Kunde bestreitet Vertragsschluss: Handlungsempfehlung + Muster

Kunde bestreitet Vertragsschluss: Handlungsempfehlung + Muster
27.04.2023 | Lesezeit: 11 min

Das Internet ist ein idealer Ort für ein reichweitenstarkes Anbieten von Waren. Zugleich bedeutet der Vertragsschluss im Fernabsatz aber auch, dass es in der Praxis immer wieder zu Streitigkeiten kommt, ob überhaupt ein Vertrag geschlossen wurde. Nicht selten wird von Kundenseite dabei vorgeschoben, man habe die Bestellung gar nicht selbst getätigt. Wie sich betroffene Händler in eine solchen Fall am besten verhalten sollten, lesen Sie im folgenden Beitrag.

Worum geht es?

Internetangebote sind schnell und einfach bestellt, oftmals auch unüberlegt und voreilig. In Zeiten einer sich eintrübenden wirtschaftlichen Lage werden Spontanbestellungen nun öfter hinterfragt. Es steigt die Zahl von Kunden, die das Geschäft bereuen und zu Zahlungsverweigerern werden.

Da sich der eigentliche Bestellvorgang im Regelfall technisch problemlos dokumentieren lässt, werden Händler sehr oft mit dem (vorgeschobenen) Umstand konfrontiert, dass der Kunde die Bestellung nicht selbst ausgeführt haben will, sondern dies durch einen Dritten erfolgt sein muss.

Mit anderen Worten: Anhand spezifischer Daten, die der Händler im Rahmen der getätigten Bestellung erhält (wie etwa Anschrift, Email-Adresse, Telefonnummer), ist es auf den ersten Blick offensichtlich, dass die Bestellung von der diesen Daten zuordenbaren Person getätigt wurde.

Schnell ist dann jedoch beim reuigen Besteller die Rede davon, dass ein Dritter dessen persönliche Daten missbraucht habe und damit die Bestellung vorgenommen habe. Von dieser Aussage versprechen sich anscheinend viele Besteller, ohne großen Aufwand von der lästig gewordenen Bestellung Abstand nehmen zu können.

Da Händler immer wieder mit dieser lästigen Thematik konfrontiert werden, soll diese aus juristischen Gesichtspunkten einmal näher beleuchtet werden.

Die IT-Recht Kanzlei stellt ihren Update-Service-Mandanten dazu eine Best-Practice-Anleitung inklusive Muster zur Verwendung gegenüber reuigen Bestellern zur Verfügung.

Wen trifft die Beweislast?

Vorab ist es nützlich, den rechtlichen Hintergrund zu kennen. Betroffene Händler fragen bei der IT-Recht Kanzlei immer wieder an, wer denn den Vertragsschluss über das Internet im Zweifel nachweisen können muss.

Die Problematik ist „internetbezogen“, da sich bei einem Fernabsatzvertrag im elektronischen Geschäftsverkehr (also der klassischen Ecommerce-Bestellung) nun einmal naturgemäß die Vertragsparteien nicht gegenübersitzen und auch keine Vertragsurkunde mit den Unterschriften der Parteien vorhanden ist.

Vielmehr handelt es sich um einen Kaufvertrag, der unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen wird. Im Regelfall also, ohne dass die Parteien jemals auch nur kurz räumlich gleichzeitig anwesend waren. Der Vertrag wird also alleine durch rein elektronische Kommunikation geschlossen und gleichsam technisch protokolliert.

Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt für einen solchen Fernabsatzvertrag jedoch keine besonderen Beweislastregeln, was das wirksame Zustandekommen des Vertrags angeht.

Bezüglich der für den Händler günstigen Rechte aus dem angeblichen Kaufvertrag, konkret also für seinen Anspruch auf Kaufpreiszahlung und Abnahme der Kaufsache, liegt diese ganz klar beim Verkäufer, da er sich hierfür auf das wirksame Zustandekommen eines Vertrags beruft.

Mit anderen Worten: Im Rahmen der hier gegenständlichen Problematik muss der Händler in einem möglichen Rechtsstreit darlegen und beweisen können, dass zwischen ihm und dem beklagten Kunden zuvor tatsächlich ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen wurde.

Das Problem in der Praxis: Vor Gericht wird es dabei nicht nur darauf ankommen, dass die Bestellung an sich getätigt worden ist (was sich durch technische Aufzeichnung im Regelfall gut nachweisen lässt).

Vielmehr muss der Händler dabei auch darlegen und beweisen, dass der konkret in Anspruch genommene Kunde diese Bestellung vorgenommen hat (was wiederum schwierig nachzuweisen ist, sofern der Kunde schlüssige Gründe, wie etwa einen Datenmissbrauch durch einen Dritten, vorträgt).

Kurzum: Stellt sich der Kunde auf den Standpunkt, dass seine Daten zum Tätigen der Bestellung seitens eines Dritten missbraucht wurden, ist der Verkäufer am Zug, den Vertragsschluss mit der Person des vermeintlichen Käufers nachzuweisen.

In der Praxis ist dies sehr schwierig bis unmöglich. Idealerweise kann ein „schummelnder“ Kunde daher vorher durch den Verkäufer bereits zum Umfallen bewegt werden.

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Macht es denn überhaupt Sinn, das weiter zu verfolgen?

Das kommt – wie immer - ganz darauf an.

Handelt es sich bei dem vermeintlichen Kunden um einen Verbraucher und steht ihm für den strittigen Vertrag ein gesetzliches Widerrufsrecht zu (was bei einem Fernabsatzvertrag den Regelfall darstellt), macht das Beharren des Verkäufers auf Durchführung des Vertrags, insbesondere also auf Kaufpreiszahlung und Abnahme der Ware, in der Praxis meist keinen Sinn.

Warum? Weil der Verbraucher dann in aller Regel als „Notbremse“ immer noch den Widerrufs-Joker ziehen kann.

Das heißt, wenn der Verkäufer dem Kunden „Druck“ macht, und ihn zur Durchführung des Vertrags bewegen kann bzw. dazu sogar juristische Schritte gegen ihn einleitet, kann der Verbraucher den Vertrag immer noch durch Ausübung seines Widerrufsrechts beseitigen (und der Händler geht dann leer aus).

Denn: Die Widerrufsfrist beginnt nicht vor Erhalt der geschuldeten Ware durch den Verbraucher zu laufen.

In aller Regel wird die geschilderte Problematik dann auftreten, wenn noch gar keine Zahlung geflossen ist (also typischerweise bei Bestellungen via Vorkasse-Überweisung) und demzufolge die Ware im Zeitpunkt des Streits noch gar nicht beim Kunden ist, folglich die Widerrufsfrist noch gar nicht zu laufen begonnen hat.

Hier macht eine weitere Inanspruchnahme des reuigen Käufers juristisch und wirtschaftlich keinen Sinn, weil dieser dann nach wie vor sein Widerrufsrecht ausüben und sich dadurch wirksam vom (bestrittenen) Vertrag lösen kann.

Anders sieht es jedoch aus, wenn der Verkäufer bereits in Vorleistung gegangen ist, etwa beim Kauf auf Rechnung, die Ware also schon geliefert wurde und die Widerrufsfrist bereits verstrichen ist.

Ebenso liegt die Sache, wenn es sich um einen Sachverhalt handelt, bei welchem dem Verbraucher ausnahmsweise kein Widerrufsrecht zusteht, etwa weil es sich um eine nach individueller Kundenspezifikation gefertigte Ware, z.B. ein mit dem Wunschmotiv des Käufers bedrucktes T-Shirt, handelt.

Auch bei einem Kaufvertrag im B2B-Bereich macht ein Vorgehen gegen den Käufer Sinn, da der Kunde dann überhaupt kein Widerrufsrecht hat.

Kurzum: Kann sich der Kunde noch durch Ausüben eines ihm zustehenden Widerrufsrecht vom Vertrag wirksam lösen (ist also die Widerrufsfrist noch offen, z.B. weil die Ware noch gar nicht geliefert wurde), macht das Bestehen auf Durchführung des Vertrags seitens des Verkäufers in aller Regel keinen Sinn.

In allen anderen Fällen ist eine Weiterverfolgung der Ansprüche durchaus sinnvoll.

Was habe ich als Verkäufer denn überhaupt davon?

In erster Linie bedeutet das Verfolgen entsprechender „Verweigerer“ eine Menge Arbeit. Droht dem Verkäufer bei Nichtdurchführung des Vertrags aber ein relevanter wirtschaftlicher Nachteil, etwa weil er die nach spezifischem Kundenwunsch gefertigte Ware nicht mehr anderweitig absetzen kann, macht eine Inanspruchnahme des säumigen Kunden durchaus Sinn.

Dabei gilt, dass ein Schuldner, der auf eine Mahnung des Gläubigers hin seine fällige Leistung nicht erbringt mit dieser in Schuldnerverzug gerät. Dies bedeutet, dass der Händler den vorleistungspflichteigen, aber säumigen Käufer zunächst mahnen sollte.

Denn auf diese Weise gerät der Käufer, leistet er auf die Mahnung weiterhin schuldhaft nicht, in Schuldnerverzug. Dieser Umstand ist für den Verkäufer günstig und wichtig, da dieser dann auf Kosten des Schuldners juristische Schritte zur Beitreibung der Forderung einleiten kann (etwa Einschaltung eines Rechtsanwalts, Beauftragung eines Inkassodienstleisters, Klageerhebung oder Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens).

Gerne finden Sie hier einen Leitfaden zur Herbeiführung des Schuldnerverzugs durch Mahnung des säumigen Käufers.

Hinweis: Für die Begründung des Schuldnerverzugs reicht grundsätzlich eine (erste) Mahnung aus. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass hierfür drei Mahnungen erforderlich seien. Dem ist aber nicht so.

In der Praxis werden zumeist mehrere Mahnstufen verwendet, was letztlich aber nur ein Entgegenkommen gegenüber dem säumigen Schuldner ist bzw. in der Hoffnung erfolgt, so den Druck zu erhöhen und ihn doch noch zu einer Zahlung bewegen zu können.

Doch Mahnungen beeindrucken nicht jeden.

Was tun, wenn Kunde trotz Mahnung nicht zahlt und den Vertragsschluss bestreitet?

Führt die Mahnung nicht zum Erfolg bzw. reagiert der Kunde von Anfang an bzw. nach erfolgter Mahnung ablehnend und bestreitet einen Vertragsschluss unter dem Einwand, seine Daten seien für die Bestellung missbräuchlich genutzt worden, bietet es sich an, dahingehend nochmals genauer beim Kunden nachzufühlen.

Denn was die wenigsten Kunden wissen: Indem sie als Schutzbehauptung eine „Fakebestellung“ durch einen Dritten vorschieben, wird u.U. strafrechtlich relevantes Terrain betreten.

Zum einen kann die Täuschung des Verkäufers über den Umstand, gar keine Bestellung ausgeführt zu haben, den Straftatbestand des Betrugs erfüllen, insbesondere wenn dies von Anfang mit dem Vorsatz geschieht, die Ware z.B. bei Kauf auf Rechnung zu erhalten, für diese aber nicht bezahlen zu wollen.

Zum anderen würde bei einem vorgeblichen Identitätsmissbrauch durch einen Dritten natürlich dieser regelmäßig eine Straftat begangen haben, etwa durch Fälschung beweiserheblicher Daten nach § 269 StGB, was strafrechtliche Ermittlungen nach sich ziehen kann.

Hört ein „Schummel-Kunde“ von diesen strafrechtlichen Konsequenzen und soll er auf seine Einlassung festgenagelt werden, wird er sich zweimal überlegen, bei seiner Behauptung zu bleiben.

Mit anderen Worten: Wer als reuiger Kunde eine gar nicht erfolgte „Fakebestellung“ als Schutzbehauptung vorschiebt, der wird unter Umständen durchaus nervös, wenn der betroffene Händler dann detailliert nachfragt bzw. den Identitätsmissbrauch u.a. wegen der Einleitung strafrechtlicher vom Kunden einmal definitiv bestätigt haben möchte.

Die IT-Recht Kanzlei stellt ihren Update-Service-Mandanten im Folgenden ein Musteranschreiben zur Verfügung, mittels dessen Kunden, die einen Datenmissbrauch durch einen Dritten behaupten, um entsprechende Bestätigung und Kooperation gebeten werden.

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Nicht selten fallen säumige Kunden auch dann um, wenn sich ein Inkassodienstleister einschaltet und der Forderung somit Nachdruck verliehen wird.

Das förmliche, bestimmte, zugleich aber seriöse Auftreten eines guten Inkassodienstleisters kann Händlern effektiv dabei helfen, einen großen Teil noch offener Forderungen zu realisieren.

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Fazit

Händler müssen sich nicht alles gefallen lassen. Besteht der Verdacht, dass ein Kunde, der die getätigte Bestellung mit dem Argument des Datenmissbrauch durch einen Dritten bestreitet, dies nur vorschiebt, kann ein Aufzeigen der denkbaren strafrechtlichen Konsequenzen zu einem „Umdenken“ führen.

Durch Mahnungen, Einschaltung eines Inkassodienstleisters oder Herantreten an den Kunden mittels des oben dargestellten Muster-Schreibens können offene Forderungen u.U. doch noch realisiert werden.

Bei Bestellungen eines Verbrauchers mit noch offener Widerrufsfrist lohnt sich ein Verfolgen der Ansprüche mit Nachdruck in der Regel nicht, da der Kunde nur den „Widerrufs-Joker“ zu ziehen braucht, um den Vertrag wirksam zu beseitigen.

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