Hauptnavigation überspringen
Textilkennzeichnung

Materialkennzeichnung von Schuhen im Online-Handel

Materialkennzeichnung von Schuhen im Online-Handel
6 min 2
Beitrag vom: 20.06.2017
Aktualisiert: 28.10.2025

Zwar sind Schuhe grundsätzlich von den Kennzeichnungspflichten nach der EU-TextilKennzVO befreit. Für Schuhe existieren aber - vielfach übersehene - eigene Kennzeichnungsvorgaben für das verwendete Material - und das auch online. Wir zeigen, wie Schuhe im Online-Handel richtig zu kennzeichnen sind.

Pflicht zur Online-Materialkennzeichnung von Schuhen

Die Kennzeichnungspflicht von Schuhbestandteilen basiert auf § 10a Bedarfsgegenständeverordnung (BedGgstV). Dieser legt fest, wie die in Schuherzeugnissen verwendeten Materialien konkret zu kennzeichnen sind.

Seinen Ursprung findet § 10a BedGgstV in der EU-Richtlinie 94/11/EG. Zweck der Kennzeichnung von Schuherzeugnissen ist es, Verbrauchern Informationen zu liefern, die es ihnen ermöglichen, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen.

Zwar regelt die Vorschrift direkt nur die physische Kennzeichnung am Schuherzeugnis selbst.

Nach einheitlicher Rechtsprechung (s. nur LG Berlin, Beschluss vom 11.05.2017 - Az. 52 O 143/17) handelt es sich bei der Materialkennzeichnung von Schuhwerk allerdings um eine wesentliche Information, die auch im Online-Handel zwingend vorgehalten werden muss und deren Fehlen eine Irreführung durch Unterlassung im Sinne des § 5a UWG begründet.

Wer ist kennzeichnungspflichtig?

Der physischen Material-Kennzeichnungspflicht unterliegen primär

  • der Hersteller oder sein in der Europäischen Union niedergelassener Bevollmächtigter;
  • sofern weder der Hersteller noch sein bevollmächtigter in der Europäischen Union eine Niederlassung hat, derjenige, der die Schuherzeugnisse in der Europäischen Union erstmals in den Verkehr bringt.

Allerdings nimmt § 10a Abs. 1 Satz 3 BedGgstV nimmt darüber hinaus Händler in die Pflicht.

Danach muss derjenige, der Schuherzeugnisse gewerbsmäßig abgibt, sicherstellen, dass bei der Abgabe an den Schuherzeugnissen eine entsprechende Material-Kennzeichnung angebracht ist.

Übertragen auf den Online-Handel gilt, dass Händler sicherzustellen haben, die notwendige Materialangaben auf den Produktdetailseiten Ihrer Schuh-Angebote zu hinterlegen.

Banner Premium Paket

Welche Schuhe sind kennzeichnungspflichtig?

§ 10a Abs. 1 BedGgstV unterwirft „Schuherzeugnisse nach Anlage 11 Nr. 1“ der Kennzeichnungspflicht.

Was genau unter „Schuherzeugnissen“ zu verstehen ist, versucht Anlage 11 zur BedGgstV – mit einer (leider) etwas umständlichen Definition – zu erhellen.

Danach sind Schuherzeugnisse sinngemäß

Erzeugnisse mit Sohle, die den Fuß schützen oder bedecken, und die dazu bestimmt sind, an Verbraucher abgegeben zu werden, wobei Gewerbetreibende, soweit sie einen Bedarfsgegenstand zum Verbrauch innerhalb ihrer Betriebsstätte beziehen, den Verbrauchern nicht gleichgestellt werden.“

1. Definition des Schuherzeugnisses

Schuherzeugnisse sind demnach zunächst alle Erzeugnisse mit Sohle, die den Fuß schützen oder bedecken.

Die Anlage II der EU-Richtlinie 94/11/EG gibt zahlreiche Beispiele für „Schuherzeugnisse“:

  • Haus- und Straßenschuhe der üblichen Art, mit flachem oder hohem Absatz;
  • Stiefeletten, Halbschäfter, Langschäfter und Hochschaftstiefel;
  • verschiedene Sandalen, "Espadrilles" (Schuhe mit einem Oberteil aus Segeltuch und einer Sohle aus geflochtenen pflanzlichen Stoffen), Tennisschuhe, Laufschuhe, sonstige Sportschuhe, Badeschuhe und andere Freizeitschuhe;
  • Spezialsportschuhe, die entweder mit Dornen, Krampen, Klammern, Stollen und ähnlichen Vorrichtungen versehen oder für deren Anbringung hergerichtet sind, und Schuhe für Schlittschuhe oder Rollschuhe, ferner Skistiefel, Skilanglaufschuhe, Ringerschuhe, Boxerstiefel oder Radsportschuhe. Hierzu gehören auch Schuhe mit fest angebrachten Schlittschuhen oder Rollschuhen;
  • Ballettschuhe;
  • Schuhe, die in einem Stück gefertigt sind, insbesondere durch Gießen aus Kautschuk oder Kunststoff, ausgenommen Einwegartikel aus Leichtmaterialien (Papier, Folien aus Plastik usw. ohne angebrachte Sohle);
  • Überschuhe, die über den Schuhen getragen werden und zuweilen keinen Absatz haben;
  • Einwegschuhe, mit angebrachten Sohlen, so beschaffen, daß sie im allgemeinen nur einmal verwendet werden;
  • orthopädische Schuhe

Diese Aufzählung ist nicht abschließend, zeigt jedoch die große Bandbreite von Erzeugnissen, die als „Schuherzeugnisse“ unter die Material-Kennzeichnungspflicht fallen.

Unterm Strich reichen "Schuherzeugnisse" „von fußfreien Sandalen, deren Oberteil nur aus Schnürriemen besteht, bis zu Hochschaftstiefeln, deren Schäfte den Unterschenkel und den Oberschenkel bedecken“ (vgl. Anhang II der Richtlinie 94/11/EG).

2. Zweckbestimmung: Abgabe an Verbraucher

Weiteres Kriterium ist schließlich die Zweckbestimmung der „Schuherzeugnisse“.

Die Schuhe müssen dazu bestimmt sein, an Verbraucher abgegeben zu werden, sprich an Kunden, welche die Schuhe (überwiegend) im Rahmen der privaten Lebensführung oder (überwiegend) zur Verwendung im eigenen Haushalt nutzen.

Daraus folgt: Alle Shop-Betreiber, die ihr Angebot (auch) an Verbraucher richten, müssen bei dem Verkauf von Schuhen die Material-Kennzeichnungspflichten beachten.

Ausnahmen von der Kennzeichnungspflicht

Die Material-Kennzeichnungspflicht findet gemäß § 10a Abs. 2 BedGgstV keine Anwendung auf

Auch Schuhe, die ausschließlich an Unternehmer veräußert werden, unterliegen ebenfalls nicht der Material-Kennzeichnungspflicht.

Welche Pflichtangaben sind zu machen?

In der Kennzeichnung ist zunächst das Material anzugeben, das mindestens 80 Prozent jeweils

  • der Fläche des Obermaterials (= äußerer Bestandteil des Schuhes, der mit der Laufsohle verbunden ist),
  • der Fläche von Futter und Decksohle (= Oberteilfutter und Decksohle, die die Innenseite des Schuherzeugnisses ausmachen) und
  • des Volumens der Laufsohle (= unterer Teil des Schuherzeugnisses, der der Abnutzung ausgesetzt und mit dem Oberteil verbunden ist)

ausmacht.

Entfallen auf kein Material mindestens 80 Prozent, so sind Angaben zu den beiden Materialien mit den größten Anteilen pro Bestandteil (Obermaterial, Futter und Decksohle, Laufsohle) zu machen.

Die Bestimmung der Materialien des Obermaterials erfolgt unabhängig von Zubehör oder Verstärkungsteilen wie

  • Knöchelschützern
  • Randeinfassungen
  • Verzierungen
  • Schnallen
  • Laschen
  • Ösen oder
  • ähnlichen Vorrichtungen

Mit anderen Worten:

Händler müssen über die Zusammensetzung von Obermaterial, Innenmaterial und Sohle informieren.

Das Gesetz unterscheidet dabei zwei Fälle:

1. Die einzelnen Schuhbestandteile (Obermaterial / Futter und Decksohle / Laufsohle) bestehen zu mindestens 80 Prozent aus einem Material: Nur dieses Material ist für die einzelne Schuhbestandteile anzugeben.

Obermaterial, Futter und Decksohle sowie Laufsohle bestehen zu 85 Prozent aus Leder und zu 15 Prozent aus sonstigem Material → Für die einzelne Schuhbestandteile ist lediglich das Material „Leder“ anzugeben.

2. Die einzelnen Schuhbestandteile (Obermaterial / Futter und Decksohle / Laufsohle) bestehen nicht zu mindestens 80 Prozent aus einem Material: Die beiden Hauptmaterialien des jeweiligen Schuhbestandteils sind anzugeben.

Obermaterial, Futter und Decksohle sowie Laufsohle bestehen zu 40 Prozent aus Leder, 30 Prozent aus natürlichen Textilien, 20 Prozent aus synthetischen Textilien und 10 Prozent aus sonstigem Material. Für die einzelnen Schuhbestandteile sind die beiden Hauptmaterialien, sprich Leder und natürliche Textilien, anzugeben.

Eine prozentuale Aufschlüsselung der verwendeten Materialien ist nicht notwendig.

Welche Materialien sind zu kennzeichnen?

Das Gesetz unterscheidet bei der Kennzeichnung zwischen folgenden Materialien:

  • Leder: Gegerbte Häute und Felle, deren ursprüngliche Faserstruktur im wesentlichen erhalten bleibt und durch die Gerbung unverweslich ist (*Achtung*: bei Leder mit einem Oberflächenüberzug aus Kunststoff oder mit einer aufgeklebten Schicht darf die aufgebrachte Schicht nicht stärker als 0,15 mm sein)
  • Volleder: Tierhäute, die ihre ursprüngliche Narbenseite nach Entfernung der Oberhaut aufweisen, ohne dass Teile der Narbenschicht durch Schleifen, Schmirgeln oder Spalten verlorengegangen sind
  • Beschichtetes Leder: Erzeugnis, bei dem der Oberflächenüberzug oder die aufgeklebte Schicht nicht mehr als ein Drittel der Lederstärke ausmacht, aber stärker als 0,15 mm ist.
  • Natürliche oder synthetische Textilien: Sämtliche Textilien im Anwendungsbereich der EU-Textilkennzeichnungsverordnung Nr. 1007/20211
  • Sonstiges Material

Wie hat die Kennzeichnung online zu erfolgen?

IT-Recht Kanzlei

Exklusiv-Inhalt für Mandanten

Noch kein Mandant?

Ihre Vorteile im Überblick
  • Wissensvorsprung
    Zugriff auf exklusive Beiträge, Muster und Leitfäden
  • Schutz vor Abmahnungen
    Professionelle Rechtstexte – ständig aktualisiert
  • Monatlich kündbar
    Schutzpakete mit flexibler Laufzeit
Laptop
Ab
5,90 €
mtl.

Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

Bildquelle: GoSlow

Link kopieren

Als PDF exportieren

Drucken

|

Per E-Mail verschicken

Zum Facebook-Account der Kanzlei

Zum Instagram-Account der Kanzlei

2 Kommentare

C
Claudius Mach
Dankeschön!
Vielen herzlichen Dank für diesen ausführlichen Bericht, sie haben uns sehr weitergeholfen! Claudius Mach
S
Susanne Hoffmann
"Nichttextile Bestandteile tierischen Ursprungs"
Muss im Online-Handel bei Schuhen, die aus Leder sind oder Lederbestandteile haben – genau wie bei Textilien – der Hinweis "Enthält nichttextile Bestandteile tierischen Ursprungs" angebracht werden?
Kommentar
verfassen
Ihre Meinung zu unserem Beitrag.
* mit Sternchen gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder
Vielen Dank für Ihren Kommentar

Wir werden diesen nach einer kurzen Prüfung
so schnell wie möglich freigeben.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Ihr Kommentar konnte nicht gespeichert werden!

Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie uns:
IT-Recht Kanzlei
Kanzlei Keller-Stoltenhoff, Keller
Alter Messeplatz 2
Tel.: +49 (0)89 / 130 1433-0
Fax: +49 (0)89 / 130 1433-60
E-Mail: info@it-recht-kanzlei.de
© 2004-2025 · IT-Recht Kanzlei