BGH-Urteil zur Energiekennzeichnung: Wann reicht ein Link?
Ein Link zur Energieeffizienz? Der BGH hielt das einst bei Werbung für zulässig. Heute kann das jedoch zur Falle werden: Für Online-Shops gelten deutlich strengere Kennzeichnungspflichten.
Inhaltsverzeichnis
Der Ausgangspunkt: Der Fall vor dem BGH
Im Mittelpunkt des Verfahrens stand eine Online-Werbung für Fernsehgeräte aus dem Jahr 2012. Der Händler hatte unterhalb der Produktabbildung lediglich einen Link mit der Bezeichnung „Details zur Energieeffizienz“ platziert, der auf eine Unterseite führte. Eine Konkurrentin beanstandete dies als Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht und verlangte, dass die Energieeffizienzklasse unmittelbar in der Werbung selbst erscheinen müsse.
Der BGH entschied jedoch zugunsten des Händlers. Nach der damals geltenden Rechtslage sei der Schutzzweck der Verbraucherinformation bereits dann erfüllt, wenn der Nutzer über einen klar bezeichneten Link zuverlässig zur Energieeffizienzklasse geleitet werde. Diese Beurteilung basierte jedoch ausdrücklich auf der Rechtslage vor dem 01.01.2015 und betraf zudem eine Darstellung, die der BGH als bloße Werbung, nicht als konkretes Verkaufsangebot, qualifizierte.
Werbung vs. Verkaufsangebot – eine bis heute gültige Unterscheidung
Eine zentrale Aussage des Urteils (vom 04.02.2016 / Az.: I ZR 181/14) hat ihre Bedeutung bis heute behalten: Die rechtliche Bewertung hängt maßgeblich davon ab, ob es sich um Werbung ohne Angebotscharakter oder um ein konkretes Verkaufsangebot handelt.
Unter bloßer Werbung versteht man Präsentationen, die ein Produkt lediglich anpreisen, ohne alle wesentlichen Vertragsinformationen zu enthalten. Fehlt insbesondere der Preis, liegt regelmäßig kein Verkaufsangebot vor. In diesen Fällen ließ sich der Link bei der Altrechtssituation als ausreichend ansehen – eine heute im praktischen Online-Handel kaum noch relevante Konstellation.
Ganz anders verhält es sich jedoch bei einem konkreten Verkaufsangebot, wie es für Produktdetailseiten in Online-Shops typisch ist. Sobald Preis, Produkteigenschaften und der anbietende Händler klar erkennbar sind, handelt es sich um ein Angebot – und damit greifen strengere, spezialgesetzliche Informationspflichten. Genau hierfür gilt seit 2015 ein völlig anderer Rechtsrahmen.
Die heutige Rechtslage: Strenge Anforderungen im Online-Handel
Bereits zum 01. Januar 2015 trat die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 518/2014 in Kraft. Sie führte u. a. die sogenannte „geschachtelte Darstellung“ gemäß Art. 4 lit. c ein. Diese Vorgaben wurden später durch die Rahmenverordnung (EU) 2017/1369 und neue produktspezifische Delegierte Verordnungen ergänzt (z. B. VO (EU) 2019/2013 für Fernsehgeräte und Haushaltsgeräte).
Für den Online-Handel gilt heute:
- Die Energieeffizienzklasse darf nicht versteckt werden.
- Sie muss in der Nähe des Preises platziert sein.
- Händler müssen entweder das vollständige Energielabel anzeigen oder den zulässigen farbigen Effizienzpfeil, der die entsprechende Klasse bereits sichtbar enthält.
- Über den Pfeil muss bei Klick oder Mouseover das vollständige Label aufrufbar sein („geschachtelte Darstellung“).
Ein einfacher Textlink, wie er im BGH-Fall aus dem Jahr 2012 verwendet wurde, erfüllt diese Anforderungen nicht und ist bei heutigen Verkaufsangeboten klar unzulässig. Händler, die noch mit solchen Linklösungen arbeiten, setzen sich erheblichen wettbewerbsrechtlichen Risiken aus.
Das BGH-Urteil ist kein Freibrief für den Online-Handel
Das BGH-Urteil I ZR 181/14 ist aus heutiger Sicht in erster Linie eine Entscheidung zur früheren Rechtslage und kann bei modernen Online-Angeboten nicht mehr herangezogen werden. Es zeigt lediglich, dass bei reiner Werbung – also ohne Preisangabe und ohne Angebotscharakter – ein Link zur Energieeffizienzklasse grundsätzlich ausreichend sein kann.
Für die Realität im E-Commerce hat dies jedoch kaum praktische Bedeutung. Auf Produktdetailseiten, Kategorieseiten mit Preisangaben oder in Cross-Selling-Elementen greifen die spezialrechtlichen Vorgaben der EU-Verordnungen. Dort muss die Energieeffizienzklasse stets sichtbar und preisnah dargestellt werden. Textlinks, Unterseiten oder Hinweise „hier klicken“ entsprechen nicht mehr dem geltenden Rechtsrahmen und sind abmahngefährlich.
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2 Kommentare
Tatsächlich ist das Fazit hier missverständlich formuliert worden.
Wie Sie richtig aufzeigen, gilt die gesteigerte Anforderung einer Anzeige des Effizienzetiketts, das auch die Effizienzklasse beinhaltet, in unmittelbarer Nähe des Produktpreises (entweder per Graphik oder durch den Effizienzpfeil mit enthaltenem Link) nach der Verordnung (EU) Nr. 518/2014 nur für verbindliche Verkaufsangebote.
Für die bloße Produktwerbung verbleibt es bei der weniger strengen Kennzeichnungspflicht aus der jeweiligen gerätespezifischen Verordnung, nur die Effizienzklasse (und gerade nicht das gesamte Etikett) anzugeben. Dafür reicht es nach dem aktuellen Urteil auch aus, dass diese erst auf einer Unterseite erscheint, die über einen hinreichend gekennzeichneten Link in der Werbeanzeige aufgerufen werden kann.
Die werbliche Informationspflicht der Effizienzklassennennung mit der durch das Urteil eröffneten Gestaltungsmöglichkeit gilt auch unabhängig davon, ob das jeweilige energieverbrauchsrelevante Produkt vor oder nach dem 01.01.2015 in Verkehr gebracht wurde. Auf die Werbung findet die an diesen Zeitpunkt anknüpfende, pflichterweiternde Verordnung (EU) Nr. 518/2014 nämlich schlichtweg keine Anwendung.
(Wir werden in Kürze entsprechend die News anpassen)
Handelt es sich jedoch bei dem Artikel um Werbung, kann die EEK-Angabe auch auf einer anderen Unterseite erfolgen (mittels eines Links, welcher dies deutlich macht. Z.B. "Hier geht's zu den Informationen zur Energieeffizienz." o.ä.)
Eine anderslautende Einschätzung kann ich dem Urteil des BGH nicht entnehmen.
Von daher kann ich nicht nachvollziehen, wie Frau Baur darauf kommt, dass "ähnliche Sachverhalte rechtlich anders einzuschätzen seien, bei denen Elektrogeräte mit neuer Modellkennung nach dem 01.01.2015 in den Verkehr gebracht werden."
Ich entnehme diesem Satz, dass man annehmen müsste, das bei Modellen ab 01.01.2015 die Angabe der EEK auf der gleichen Webseite wie die Werbung zu erfolgen hat. Und diese Sicht kann ich in dem Urteil nicht wiederfinden. Vielleicht könnten Sie das einmal klarstellen?! Vielen Dank und freundliche Grüße