Ab 13. Januar 2018: Aufschläge für Überweisungen, Lastschriften, Visa und Mastercard verboten

Hinweis:
Interessante weiterführende Informationen zum Thema hat die IT-Recht Kanzlei in ihrem Beitrag
"Verbot von Extra-Kosten für bargeldlose Zahlungsmittel: Ermäßigungen und Anreizsysteme ab dem 13.01.2018 nicht mehr erlaubt?"
veröffentlicht.
Händler dürfen in Zukunft keine gesonderten Gebühren mehr für Kartenzahlungen, Überweisungen und Lastschriften verlangen. Auch kostendeckende Aufschläge dürfen nicht mehr erhoben werden. Welche praktischen Konsequenzen dies für Händler hat und welche Zahlungsmittel konkret betroffen sind, erfahren Sie im Folgenden.
Inhaltsverzeichnis
- A. Rechtlicher Hintergrund: Umsetzung der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie der EU
- B. Status quo im Payment: Zusätzliche Gebühren erlaubt
- C. Bundestag beschließt Verbot von Extra-Kosten für Kartenzahlungen
- D. Verbot von Extra-Kosten: Welche bargeldlosen Zahlungsmittel sind betroffen?
- I. Überweisungen und Lastschriften in Euro, auf die die SEPA-Verordnung anwendbar ist
- II. Zahlungskarten, auf die Kapitel II der MIF-Verordnung anwendbar ist
- III. Aufschläge für die Nutzung von PayPal weiterhin erlaubt?
- E. Folgen für Händler: Anpassung von AGB und technischen Systemen bis Januar 2018
- F. Fazit
A. Rechtlicher Hintergrund: Umsetzung der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie der EU
Der Bundestag hat in seiner Sitzung vom 1. Juni 2017 das „Gesetz zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie“ beschlossen. Rechtlicher Hintergrund des Gesetzes ist die zweite Zahlungsdiensterichtlinie der EU (Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015), die bis zum 13. Januar 2018 von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen ist.
Ziel der Zahlungsdiensterichtlinie ist unter anderem die Fortentwicklung eines europäischen Binnenmarkts für unbare Zahlungen. Viele Verbraucher in den EU-Mitgliedstaaten waren insbesondere dadurch verwirrt, dass das sogenannte „Surcharching“ in einigen Mitgliedstaaten zulässig ist, in anderen hingegen nicht.
Beim „Surcharging“ verlangt der Zahlungsempfänger gegenüber dem Zahler ein Entgelt dafür, dass dieser ein bargeldloses Zahlungsmittel einsetzt, um seine Schuld gegenüber der Bank zu begleichen. Häufigster Praxisfall des „Surcharching“: Der Händler verlangt vom Kunden Entgelte für Kreditkartenzahlungen, sprich der Kunde muss einen Aufschlag zahlen, wenn er bspw. im Online-Shop per Kreditkarte bezahlt.
Durch Art. 62 Abs. 4 der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie wird Surcharging grundsätzlich in der gesamten EU verboten werden.
B. Status quo im Payment: Zusätzliche Gebühren erlaubt
Schon nach bisheriger Rechtslage gibt es in Deutschland ein (eingeschränktes) „Surcharging-Verbot“. Nach § 312a Abs. 4 BGB müssen Händler ihren Kunden mindestens eine kostenlose Zahlungsart im Check-out bieten. Andere Bezahlwege können Händler dann mit zusätzlichen Gebühren versehen, solange das vereinbarte Entgelt nicht über die Kosten hinausgeht, die dem Unternehmer durch die Nutzung des Zahlungsmittels entstehen.
Kostendeckende Aufschläge sind nach bisheriger Rechtslage somit grundsätzlich zulässig.
C. Bundestag beschließt Verbot von Extra-Kosten für Kartenzahlungen
Durch das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie wird sich das nun ändern. Das Gesetz fügt einen § 270a BGB ein, der lautet:
„Eine Vereinbarung, durch die der Schuldner verpflichtet wird, ein Entgelt für die Nutzung einer SEPA-Basislastschrift, einer SEPA-Firmenlastschrift, einer SEPA-Überweisung oder einer Zahlungskarte zu entrichten, ist unwirksam. Satz 1 gilt für die Nutzung von Zahlungskarten nur bei Zahlungsvorgängen mit Verbrauchern, wenn auf diese Kapitel II der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (ABl. L 123 vom 19.5.2015, S. 1) anwendbar ist.“
Nach der Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Umsetzung der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (BT-Drs. 18/11495, S. 83) dürfen für „besonders gängige bargeldlose Zahlungsmittel“ keine kostendeckenden Aufschläge mehr vereinbart werden.
D. Verbot von Extra-Kosten: Welche bargeldlosen Zahlungsmittel sind betroffen?
Als „besonders gängige“ Zahlungsmittel stuft das Gesetz
- Überweisungen und Lastschriften in Euro, auf die die SEPA-Verordnung anwendbar ist und
- Zahlungskarten, auf die Kapitel II der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (MIF-Verordnung – Abl. L 123 vom 19.5.2015, S. 1) anwendbar ist,
ein.
I. Überweisungen und Lastschriften in Euro, auf die die SEPA-Verordnung anwendbar ist
Die SEPA-Verordnung gilt für alle Überweisungen und Lastschriften innerhalb der EU, bei denen entweder der Zahlungsdienstleister des Zahlers und der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers oder der einzige am Zahlungsvorgang beteilige Zahlungsdienstleister im EU-Gebiet ansässig ist. Unerheblich ist, ob die Zahlungen
- vom Verbraucher an einen Unternehmer
- vom Unternehmer an einen anderen Unternehmer
- vom Unternehmer an einen Verbraucher
- vom Verbraucher an einen anderen Verbraucher
erfolgen.
Die Folge: Die SEPA-Verordnung erfasst alle Zahlungsvorgänge, die mittels einer SEPA-Überweisung, SEPA-Basislastschrift oder SEPA-Firmenlastschrift abgewickelt werden, unabhängig davon, ob der Zahler ein Verbraucher ist. Für diese Zahlungsvorgänge dürfen ab Inkrafttreten des Gesetzes keine kostendeckenden Aufschläge mehr erhoben werden.
II. Zahlungskarten, auf die Kapitel II der MIF-Verordnung anwendbar ist
Unter Kapitel II der MIF-Verordnung fallen alle Debit-und Kredit-Karten, die Verbrauchern von sogenannten Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren ausgestellt werden. Dazu gehören die gängigsten Kartenzahlverfahren in der Bundesrepublik, insbesondere die VISA und Mastercard.
Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren fallen nicht unter das „Surcharching-Verbot“. Dazu gehört insbesondere American Express. Hintergrund dessen ist, dass das vom Kartenemittenten zu entrichtende Entgelt nicht reguliert ist. Die fehlende Deckelung der Gebühren führt dazu, dass eventuell hohe Gebühren für die Nutzung eines Drei-Parteien-Kartenzahlverfahrens anfallen. Händler würden die Einnahmedefizite über generelle Preiserhöhungen auf Verbraucher abwälzen, die dann die Gebühren einiger weniger Karteninhaber tragen müssten.
Die Folge: Händler dürfen ab Inkrafttreten des Gesetzes keine kostendeckenden Aufschläge für die Nutzung von VISA und Mastercard erheben.
III. Aufschläge für die Nutzung von PayPal weiterhin erlaubt?
UPDATE 18.12.2018: Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 13.12.2018, Az.: 17 HK O 7439/18 festgestellt, dass auch für die Nutzung der Zahlungsart Paypal kein Zahlungsentgelt erhoben werden darf. Die nachfolgenden Aussagen zu Paypal sind insoweit als veraltet anzusehen!
Kunden, die den Payment-Anbieter PayPal nutzen, hinterlegen auf ihrem PayPal-Konto eines oder mehrere Bankkonten sowie eine oder mehrere Kreditkarten als Zahlungsquelle. PayPal bietet auch die Möglichkeit einer Zahlung per Lastschrift an. Es handelt sich daher bei den PayPal-Transaktionen entweder um SEPA-Überweisungen, SEPA-Lastschriften oder Kreditkartenzahlungen.
Obwohl daher die Nutzung von PayPal theoretisch vom Anwendungsbereich des neuen Surcharching-Verbots erfasst ist, sind Aufschläge für die Nutzung des Payment-Anbieters wohl weiterhin zulässig. Dies ergibt sich aus der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses (BT-Drs. 18/12568). Danach haben die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD nach „intensiven Beratungen beschlossen, dass man […] keine Ausweitung auf 3-Parteien-Systeme und PayPal vornehmen wolle“ (BT-Drs. 18/12568, S. 175). Gebühren für die Nutzung von PayPal sind somit wohl weiterhin gesetzlich zulässig.
Aber Achtung: PayPal ändert zum 9. Januar 2018 seine AGB. Ab diesem Datum ist es Händlern laut den Geschäftsbedingungen des Zahlungsdienstleisters untersagt, für die Nutzung von PayPal Aufschläge zu verlangen.
Konkret heißt es dazu in den AGB: „Sie sind als Händler nicht berechtigt, ein Zahlungsmittelentgelt für die Nutzung der PayPal-Services als Zahlungsmethode in Ihrem Online-Shop zu erheben („Surcharging“)“.
Verstößt ein Händler gegen das von PayPal auferlegte „Surcharging“-Verbot, behält sich PayPal das Recht vor, das Konto des Händlers zu sperren.
Das bedeutet: Verlangt ein Händler für die Nutzung des Zahlungsdiensts PayPal kostendeckende Aufschläge, verstößt er damit zwar nicht gegen § 270a BGB, jedoch gegen die AGB von PayPal. Die Folge: Es besteht die Gefahr, dass das PayPal-Konto des Händlers gesperrt wird.
Update vom 13.01.2020:
Das OLG München hat mit Urteil vom 10.10.2019 (Az. 29 U 4666/18) entschieden, dass die Berechnung eines Entgelts für die Nutzung der Zahlungsmöglichkeiten Sofortüberweisung und PayPal nicht gegen das in § 270a BGB normierte „Surcharging-Verbot“ verstößt.
Im Falle von PayPal ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass PayPal die Berechnung entsprechender Entgelte durch den Händler im Rahmen seiner AGB ausdrücklich verbietet (vgl. https://www.paypal.com/de/webapps/mpp/ua/useragreement-full?locale.x=de_DE#receive-payment):
"Als Händler dürfen Sie keinen Aufschlag für die Nutzung der PayPal-Dienste erheben, einschließlich, aber nicht beschränkt auf zusätzliche "Dienstleistungsgebühren", höhere Versandkosten im Vergleich zu den Versandkosten bei Verwendung anderer Zahlungsmethoden oder andere zusätzliche Gebühren, die Sie Ihren Kunden für die Nutzung der PayPal-Dienste berechnen. Das Verlangen von Aufschlägen ist eine verbotene Aktivität."
Bei einem Verstoß gegen diese Vorgabe droht PayPal drastische Maßnahmen (vgl. https://www.paypal.com/de/webapps/mpp/ua/useragreement-full?locale.x=de_DE#restricted-activities1) an. Unabhängig von der Frage, ob eine solche Regelung in AGB nach deutschem Recht überhaupt wirksam ist, sollten Händler auch dies bei Ihrer Risikoabwägung berücksichtigen.
E. Folgen für Händler: Anpassung von AGB und technischen Systemen bis Januar 2018
Händler, die aktuell Gebühren auf bspw. Zahlungen per Kreditkarte erheben, können die Kosten, die ihnen selbst für die Entgegennahme des Zahlungsmittels entstehen, nicht mehr auf den Kunden umlegen. Ebenfalls unzulässig ist die Einräumung von Ermäßigungen oder Anreizsystemen für bestimmte Zahlungsarten.
Dementsprechend müssen alle Unternehmen im E-Commerce, die Kartenzahlungen anbieten, ihre AGB ändern sowie die technischen Systeme, mit denen Entgelte automatisiert vereinbart und abgerechnet werden können, an die neue Rechtslage anpassen. Die Änderungen treten zum 13. Januar 2018 in Kraft.
Wer nach Inkrafttreten weiterhin Aufschläge für bestimmte Zahlungsarten erhebt, muss mit wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen rechnen. Zudem kann der Kunde die ohne Rechtsgrund erhobenen Gebühren zurückverlangen und/oder eine Beschwerde bei der OS-Plattform einreichen und eine Schlichtungsstelle anrufen.
F. Fazit
Das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie stellt Shop-Betreiber vor eine große Herausforderung. Bis zum 13. Januar 2018 müssen diese ihre AGB und technischen Systeme der neuen Rechtslage anpassen. Wer nach diesem Stichtag noch Gebühren für Zahlungsarten erhebt, muss mit (teuren) wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen rechnen.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.
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26 Kommentare
Wenn ich Paypal als Zahlungsmethode anbiete, kommt der Kauf nur in den Verkäuferschutz, wenn ich auch versichert versende (sonst könnte der Käufer behaupten, keine Ware bekommen zu haben). Das heißt, gegenüber einem mit dem Käufer einvernehmlich vereinbarten Versand auf Risiko des Käufers z.B. als Brief ist ein Aufpreis (z.B. Einschreiben) nötig. Da mich Paypal gegenüber der Betrugsmöglichkeit des Käufers NICHT schützt, sehe ich die Vorschrift in den AGB/Vorschriften als nicht haltbar...
Man wird dadurch mit Geldstrafen zu einer Lastschrift gedrückt.
Bei einer Nachfrage erhielten wir eine Antwort, dass diese Gebühr in der AGB sei und gegen nichts verstoße, weil es sich um ein Dienstleistungsunternehmen und kein Händler wie in dem Beispiel hier handelt.
Ist das wirklich so?
Hierzu sehe ich noch keinen Beitrag. Wenn solche Aufschläge verboten sind, warum wird dieser Betrag immer noch in Rechnung gestellt.
kann einie hausverwaltung 8€ im monat verlangen für eine nicht teilnahme am lastschrift verfahren weil sie es angeblich nicht zum wunschtermin abbuchen können
???
danke für eine antwort ???
mfg