Limited Edition – Zur Bedeutung der Kennzeichnungskraft bei der Verwechslungsgefahr von Marken

Es kommt aufs Ganze an: Eine Verwechslungsgefahr im markenrechtlichen Sinne gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG wird nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt. Dabei stellt die Stärke der Kennzeichenkraft der prioritätsälteren Marke ein Element in der Abwägung zur Beurteilung einer Verwechslungsgefahr dar. Dass dieses Merkmal nicht zu unterschätzen ist, zeigt exemplarisch auch der Beschluss des Bundespatentgerichts vom 3. Dezember 2014 (Az.: 27 W (pat) 524/14), welcher sich mit dem Widerspruch der Wortmarke „EDITION“ gegen die Eintragung der Wort-/Bildmarke „Edition Kloster Heidenheim“ befasst.
I. Das Problem
Tauchen auf dem Markt zwei unterschiedliche Marken auf, die sich sehr ähneln, besteht immer die Gefahr, dass Käufer beim Kauf eines Produktes fälschlicherweise annehmen, dass bestimmte Waren oder Dienstleistungen aus demselben oder einem wirtschaftlich verbunden Unternehmen stammen.
Eine Verwechslungsgefahr im markenrechtlichen Sinne (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG) wird daher nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke, beurteilt.
Zu beachten ist dabei, dass insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken auch durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann. Dies gilt jedoch auch im umgekehrten Falle. So kann eine sehr schwache Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke einen hohen Grad der Ähnlichkeit der Marken relativieren.
Grundsätzlich kommt solchen Marken eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu, die uneingeschränkt geeignet sind, zur Unterscheidung der Waren und Dienstleistungen ihres Inhabers zu dienen. Dagegen können schutzunfähige Zeichen und Angaben für sich genommen nicht Grundlage einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr sein. Das bedeutet insbesondere, dass der Schutzbereich von Marken, die nur eine geringe Unterscheidungskraft aufweisen und/oder an beschreibende Angaben angelehnt sind, eng zu bemessen ist.
Handelt es sich bei der eingetragenen prioritätsälteren Marke um eine beschreibende oder sonst schutzunfähige Angabe, so kann ihr wegen der Bindungswirkung der Eintragung zwar nicht jeder Schutz abgesprochen werden. Jedoch ist der Schutzbereich einer solchen Marke auf ein Minimum zu beschränken, mit der Folge, dass schon geringe Abwandlungen oder Hinzufügungen aus dem Schutzumfang der Marke herausführen.
Mit seinem Beschluss vom 3. Dezember 2014 (Az.: 27 W (pat) 524/14) zeigte das Bundespatentgericht erst kürzlich wieder exemplarisch anhand einer Beschwerde der Widerspruchsmarke „EDITION“ auf, welche Maßstäbe bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft von Marken anzulegen sind.
Dabei richtete sich die Beschwerde der Widerspruchsmarke „EDITION“ gegen die Eintragung der Wort-/Bildmarke „Edition Kloster Heidenheim“, welche die Markenstelle mangels Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG als zulässig angesehen hatte.
II. Die Entscheidung
Die Richter des BPatG hielten die Beschwerde jedoch für unbegründet, da zwischen der angegriffenen Marke „Edition Kloster Heidenheim“ und der prioritätsälteren Widerspruchsmarke „EDITION“ keine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 125 b Nr. 1 MarkenG bestünde.
Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen.
Diesbezüglich stellte das Gericht fest, dass sebst bei Identität der Dienstleistungen keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr i.S.d § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht, da die Widerspruchsmarke wegen ihres rein beschreibenden Anklanges über einen von Haus aus sehr geringen Schutzumfange verfüge.
"Die Widersprechende behauptet zwar eine durch Benutzung des Wortes EDITION in einer Namensserie gesteigerte Kennzeichnungskraft. Weitere Marken im Sinne einer Zeichenserie sind für sie aber nicht eingetragen. Auch trägt die Widersprechende nichts dazu vor, inwieweit das Publikum durch Benutzen an die Widerspruchsmarke gewöhnt worden ist. Dabei käme es auf die Bekanntheit der Marke in Deutschland an. Der Name der einzelnen Häuser unter der Domain „Marriott“ als „The London Edition“ oder „The Istanbul Edition“ legt eher den Sinn „Ausgabe“ im Sinne einer lokalen Version von Marriott nahe."
Wegen des geringen Schutzumfangs der Widerspruchsmarke besteht nach Ansicht des Gerichts zwischen dieser und der angegriffenen Marke trotz der Übernahme des Bestandteils „EDITION“ und der daraus resultierenden gewissen Annäherung der Marken keine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr.
Dazu käme, dass der Bildbestandteil der angegriffenen Marke zwar nicht prägend in den Vordergrund trete, aber angesichts des Aussagegehalts der Wortbestandteile vom Publikum auch nicht gänzlich unberücksichtigt bliebe. Außerdem sei die klangliche und schriftbildliche Ähnlichkeit der Kollisionszeichen als sehr gering zu bewerten. Bei der geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke führe dies dazu, dass von einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr nicht ausgegangen werden könne.
Ferner sei der Bestandteil „EDITION“ auch nicht dazu geeignet, den Gesamteindruck der angegriffenen Marke zu prägen und dadurch eine mittelbare Verwechslungsgefahr hervorzurufen.
"Die Eignung zur Prägung des Gesamteindrucks fehlt diesem mit der Wi-derspruchsmarke übereinstimmenden Bestandteil schon deshalb, weil er für die hier maßgeblichen Waren angesichts seines beschreibenden Charakters nur über eine geringe Kennzeichnungskraft verfügt. Schon die Markenstelle hat zutreffend darauf hingewiesen, das auch bei identischen Waren deshalb eine Verwechs-lungsgefahr für das Publikum nicht zu besorgen hat. Nur wenn die ältere Kenn-zeichnung in die jüngere, aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzte Marke übernommen wird und – ohne allein ihren Gesamteindruck zu prägen – eine selb-ständig kennzeichnende Stellung behält und dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck entstehen kann, dass die fraglichen Waren zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmens stammen, kann eine Verwechslungsgefahr gegeben sein."
Schlussendlich besteht auch keine markenrechtlich relevante begriffliche Verwechslungsgefahr der Marken, da die Übereinstimmung von Marken in beschreibenden Begriffen für die Annahme einer solchen nicht ausreiche. Dies gelte insbesondere für Fälle, inden wie vorliegend die Übereinstimmung in einem beschreibenden Bestandteil die einzige Gemeinsamkeit beider Marken darstelle.
III. Unser Fazit
Bei der Auswahl des Markennamens ist also unbedingt Kreativität gefragt. Rein beschreibende, werbeartige Formulierungen genügen leicht mal nicht den Anforderungen der Markenstelle, die diese dann als nicht eintragungsunfähig zurückweist.
Aber auch wenn die Marke diese erste Hürde erfolgreich überwunden hat, hängt ihr eine geringe Kennzeichenkraft lange nach. Da die Stärke der Kennzeichenkraft der prioritätsälteren Marke ein Element in der Abwägung zur Beurteilung einer Verwechslungsgefahr darstellt, darf ihre Bedeutung keineswegs unterschätzt werden.
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3 Kommentare
wie würde es bei der Unterscheidungskraft Ihrer Meinung nach aussehen, wenn ich Schokoladenbonbons "Schokoladia" nennen wollen würde? Ist hier Unterscheidungskraft gegeben oder reicht dieser Name nicht zur Kennzeichnung aus?
Viele Grüße