Neuer Gesetzesentwurf: Entgelte für alle gängigen Zahlungsmittel ab 2018 sollen unzulässig sein

Am 25.11.2015 wurde auf europäischer Ebene die zweite Zahlungsdiensterichtlinie (2015/2366/EU) erlassen, die den gesetzlichen Rahmen von bargeldlosen Zahlungsvorgängen an neue technische Standards und Geschäftsmodelle anpassen und die Sicherheit und Rechte von Verbrauchern bei der Inanspruchnahme von Zahlungsdiensten stärken soll. Jüngst hat die Bundesregierung einen korrespondierenden Umsetzungsentwurf vorgelegt, der die wesentlichen Regelungsinhalte zum 13.01.2018 in das deutsche Recht übertragen soll. Zwar werden mit den neuen Vorschriften vor allem Zahlungsdiensteanbieter adressiert. Allerdings ist auch ein Paragraf enthalten, der Zusatzentgelte für alle gängigen Zahlungsmittel verbietet und damit Zahlungsabwicklungen im Online-Handel von Grund auf revolutionieren wird. Mehr zum aktuellen Entwurf und seinen Auswirkungen lesen Sie im folgenden Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
- I. Kurzüberblick: das Umsetzungsgesetz zur zweiten Zahlungsdiensterichtlinie
- 1.) Erweiterung des Anwendungsbereiches der Kontroll- und Sicherheitsvorschriften
- 2.) Pflicht zur „starken Kundenauthentifizierung“ für Zahlungsdienstleister
- 3.) Stärkung der Verbraucherrechte bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen
- II. Änderung für Händler: Entgelte für Zahlungsmittel künftig grundsätzlich unzulässig
- 1.) Entgelte für SEPA und Überweisung im B2C- und B2B-Bereich untersagt
- 2.) Bei Verbrauchergeschäften zusätzlich auch Kostenvereinbarungen für Kartenzahlungen unwirksam
- III. Fazit
I. Kurzüberblick: das Umsetzungsgesetz zur zweiten Zahlungsdiensterichtlinie
Hauptadressaten der europäischen Zahlungsdiensterichtlinie und des deutschen Umsetzungsgesetzes sind die agierenden Zahlungsdienstleister, allen voran Kredit- und E-Geld-Institute wie beispielsweise PayPal.
1.) Erweiterung des Anwendungsbereiches der Kontroll- und Sicherheitsvorschriften
Allerdings wird der Anwendungsbereich des neuen Rechtsaktes, anders als noch in der ersten Zahlungsdiensterichtlinie 2007/64/EG, erstmalig auch auf sogenannte Zahlungsauslöse- und Kontoinformationsdienste erweitert. Während unter Zahlungsauslösediensten Anbieter von Sofortzahlungslösungen verstanden werden, auf deren Präsenz ein Nutzer nach Abschluss des Geschäfts weitergeleitet wird, um unter Eingabe seiner Bankdaten die Zahlung unmittelbar zu tätigen (beispielsweise das Mittel der Sofortüberweisung), sind Kontoinformationsdienste softwarebasierte Lösungen, mit denen der Nutzer unter Preisgabe seiner Bankdaten vollumfänglich Informationen über Konten abrufen kann, die er bei verschiedenen Banken und Zahlungsinstituten führt.
Fortan werden auch Dienstleister in diesen beiden Sektoren der Zahlungsdienstebereichs dem Aufsichtsregime der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterworfen und sollen so in ihren Tätigkeiten effektiver kontrolliert werden können. Neuartig ist insbesondere das Erfordernis einer behördlichen Erlaubnis für die Tätigkeitsaufnahme, deren Nichteinholung künftig unter Strafe gestellt werden kann.
2.) Pflicht zur „starken Kundenauthentifizierung“ für Zahlungsdienstleister
Im Interesse eines hohen Verbraucherschutzniveaus im bargeldlosen, vor allem elektronischen Zahlungsverkehr führt das Umsetzungsgesetz ferner die Pflicht sämtlicher Zahlungsdienstleister ein, bei jeglichen internetbasierten Kontozugriffen oder Zahlungsvorgängen eine sogenannte „starke Kundenauthentifizierung“ voraussetzen. Diese soll sich von herkömmlichen Zugangs- und Bestätigungsmechanismen zukünftig durch einen Legitimationsprozess über zwei (anstatt einer einzigen) Verifizierungskomponenten (etwa Karte und TAN) unterscheiden, um Fremdzugriffen und Missbrauchsszenarien sicher vorzubeugen.
3.) Stärkung der Verbraucherrechte bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen
Eine weitere maßgebende Komponente des Umsetzungsrechtsakts, gestützt auf die Zielsetzung des europäischen Gesetzgebers, ist es schließlich, die Stellung des Verbrauchers in Fällen zu verbessern, in denen sein Konto durch Zahlungsvorgänge belastet wird, die er selbst nicht autorisiert hat.
So wird zum einen künftig der grundsätzliche Höchstbetrag eines Ersatzanspruchs des Zahlungsdienstleisters gegen den Zahler in Fällen, in denen das Zahlungsmittel infolge Verlusts, Diebstahls oder Missbrauchs ohne dessen Autorisierung genutzt wird, von 150,00€ auf nunmehr 50,00€ gedeckelt, wobei eine Haftung bei Unmöglichkeit der Kenntnis des Zahlers vom Missbrauchs ganz ausgeschlossen wird.
Zwar soll ein Schaden in voller Höhe auch jenseits der 50,00€ ersatzfähig bleiben, wenn der Zahler bei Berufung auf einen nicht autorisierten Zahlungsvorgang in betrügerischer Absicht handelt oder vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen Sicherungspflichten verstößt, die das Gesetz ihm im Umgang mit dem bargeldlosen Zahlungsmittel auferlegt.
Für derartige Vorwürfe soll aber in Zukunft der ersatzanspruchsstellende Zahlungsdienstleister beweispflichtig sein.
Eine Neuregelung zur Anhebung der Verbraucherrechte erfährt weiterhin auch das Kooperationsverhältnis zwischen den Zahlungsdienstleistern von Zahler und Zahlungsempfänger. So soll künftig eine Mitwirkungspflicht des Kreditinstituts des Zahlungsempfängers vorgesehen werden, um es dem Verbraucher zu erleichtern, fehlüberwiesenes Geld zurückzuerlangen.
Letztlich führt das Umsetzungsgesetz ein allgemein verbindliches bedingungsloses Erstattungsrecht des Verbrauchers für SEPA-Lastschriften ein, das ihn zum Widerspruch gegen einen Geldeinzug ohne Angaben von Gründen berechtigt und sodann den Zahlungsdienstleister zur Gutschrift des eingezogenen Betrags verpflichtet. Bisher sind ein derartiges Widerspruchsrecht und die korrespondierende Erstattungspflicht gesetzlich nicht vorgegeben, sondern können bei entsprechender Bereitschaft des Finanzdienstleisters allenfalls vertraglich vereinbart werden.
II. Änderung für Händler: Entgelte für Zahlungsmittel künftig grundsätzlich unzulässig
Auch wenn der Gesetzesentwurf zur Umsetzung zweiten Zahlungsdiensterichtlinie weit überwiegend ausschließlich Anbieter von Zahlungsdiensten adressiert und auf den Handel insofern nahezu keine Auswirkungen hat, ist eine wesentliche Änderung vorgesehen, die von Gewerbetreibenden künftig zu beachten sein wird.
Mit dem neuen Gesetz soll im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) insofern ein neuer §270a eingeführt werden, der Abreden zwischen Gläubiger und Schuldner, die letzteren verpflichten, ein Entgelt für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels zu entrichten, für grundsätzlich unwirksam erklärt. Auf derartige Vereinbarungen – ob aus AGB, Individualabreden oder aus der konkreten Systemgestaltung hervorgehend – sollen sich Unternehmer also künftig nicht mehr berufen können.
1.) Entgelte für SEPA und Überweisung im B2C- und B2B-Bereich untersagt
Zu beachten ist, dass diese Rechtsfolge für die Zahlungsmittel der SEPA-Lastschrift und der Überweisung unabhängig von der Natur der Geschäftsbeziehung, also für B2B- und B2C-Geschäfte gleichermaßen gilt.
Vereinbarungen über Entgelte für Kartenzahlverfahren zwischen Unternehmern sind von der Nichtigkeitsfolge dahingegen nicht betroffen.
2.) Bei Verbrauchergeschäften zusätzlich auch Kostenvereinbarungen für Kartenzahlungen unwirksam
Bei Zahlungsgeschäften zwischen Unternehmern und Verbrauchern reicht die Vorschrift indes weiter und soll künftig generell auch zusätzliche Entgelte für alle Zahlungen verbieten, die Verbraucher mit sämtlichen Debit- und Kreditkarten tätigen.
Im B2C-Bereich wird es Händlern insofern künftig unmöglich sein, für die Wahl (irgend)eines bestimmten Zahlungsmittels durch den Verbraucher ein zusätzliches Entgelt zu verlangen, weil eine Berufung auf entsprechende Vertragsklauseln an deren gesetzlich angeordneter Nichtigkeit scheitert.
Bisher ergeben sich Einschränkungen bei der Zulässigkeit von Entgelten für Zahlungsmittel gegenüber Verbrauchern nur aus §312a Abs. 4 BGB, der entsprechende Vereinbarungen für unwirksam erklärt, wenn dem Verbraucher nicht zumindest ein zumutbares kostenloses Zahlverfahren angeboten wird oder das ausgewiesene Entgelt die tatsächlichen Kosten für die Inanspruchnahme des Zahlungsmittels übersteigt.
Während Händler bei Beachtung dieser Vorbehalte zum aktuellen Zeitpunkt noch besondere Entgelte an die Nutzung spezifischer Bezahlmethoden knüpfen können, wird die neue Vorschrift zahlungsmittelbezogene Entgelte für alle gängigen Zahlverfahren grundlegend und unabhängig davon verbieten, ob der Händler auch kostenfreie Zahlungsmöglichkeiten anbietet und lediglich kostendeckende Entgelte für bestimmte Zahlmittel verlangt.
Sollte der Entwurf in seiner derzeitigen Fassung als Umsetzungsgesetz in Kraft treten, wären Händler in der Konsequenz verpflichtet, ihre AGB, sofern in diesen Zahlungsmittelentgelte vorgesehen sind, zu ändern, und ihre Prospekte, Onlineveröffentlichungen sowie die technischen Systeme (z. B. Webshops, Buchungsportale usw.), mit denen solche Entgelte automatisiert vereinbart und abgerechnet werden können, an die neue Verbotsvorschrift anzupassen.
III. Fazit
Am 08.02.2017 hat die Bundesregierung dem Parlament einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie Nr. 2015/2366/EU vorgelegt, der die Sicherheit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs durch die Erweiterung der Kontrollbefugnisse der BaFin, die Ausdehnung von Regulierungen auf neuartige Dienstleistungsmodelle und die Vorgabe eines standardisierten Autorisierungsverfahren im Online-Banking stärken soll. Auch bezweckt der Entwurf die Anhebung des Verbraucherschutzniveaus vor allem in Fällen nicht autorisierter Zahlungsvorgänge.
Maßgebliche Normadressaten der neuen Vorschriften sind zwar grundsätzlich ausschließlich Zahlungsdiensteanbieter. Allerdings enthält der Entwurf eine wesentliche Reform, die bei dessen Billigung für den Online-Handel besondere Relevanz entfaltet. Künftig sollen nach einem neu einzufügenden §270a BGB nämlich Vereinbarungen über Entgelte für alle gängigen bargeldlosen Zahlungsmittel gegenüber Verbrauchern grundsätzlich unwirksam sein. Anders als bislang nach §312a Abs. 4 BGB vorgegeben, wird die Berechtigung zur Entgeltberechnung also nicht mehr von der Angemessenheit des Betrages und von dem Angebot zumindest eines kostenfreien Zahlungsmittels abhängen, sondern im B2C-Bereich grundsätzlich entfallen.
Sollte der Entwurf in der jetzigen Fassung vom Bundestag verabschiedet werden, werden Online-Händler ab dem 13.01.2018 verpflichtet sein, Entgeltklauseln für bestimmte elektronische Zahlungsmittel ausnahmslos aus ihren AGB zu streichen und ihre technischen Bezahlsysteme an die neue Rechtslage anzupassen.
Über künftige Entwicklungen des Gesetzgebungsverfahrens zum Umsetzungsgesetz hält die IT-Recht Kanzlei sie auf dem Laufenden und steht Ihnen bei weiteren Rechtsfragen zu Zahlungsdiensten und Bezahlverfahren gerne persönlich zur Verfügung.
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