OLG Hamburg: DSGVO-Verstöße sind wettbewerbsrechtlich abmahnbar
Und wieder eine neue Entscheidung zur Abmahnbarkeit von DSGVO-Verstößen: Das OLG Hamburg hat in einer neuen Entscheidung festgestellt, dass Verstöße gegen die DSGVO als Wettbewerbsverstöße abmahnbar seien. Zuvor hatte auch schon das LG Würzburg die Auffassung vertreten, dass derartige Verstöße abmahnbar sein können. Das LG Bochum hatte gegenteilig entschieden und hält Verstöße gegen die DSGVO nicht für abmahnbar. Wie das OLG Hamburg argumentierte und welche Konsequenzen hieraus zu ziehen sind, können Sie in unserem Beitrag nachlesen.
Inhaltsverzeichnis
Zur Frage der wettbewerbrechtlichen Abmahnbarkeit von Datenschutzverstößen gegen die DSGVO erfolgen mehr und mehr Entscheidungen deutscher Gerichte. Seit Inkrafttreten der DSGVO ist diese Frage sehr stark diskutiert. Das LG Würzburg hatte angenommen, dass Verstöße gegen die DSGVO auch per wettbewerbsrechtlicher Abmahnung verfolgt werden können. Das LG Bochum hielt eine Verfolgbarkeit grundsätzlich für ausgeschlossen.
Nunmehr hatte sich das OLG Hamburg als erstes höherinstanzliches Gericht mit der Frage beschäftigt gehabt und entschieden (Urteil vom 25.10.2018, Az.: 3 U 66/17), dass Verstöße gegen die DSGVO wettbewerbsrechtlich abmahnbar seien.
1. Was war im konkreten Fall geschehen?
Im konkreten Fall stritten zwei Pharma-Unternehmen über den wechselseitigen Verstoß gegen Datenschutzrecht. Gegenstand der Vorwürfe waren die verwendeten Therapeutika-Bestellbögen und der Streit darüber, ob eine wirksame Einwilligung der Patienten eingeholt worden war bzw. über eine zu erfolgende Pseudonymisierung von Patientendaten.
Das LG Hamburg hatte in erster Instanz entschieden (Urteil vom 02.03.2017, Az.: 327 O 148/16), dass eine Abmahnbarkeit der Datenschutzverstöße (nach altem Datenschutzrecht) bestehe, wenn es sich bei den gesetzlichen Vorschriften um sogenannte „Marktverhaltensregelungen“ handele.
In der Folge hatte nunmehr das Oberlandesgericht Hamburg in der Berufungsinstanz über die Angelegenheit zu befinden.
Hinweis: Seit dem Zeitpunkt der Geltung der Datenschutz-Gundverordnung (DSGVO) wird in juristischer Hinsicht gestritten, ob die Vorschriften der Art. 77 bis 84 DSGVO abschließend sind und damit wettbewerbsrechtliche (Unterlassungs-) Ansprüche (von Mitbewerbern) ausschließen.
Das OLG Hamburg ist der Ansicht gefolgt, dass die Vorschriften der Art. 77 bis 84 DSGVO nicht abschließend seien und damit kein abschließendes Sanktionssystem darstelle, das einer zivilrechtlich begründeten Verfolgung von Verletzungen der Datenschutzvorschriften durch Mitbewerber entgegenstünde.
Das Gericht zieht für seine Argumentation die Wortlautauslegung und die strukturelle Zusammenschau der neuen Vorschriften der DSGVO heran.
2. Konsequenz aus der Entscheidung des OLG Hamburg
Bislang sind sich die Gerichte und die juristische Literatur uneins über die Abmahnbarkeit von DSGVO-Verstößen. Augenblicklich stehen sich daher zwei Meinungslager gegenüber, wenn es um die Frage geht, ob Verstöße gegen die DSGVO wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden können. Jedoch sind gesetzliche Maßnahmen durch die Unionsfraktion im Bundestag angekündigt worden, wonach missbräuchliche Abmahnungen wegen vermeintlicher Verstöße gegen die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gestoppt werden sollen.
Derzeit gibt es auch auf Gesetzungsebene Bestrebungen ein Gesetz gegen den Abmahnmissbrauch auf den Weg zu bringen. Allerdings wird auch hier derzeit intensiv disktutiert, ob Verstöße gegen die DSGVO von der Abmahnbarkeit nach dem UWG ausgenommen werden sollen.
Darüber hinaus hatte auch der Freistaat Bayern einen eigenständigen Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung zivilrechtlicher Vorschriften an die Datenschutz-Grundverordnung im Bundesrat eingebracht, um Verstöße gegen die DSGVO vom Abmahnumfang des UWG auszunehmen.
Solange es keine verbindliche gesetzliche Regelung zur Abmahnbarkeit von DSGVO-Verstößen gibt, ist aufgrund des geltenden fliegenden Gerichtsstands bei Online-Verstößen zu befürchten, dass Abmahner Ihre Unterlassungsklagen dort anbringen werden, wo die Rechtsprechung eine Abmahnbarkeit von DSGVO-Verstößen bejaht - hierzu zählt nunmehr auch die Hansestadt Hamburg.
3. Wie sollten Online-Händler und Website-Betreiber nunmehr reagieren?
Nachdem die DSGVO seit dem 25.05.2018 Geltung beansprucht und sich die erste Aufregung gelegt hatte, ist es etwas stiller geworden um das Thema Datenschutz. Nachdem nun aber die ersten Gerichte mit wettbewerbsrechtlichen Verfahren zu DSGVO-Verstößen beschäftigt sind, kann gerade keine Entwarnung gegeben werden!
Online-Händler und Website-Betreiber sind mehr denn je aufgerufen, die Vorgaben der DSGVO umzusetzen, sofern das noch nicht geschehen ist.
Der Aktionsplan für Online-Händler und Website-Betreiber:
- Wichtiger Schritt-1: Bringen Sie Ihre Datenschutzerklärung(en) für Ihre Homepage auf den neusten DSGVO-Stand;
- Wichtiger Schritt-2: Bringen Sie Ihre Datenschutzerklärung(en) für Ihren Onlineshop auf den neusten DSGVO-Stand;
- Überprüfen Sie, ob Sie die Vorgaben zum E-Mail-Marketing einhalten;
- Kontaktformulare (bzw. die gesamte Internetseite, wenn ein Online-Shop vorliegt) sollten verschlüsselt werden;
- Überprüfen Sie, ob Sie die Anforderungen an die Gewährleistung der Datensicherheit und datenschutzfreundlicher Voreinstellungen einhalten;
- die Verwendung von (Standard-)Social-Media-Plugins sollte auf den Prüfstand gehoben werden;
- bestehende Verträge zur Auftragsverarbeitung mit Dienstleistern sollten überprüft und ggfls. aktualisiert werden;
Die vorstehende Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, es sollen hiermit nur die wichtigsten Punkte aufgezeigt werden, die von Internetseitenbetreibern angegangen werden sollten.
Es ist an der Zeit zu handeln!
Mehr Informationen zum Thema "DSGVO und zu ergreifende Maßnahmen" finden Sie in unserem Beitrag.
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