Neue Serie der IT-Recht-Kanzlei: Das deutsche Urheberrecht nach seiner Novellierung aus IT-rechtlicher Sicht (Teil 7: Nutzungsrechte an Software)

Neue Serie der IT-Recht-Kanzlei: Das deutsche Urheberrecht nach seiner Novellierung aus IT-rechtlicher Sicht (Teil 7: Nutzungsrechte an Software)
24.03.2010 | Lesezeit: 7 min

Die zahlreichen Änderungen des Urhebergesetzes, die nach der am 01.01.2008 in Kraft getretenen Novellierung des Urheberrechts (zweiter Korb) erlassen worden sind, veranlassten die IT-Recht-Kanzlei zur Überarbeitung und erneuten Veröffentlichung dieser Serie. Von den Gesetzesänderungen sind insbesondere alle Urheber, Verwerter und Nutzer von digitalen Werken betroffen. Der Aufklärungsbedarf ist weiterhin groß. Die IT-Recht-Kanzlei will mit der neuen Serie das Urheberrecht samt der Änderungen, insbesondere aus IT-rechtlicher Sicht, darstellen.
Der folgende Beitrag (Teil 7) beschäftigt sich mit der Einräumung von Nutzungsrechten an Software.

I. Begriff

Das Urheberrecht selbst ist zwar vererbbar, aber ansonsten grundsätzlich unübertragbar. Der Urheber kann seine Rechte gemäß § 69c UrhG aber wirtschaftlich verwerten (Verwertungsrechte), in dem er einem anderen diese Rechte durch Vertrag ganz oder teilweise einräumt. Für diese Rechte, die ein Dritter erhält, spricht das Gesetz in § 31 Abs.  1 UrhG von Nutzungsrechten. Die Nutzungsrechtseinräumungen werden in der Praxis oft „Lizenzen“ genannt. Unter „Lizenzen“ werden aber oft die unterschiedlichsten Rechtseinräumungen verstanden. Angesichts dieser unklaren Terminologie wird im Folgenden der eindeutige Begriff der Nutzungsrechtseinräumung verwandt.

II. Art der übertragenen Nutzungsrechte

Nutzungsrechte werden gemäß § 31 Abs.1 UrhG in einfache und ausschließliche Nutzungsrechte aufgeteilt. Ebenfalls können sie zeitlich befristet und räumlich und inhaltlich begrenzt werden. Nutzungsrechte sind übertragbar. Grundsätzlich bedarf es hierfür aber der Zustimmung des Urhebers. Eine Ausnahme hiervon besteht für das Verbreitungsrecht im Falle der Erschöpfung (siehe Beitrag: Erschöpfungsgrundsatz).

1. Ausschließliches Nutzungsrecht

Von einem ausschließlichen Nutzungsrecht spricht man, wenn der Nutzungsberechtigte die Nutzungsrechte allein, d.h. unter Ausschluss aller Personen, einschließlich des Urhebers nutzen darf. Wenn gemäß § 31 Abs. 3 S. 2 UrhG vereinbart wird, dass das Nutzungsrecht zwar gegen Dritte wirkt, dem Urheber allerdings die Nutzung vorbehalten bleibt, spricht man von einer eingeschränkten Ausschließlichkeit. Das ausschließliche Nutzungsrecht wird unstreitig als dingliches Recht analog dem Eigentumsrecht angesehen. Das heißt, dass der Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechtes wie der Urheber gegen Verletzer vorgehen kann. Er hat somit die in den §§ 97 ff. UrhG geregelten Ansprüche.

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2. Einfaches Nutzungsrecht

Die Einräumung des einfachen Nutzungsrechtes bedeutet lediglich, dass der Nutzungsnehmer berechtigt ist, das entsprechende Werk auf die erlaubte Art zu nutzen, ohne jedoch den Urheber oder andere Nutzungsberechtigte ausschließen zu können.

Beispiel:

Nutzungsrechte an Standardsoftware

Bei der Nutzung von Standardsoftware werden meist nur einfache Nutzungsrechte eingeräumt. Der Lizenznehmer darf die Software, z.B. eine Datenbanksoftware, im vertraglich vereinbarten Umfang neben dem Urheber nutzen. Er wird hierzu das einfache Nutzungsrecht erhalten müssen, zum Laden, Anzeigen, Ablaufen, Übertragen und Speichern des Programms gemäß § 69 c Nr. 1 UrhG. Auch die Vervielfältigung (in den Arbeitspeicher) ist erlaubt, soweit diese notwendig ist, um das Programm zu nutzen.

Es ist strittig, ob auch einfache Nutzungsrechte dinglichen Charakter haben, oder ob das einfache Nutzungsrecht lediglich eine schuldrechtliche Benutzungsbefugnis darstellt.

Die herrschende Meinung sieht aber auch im einfachen Nutzungsrecht ein dingliches Recht.

3. Zeitliche Begrenzung

Nutzungsrechte können zeitlich befristet eingeräumt werden, z.B. für unbestimmte Zeit mit einer Kündigungsfrist oder für einen bestimmten Zeitraum. Eine Kündigung vorab ist in letzterem Fall nur außerordentlich möglich.

4. Räumliche Begrenzung

Nutzungsrechte können räumlich territorial begrenzt werden, etwa auf das Bundesland Bayern, auf die Bundesrepublik Deutschland oder auf den deutschsprachigen Raum usw. Darüber hinaus ist auch die weltweite Einräumung, d.h. räumlich unbegrenzte Einräumung von Nutzungsrechten, möglich.

5. Quantitative und inhaltliche Begrenzung (Lizenzmodelle)

Das Nutzungsrecht kann auch quantitativ und inhaltlich wie folgt beschränkt werden:

  • Einfachlizenz: Der Anwender darf die Software auf einer Hardware nutzen. Wird die Hardware vertraglich bestimmt, spricht man von einer CPU-Klausel oder OEM-Lizenz (siehe hierzu Erschöpfungsgrundsatz).
  • Mehrfachlizenz: Der Anwender darf die Software auf mehreren Geräten gleichzeitig nutzen. Es kann auch die Anzahl der Nutzer vorgeschrieben werden. Wird die Nutzung an bestimmte natürliche Personen geknüpft, spricht man von einer Named User Lizenz (siehe hierzu Erschöpfungsgrundsatz).

Beispiel:

  • Es dürfen maximal 1000 Terminals an ein System, das mit der Software arbeitet, angeschlossen werden.
  • Eine Firma, Schule oder Universität erhält die Nutzungsmöglichkeit auf beliebig vielen Rechnern mit beliebig vielen Nutzern.

III. Einräumung durch Vertrag

Die Einräumung der Nutzungsrechte an der Software erfolgt auf der Grundlage eines Vertrages. Dieser wird in der Regel Lizenzvertrag genannt.

1. Vertragstypologische Einordnung des Softwarevertrages

Bei der Überlassung von Software muss unterschieden werden zwischen Standardsoftware und Individualsoftware. Bei Standardsoftware handelt es sich um vorgefertigte Softwareprogramme, die für die Bedürfnisse einer Mehrzahl von Kunden am Markt und nicht speziell vom Auftragnehmer für den Auftraggeber entwickelt wurden. Individualsoftware wird für den Auftraggeber individuell erstellt. Die vertragstypologische Einordnung wird wie folgt vorgenommen:

  • Nutzungsrechte an Standardsoftware werden auf Dauer gegen Einmalvergütung oder befristet gegen periodische Vergütung eingeräumt. Die herrschende Meinung geht hier im ersten Fall von einem Kaufvertrag und im zweiten Fall von einem Mietvertrag aus.
  • Individualsoftwareerstellung unterliegt je nach Einschätzung entweder dem Werklieferungsrecht und damit letztlich dem Kaufrecht, dem Werkvertragsrecht oder dem Dienstvertragsrecht.

2. Kein Abstraktionsprinzip bei Softwareverträgen

Nach herrschender Meinung gilt für die Übertragung des Nutzungsrechts nicht das Abstraktionsprinzip. Das Abstraktionsprinzip ist eine Eigentümlichkeit des deutschen Rechts. Es bedeutet, dass der schuldrechtliche Vertrag, d.h. die gegenseitigen Verpflichtungen, und der dingliche Vertrag , d.h. der Erfüllungsteil der Verpflichtungen, abstrakt, d.h. voneinander getrennt zu beurteilen sind. Zunächst verpflichtet man sich etwas zu tun, dann erfüllt man es. Beides sind unterschiedliche Verträge.

Beispiel:

A kauft einen PC bei B. Der Kaufvertrag wird abgeschlossen. Dies ist der schuldrechtliche Vertrag. Daraus ergeben sich die Verpflichtungen zur Übertragung des Eigentums am Computer und zur Übertragung des Eigentums am Kaufpreis. Dann wird das Eigentum am PC auf B übertragen. Das ist der dingliche Vertrag. Angenommen der schuldrechtliche Vertrag ist nun nichtig. Das an B übertragende Eigentum wird dadurch nicht berührt.  B hat Anspruch auf Rückübereignung wegen ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) . Aber automatisch fällt das Eigentum nicht an B zurück.

Im Urheberrecht bzw. im Verlagswesen soll dies nicht gelten. Für Verlagsverträge zwischen Verfasser und Verleger hebt § 9 VerlG das Abstraktionsprinzip auf. Dies soll auch allgemein für die Nutzungsverträge nach dem Urheberrecht gelten. Ist der Nutzungsrechtsvertrag nichtig oder kann der dort beabsichtigte Zweck nicht erfüllt werden, fällt das Nutzungsrecht somit nach herrschender Meinung automatisch wieder an den Urheber zurück. Einer Rückübertragung bedarf es nicht (Heimfall des Urheberrechts). Daher ist auch ein gutgläubiger Erwerb der Nutzungsrechte von einem Nichtberechtigten entsprechend den Regelungen der Forderungsabtretung nicht denkbar.

Das Gesetz schützt in § 33 UrhG aber den Besitzer eines einfachen Nutzungsrechtes dann, wenn der Urheber nach der Einräumung des einfachen Nutzungsrechtes einem Dritten ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt hat. Das ausschließliche Recht ist zwar wirksam, aber der Erwerber des ausschließlichen Rechtes erhält ein Recht, das mit dem einfachen Nutzungsrecht belastet ist (Sukzessivschutz). Dass mehrere einfache Nutzungsrechte nebeneinander bei verschiedenen Nutzern bestehen können, ergibt sich bereits aus der Natur des einfachen Nutzungsrechts. Wird aber nach der Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts ein einfaches oder ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt, ist die Verfügungsmacht des Urhebers verbraucht und die spätere einfache oder ausschließliche Nutzungsrechtseinräumung ist unwirksam. Ein gutgläubiger Erwerb ist wie oben bereits ausgeführt ausgeschlossen.

3. Keine vertragliche Vereinbarung

Falls keine vertraglichen oder nur unzulängliche Vereinbarungen über Art und Umfang der Nutzungsrechte getroffen werden, richtet sich der Umfang der Rechtseinräumungen nach dem im Kauf-, Werklieferungs-, Dienst- oder Werkvertrag verfolgten Zweck (so genannte Zweckübertragungsregel siehe entsprechenden Beitrag). Demgemäß ist im Zweifel anzunehmen, dass der Urheber ein Nutzungsrecht nur in demjenigen Umfang einräumen will, den der Vertragszweck unbedingt erfordert.

IV. Neue Nutzungsarten

Ab dem 01.01.2008 ist der alte urheberrechtliche Grundsatz aufgehoben, dass die Einräumung von Nutzungsrechten für noch nicht bekannte Nutzungsarten unwirksam ist. Nun gilt gemäß § 31a UrhG, dass der Urheber seine Rechte auch für bei Vertragsabschluss noch nicht bekannte Nutzungsarten in schriftlicher Form übertragen kann. Er erhält eine gesonderte, angemessene Vergütung, wenn sein Werk in einer neuen Nutzungsart verwertet wird. Außerdem muss der Verwerter den Urheber informieren (zuletzt bekannte Adresse genügt!), bevor er mit der neuartigen Nutzung beginnt. Danach kann der Urheber die Rechteeinräumung binnen drei Monaten widerrufen.

Für Open-Source-Software gilt gemäß § 31a Abs.1 S. 2 UrhG, dass die Einräumung nicht schriftlich erfolgen muss, wenn der Urheber unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht für jedermann einräumt.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

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1 Kommentar

T
Tim Deichsel 18.11.2011, 08:16 Uhr
Hausrecht und Nutzungsrecht koppeln?
Seid längerer Zeit ist es ja bereits folgendermaßen, ein Kunde kauft sich ein Spiel via Steam oder Origin und erwirbt damit das Nutzungsrecht. Das dem Kunden faktisch jeglisches Recht auf Nachbesserung abgesprochen wird, daran hat man sich ja mehr doer weniger schon gewöhnt.

Allerdings frage Ich mich wie folgende rechtliche Situation, wie sie momentan in Deutschland auftaucht, sich rechtlich äussern würde.

Publisher EA bietet mit der Hauseigenen Plattform Origin einen eigenen Download und Vertriebsdienst an. Dort loggt man sich Branchenüblich mit einem Account in die Software ein und und bekommt anschließen Zugriff auf Freundeslisten Spieleangebote und die erworbenen Lizenzen.

Des weiteren wird kann man den Account auch in einem Forum nutzen um sich mit EA Mitarbeitern oder anderen Nutzern zu unterhalten. Nun gibt es natürlich auch Nutzer die maßlos über ein Spiel oder den Support enttäuscht sind und machen sich in benanntem Forum Luft. "EA ist ein Drecksladen" und ähnliches ist zulesen. Der Publisher reagiert und sperrt den Account vom Forum aus, nutzt somit sein Hausrecht. Alles normal soweit.

Der Nutzer nun natürlich auf 180 möchte sich bei einem gemütlichen Spielchen abreagieren und versucht sich in Origin mit seinen Accountdaten einzuloggen. Anstatt das es funktioniert bekommt er eine Fehlermeldung alá "Ihr Account wurde suspendiert, für weitere Fragen kontaktieren sie den EA Support."

Entsetzt nicht mehr auf die erworbenen Lizenzen zugreifen zukönnen, meldet sich der Nutzer nun beim Support und bekommt gesagt, das nichts für ihn getan werden kann, da er gebannt wurde.

Wie ist die rechtliche Grundlage? Gibt es eine? Das eine verbale Entgleisung dazu führt das eine nicht näher terminierte Lizenz verfällt halte Ich für bedenklich, wenn nicht sogar rechtlich unzulässig.

Mit freundlichen Grüßen
Tim Deichsel

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