Hinweisbeschluss des OLG Hamm: Erneute Anlage einer Produktbeschreibung bei Amazon mit neuer ASIN wettbewerbswidrig?!

Hinweisbeschluss des OLG Hamm: Erneute Anlage einer Produktbeschreibung bei Amazon mit neuer ASIN wettbewerbswidrig?!
von Evangelos Krachtis
09.12.2016 | Lesezeit: 5 min

Das Grundprinzip des Amazon „Marketplace“ bietet Amazon-Händlern die Möglichkeit, durch „Anhängen“ an bereits bestehende Waren, einzelne Angebote zusammenzuführen. Dadurch steigert sich für Kaufinteressenten die Attraktivität des „Marketplace“, da dieser es den Interessenten ermöglicht, auf diesem Wege die Preise und Konditionen der einzelnen Händler für ein bestimmtes Angebot ohne Weiteres vergleichen zu können. In einem aktuellen Hinweisbeschluss hat nun das OLG Hamm (Beschluss vom 20.10.2016, Az.: I-4 O 80/16) die Rechtsansicht geäußert, dass die Neuanlage einer weiteren Artikeldetailseite für ein bereits über eine Artikeldetailseite auf der Internetplattform Amazon angebotenes Produkt unzulässig sei, lesen Sie mehr hierzu.

I. Der Sachverhalt

Amazon hält in seinen Richtlinien die nachstehende Aufforderung an die Händler vor:

"Es ist nicht erlaubt, eine Produktdetailseite für ein Produkt anzulegen, das bereits im Amazon.de-Katalog enthalten ist."

Jedoch ist es aufgrund der Gefahren, die das aktuelle Amazon-Grundprinzip für Online-Händler mit sich bringt, logische Konsequenz, dass sich die Veräußerer nach Alternativen umschauen. Für Online-Händler wäre das erneute Anlegen einer ASIN (Amazon Standard Identification Number) bei einem Produkt, welches bereits im Warenkatalog vorhanden ist, angesichts der aktuelllen „Anhänge-Problematik“ lediglich vorteilhaft. Im Moment besteht für die Veräußerer nämlich folgende Unsicherheit:

Zum einen haftet jeder angehängte Online-Händler auf Unterlassung gem. § 8 UWG, für den Fall, dass sich zum Zeitpunkt des Anhängens an eine Ware auf der Artikelseite wettbewerbswidrige Inhalte befinden. Dies gilt zum anderen aber auch für Änderungen, die sich erst nach dem Zeitpunkt des Anhängens ergeben, etwa, weil ein Händler eine Änderung der Artikelbeschreibung veranlasst.

Solche nachträgliche Änderungen werden den angehängten Händlern nicht mitgeteilt, sodass ihre Angebote unbemerkt wettbewerbswidrig werden (der BGH hatte diesbezüglich mit Urteil vom 03.03.0216, Az.: I ZR 110/15 festgehalten, dass ein Online-Händler für UWG-Fehler des angehängten Amazon-Angebotes, die von Amazon oder Dritten verursacht wurden, haftet).

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Um Abmahnungen und einstweilige Verfügungen auf Unterlassung zu vermeiden, sind die Online-Händler auf der Plattform Amazon dazu verpflichtet, ihre Angeboten ständig im Auge zu behalten und auf ihre Rechtskonformität hin zu prüfen. In Anbetracht der Menge der angebotenen Produkte verursacht dieser Prozess für einen Großteil derOnline-Händler jedoch eine schwerwiegende und kostenintensive, nahezu unzumutbare Belastung.

Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte versucht, diese permanente Kontrollpflicht zu umgehen, indem eine neue ASIN und Artikelbeschriebung für ein bereits vorhandenes Produkt erstellt worden ist.

II. Hinweisbeschluss des Gerichts

Die erstinstanzliche Ansicht des Landgericht Bochum (Urteil vom 23.02.2016, Az.: I-12 O 191/15), wonach diese Gestaltung keine wettbewerbsrechtlich relevante Irrführung der Verbraucher begründe, wurde vom OLG Hamm nicht geteilt.

Im Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts heißt es nämlich hierzu:

"Durch die Neuanlage einer weiteren Artikeldetailseite für ein bereits über eine Artikeldetailseite auf der Internetplattform Amazon angebotenes Produkt hat die Beklagte bei den Betrachtern der neu angelegten Seite den unzutreffenden und damit auch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 UWG irreführenden Eindruck erweckt, sie sei die einzige Anbieterin für dieses Produkt. Die Mitglieder des Senats können als Teil der angesprochenen Verkehrskreise dessen Verständnis der streitgegenständlichen Artikeldetailseite selbst beurteilen. Die Nutzer der Internetplattform Amazon, zumindest aber ein nicht unerheblicher Teil dieser Nutzer gehen davon aus, dass Amazon für jedes Produkt nur eine Artikeldetailseite bereit hält und dementsprechend alle Anbieter dieses Produktes über die Artikeldetailseite aufzufinden sind."

Das Gericht sodann weiter:

"(...) Die Irreführung ist geeignet, den Betrachter der streitgegenständlichen Artikeldetailseite zu einem Geschäftsabschluss mit der Beklagten zu bewegen, ohne überhaupt nach (möglicherweise günstigeren) Angeboten anderer Anbieter zu suchen (…)."

Das OLG Hamm erachtet die Tatsache, der einzige Veräußerer eines bestimmten Produktes sein zu können, als Irreführung des Verbrauchers nach § 5 UWG und sieht diese Gestaltung des Angebots durch den Beklagten somit als wettbewerbswidrig an.

III. Das Fazit

Der oben zitierte Beschluss ist kein Urteil, sondern nur ein veröffentlichter Hinweisbeschluss im Rahmen eines Verfahren. Man kann jedoch davon ausgehen, dass das Oberlandesgericht sein Urteil voraussichtlich dem Hinweisbeschluss entsprechend fällen wird. Sollte es tatsächlich zu diesem Urteil kommen, steigt die Gefahr einer Abmahnung für Amazon-Händler erheblich.

Tipp der IT-Recht Kanzlei: Wir raten Amazon-Händlern von der Neuanlage einer Artikeldetailseite für ein bereits über eine Artikeldetailseite auf der Plattform Amazon angebotenes Produkt dringend ab. Wenn Händler sich an bestehende Angebote angehängt haben oder erstmalig anhängen möchten, muss kontrolliert werden, ob es zu dem Produkt eventuell mehrere Artikelanlagen gibt und - falls dies der Fall sein sollte - sich an die älteste Artikelanlage anhängen.

Wir werden Sie selbstverständlich über jede Neuigkeit auf dem Laufenden halten.

IV. Professionelle Amazon-AGB, Wiederrufsbelehrung & Co. der IT-Recht Kanzlei

Die IT-Recht Kanzlei bietet Online-Händlern, die Waren über Amazon vertreiben, eine Widerrufsbelehrung mit AGB und Datenschutzerklärung im Paket für folgende Länder an:

Hinweis: Sie möchten rechtssicher auf dem Marketplace von Amazon handeln? Gerne stellen wir Ihnen unsere Rechtstexte für Amazon.de, Amazon.co.uk, Amazon.it und Amazon.es zur Verfügung. Informieren Sie sich hier.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

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