Derzeit häufen sich Accountsperrungen bei Amazon rasant. Nicht nur, dass dann kein Verkauf mehr möglich ist. Amazon zieht bei Marketplaceverkäufen das Geld für die Händler ein und verwaltet dieses bis zur Auszahlung an den Händler. Kommt es zu einer Accountsperrung, wird nicht selten von Amazon auf das aufgelaufene Guthaben des Händlers von Amazon einbehalten und eine Auszahlung abgelehnt. Ganz so einfach geht es jedoch nicht, so entschied das LG München I.
Inhaltsverzeichnis
Worum geht es?
Wer bei Amazon verkauft, der kennt ein Horrorszenario: Die Sperrung des Verkäuferkontos.
Wie die letzten Wochen und Monate zeigen, bei Amazon durchaus eine reale Gefahr. Sei es eine unzureichende Verkäuferperformance, Beschwerden von Kunden oder Verletzung von Rechten Dritter: Die Sperrpraxis von Amazon kann man wohl als gnadenlos bezeichnen.
Nicht genug, dass der betroffene Händler dann auf dem Marketplace von Amazon nicht mehr verkaufen dann und – je nachdem, wie breit er sich aufgestellt hatte – empfindliche bis hin zu existenzbedrohenden Umsatzausfällen verkraften muss.
Bei vielen solcher Sperrungen friert Amazon zudem das sich auf dem jeweiligen Verkäuferkonto befindliche Guthaben des Händlers ein.
Der Verkäufer kann auf diese Gelder dann erst einmal nicht mehr zugreifen, was je nach Höhe der aufgelaufenen Verkaufserlöse die Liquiditätssituation erheblich gefährden kann.
Amazon begründet die Zurückbehaltung dann meist damit, dass man sich Regressforderungen seitens der Kunden ausgesetzt sähe, welche dann aus den eingefrorenen Geldern bedient werden sollen.
Vermutlich geht es hier in der Praxis in Summe um höhere Millionenbeträge, die in Folge von Sperrungen seitens Amazon zurückbehalten werden.
Diese Praxis ist nicht in Ordnung, so das LG München I#
Das LG München I musste sich nun mit der Klage eines Amazon-Händlers befassen. Dieser verkaufte auf Amazon Software. Im Jahr 2017 erfolgt eine erste Sperrung des Verkäuferaccounts, 2018 eine weitere Sperre und in 2019 wurde der Account durch Amazon dann endgültig dichtgemacht.
Maßgeblicher Vorwurf seitens Amazon: Verkauf von gefälschter Software. Der Softwarehersteller setzte Amazon davon in Kenntnis, dass der Händler dessen Rechte verletze. Auch negative Kundenbewertungen fanden sich wohl zahlreich für den gesperrten Händler.
Nachdem der Händler in Folge der endgültigen Sperrung sich das angesammelte Verkaufsguthaben von knapp 22.000 Euro auszahlen lassen wollte, weigerte Amazon sich.
Daraufhin verklage der Händler – zunächst die falsche Amazon-Gesellschaft vor dem LG München I und stellte die Klage schließlich auf die richtige Beklagte, die Payment-Gesellschaft von Amazon um.
Mit Urteil vom 07.10.2020 (Az.: 31 O 17559/19) entschied das LG München I, dass die Zurückbehaltung des vom Verkäufer hier erwirtschafteten Guthabens zu Unrecht erfolgt ist und sprach dem klagenden Verkäufer das Guthaben zu.
Trotz Sperrung kann der klagende Händler sich nun über das von ihm erwirtschaftete Geld freuen, jedenfalls wenn Amazon nicht in die Berufung geht.
Amazon muss Guthaben an gesperrten Händler auszahlen
Sollte das genannte Urteil rechtskräftig werden, ist Amazon verpflichtet, das Guthaben hier an den gesperrten Händler auszubezahlen.
Zunächst war zu klären, ob die Zahlungstochter von Amazon, die Firma Amazon Payments Europe s.c.a mit Sitz in Luxemburg überhaupt auf Auszahlung des Guthabens vor einem deutschen Gericht verklagt werden kann. Dies bejahte das Landgericht.
Die Richter aus München stellten dabei ferner fest, dass im konkreten Fall keine Konstellation denkbar sei, in der Amazon befürchten müsse, für die vom gesperrten Verkäufer zuvor verkaufte Ware in Anspruch genommen zu werden. Aus diesem Grund bestehe auch kein Zurückbehaltungsrecht zugunsten von Amazon.
Damit sah das Gericht Amazon in der Pflicht, das einbehaltene Guthaben nunmehr endlich an den gesperrten Verkäufer auszubezahlen.
Fazit
Anscheinend macht es sich Amazon etwas zu einfach, was das Einbehalten von Verkäufererlösen im Sperrfall betrifft, so jedenfalls das LG München I.
Pauschale Behauptungen dahingehend, dass eine Gefahr bestehe für die vom Verkäufer abgewickelten Geschäfte noch haftbar gemacht zu werden dürften für Amazon vor den Gerichten keinen Erfolg versprechen.
Aus Händlersicht ein erfreuliches Urteil, mildert Rechtsprechung wie diese den im Falle einer Sperrung des Verkäuferkontos drohenden Schaden doch zumindest etwas ab. Bleibt zu hoffen, dass Amazon seine Einbehaltungspraxis überdenkt.
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