LG Frankenthal: Kein Urheberrechtsschutz für einfachere Werbetexte

LG Frankenthal: Kein Urheberrechtsschutz für einfachere Werbetexte
von Julius Ulrich
27.01.2021 | Lesezeit: 4 min

Aufgrund des seit langem anerkannten Schutzes der „kleinen Münze“ genießen auch einfache geistige Schöpfungen mit nur geringem Schöpfungsgrad Urheberrechtsschutz. Für Werbetexte gilt hierbei doch, dass sie in ihrer Kreativität über die üblichen Anpreisungen hinausgehen müssen. Jüngst bestätigte das LG Frankenthal mit Urteil vom 03.11.2020 (Az. 6 O 102/20), dass die für das Urheberrecht notwendige eigenschöpferische Prägung bei Werbetexten fehlt, wenn ihr Inhalt überwiegend durch technische oder leistungsübliche Informationen vorgegeben wird. Lesen Sie mehr zum Urteil.

I. Der Sachverhalt

Die Beklagte bietet Kfz-Dienstleistungen auf Ebay an. Bei einer ihrer Werbungen übernahm sie wortlautgenaue Textteile aus einer Anzeige des Klägers und warb wie folgt:

Sie haben bereits ein gut ausgestattetes Fahrzeug, doch der Spurhalteassistent fehlt?

Ab Werk kostet dieser z.B. bei einem Passat B8 bereits 550€, eine Nachrüstlösung bietet der Vertragshändler leider nicht an.

Kein Problem, wir können bei vorhandener Multifunktions- bzw. Vorfeldkamera den Spurhalteassistenten und noch weitere Fahr-Assistenten aktivieren.

Ist der Spurhalteassistent aktiv so wird es ihnen im Kombiinstrument angezeigt. Bei erkannten Fahrbahnmarkierungen hält ihr Fahrzeug exakt die Fahrspur. Beim unachtsamen Verlassen der Fahrspur ohne zu blinken wird der Fahrer akustisch gewarnt. Das Fahrzeug lenkt dann automatisch wieder in die korrekte Spur. Sie selbst brauchen theoretisch nur mit einem Finger lenken, damit ihr Fahrzeug fast autonom fährt.

Dieses Sicherheits- und Komfortextra wertet ihr Fahrzeug enorm auf, dies sollten sie sich nicht entgehen lassen.

Sie benötigen die fest installierte Vorfeldkamera über dem Innenspiegel, wie auf dem Artikelbild erkennbar.

Ist die Kamera nicht vorhanden, bieten wir selbstverständlich ebenfalls die komplette Nachrüstung inkl. Vermessung und Scheibentausch an.

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Darin sah der Kläger, ein konkurrierendes Unternehmen mit einem anderen geographischen Tätigkeitsgebiet , eine Urheberrechtsverletzung mit der Begründung sein Werbetext sei urheberrechtlich geschützt, und machte Unterlassungsansprüche aus § 97 Abs. 1 UrhG geltend.

Nachdem der Kläger die Beklagte abgemahnt und erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert hatte, erhob er Klage auf Unterlassung.

Die Beklagte erwiderte, der Text des Klägers erreiche nicht die erforderliche Schöpfungshöhe, um urheberrechtlichen Schutz als Sprachwerk zu genießen.

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II. Die Entscheidung

Die Klage hatte in der Sache keinen Erfolg. Mit Urteil vom 03.11.2020 (Az. 6 O 102/20) wies das LG Frankenthal die Klage als unbegründet ab und verneinte eine urheberrechtliche Schutzfähigkeit des streitgegenständlichen Werbetextes.

Urheberrechtlich geschützte Schriftwerke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG seien Sprachwerke, bei denen der sprachliche Gedankeninhalt durch Schriftzeichen oder andere Zeichen äußerlich erkennbar gemacht werde.

Vom Urheberrechtsschutz seien zwar aufgrund des seit langem anerkannten Schutzes der "kleinen Münze" auch einfache, aber gerade noch geschützte geistige Schöpfungen mit nur geringem Schöpfungsgrad umfasst.

Trotz der geringen Anforderungen an den Schöpfungsgrad sei aber ein Werk, das als persönlich geistige Schöpfung zu bewerten ist, erforderlich. Hierbei erlangten frei erfundene Sprachwerke leichter Urheberrechtsschutz als solche Texte, bei denen der Stoff durch organisatorische Zwecke oder wissenschaftliche und andere Themen vorgegeben sei. Letzteren fehle durch die übliche Ausdrucksweise nämlich vielfach die urheberrechtschutzfähige eigenschöpferische Prägung.

Außerdem hätten es längere Texte leichter, unter den Urheberrechtsschutz zu fallen, weil sie größere Gestaltungsmöglichkeiten aufwiesen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konnte das Gericht dem streitgegenständlichen Text keinen Urheberrechtsschutz zusprechen.

Zwar sei zumindest nach der Länge des Textes ein urheberrechtlicher Schutz in Betracht zu ziehen. Jedoch fehle der konkreten Textgestaltung die schöpferische Eigenart.

Es handle sich lediglich um eine einfache Aneinanderreihung von technischen Informationen, welche begrifflich vordefiniert seien und keinerlei sprachlichen Gestaltungsraum eröffneten.

Aus diesen Gründen stelle der Werbetext kein urheberrechtlich geschütztes Werk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG dar, weswegen keine Urheberrechtsverletzung vorliegen könne.

III. Fazit

Das LG Frankenthal entschied mit Urteil vom 03.11.2020 (Az. 6 O 102/20), dass ein einfacherer Werbetext ohne eine gewisse schöpferische Eigenart keinen Urheberrechtsschutz genieße.

Insbesondere dann, wenn Werbetexte weit überwiegend durch eine simple Aneinanderreihung leistungsspezifischer Informationen und/oder üblicher Leistungsversprechen geprägt sind, bleibt für die persönliche sprachliche Prägung und mithin für einen Urheberrechtsschutz kein Raum.

Im vorliegenden Fall entsprach die Anzeige nach ihrem Gesamteindruck nur einen üblichen Beschreibungstext mit gängigen technischen Informationen.

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