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Arzneimittel / Homöopathika

Freiverkäufliche Arzneimittel online verkaufen: Wann werden Händler anzeigepflichtig?

Freiverkäufliche Arzneimittel online verkaufen: Wann werden Händler anzeigepflichtig?
7 min
Beitrag vom: 15.01.2016
Aktualisiert: 11.12.2025

Viele Händler verkaufen freiverkäufliche Arzneimittel online, ohne die Anzeigepflicht nach § 67 Abs. 8 AMG zu kennen. Wann ist eine Anzeige zwingend erforderlich und welche weiteren Vorgaben müssen Händler beachten?

In der Praxis zeigt sich häufig, dass gerade diese Anzeigepflicht und die daran geknüpften Folgepflichten unterschätzt werden oder fälschlich nur für Apotheken gelten sollen.

Tatsächlich erfasst die Regulierung jedoch jede Form des Online-Handels mit Arzneimitteln – unabhängig davon, ob der Vertrieb durch eine Apotheke, ein Reformhaus, einen Drogeriemarkt oder einen sonstigen Online-Händler erfolgt.

Sobald ein Produkt als Humanarzneimittel im Sinne des § 2 AMG einzustufen ist – erkennbar etwa an einer Zulassungs- oder Registrierungsnummer (z.B. ‚Zul.-Nr.‘) – greifen die Vorgaben des Arzneimittelgesetzes (AMG).

Dabei ist für die Eintragung in das Versandhandelsregister entscheidend, dass es sich um ein Humanarzneimittel handelt. Tierarzneimittel folgen dagegen eigenen Regelungen.

Zur Klarstellung: Apothekenpflichtige Arzneimittel dürfen ausschließlich von Apotheken abgegeben werden. Nicht-Apotheken ist nur der Vertrieb freiverkäuflicher Arzneimittel erlaubt.

Gesetzliche Grundlage

Die maßgebliche Rechtsnorm für den Versandhandel mit Arzneimitteln in Deutschland ist § 67 Abs. 8 AMG.

1. Anzeigepflicht

§ 67 Abs. 8 AMG schreibt vor, dass jeder Händler, der beabsichtigt, Arzneimittel über das Internet zu vertreiben, dies vor Aufnahme der Tätigkeit bei der zuständigen Behörde anzeigen muss.

Diese Anzeige muss folgende Angaben enthalten:

  • Den Namen oder die Firma des Händlers.
  • Die Anschrift des Ortes, von dem aus die Arzneimittel versandt werden (Betriebsstätte).
  • Alle genutzten Domains und Subdomains.

Auch Verkaufsplattformen (z.B. Amazon, eBay) sind gegenüber der Landesbehörde anzugeben. Im Versandhandelsregister selbst werden jedoch regelmäßig nur die eigenständigen Shop-Domains geführt. Virtuelle Marktplätze erscheinen dort regelmäßig nicht als eigene Registereinträge.

Die Behörde übermittelt sodann die Angaben an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), damit der Händler im offiziellen Versandhandelsregister geführt werden kann.

Das Versandhandelsregister listet alle Apotheken und sonstigen Händler mit Sitz in Deutschland, die zum Online-Vertrieb von Arzneimitteln berechtigt sind. Nur wer dort eingetragen ist, darf im Wege des Versandhandels Medikamente für den Gebrauch am Menschen anbieten.

2. Pflicht zur Verwendung des EU-Sicherheitslogos

Ergänzend zur Eintragung in das Versandhandelsregister schreibt § 67 Abs. 8 AMG die Verwendung des EU-Sicherheitslogos vor.

Händler sind demnach verpflichtet

  • das gemeinsame EU-Sicherheitslogo gut sichtbar auf ihrer Website zu platzieren.
  • das Logo technisch so einzubinden, dass ein Klick darauf direkt zum individuellen Eintrag im Versandhandelsregister führt.

Wichtig: Das Logo darf erst verwendet werden, nachdem der individuelle Eintrag tatsächlich im Register veröffentlicht wurde.

Die grafische Gestaltung des EU-Sicherheitslogos ist in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 699/2014 verbindlich festgelegt. Seine Nutzung ist erst zulässig, sobald der individuelle Eintrag im Versandhandelsregister offiziell veröffentlicht wurde.

Wer ist anzeigepflichtig?

Ein häufiges Missverständnis besteht darin anzunehmen, dass nur Versandapotheken der Anzeigepflicht unterliegen. Tatsächlich knüpft § 67 Abs. 8 AMG jedoch nicht an die Betriebsart, sondern allein an das Online-Anbieten von Humanarzneimitteln an.

Anzeigepflichtig sind daher insbesondere:

  • Versandapotheken und stationäre Apotheken mit Online-Shop.
  • Online-Händler, die Natur-, Gesundheits- oder Wellnessprodukte anbieten, soweit einzelne Produkte nach § 2 AMG als nicht apothekenpflichtige Humanarzneimittel einzustufen sind (z. B. bestimmte Arzneitees oder pflanzliche Arzneizubereitungen).

Dabei ist unerheblich, ob täglich hohe Bestellmengen erzielt werden oder nur gelegentlich ein Arzneimittel verkauft wird. Bereits das bloße Bereitstellen zum Verkauf eines Humanarzneimittels im Online-Shop löst die Anzeigepflicht aus.

Wann ist ein Produkt ein Arzneimittel?

Die Einstufung eines Produkts erfolgt nach § 2 AMG – und diese Definition ist bewusst weit gefasst.

1. Definition Arzneimittel

Als Arzneimittel gelten Stoffe und Zubereitungen, die:

  • zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bestimmt sind, oder
  • physiologische Funktionen beeinflussen und als solche präsentiert werden.

Trägt ein Produkt eine Zulassungsnummer (z. B. ZNR), handelt es sich eindeutig um ein Humanarzneimittel.

2. Apothekenpflichtige vs. apothekenfreie Arzneimittel

Das Arzneimittelrecht unterscheidet zwischen Produkten, die nur in Apotheken abgegeben werden dürfen, und solchen, die auch im freien Handel erhältlich sind.

a. Apothekenpflichtige Arzneimittel

Diese Produkte dürfen

  • ausschließlich in Apotheken verkauft werden,
  • nicht in Drogerien, Reformhäusern, Supermärkten oder durch Marketplace-Händler vertrieben werden,
  • online nur von zugelassenen Apotheken angeboten werden.
  • Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol
  • Nasensprays mit Xylometazolin
  • Zahlreiche pflanzliche Arzneimittel (z. B. Johanniskraut in Arzneimittelqualität)
  • Homöopathische Arzneimittel, soweit apothekenpflichtig

Für alle Händler jenseits des Apothekenbetriebs gilt: Ein Verkauf ist unzulässig und kann zu wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen sowie behördlichen Maßnahmen führen.

b. Nicht-apothekenpflichtige (apothekenfreie) Arzneimittel

Die nachfolgenden Produkte dürfen dagegen auch von Nicht-Apotheken verkauft werden, sofern keine weitere Beschränkungen bestehen:

  • Arzneitees (Kamillenblüten, Pfefferminzblätter, Fenchel)
  • Säuglings- und Kinderteemischungen mit Arzneimittelzulassung
  • Heilbäder und medizinische Badesalze
  • Mittel gegen Mund- und Rachenreizungen (z. B. bestimmte Lutschpastillen)
  • Apothekenfreie pflanzliche Arzneimittel
  • arzneiliche Hautpflegemittel (z. B. Zink-Schüttelmixturen)

Schritt für Schritt zum rechtssicheren Online-Vertrieb von Arzneimitteln

Damit Humanarzneimittel rechtssicher online vertrieben werden dürfen, gibt der Gesetzgeber ein strukturiertes Verfahren vor. Dabei ist der erste notwendige Schritt die Anzeige nach § 67 Abs. 8 AMG bei der zuständigen Landesbehörde.

Erst nach dieser Anzeige und der anschließenden Eintragung ins Versandhandelsregister darf der Versandhandel aufgenommen und das EU-Sicherheitslogo verwendet werden.

1. Zuständigkeit klären

Bevor eine Anzeige nach § 67 Abs. 8 AMG abgegeben werden kann, ist zunächst zu bestimmen, welche Behörde überhaupt zuständig ist.

Die Arzneimittelüberwachung liegt in Deutschland in der Verantwortung der Bundesländer. Daher unterscheiden sich die zuständigen Stellen je nach Unternehmenssitz – teilweise erheblich.

Zur Orientierung stellt die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz (ZLG) auf ihrer Themenseite zur Arzneimittelüberwachung eine Übersicht der jeweiligen Landesbehörden bereit. Auf dieser Grundlage lässt sich bestimmen, wo Händler ihre Anzeige einreichen müssen.

Im Ergebnis ergibt sich folgendes behördliches Zuständigkeitsgefüge für die Arzneimittelüberwachung in den Bundesländern:

BundeslandZuständige LandesbehördeBemerkung
Baden-WürttembergRegierungspräsidien (Tübingen, Karlsruhe, Stuttgart, Freiburg)Vollzug AMG, GMP-Überwachung (RP Tübingen als Leitstelle).
BayernRegierungspräsidien (z. B. Regierung von Oberbayern, Oberfranken)Vollzug AMG, Überwachung Hersteller & Einzelhandel.
BerlinLandesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo)Zuständig für Hersteller/Großhandel (Gesundheitsämter nur lokal).
BrandenburgLandesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz & Gesundheit (LAVG)Landesweite Überwachung.
BremenDie Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz-
HamburgBehörde für Justiz und Verbraucherschutz (Amt für Verbraucherschutz)Abteilung Pharmaziewesen.
HessenHessisches Landesamt für Gesundheit und Pflege (HLfGP), DarmstadtÜberwachung des Verkehrs mit Humanarzneimitteln (Groß- und Einzelhandel, inkl. Online-Vertrieb)
Mecklenburg-VorpommernLandesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS)Überwachung Verkehr mit Arzneimitteln.
NiedersachsenStaatliche Gewerbeaufsichtsämter (z. B. Hannover, Lüneburg)Wichtig: Überwachung/Inspektion (LAVES ist nur das Untersuchungslabor).
Nordrhein-WestfalenBezirksregierungen (z. B. Köln, Düsseldorf, Münster, Arnsberg, Detmold)Dezentrale Überwachung und AMG-Kontrolle.
Rheinland-PfalzLandesamt für Soziales, Jugend und Versorgung (LSJV)Wichtig: Überwachung/Erlaubnisse (LUA ist nur das Untersuchungslabor).
SaarlandMinisterium für Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit des SaarlandesArzneimittelüberwachung
SachsenLandesdirektion SachsenLandesweite Zuständigkeit (Referat Pharmazie).
Sachsen-AnhaltLandesverwaltungsamt (Referat Arzneimittel- und Apothekenwesen)Überwachung, Kontrolle.
Schleswig-HolsteinLandesamt für Arbeitsschutz, Soziales und GesundheitArzneimittelüberwachung
ThüringenThüringer Landesamt für Verbraucherschutz (TLV)Dezernat für Pharmazie / Arzneimittelüberwachung.

2. Anzeige gemäß § 67 Abs. 8 AMG

Die Anzeige erfolgt bei der ermittelten Landesbehörde häufig über bereitgestellte Formulare.

Wichtig dabei ist die vollständige Angabe aller Vertriebskanäle:

  • Eigene Webshop-Domains.
  • Subdomains und Landingpages.
  • Profile auf Drittplattformen (unter Angabe des konkreten Händlernamens und Links).

3. Eintragung in das Versandhandelsregister

Die Landesbehörde prüft die Angaben und leitet diese an das "Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte" (BfArM) weiter. Das BfArM führt das Versandhandelsregister und macht die Daten sodann - sollte es keine Eintragungshindernisse geben - öffentlich zugänglich.

Erst mit Erscheinen des Eintrags ist der Händler berechtigt, den Versandhandel von Arzneimitteln aufzunehmen und das EU-Sicherheitslogo zu führen.

4. EU-Sicherheitslogo korrekt einbinden

Die richtige Einbindung des Logos stellt eine häufige Fehlerquelle dar.

Folgendes sollten Online-Händler beachten:

  • Das Logo muss gut sichtbar auf allen Seiten erscheinen, auf denen Humanarzneimittel angeboten werden.
  • Es muss exakt nach den Vorgaben der EU-Verordnung eingebunden sein.
  • Der integrierte Hyperlink muss direkt auf den individuellen Registereintrag führen – nicht auf eine Übersichtsseite.

Rechtliche Konsequenzen bei Verstößen

Die Nichteinhaltung der Vorschriften zum Versandhandel mit Humanarzneimitteln zieht verschiedene rechtliche Konsequenzen nach sich.

  • Verwaltungsrechtliche Maßnahmen (Vertriebsverbot): Der Online-Verkauf von Humanarzneimitteln ohne vorherige Anzeige ist unzulässig. Die zuständigen Aufsichtsbehörden können in solchen Fällen den Vertrieb komplett untersagen.
  • Wettbewerbsrechtliche Relevanz: Ein fehlendes oder fehlerhaft verlinktes Sicherheitslogo sowie ein fehlender Registereintrag stellen in der Regel einen Verstoß gegen § 3a UWG dar.
  • Ordnungswidrigkeiten: Verstöße gegen die Anzeigepflichten können von den Landesbehörden als Ordnungswidrigkeit geahndet und mit Bußgeldern belegt werden.

Fazit

Der Online-Vertrieb von Humanarzneimitteln unterliegt strengen gesetzlichen Anforderungen – und diese gelten nicht nur für Apotheken, sondern für jeden Händler, der Produkte mit Arzneimittelzulassung im Internet anbietet.

Maßgeblich ist allein die Einstufung des Produkts als Arzneimittel nach § 2 AMG. Damit ist jeder Anbieter verpflichtet, vor Aufnahme des Verkaufs eine Anzeige nach § 67 Abs. 8 AMG bei der zuständigen Landesbehörde zu erstatten, die Eintragung im Versandhandelsregister abzuwarten und das EU-Sicherheitslogo korrekt einzubinden.

Gerade in der Praxis zeigt sich, dass Händler diese Pflichten häufig unterschätzen oder fälschlich davon ausgehen, die Regelungen beträfen ausschließlich Apotheken. Doch bereits das bloße Bereitstellen eines Humanarzneimittels – selbst eines apothekenfreien – löst die Anzeigepflicht aus.

Fehler wie eine unvollständige Domainmeldung oder ein falsch verlinktes Sicherheitslogo können schnell zu Wettbewerbsverstößen, behördlichen Maßnahmen und empfindlichen Bußgeldern führen.

Wer Humanarzneimittel online vertreiben möchte, sollte daher frühzeitig prüfen, ob sein Sortiment arzneimittelrechtlich relevante Produkte enthält, und die gesetzlichen Vorgaben sorgfältig umsetzen. Nur so lässt sich ein rechtssicherer Vertrieb gewährleisten und das Risiko kostspieliger Abmahnungen oder Vertriebsverbote vermeiden.

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