Beschränkungen, Kernbeschränkungen und graue Klauseln, FAQ zu selektiven Vertriebssystemen Teil 3

Beschränkungen, Kernbeschränkungen und graue Klauseln, FAQ zu selektiven Vertriebssystemen Teil 3
11.04.2011 | Lesezeit: 4 min

Im 3. Teil der FAQ der IT-Recht Kanzlei zu selektiven Vertirebssystemen geht es um Kernbeschränkungen und graue Klauseln.

C. Beschränkungen, Kernbeschränkungen und graue Klauseln
20. Was ist eine Kernbeschränkung?
21. Was sind graue Klauseln?
22. Welche Kernbeschränkungen gibt es?
23. Welche grauen Klauseln gibt es?

C. Beschränkungen, Kernbeschränkungen und graue Klauseln

20.    Was ist eine Kernbeschränkung?

Kernbeschränkungen sind solche Vereinbarungen die den Wettbewerb so stark beschränken, dass sie unter keinen Umständen gewollt sind, da sie gewissermaßen den Wettbewerb im Kern beschränken. Sie werden auch „schwarze Klauseln“ genannt.

Enthält eine Vereinbarung eine Kernbeschränkung, so wird vermutet, dass die Vereinbarung gegen das Wettbewerbsverbot nach § 1 GWB / Art. 101 AEUV verstößt. Weiter wird vermutet, dass die Voraussetzung für eine Freistellung nach Art. 101 Abs.3 AEUV, § 2 Abs. 2 GWB nicht vorliegen, sodass die GVO keine Anwendung findet. Damit ist eine Vereinbarung, die eine Kernbeschränkung enthält, vom Geltungsbereich der GVO als Ganzes ausgeschlossen.

Liegt nur eine einzige Kernbeschränkung vor, so führt sie bereits zur Unwirksamkeit der gesamten Vereinbarung.

 

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21.    Was sind graue Klauseln?

In Art. 5 Vertikal-GVO sind die sogenannten grauen Klauseln aufgelistet. Enthält eine Vereinbarung eine oder mehrere Kernbeschränkungen, schwarze Klauseln, so entfällt die Freistellung insgesamt, da Kernbeschränkungen nicht abtrennbar sind. Im Gegensatz dazu sind graue Klauseln in Vereinbarungen abtrennbar, so dass sie selbst zwar nicht freigestellt werden können, jedoch die Freistellung des übrigen Teils der Vereinbarung bestehen bleibt

22.    Welche Kernbeschränkungen gibt es?

Die fünf Kernbeschränkungen werden in Art. 4 der Vertikal-GVO aufgelistet, wobei jede Kernbeschränkung wiederum Ausnahmen hat. Im Überblick sind sie:

  • die Beschränkung des Abnehmers seinen (Weiter- ) Verkaufspreis selbst festzusetzen
  • die Beschränkung des Gebiets oder der Kundengruppe, in das oder an die der Abnehmer verkaufen darf
  • die Beschränkung des aktiven oder passiven Verkaufs an Endverbraucher durch auf der Einzelhandelsstufe tätige Mitglieder eines selektiven Vertriebssystems
  • die Beschränkung von Querlieferungen zwischen Händlern innerhalb eines selektiven Vertriebssystems, auch wenn diese auf verschiedenen Handelsstufen tätig sind
  • die zwischen einem Anbieter von Teilen und einem Abnehmer, der diese Teile weiterverwendet, vereinbarte Beschränkung der Möglichkeit des Anbieters, die Teile als Ersatzteile an Endverbraucher oder an Reparaturbetriebe oder andere Dienstleister zu verkaufen, die der Abnehmer nicht mit der Reparatur oder Wartung seiner Waren betraut hat.

23.    Welche grauen Klauseln gibt es?

I. Wettbewerbsverbote für eine unbestimmte Dauer oder für eine Dauer von mehr als fünf Jahren, Art. 5 Abs. 1 lit. a Vertikal-GVO

Die Freistellung nach Artikel 2 gilt nicht für in vertikalen Vereinbarungen enthaltene, unmittelbare oder mittelbare Wettbewerbsverbote, die für eine unbestimmte Dauer oder für eine Dauer von mehr als fünf Jahren vereinbart werden.

Wettbewerbsverbote dürfen also nicht unbestimmt lang oder länger als fünf Jahre vereinbart werden, wobei eine stillschweigende Verlängerung über fünf Jahre hinaus als unbestimmte Dauer gesehen wird. Unter Wettbewerbsverbot ist eine unmittelbare oder mittelbare Verpflichtung zu verstehen, die den Abnehmer veranlasst, keine Waren oder Dienstleistungen herzustellen, zu beziehen, zu verkaufen oder weiterzuverkaufen, die mit den Vertragswaren oder -dienstleistungen im Wettbewerb stehen. Auch liegt ein Wettbewerbsverbot vor, wenn Abnehmer verpflichtet ist, mehr als 80% seines Gesamtbezugs an Vertragswaren vom Anbieter zu beziehen.

II. Wettbewerbsverbote für den Abnehmer nach Ablauf der Vereinbarung, Art. 5 Abs. 1 lit. b Vertikal-GVO

Die Freistellung nach Artikel 2 gilt nicht für in vertikalen Vereinbarungen enthaltenen, unmittelbare oder mittelbare Verpflichtungen, die den Abnehmer veranlassen, Waren oder Dienstleistungen nach Beendigung der Vereinbarung nicht herzustellen, zu beziehen, zu verkaufen oder weiterzuverkaufen.

Solche Wettbewerbsverbote sind damit in der Regel unzulässig. Eine Ausnahme gilt dann, wenn es zum Schutze des Know-Hows unerlässlich ist, welches der Anbieter dem Abnehmer überlassen hatte. Dazu müssten folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:

  • die Verpflichtungen beziehen sich auf Waren oder Dienstleistungen, die mit den Vertragswaren oder -dienstleistungen im Wettbewerb stehen;
  • die Verpflichtungen beschränken sich auf Räumlichkeiten und Grundstücke, von denen aus der Abnehmer während der Vertragslaufzeit seine Geschäfte betrieben hat;
  • die Verpflichtungen sind unerlässlich, um dem Abnehmer vom Anbieter übertragenes Know-how zu schützen;
  • die Dauer der Verpflichtungen ist auf höchstens ein Jahr nach Beendigung der Vereinbarung begrenzt.

Unabhängig davon bleibt es möglich, Nutzung und Offenlegung von nicht allgemein zugänglichem Know-how unbefristeten zu beschränken.

III. Beschränkung des Verkaufs bestimmter konkurrierender Waren in einem selektiven Vertrieb, Art. 5 Abs. 1 lit. c Vertikal-GVO

Die Freistellung nach Artikel 2 gilt nicht für die in vertikalen Vereinbarungen enthaltenen unmittelbare oder mittelbare Verpflichtungen, die die Mitglieder eines selektiven Vertriebssystems veranlassen, Marken bestimmter konkurrierender Anbieter nicht zu verkaufen.

Zulässig ist es in einem selektiven Vertriebssystem, wenn der Anbieter den Händlern grundsätzlich verbietet, Produkte konkurrierender Anbieter zu verkaufen. Durch Art. 5 Abs. 1 lit. c Vertikal-GVO ist es aber unzulässig, wenn der Anbieter den Händlern nur verbietet von (einem) bestimmten konkurrierenden Anbieter(n) Waren zu verkaufen. Damit soll verhindert werden, dass mehrere Anbieter, die sich dieselben Händler in ihren jeweiligen selektiven Vertriebssystemen teilen, verhindern können, dass ein anderer Händler ebenfalls diese Händler zu Vertriebswegen nutzt.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

Bildquelle:
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