Jugendmedienschutzstaatsvertrag 2016
Der Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) existiert nun seit über zwölf Jahren und wurde schon oftmals auf den Prüfstand gestellt. Ab dem 01. Oktober 2016 soll voraussichtlich nunmehr eine überarbeitete Version des JMStV gelten, welche Online-Händler nur marginal betreffen wird.
Inhaltsverzeichnis
I. Reformverlauf des JMSTV
Bereits mehrfach wurde der JMStV geändert und weitere Reformen versucht. Rund-funk und Telemedien sind dynamische Medien, die sich in der heutigen Zeit schnell verändern, was eine ständige Überprüfung des JMStV erforderlich macht und rechtfertigt.
Der letzte tatsächliche Novellierungsversuch aus dem Jahr 2010 scheiterte, da der nordrhein-westfälische Landtag einstimmig gegen die Änderung stimmte.
Auch ein 2014 erschienenes Diskussionspapier zur Reform des JMStV erstickte im Keim, da darin Verstöße gegen das Telemediengesetz gesehen wurden.
Nunmehr wurde im Frühjahr diesen Jahres ein neuer Anlauf gewagt. Nach einer online Konsultation aller Interessierten und der Möglichkeit zur Stellungnahme und zur Kritik wurde im August 2015 der endgültige Entwurf beschlossen und von den Ministerpräsidenten akzeptiert. Es steht derzeit noch die Zustimmung der Landtage aus bevor die Änderung wirksam werden kann.
II. Anlass für die Überarbeitung
Anlass für die erneute Überarbeitung war, eine zeitgemäße Anpassung des Jugendschutzes an die heutige Realität im Bereich Rundfunk und Telemedien vorzunehmen. Die Anforderungen der Praxis haben sich seit der letzten Änderung vor über fünf Jahren verändert.
Die Konkretisierung der Anforderungen an Jugendschutzprogramme im JMStV helfe den Entwicklern und biete so einen verlässlichen Rahmen für die Zulassung dieser Programme durch die Freiwilligen Selbstkontrollen.
So würde die gegenseitige Anerkennung von Prüfungsentscheidungen zu inhaltsgleichen oder im wesentlichen inhaltsgleichen Angeboten die Planungssicherheit für Inhalteanbieter erheblich verbessern und einen wesentlichen Kritikpunkt an der bestehenden Regelung ausräumen.
III. Betroffenheit von Online-Händlern durch die geplanten Neuerungen
Einige Änderungen im Reformentwurf betreffen teilweise auch Online-Händler
1. Zunächst soll wie bereits 2010 geplant eine Klassifizierung von Webseiten-Inhalten nach Altersstufen eingeführt werden:
§ 5 (1) Sofern Anbieter Angebote, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, verbreiten oder zugänglich machen, haben sie dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen.
Die Altersstufen sind:
1. ab 6 Jahren,
2. ab 12 Jahren,
3. ab 16 Jahren,
4. ab 18 Jahren.
Hierbei ist zu beachten, dass die Anbieter zwar die Pflicht haben, dafür Sorge zu tragen, dass entwicklungsbeeinträchtigende Angebote von Kindern oder Jugendlichen der jeweiligen Altersstufe nicht wahrgenommen werden.
Allerdings ist die Kennzeichnung durch Klassifizierung an sich nicht als Pflicht ausgestaltet (s. Abs.3 und 4). Wie der Anbieter seiner Pflicht nachzukommen hat, ist in dem Entwurf nicht geregelt, da § 5 Abs.3 S.1 Nr.1 und Nr.2 und Abs.5 JMStV-E nicht zwingend vorschreibt, wie vorzugehen ist („kann“).
§ 5 (3)Der Anbieter kann seiner Pflicht aus Absatz 1 dadurch entsprechen, dass er
1. durch technische oder sonstige Mittel die Wahrnehmung des Angebots durch Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe unmöglich macht oder wesentlich erschwert, oder das Angebot mit einer Alterskennzeichnung versieht, die von geeigneten Jugendschutzprogrammen nach § 11 Abs. 1 und 2 ausgelesen werden kann, oder
2. die Zeit, in der die Angebote verbreitet oder zugänglich gemacht werden, so wählt, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe üblicher-weise die Angebote nicht wahrnehmen.
Nicht entwicklungsbeeinträchtigende Angebote können als „ohne Altersbeschränkung“ gekennzeichnet und ohne Einschränkungen verbreitet werden.
Beispiele für entwicklungsbeeinträchtigende Medien finden sich hier.
Die Kommission für Jugendschutzmedien (KJM) kann nach dem neu eingeführten § 5 Abs.2 S.2 JMStV-E die vorgenommene Altersbewertung auf Antrag prüfen und bestätigen.
2. Hinsichtlich der Benennung eines Jugendschutzbeauftragten hat der Anbieter nach § 7 Abs.1 S. 3, 4 JMStV-E wesentliche Informationen über diesen leicht er-kennbar erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten. Die Angaben müssen insbesondere Namen und Daten enthalten, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme ermöglichen.
§ 7 (1) Wer länderübergreifendes Fernsehen veranstaltet, hat einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen. Gleiches gilt für geschäftsmäßige Anbieter von allgemein zugänglichen Telemedien die entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Inhalte enthalten, sowie für Anbieter von Suchmaschinen. Der Anbieter hat wesentliche Informationen über den Jugendschutz-beauftragten leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten. Sie müssen insbesondere Namen und Daten enthalten, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme ermöglichen.
3. § 12 JMStV soll wie folgt neu gefasst werden:
Anbieter von Telemedien, die ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich mit Filmen oder Spielen auf Bildträgern im Sinne des Jugendschutzgesetzes sind, müssen auf eine Kennzeichnung nach dem Jugendschutzgesetz in ihrem An-gebot deutlich hinweisen. Für Fassungen von Filmen und Spielen in Telemedien, die wie solche auf Trägermedien vorlagefähig sind, kann das Kennzeichnungsverfahren nach dem Jugendschutzgesetz durchgeführt werden.
Eine Alters-Kennzeichnungspflicht für Film- und Spielprogramme in Telemedien besteht nicht, s.o. Werden aber über Telemedien entsprechende Programme ver-breitet, die für Bildträger nach dem Jugendschutz gekennzeichnet sind (z.B. Video-on-Demand-Angebote), ist auf die erteilte Kennzeichnung deutlich hinzuweisen.
Ein Online-Händler, dessen Angebote solche Programme umfasst, muss daher prüfen, ob diese nach dem Jugendschutzgesetz gekennzeichnet sind und gegebenenfalls darauf hinweisen.
IV. Neukonzeption Jugendmedienschutz
Neben den derzeit in den Landtagen zur Abstimmung vorliegenden Änderungen hat der Bund ein Diskussionspapier für ein Bundesgesetz entworfen, das den Jugendmedienschutz insgesamt novellieren und „kohärente Regelungen im Kinder- und Jugendmedienschutz“ schaffen soll.
Darin wird keine Differenzierung zwischen den verschiedenen Medien vorgenommen, die Normen sollen vielmehr für alle Medien gleichermaßen gelten, somit auch für Online-Inhalte.
Ähnlichkeit zum JMStV besteht insoweit, dass ebenfalls unzulässige und Erwachsenen-Angebote geregelt sind (§ 3 und 4 Entwurf), entwicklungsbeeinträchtigende Medien werden definiert und eine Altersstufenbewertung genannt(§ 5 Entwurf), sowie eine Altersstufen-Klassifizierung/Kennzeichnung eingeführt (§ 5a Entwurf). Allerdings ist diese im Diskussionsentwurf des Bundes ebenfalls freiwillig. Der Entwurf beinhaltet demnach ein freiwilliges Systems, das sich durch ordnungsrechtliche Anreize durchsetzen soll.
Darüber hinaus gibt es weitere Vorschläge, die zur Vereinheitlichung des Jugendschutzes beitragen und die bisher unübersichtlichen Regelungen in zwanzig Paragraphen zusammenführen sollen. Dies soll der Anpassung an die heutige Medienwelt dienen und auch ständige Veränderungen und neuartige Risiken mit umfassen.
Inwieweit sich Neuentwicklungen durchsetzen werden, bleibt abzuwarten. Bund und Länder sind derzeit unterschiedlicher Ansicht, was die Kompetenzen hinsichtlich des Jugendmedienschutzes betrifft, so dass bezüglich einer Neuregelungen noch Diskussionen zu erwarten sind.
V. Fazit
Derzeit gibt es für Online-Händler keine großen Neuerungen:
Die Altersklassen-Kennzeichnung ist (unabhängig von der Pflicht des kontrollierten Zugangs) freiwillig und kein „Muss“.
Hinsichtlich des Jugendschutzbeauftragten ist zu beachten, dass die erforderlichen Details (wie etwa die Namensangabe) zu nennen und leicht zugänglich sind.
Schließlich ist bei der Verbreitung von entsprechenden Film – und Spielprogrammen, die für Bildträger nach dem Jugendschutz gekennzeichnet sind, auf die erteilte Kennzeichnung hinzuweisen.
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