Wer haftet für Rechtsverstöße durch KI?

Wenn KI mit Infos gefüttert wird (Input) bzw. Infos erzeugt (Output), können hierbei Fehler geschehen, die gegen Gesetze und sonstiges Recht verstoßen - etwa bei KI-generierten Produktfotos und -beschreibungen. Wer haftet in einem solchen Fall?
Welche Rechtsverstöße durch KI sind denkbar?
Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen oder sonstiges Recht durch Künstliche Intelligenz (KI) sind auf verschiedenen Ebenen in unterschiedlichen Rechtsgebieten denkbar, wie etwa im Folgenden auszugsweise dargestellt:
- Deliktsrecht: Vollautomatisierte KI-gesteuerte Dienste können falsche Informationen generieren und veröffentlichen, die absolut geschützte Rechte Dritter verletzen könnten, wie etwa das sog. Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb oder Persönlichkeitsrechte. Beispielsweise könnten unwahre Tatsachen über Personen des öffentlichen Lebens (Politiker, Prominente, etc.) automatisiert generiert und etwa im Internet veröffentlicht werden, die von Rechts wegen nicht veröffentlicht werden dürften.
- Datenschutzrecht: Dasselbe gilt im Hinblick auf personenbezogene Daten. Eine KI könnte aus Datenbanken personenbezogene Daten entnehmen, diese verarbeiten, speichern und auch an Dritte (z.B. andere Personen oder Unternehmen) weitergeben, ohne dass dies aus datenschutzrechtlicher Sicht zulässig wäre.
- Urheberrecht: Eine KI könnte urheberrechtlich geschützten Content aufgreifen, bearbeiten und veröffentlichen, ohne dass der Urheber oder sonstige Rechteinhaber dies erlaubt hätten oder dies urheberrechtlich in sonstiger Weise gestattet wäre.
- Markenrecht: Markenrechtlich geschützte Labels, Logos und Begriffe könnten durch KI in einer Weise verwendet werden, ohne dass die Inhaber des Markenrechts dem zugestimmt haben. Bei zur Verwendung in Webshops KI-generierten Produktbeschreibungen ist dies bereits vorgekommen.
- Produkthaftungsrecht: Durch Fehler in einer KI könnten Personen verletzt oder sogar getötet werden, etwa wenn eine KI Falschinformationen über die Verträglichkeit von Lebensmitteln oder Medikamenten verbreitet und Menschen sich berechtigterweise darauf verlassen dürfen.
Dies ist nur ein grober Überblick - Gesetzes- bzw. Rechtsverstöße, die zumindest (auch) durch KI verursacht werden, könnten in vielen weiteren Bereichen vorkommen.
Haftet die KI selbst?
Nein, eine KI haftet für durch sie (mit-)verursachte Rechtsverletzungen nicht selbst.
Eine KI ist kein Rechtssubjekt, wie etwa eine natürliche oder juristische Person. Die KI kann daher nicht Adressat von gesetzlichen bzw. rechtlichen Pflichten sein, die sie verletzen könnte, und die letztlich zu ihrer Haftung führen könnte. Auch verfügt die KI nicht über ein eigenes Vermögen, das insoweit als Haftungsmasse dienen könnte.
Statt der KI kommt daher vielmehr die Haftung von Personen, Unternehmen oder sonstigen Organisationen in Betracht, die KI entwickeln, anbieten oder betreiben, d.h. einsetzen.
Haftet der Anbieter einer KI?
Ja, eine Haftung von Anbietern von KI-Systemen für durch KI (mit-)verursachte Rechtsverletzungen könnte bestehen.
Anbieter eines KI-Systems ist die Person, das Unternehmen oder die Organisation, die ein KI-System entwickelt oder entwickeln lässt und es unter eigenem Namen oder Handelsmarke in Verkehr bringt oder das KI-System unter ihrem eigenen Namen oder ihrer Handelsmarke in Betrieb nimmt. Keine Rolle spielt dabei, ob dies entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt. Anbieter sind somit quasi die Hersteller von KI-Systemen.
Anbieter von KI-Systeme haften gemäß den produktrechtlichen Vorgaben für (systemische) Fehler ihrer KI-Systeme. Führen diese Fehler zur Verstößen gegen Gesetze oder sonstiges Recht, können die Anbieter der KI-Systeme hierfür verantwortlich sein, was eine Übernahme einer Haftung für Schäden zur Folge haben kann.
Haftet der Betreiber einer KI?
Ja, auch eine Haftung von Betreibern von KI-Systemen für durch KI (mit-)verursachte Rechtsverletzungen könnte bestehen.
Betreiber eines KI-Systems ist die Person, das Unternehmen oder die Organisation, die ein KI-System in eigener Verantwortung - im professionellen Bereich - verwendet. Unternehmen, wie z.B. Webshop-Betreiber, die KI-Software im eigenen Online-Shop einsetzen, sind somit Betreiber eines KI-Systems i.S.d. KI-Gesetzes der EU und unterliegen den gesetzlichen Pflichten eines Betreibers von KI.
Solche Betreiber von KI-Systemen können zumindest einer sog. Störerhaftung unterliegen und damit auf Beseitigung und Unterlassung von durch ihre KI (mit-)verursachte Rechtsverletzungen haften. Hierzu sind bereits erste Gerichtsentscheidungen ergangen.
Haften Betreiber von KI als Störer oder als Täter?
Ob Betreiber von KI bei Gesetzesverstößen als Täter oder als Störer haften, ist noch nicht abschließend geklärt bzw. dürfte von den Umständen des jeweiligen Falles abhängen.
Die Unterscheidung, ob jemand bei einer Rechtsverletzung Täter und Störer ist, wirkt sich vor allem auf die Rechtsfolgen aus:
- So haftet der Störer nur auf Beseitigung und Unterlassung, während der Täter bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen auch zum Schadensersatz verpflichtet ist.
- Dabei ist Täter derjenige, der eine Rechtsverletzung selbst begeht.
- Störer ist hingegen jemand, der bewusst oder pflichtwidrig bei einer Rechtsverletzung (bloß) mitwirkt.
Das Landgericht Kiel (LG Kiel, Urteil vom 29. Februar 2024 - Az. 6 O 151/23) hielt den Anbieter eines KI-gesteuerten Wirtschaftsinformationsdienstes für einen Störer hinsichtlich der Rechtsverletzungen, die durch die KI generierten Falschinformationen zum Vermögensstand eines Unternehmens verursacht worden sind.
Der Wirtschaftsinformationsdienst hatte automatisch falsche Angaben über ein mittelständisches Unternehmen veröffentlicht. Es hieß, die Firma solle aufgrund von Vermögenslosigkeit aus dem Handelsregister gelöscht werden. Diese Information war jedoch fehlerhaft und resultierte aus einer Verwechslung im automatisierten System.
Das Gericht nahm in diesem Fall eine Haftung desjenigen Unternehmens als Störer auf Beseitigung und Unterlassung an, das den KI-Wirtschaftsdienst im Internet einsetzte.
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