BGH: Grundpreis muss auf einen Blick mit Gesamtpreis der Ware wahrgenommen werden können
Seit Jahren ein Abmahnklassiker: Fehlende, falsche oder nicht direkt beim Gesamtpreis angezeigte Grundpreisangaben. Diese Problematik hat bereits zehntausende Online-Händler „unglücklich“ gemacht. Ein aktuelles BGH-Urteil befeuert diese Thematik erneut.
Worum geht es?
Wer als Unternehmer Waren anbietet, die nach Gewicht, Länge, Fläche oder Volumen verkauft werden, muss dabei jeweils den Preis je Mengeneinheit, den sogenannten Grundpreis angeben.
Dies ist bei Gewicht der Preis je Kilogramm, bei Länge der Preis je Meter, bei Fläche der Quadratmeterpreis und bei Volumen der Literpreis.
Bitte verwenden Sie auf keinen Fall mehr 100 Gramm oder 100 Milliliter als Bezugseinheit für den Grundpreis!
Bereits seit dem 28.05.2022 sind als Bezugseinheiten ausschließlich 1 Kilogramm bei nach Gewicht angebotenen Waren sowie 1 Liter bei nach Volumen angebotenen Waren zulässig.
Geben Sie Ihre Grundpreise bei volumenabhängig angebotenen Waren daher je 1 Liter und bei gewichtsabhängig angebotenen Waren je 1 Kilogramm an. Andernfalls besteht konkrete Abmahngefahr!
Durch die Angabe des Grundpreises soll es Verbrauchern erleichtert werden, Preise verschiedener Produkte auf einen Blick mit miteinander zu vergleichen, auch wenn diese in unterschiedlichen Packungsgrößen bzw. Längen oder Flächen angeboten werden.
In Deutschland regelt die Pflicht zur Grundpreisangabe seit jeher die Preisangabenverordnung (PAngV). Allerdings existieren in Bezug auf rechtliche Vorgaben zu den Preisangaben auch europarechtliche Vorgaben.
Strikte formale Anforderungen
Während die deutsche PAngV seit jeher sehr strenge Vorgaben an die Angabe des Grundpreises stellte, war die europäische Preisangabenrichtlinie da deutlich laxer.
Die PAngV verlangte etwa (bis zum 28.05.2022), dass der Grundpreis in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Gesamtpreis anzugeben ist, andernfalls wären die formalen Anforderungen an die Grundpreisangabe nicht erfüllt.
Danach musste der Grundpreis quasi auf einen Blick zusammen mit dem Gesamtpreis der Ware angegeben werden. Daran scheiterten in der Praxis viele Händler, weil der Grundpreis „zu weit weg“ vom Gesamtpreis angegeben wurde (etwa erst im Rahmen der eigentlichen Artikelbeschreibungen) und fingen sich Abmahnungen ein.
Nach der europäischen Preisangabenrichtlinie dagegen ist es ausreichend, wenn der Grundpreis „unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar“ angegeben wird. Dies bedeutet jedenfalls nicht, dass die Angabe immer in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Gesamtpreis zu erfolgen hat.
Man konnte nun die Ansicht vertreten, dass die „scharfe“ deutsche PAngV europarechtskonform auszulegen sei, so dass das Kriterium der unmittelbaren räumlichen Nähe zu entschärfen ist und eine Angabe des Grundpreises, die „unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar“ erfolgt, den gesetzlichen Vorgaben genügt.
In den letzten Jahren entschieden bereits mehrere deutsche Gerichte entsprechend. Die Rechtslage blieb jedoch umstritten und Händler waren gut beraten, weiterhin die strenge PAngV-Vorgabe zu erfüllen.
BGH vertritt strenge Linie
Das oberste deutsche Zivilgericht entschied kürzlich (Urteil vom 19.05.2022 – Az.: I ZR 69/21), dass die – europarechtliche – Vorgabe der klaren Erkennbarkeit des Grundpreises nur dann erfüllt sei, wenn der Grundpreis so in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises angegeben wird, dass er zusammen mit diesem auf einen Blick wahrgenommen werden könne.
Damit hat der BGH – anders als einige Instanzgerichte – entschieden, dass die strenge Vorgabe der PAngV (in der Fassung bis zum 28.05.2022) nicht über die europarechtlichen Vorgaben hinausging, sondern vielmehr diese nur konkretisierte.
In der Praxis alles beim Alten
Wenngleich die „neue“, seit dem 28.05.2022 gültige PAngV das Kriterium der unmittelbaren räumlichen Nähe gar nicht mehr beinhaltet, bleibt in der Praxis dennoch alles beim Alten.
Denn nach der neuen Fassung der PAngV muss der Grundpreis unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar angegeben werden (eben so, wie dies auch die europäische Preisangabenrichtlinie verlangt).
Die klare Erkennbarkeit des Grundpreises ist mit dem BGH aber eben nur dann anzunehmen, wenn dieser so platziert wird, dass er mit dem Gesamtpreis der Ware auf einen Blick wahrgenommen werden kann. Dies bedingt in der Darstellungspraxis letztlich in aller Regel wieder eine unmittelbare räumliche Nähe der beiden Preisangaben zueinander.
Fazit:
Wer als Online-Händler keine Probleme wegen der Grundpreisangabe bekommen möchte, tätigt diese direkt zusammen mit der Angabe des Gesamtpreises, so dass beide Preise auf einen Blick wahrgenommen werden können.
Daran ist insbesondere zu denken, wenn es um Kategorie- oder Übersichtsseiten geht oder Cross-Selling-Werbeformen wie etwa „wird häufig zusammen gekauft mit …“ oder „andere Käufer interessierten sich auch für …"
Generell empfiehlt es sich, beim Thema Grundpreise besonders gründlich und lieber zu streng als zu locker zu arbeiten. Die IT-Recht Kanzlei hat bereits eine vierstellige Anzahl von Grundpreisabmahnungen bearbeitet und weiß, welche Folgeprobleme für den Händler bei einer solchen Abmahnung zu erwarten sind.
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