingesetzt hat. Wurde der Kaufpreis beispielsweise per PayPal gezahlt, darf die Rückerstattung nicht bar im Ladengeschäft erfolgen, sondern muss ebenfalls über PayPal abgewickelt werden – es sei denn, es wird ausdrücklich etwas anderes vereinbart.
Der gesetzgeberische Hintergrund dieser Regelung liegt im besonderen Schutzbedürfnis des Verbrauchers. Dieser soll vor vorschnellen Kaufentscheidungen geschützt werden, da er die Ware bei Vertragsschluss regelmäßig noch nicht prüfen konnte.
Dieser Schutz greift auch dann, wenn der Verbraucher die Ware später im Ladengeschäft abholt, da er zu diesem Zeitpunkt bereits vertraglich gebunden ist.
Kunde informiert sich online, Vertragsschluss erfolgt im Ladengeschäft
Anders stellt sich die Rechtslage dar, wenn der Kunde die Ware zwar zunächst online betrachtet, den Kaufvertrag jedoch erst im stationären Ladengeschäft abschließt.
In diesem Fall liegt kein Fernabsatzvertrag vor, da der Vertrag nicht ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande kommt.
Rechtsfolge
In dieser Konstellation steht dem Verbraucher kein gesetzliches Widerrufsrecht zu. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der Verbraucher die Ware vor Vertragsschluss im Ladengeschäft prüfen und sich persönlich beraten lassen kann, sodass kein vergleichbares Schutzbedürfnis besteht.
Ein Umtausch- oder Rückgaberecht besteht ebenfalls nicht kraft Gesetzes.
Entgegen einer weit verbreiteten Verbrauchererwartung kann ein solcher Anspruch nur entstehen, wenn der Händler dem Kunden freiwillig und aus Kulanz ein entsprechendes Recht einräumt. Ohne eine solche Zusage bleibt der Kaufvertrag verbindlich.
Persönliche Beratung beim Kunden zu Hause oder am Arbeitsplatz
In der Praxis zwar nicht so häufig vorkommend, in einigen Geschäftsbereichen aber durchaus üblich ist der Fall, dass der Händler den Kunden selbst oder durch einen von ihm beauftragten Mitarbeiter persönlich beim Kunden an dessen Wohnort oder an dessen Arbeitsstätte berät und ggf. auch dort den Vertrag mit dem Kunden abschließt.
Das Gesetz spricht in diesen Fällen von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, wenn der Kunde dabei als Verbraucher handelt.
Hierunter fallen unter anderem Verträge,
- die außerhalb der Geschäftsräume bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit geschlossen werden,
- bei denen der Verbraucher außerhalb der Geschäftsräume ein verbindliches Angebot abgibt,
- oder bei denen der Verbraucher zuvor außerhalb der Geschäftsräume persönlich angesprochen wurde und der Vertrag später geschlossen wird.
Rechtsfolge
In dieser Fallgestaltung treffen den Unternehmer weitreichende Informationspflichten, die in ihrem Umfang mit denen des Fernabsatzrechts vergleichbar sind. Zudem steht dem Verbraucher ebenfalls ein gesetzliches Widerrufsrecht zu.
Darüber hinaus ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher unverzüglich eine Vertragsabschrift oder Vertragsbestätigung zur Verfügung zu stellen, aus der der wesentliche Vertragsinhalt hervorgeht. Diese muss grundsätzlich auf Papier erfolgen, kann mit Zustimmung des Verbrauchers jedoch auch auf einem anderen dauerhaften Datenträger bereitgestellt werden.
Auch hier liegt der Fokus des Gesetzgebers auf dem besonderen Schutz des Verbrauchers, der sich in einer ungewohnten Vertragssituation befindet und möglicherweise unter Entscheidungsdruck steht.
Fazit
Die rechtlichen Anforderungen im Multichannel-Vertrieb hängen maßgeblich davon ab, auf welchem Weg der Vertrag tatsächlich zustande kommt. Für Händler ist dabei weniger entscheidend, wo die Ware übergeben oder bezahlt wird, sondern ob der Vertrag ausschließlich über Fernkommunikationsmittel, im Ladengeschäft oder außerhalb der eigenen Geschäftsräume geschlossen wird.
Gerade diese Abgrenzung ist in der Praxis fehleranfällig und wird häufig unterschätzt. Wird ein Vertrag rechtlich als Fernabsatz- oder als außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag eingeordnet, gehen damit umfangreiche Informationspflichten und ein gesetzliches Widerrufsrecht einher. Umgekehrt besteht beim klassischen stationären Kauf weder ein Widerrufs- noch ein gesetzliches Rückgaberecht.
Für Händler bedeutet dies, dass Vertriebsabläufe, Beratungsprozesse und Vertragsunterlagen konsequent aufeinander abgestimmt sein müssen. Nur so lässt sich sicherstellen, dass Verbraucher korrekt belehrt werden und Widerrufsfristen ordnungsgemäß in Gang gesetzt werden.
Fehler an dieser Stelle können nicht nur zu verlängerten Widerrufsrechten, sondern auch zu wettbewerbsrechtlichen Risiken führen.
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