Markenverstoß: Zur Kennzeichnung von kompatiblem Zubehör
Zubehörhändler aufgepasst: Die Keyword-Nutzung fremder Marken ist zulässig, wenn das Zubehör klar als Fremdprodukt gekennzeichnet ist - so jedenfalls das OLG Düsseldorf in einem aktuellen Urteil.
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt - Keywordnutzung für me-too-Produkte
Die Klägerin ist Inhaberin der Unionswortmarke „B.“, eingetragen u. a. für Staubsaugerbeutel und -filter (Nizza-Klasse 07).
Die Beklagte vertreibt über den Online-Marktplatz D. Ersatz- und Zubehörbeutel für Staubsauger, die mit den Produkten der Klägerin kompatibel sind - sog. me-too-Produkte (Bei „Me-too-Produkten“ handelt es sich um kompatible Ersatz- oder Zubehörteile, die wie Originalprodukte passen, aber nicht vom Markeninhaber stammen).
Gibt ein Nutzer in die Suchmaske von D. den Begriff „B.“ ein, erscheinen ausschließlich Angebote der Beklagten – Originalprodukte der Klägerin werden nicht angezeigt. Ein Hinweis wie „0 Suchtreffer“ fehlt.
Die Klägerin sah darin eine unzulässige Nutzung ihrer Marke als Keyword und machte Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche geltend.
Das Landgericht Düsseldorf (Urt. v. 5. 4. 2024 – 2a O 172/23) wies die Klage ab; die Berufung blieb vor dem OLG Düsseldorf (Urteil vom 7. August 2025, Az. 20 U 73/24) Erfolg.
Entscheidung des Gerichts - keine markenmäßige Benutzung
Das Gericht wies die Klage ab, da es selbst bei einer unterstellten Keyword-Nutzung keine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke sah. Maßgeblich war hierfür, dass der durchschnittliche Verbraucher angesichts der klaren Produktkennzeichnung eindeutig erkennen konnte, dass es sich um kompatible Fremdprodukte handelt.
Keine markenmäßige Verwendung selbst bei unterstellter Keyword-Nutzung
Der Senat ließ offen, ob die Beklagte das Zeichen „B.“ tatsächlich als Keyword hinterlegt hatte.
Selbst wenn dies zugunsten der Klägerin unterstellt werde, fehle es an einer markenmäßigen Benutzung (im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. a UMV).
Eine Markenverletzung setze u.a. voraus, dass die Benutzung die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtige.
Dies sei nicht der Fall, weil der normal informierte Internetnutzer erkenne, dass die von der Beklagten angebotenen Produkte nicht vom Markeninhaber stammen - das Gericht hierzu:
"Der durchschnittlicher Privatverbraucher, der auf der Handesplattform D. mithilfe eines Suchbegriffs, der gleichzeitig eine Marke ist, nach einem Produkt sucht, geht zunächst grundsätzlich davon aus, dass ihm jedenfalls auch Produkte, die unter der Marke vertrieben werden, angezeigt werden. Er wird jedoch auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass die Markenartikel, die er sucht, bei der jeweiligen Handelsplattform gar nicht angeboten werden und ihm stattdessen ausschließlich Angebote anderer Hersteller angezeigt werden. Dies gilt jedenfalls in dem Fall, in dem der Privatverbraucher nach solchen Ersatzteilen bzw. Verbrauchsmaterialien sucht, von denen ihm bekannt ist, dass sie nicht nur vom Originalhersteller eines(Elektro-)Geräts angeboten werden, sondern ebenso zahlreiche sog. „me-too“-Produkte anderer Hersteller, die mit dem Gerät des Originalherstellers kompatibel sind, auf dem Markt existieren"
Deutliche Kennzeichnung mit „geeignet für … / kein Original“
Nach Auffassung des OLG Düsseldorf ergab sich die fehlende Herkunftstäuschung insbesondere aus der klaren Produktkennzeichnung.
Die Beklagte hatte ihre Angebote mit Hinweisen wie
"geeignet für Staubsauger B. XY
kein Original B."
versehen.
Diese Zusätze machte das Gericht maßgeblich dafür verantwortlich, dass der Verbraucher eindeutig erkennen könne, dass es sich um kompatible Fremdprodukte handele:
"Diese Erkenntnis wird er zum einen aus dem Umstand ableiten, dass die Beklagte die Beutel mit dem in der Überschrift gut sichtbar vorhandenen Hinweis „passend für A.“ anbietet. Die Angabe „passend für“ ist dem durchschnittlich verständigen Verbraucher, der Ersatzteile oder Verbrauchsmaterialien für ein Originalelektrogerät sucht, dahingehend geläufig und bekannt, dass sie Produkte – wie z.B. Kaffeekapseln, Druckerpatronen und eben Staubsaugerbeutel – bezeichnet, die mit dem Original-Elektrogerät kompatibel sind, aber eben gerade nicht vom Originalhersteller stammen."
In der Gesamtschau von Titel, Beschreibung und Produktabbildung sei eine Zuordnungsverwirrung ausgeschlossen.
Auch das Fehlen des Markenzeichens auf den Beuteln selbst spreche gegen eine markenmäßige Verwendung.
Damit bleibt das OLG Düsseldorf auf Kurs der bisherigen Rechtsprechung von EuGH (Google France) und BGH (Ortlieb II): Solange für den Verbraucher deutlich erkennbar ist, dass es sich um Zubehör und nicht um Originalware handelt – etwa durch Zusätze wie „geeignet für …“ oder „kein Original …“ –, wird die Herkunftsfunktion der Marke nicht berührt.
Und der Plattformbetreiber? - Keine Störerhaftung
Kurze Randnotiz zur Haftung des Plattformbetreibers: Eine Haftung der Beklagten als Störerin (§ 14 Abs. 7 MarkenG i. V. m. Art. 129 UMV) lehnte das Gericht ab. Die Beklagte habe keinen beherrschbaren Einfluss auf die algorithmisch erzeugten Suchergebnisse des Marktplatzes. Der Plattformbetreiber handle selbständig; eine Pflicht, Suchergebnisse mit Hinweisen wie „0 Suchtreffer“ zu versehen, bestehe nicht.
Bedeutung und Praxisfolgen
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf unterstreicht:
- Nicht jede Anzeige fremder Markenbegriffe auf einem Online-Marktplatz stellt automatisch eine Markenverletzung dar.
- Maßgeblich ist, ob der Händler die Anzeige steuert und ob der Verbraucher irregeführt wird.
- Eine neutrale Kennzeichnung mit Zusätzen wie „geeignet für…“ und „kein Original…“ kann ausreichen, um eine Herkunftstäuschung auszuschließen.
Für Markeninhaber heißt das:
Der Markenschutz bleibt zwar robust, entfaltet seine volle Wirkung aber nur, wenn die Herkunftsfunktion der Marke nachweislich beeinträchtigt wird. Bleiben Anzeigen unklar oder suggerieren sie eine Verbindung zum Markeninhaber, können diese weiterhin Unterlassungsansprüche auslösen, weil eine Markenverletzung im Raum steht.
Für Händler heißt das:
Wer kompatible Produkte anbietet, muss für maximale Transparenz sorgen, um eine Täuschung über die Herkunft auszuschließen.Wichtige Hinweise wie „geeignet für [Marke]“ oder „kein Original [Marke]“ müssen prominent und gut sichtbar platziert werden.
Zusätzlich dazu senkt eine eigene, leicht erkennbare Händler- oder Produktkennzeichnung das Risiko erheblich. Sie klärt die tatsächliche Herkunft des Produkts und verhindert, dass der Verbraucher das Angebot fälschlicherweise dem Original-Markeninhaber zuordnet.
Fazit: Kennzeichnung schützt vor Strafe
Das OLG Düsseldorf stärkt die Position von Online-Händlern beim Keyword-Advertising. Selbst wenn fremde Markenbegriffe in der Suchfunktion erscheinen, liegt keine Markenverletzung vor, wenn das Angebot hinreichend klar als Fremdprodukt gekennzeichnet ist. Für Markeninhaber bleibt entscheidend, ob die Anzeige die Herkunftsfunktion der Marke tatsächlich beeinträchtigt.
Klare Hinweise wie „geeignet für …“ und „kein Original …“ sind ein wirksames Mittel, um Irreführungen zu vermeiden und markenrechtliche Risiken zu minimieren.
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Dann wenden Sie sich bitte an den für Sie bereits zuständigen Rechtsanwalt der IT-Recht Kanzlei oder an die info@it-recht-kanzlei.de.
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