Leere Retouren: Rechte des Händlers

Leere Retouren: Rechte des Händlers
7 min 2
Beitrag vom: 07.05.2025

Was können Händler tun, wenn sie nach Widerruf ein leeres Paket zurückerhalten? Welche Rechte haben sie und wer muss was beweisen? Wir klären auf und stellen für Mandanten ein hilfreiches Reaktionsmuster bereit.

Rechtliche Ausgangslage: Leere Retoure nach Widerruf

Macht ein Verbraucher von seinem gesetzlichen Widerrufsrecht Gebrauch, hat er die erhaltene Ware innerhalb von 14 Tagen nach Abgabe seiner Widerrufserklärung an den Händler zurückzusenden.

Erhält er nun als widerrufsbedingte Rücksendung aber ein leeres Paket vom Verbraucher, liegt die Verantwortung dafür auf den ersten Blick beim Händler.

Immerhin hat dieser nach § 355 Abs. 3 Satz 4 BGB die Gefahr widerrufsbedingter Rücksendungen zu tragen.

Dies bedeutet, dass für den Verbraucher bei Beschädigung oder Verlust der Ware auf dem Rücksendeweg keine negativen finanziellen Konsequenzen entstehen dürfen.

Wird die Ware nach Widerruf auf dem Rücksendeweg beschädigt oder geht verloren, darf der Händler also

  • weder den gezahlten Kaufpreis behalten
  • noch Wert- oder Schadensersatz geltend machen.

Allerdings ließe diese Schlussfolgerung unberücksichtigt, dass für die Inhaltsleere der Retoure zwei sich gegenseitig ausschließende Umstände in Betracht kommen:

  • 1. Der Inhalt des Pakets ist auf dem Rückversandweg abhanden gekommen, also etwa wegen nicht vorhergesehener Öffnung herausgefallen oder aber bewusst entnommen worden.
  • 2. Der Verbraucher hat das Paket anfänglich nicht mit der Widerrufsware befüllt und treuwidrig bereits ein leeres Paket aufgegeben.

Im ersten Fall (Verlust auf dem Versandweg) wäre der Verbraucher schadlos gestellt. Der Händler müsste die Rücksendegefahr tragen und dem Verbraucher den Kaufpreis selbst bei Erhalt des leeren Pakets erstatten.

Im zweiten Fall käme die Gefahrtragungspflicht aber nicht zur Anwendung. Der bösgläubige Verbraucher hat seine Rücksendepflicht nämlich noch gar nicht erfüllt. Der Händler könnte daher bis zum tatsächlichen Versand die Rückzahlung verweigern.

Anerkannt ist deshalb, dass der Verbraucher im Zweifel nicht nur beweisen muss,

  • dass er eine Rücksendung aufgegeben hat,
  • sondern vielmehr auch, dass die Widerrufsware in der Rücksendung auch tatsächlich enthalten war.
Banner Premium Paket

Anspruch des Händlers auf geeignete Rücksendenachweise

Erhält der Händler nach Verbraucherwiderruf ein leeres Paket zurück, kann er vom Verbraucher einen Nachweis darüber fordern, dass dieser die zu retournierende Ware tatsächlich zurückgesendet hat.

Nur so kann der Händler nämlich ausschließen, dass der Verbraucher böswillig ein von Anfang an leeres Paket aufgegeben hat, um einerseits die Ware zu behalten und andererseits deren Kaufpreis zurückzufordern.

Ohne einen hinreichenden Nachweis ist der Händler nicht verpflichtet, widerrufsbedingte Rückzahlungen einzuleiten.

Als hinreichende Nachweise kommen vor allem zwei Beweismittel in Betracht:

1. Gewichtsdatierter Einlieferungsbeleg

Viele Versandunternehmen registrieren bei Einlieferung das Paketgewicht und koppeln dieses mit der jeweiligen Sendungsnummer so, dass über den Einlieferungsbeleg unter Nachvollziehung des Gewichts auch das Enthaltensein der zu retournierenden Ware bewiesen werden kann.

Kann der Verbraucher also einen Einlieferungsbeleg mit ausgewiesenem Sendungsgewicht vorlegen, welches das Enthaltensein der Ware indiziert, weist er damit hinreichend nach, ein mit der Widerrufsware befülltes Paket aufgegeben und mithin seine Rücksendepflicht erfüllt zu haben.

Der Händler hat dann die Schlussfolgerung hinzunehmen, dass das Verlustiggehen der Ware – auf Gefahr des Händlers – auf dem Rückversandweg eingetreten sein muss.

2. Strafbewehrte Erklärung

Kann der Verbraucher einen gewichtsdatierten Einlieferungsbeleg nicht vorlegen, belegt ein solcher wegen des geringen Warengewichts das Enthaltensein der Ware nicht schlüssig oder sprechen andere Indizien (etwa die vollständige Integrität von Versandverpackung und Versiegelung) gegen ein Abhandenkommen auf dem Versandweg, kann der Händler vom Verbraucher eine sogenannte strafbewehrte Erklärung darüber fordern, dass er die Widerrufsware im zurückgesendeten Paket tatsächlich verpackt und aufgegeben hat.

Eine solche Erklärung ist eine besondere Beteuerung, mit der eine Person bekräftigt, dass die aufgestellte Behauptung der Wahrheit entspricht.

Oftmals wird eine solche Erklärung fälschlich als „eidesstattliche Versicherung“ bezeichnet.

Eidesstattliche Versicherungen sind ein prozessuales Mittel der Glaubhaftmachung von Tatsachen und in Deutschland rechtlich nur wirksam, wenn sie gegenüber einer zuständigen Behörde (etwa einem Gericht) abgegeben werden. An Eides statt versicherte Falschaussagen sind gegenüber zuständigen Behörden nach § 156 StGB und im Falle der Fahrlässigkeit nach § 161 StGB strafbewährt.

Erklärungen gegenüber Privaten können nie eine tatbestandliche „eidesstattliche Versicherung“ sein.

Strafrechtlich relevant sind solche Erklärungen aber dennoch. Lügt der Erklärende in seiner Erklärung, macht er sich nämlich des Betruges gemäß § 263 StGB strafbar.

Durch Anforderung einer solchen Erklärung, deren wahrheitswidrige Abgabe den Straftatbestand des Betruges gemäß § 263 StGB erfüllt, kann der Händler dem Verbraucher die Tragweite einer Falschbehauptung vor Augen führen und ihn zur Wahrheit ermahnen.

Regelmäßig wird, um sich keinen strafrechtlichen Konsequenzen auszusetzen, eine derartige Erklärung nur abgegeben, wenn der Verbraucher redlich ist und die Behauptung der Warenaufgabe beim Versanddienstleister auch der Wahrheit entspricht.

Gibt der Verbraucher eine strafbewehrte Erklärung ab, ist dies ein Indiz für den Händler, dass eine Warenaufgabe im Paket tatsächlich erfolgt ist, und er muss – vorbehaltlich weiterer ihm möglicher Nachforschungen – den Widerruf bearbeiten und die Rückzahlung einleiten.

Gibt er sie nicht ab, kann der Händler den Verbraucher so behandeln, als hätte er die Warenaufgabe nicht hinreichend nachgewiesen, muss den Widerruf bis zum Warenerhalt nicht weiter bearbeiten und insbesondere keine Rückerstattung vornehmen.

3. Nachforschungsauftrag

Zusätzlich zur strafbewehrten Nichterhaltserklärung kann der Händler den Verbraucher zwar bitten, einen Nachforschungsauftrag über den Inhalt der Sendung beim Paketdienstleister zu stellen.

Da bei Rücksendungen regelmäßig der Verbraucher als Absender der Vertragspartner des Versandunternehmens ist, ist dem Händler ein eigener Nachforschungsauftrag bei den meisten Versandunternehmen verwehrt.

Hat der Händler dem Verbraucher aber ein Rücksendeetikett ausgestellt und der Verbraucher dieses verwendet, ist der Händler selbst nachforschungsberechtigt und kann hier

Allerdings kann der Verbraucher hierzu nicht wirksam verpflichtet werden.

Der Händler darf die Einleitung eines Nachforschungsauftrags bzw. dessen Ergebnis also nicht als zwingenden Nachweis einfordern, weil insofern zugunsten des Verbrauchers die gesetzliche Gefahrtragung des Händlers für die Rücksendung entgegensteht.

Die Nachforschung dient primär der Aufdeckung von Fehlern auf dem Rückversandweg, für die der Verbraucher wegen § 355 Abs. 3 Satz 4 BGB aber nicht einzustehen hat.

Der Verbraucher kann deswegen nicht verpflichtet werden, für den Händler in dessen Haftungskreis tätig zu werden.

Muster für Mandanten: Bitte um hinreichenden Rücksendenachweis

Für Mandanten stellen wir nachfolgend ein Musterschreiben bereit, um vom Verbraucher bei Erhalt einer inhaltsleeren Retoure nach Widerruf einen hinreichenden Nachweis darüber zu fordern, dass die Rücksendung tatsächlich auch die Widerrufsware enthielt.

Hierfür sollte primär um die Vorlage eines gewichtsdatierten Einlieferungsbelegs gebeten und sekundär, wenn ein solcher nicht vorliegt oder nicht aussagekräftig ist, die Abgabe einer strafbewehrten Erklärung verlangt werden, die dem Schreiben beizufügen ist.

IT-Recht Kanzlei

Exklusiv-Inhalt für Mandanten

Noch kein Mandant?

Ihre Vorteile im Überblick
  • Wissensvorsprung
    Zugriff auf exklusive Beiträge, Muster und Leitfäden
  • Schutz vor Abmahnungen
    Professionelle Rechtstexte – ständig aktualisiert
  • Monatlich kündbar
    Schutzpakete mit flexibler Laufzeit
Laptop
Ab
5,90 €
mtl.

Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle: eranicle / Shutterstock.com

Link kopieren

Als PDF exportieren

Drucken

|

Per E-Mail verschicken

Zum Facebook-Account der Kanzlei

Zum Instagram-Account der Kanzlei

2 Kommentare

I
IT-Recht Kanzlei 08.05.2025, 11:12 Uhr
Vereinfachung des Musters
Guten Tag,

vielen Dank für Ihren Kommentar, den wir uns gerne zu Herzen genommen haben. Wir haben das Muster nun sprachlich deutlich vereinfacht.

Mit besten Grüßen,
Ihre IT-Recht Kanzlei
A
Allen 08.05.2025, 10:33 Uhr
Guter Artikel und gutes Muster, aber ...
Hallo an die IT-Kanzlei,

wir finden alle Muster für die am häufigsten auftretenden Standard-Situation sehr gut, aber wäre es möglich, dass man diese Muster auch noch RECHTSSICHER in EINFACHER SPRACHE formulieren könnte, denn mit diesem Muster können - so vermuten wir - 98% der Durchschnittskunden wirklich nichts anfangen.

Freundliche Grüße

Allen

Beiträge zum Thema

Wettbewerbswidrig: Vorausgewählter aufpreispflichtiger Express-Versand
(05.10.2023, 07:43 Uhr)
Wettbewerbswidrig: Vorausgewählter aufpreispflichtiger Express-Versand
Können Verbraucher vermeintlich überhöhte Versandkosten zurückfordern?
(25.01.2023, 09:48 Uhr)
Können Verbraucher vermeintlich überhöhte Versandkosten zurückfordern?
Wer trägt die Einlagerungskosten für Speditionsware bei Lieferverzögerungen?
(12.11.2021, 17:39 Uhr)
Wer trägt die Einlagerungskosten für Speditionsware bei Lieferverzögerungen?
Lieferung „frei Bordsteinkante“: Hinweis erforderlich!
(12.07.2021, 17:33 Uhr)
Lieferung „frei Bordsteinkante“: Hinweis erforderlich!
Verschollenes Paket wird Kunden doch noch zugestellt: Was nun?
(15.04.2021, 12:18 Uhr)
Verschollenes Paket wird Kunden doch noch zugestellt: Was nun?
Wettbewerbsverstoß bei Missachtung von Transportsicherungspflichten?
(15.10.2019, 13:43 Uhr)
Wettbewerbsverstoß bei Missachtung von Transportsicherungspflichten?
Kommentar
verfassen
Ihre Meinung zu unserem Beitrag.
* mit Sternchen gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder
Vielen Dank für Ihren Kommentar

Wir werden diesen nach einer kurzen Prüfung
so schnell wie möglich freigeben.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Ihr Kommentar konnte nicht gespeichert werden!

Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie uns:
IT-Recht Kanzlei
Kanzlei Keller-Stoltenhoff, Keller
Alter Messeplatz 2
Tel.: +49 (0)89 / 130 1433-0
Fax: +49 (0)89 / 130 1433-60
E-Mail: info@it-recht-kanzlei.de
© 2004-2025 · IT-Recht Kanzlei