LG Hamburg: Vergleichende diätetische Werbeaussagen ohne Bezugsgröße unzulässig

LG Hamburg: Vergleichende diätetische Werbeaussagen ohne Bezugsgröße unzulässig
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von Susanna Milrath
09.04.2024 | Lesezeit: 4 min

Eine gesunde und kalorienbewusste Ernährung steht in der heutigen Gesellschaft besonders im Fokus. Da ist es kein Wunder, dass sich das Bewerben von Produkten mit diätetischen Werbeaussagen immer größerer Beliebtheit erfreut. Was es aber zur Folge hat, wenn eine Brownie-Backmischung auf Instagram mit vergleichenden nährwertbezogenen Aussagen ohne Angabe einer Bezugsgröße beworben wird, klärte das LG Hamburg mit Urteil vom 23.02.2024 (Az: 315 O 175/22). Lesen Sie im Folgenden mehr zur Entscheidung.

I. Der Sachverhalt

Die Beklagte, ein Lebensmittelunternehmen, vertreibt selbstproduzierte Lebensmittel, wobei ihre Zielgruppe vor allem Personen sind, die auf eine proteinreiche und kalorienarme Ernährung achten.

Unter der Marke „More Nutrition“ vertreibt die Beklagte unter anderem die Brownie-Backmischung „Total Vegan Protein Brownie Bowl“.

Dabei bewarb sie die Backmischung in den sozialen Medien mit den Werbeaussagen „95% weniger Zucker“ und „70% weniger Fett“ und dass sie „Perfekt für jede Diät“ sei.

Der Kläger, die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V., nahm die Beklagte nach erfolgloser Abmahnung schließlich aus Wettbewerbsrecht auf Unterlassung der Werbeaussagen in Anspruch.

Mangels genannter Bezugsgrößen seien die getätigten Vergleiche zweideutig und daher interpretationsoffen. Dies provoziere Fehlvorstellungen darüber, gegenüber welchen konkreten Produkten sich die beworbene Backmischung nährwertbezogen abhebe. Die pauschale Behauptung der Förderung aller Diäten sei hingegen deswegen irreführend, weil das Produkt schon aufgrund seiner inhaltlichen Zusammensetzung für bestimmte Diäten, etwa solche mit gesundheitlicher oder spezieller anabolischer Indikation, nicht geeignet sei.

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II. Die Entscheidung

Mit Urteil vom 23.02.2024 (Az. 315 O 175/22) stufte das LG Hamburg die Werbeaussagen der Quality First GmbH als unzulässig ein.

1.) Vergleichende Aussagen ohne Bezug

Nicht wenige der angesprochenen Verbraucher würden die Aussagen „95% weniger Zucker“ und „70% weniger Fett“ so verstehen, dass Bezug auf ein Vorgängerprodukt des Anbieters genommen würde.

Demzufolge gingen viele Verbraucher von einer neuen Zusammensetzung des Produkts mit einem geringeren Zucker- und Fettanteil aus. Gerade bei Lebensmitteln, die als gesundheitsfördernd gälten, sei es üblich, eine vermeintlich noch gesündere Zusammensetzung entsprechend der hier beanstandeten Werbung zu bewerben.

Der Großteil des angesprochenen Verkehrskreises werde die Werbung daher so verstehen, dass ein Bezug zur herkömmlichen Brownie-Backmischung gemeint sei.

Aus diesem Grund sei bei solchen Werbeaussagen die Angabe einer Bezugsgröße notwendig.

Der Verbraucher müsse erkennen können, worauf sich der Vergleich tatsächlich beziehe. Eine solche Angabe liege im vorliegenden Fall nicht vor, die Aussage sei damit irreführend.

2.) „Perfekt für jede Diät“

Die Aussage „Perfekt für jede Diät“ stufte das Gericht in seinem Urteil ebenfalls als unzulässig ein. Sie schreibe der beworbenen Brownie-Backmischung gem. Art. 7 Abs. 1 lit. b) LMIV Eigenschaften zu, die sie nicht besitze.

Zwar könne der Großteil der angesprochenen Verkehrskreise die Anpreisung durchaus so verstehen, dass gerade der geringe Zucker- und Fettanteil zu einer kalorienbewussten Ernährung beitrage und das Produkt deshalb „Perfekt für jede Diät sei“.
Allerdings verstehe ein erheblicher Anteil der Verbraucher die Aussage andererseits so, dass die Brownie-Backmischung auch perfekt für solche Diäten sei, die nicht primär auf die Gewichtsreduktion ausgerichtet seien.

Bei den angesprochenen Verkehrskreisen sei anerkannt, dass nicht jede Diät das Ziel einer Gewichtsabnahme verfolge. Die Ziele der Diäten seien unterschiedliche, wie etwa die Behandlung von Krankheiten und dem gebotenen Verzicht auf Gluten oder Protein. Damit sei die Backmischung jedenfalls nicht „Perfekt“ für jede Art von Diät.

Schließlich handle es sich bei der fraglichen Aussage auch nicht - wie von der Beklagten vorgebracht - um eine Meinungsäußerung, bei der folglich keine Irreführung möglich wäre. Meinungsäußerungen würden durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt, während Tatsachenbehauptungen einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich seien. Die streitgegenständliche Aussage „Perfekt für jede Diät“ sei einer derartigen Überprüfung zugänglich und stelle insoweit eine Tatsachenbehauptung dar. Es handle sich um eine Angabe im Sinne des § 5 UWG.

III. Fazit

Diätetische Werbeaussagen wie „95% weniger Zucker“ oder „70% weniger Fett“ sind wegen ihres Irreführungspotenzials pauschal unzulässig, wenn nicht erkennbar ist, worauf sich der Vergleich bezieht. Wer mit derartigen Aussagen wirbt, muss deshalb eine Bezugsgröße angeben.

Auch beim Bewerben von Produkten mit Aussagen wie „Perfekt für jede Diät“ ist Vorsicht geboten, da die Pauschalbehauptung beansprucht, für alle Arten von Diäten und damit auch solche zielführend zu sein, die nicht primär der Gewichtsreduktion dienen.

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