Französisches Wettbewerbsrecht und die Haftung deutscher Händler
Tipp: Weiterführende Informationen finden Sie hier: "Frankreich: E-Commerce-Recht für Händler"
Wer den französischen Markt bedient, muss sich auch an französisches Wettbewerbs- und Verbraucherschutzrecht halten – unabhängig davon, welches Vertragsrecht in den AGB steht.
Inhaltsverzeichnis
Warum AGB französisches Wettbewerbsrecht nicht ausschließen können
AGB eignen sich nicht dazu, die Anwendung französischen Wettbewerbsrechts zu verhindern.
Das liegt daran, dass wettbewerbsrechtliche Ansprüche – wie etwa Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche von Mitbewerbern oder Verbraucherschutzbehörden – nicht auf dem Vertrag beruhen, sondern auf außervertraglicher Haftung.
Vertragliche Gestaltungen, einschließlich der Rechtswahlklausel („Es gilt deutsches Recht.“), wirken ausschließlich im Verhältnis zwischen Händler und Kunde. Sie haben keinerlei Auswirkung auf die Beurteilung von Wettbewerbsverstößen, die sich nach dem Markt richten, auf dem die wettbewerbsrechtliche Beeinträchtigung eintritt.
Selbst wenn in einem B2B-Vertrag deutsches Recht und die Zuständigkeit deutscher Gerichte vereinbart wurden, bleibt dies für Mitbewerber, Verbände oder Behörden in Frankreich ohne Bedeutung. Diese können weiterhin auf Grundlage französischen Rechts vorgehen, wenn sich der Online-Auftritt des deutschen Händlers auf den französischen Markt auswirkt.
Welches Recht gilt bei Wettbewerbsverstößen?
Die Frage des anwendbaren Rechts bei Wettbewerbsverstößen richtet sich nach der Rom-II-Verordnung, konkret nach Art. 6. Diese Vorschrift knüpft an den Ort an, an dem die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt werden.
Für deutsche Online-Händler bedeutet dies: Sobald sie Waren oder Dienstleistungen nach Frankreich vertreiben oder ihren Internetauftritt gezielt auf französische Verbraucher ausrichten, ist französisches Wettbewerbsrecht anzuwenden. Dies gilt selbst dann, wenn der Händler lediglich einen deutschen Webshop betreibt, aber Bestellungen aus Frankreich annimmt oder den Versand dorthin anbietet.
Das Marktortprinzip führt also zu einer strikten Ausrichtung auf das Schutzbedürfnis der Verbraucher und Marktteilnehmer am Ort der Wirkung. Damit unterliegt jeder, der faktisch am französischen Markt teilnimmt, den entsprechenden französischen Normen – unabhängig davon, welches Recht er in seinen AGB vorsieht.
Warum Verstöße gegen französisches Verbraucherrecht gleichzeitig Wettbewerbsverstöße sind
In Frankreich besteht eine enge Verknüpfung zwischen Verbraucherschutz- und Wettbewerbsrecht.
Viele Normen des „Code de la consommation“ schützen nicht nur individuelle Verbraucher, sondern auch die Funktionsfähigkeit des Marktes. Verstöße gegen Verbraucherpflichten – etwa fehlende oder falsche Informationsangaben, mangelhafte Widerrufsbelehrungen oder fehlerhafte Preisangaben – werden daher regelmäßig als wettbewerbswidrige Handlungen eingeordnet.
Besonders zu beachten ist die Rolle der DGCCRF, der französischen Wettbewerbs- und Verbraucherschutzbehörde. Sie ist sehr aktiv, insbesondere gegenüber ausländischen Online-Händlern, die nach Frankreich liefern. Die Behörde kann Bußgelder verhängen, Maßnahmen anordnen oder gerichtliche Schritte einleiten – selbst dann, wenn der Händler ausschließlich in Deutschland ansässig ist.
Diese behördlichen Eingriffsmöglichkeiten lassen sich durch AGB-Klauseln oder Rechtswahlvereinbarungen selbstverständlich nicht verhindern. Wer nach Frankreich verkauft, muss daher zwingend die französischen Verbraucherschutzvorgaben kennen und beachten.
Welche Gerichte zuständig sind
Die gerichtliche Zuständigkeit bei Wettbewerbsverstößen richtet sich nach Art. 7 Nr. 2 der Brüssel-Ia-Verordnung.
Diese Vorschrift legt fest, dass Klagen wegen unerlaubter Handlungen – und damit auch wegen Wettbewerbsverstößen – vor den Gerichten des Staates zu erheben sind, in dem das schädigende Ereignis eingetreten ist.
Für deutsche Händler bedeutet das: Wird ihnen ein Wettbewerbsverstoß auf dem französischen Markt vorgeworfen, sind französische Gerichte zuständig. Der Sitz des Unternehmens in Deutschland und etwaige Gerichtsstandsklauseln in den AGB sind hierfür ohne Bedeutung.
Das erschwert nicht nur die Verteidigung, sondern kann auch erhebliche Verfahrenskosten nach sich ziehen. Umso wichtiger ist es für Händler, die relevanten Vorschriften des französischen Wettbewerbs- und Verbraucherschutzrechts zu kennen und umzusetzen.
Fazit für die Praxis
AGB bieten keinen Schutz vor der Anwendung französischen Wettbewerbsrechts. Wer Waren oder Dienstleistungen nach Frankreich vertreibt oder eine entsprechende Zielrichtung seines Online-Shops erkennen lässt, unterliegt dem französischen Marktortprinzip und damit französischem Recht.
Zudem werden Verstöße gegen französische Verbraucherschutzvorschriften häufig als Wettbewerbsverstöße behandelt und können zu behördlichen Maßnahmen durch die DGCCRF sowie zu gerichtlichen Verfahren in Frankreich führen.
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