Achtung: Minimale Abweichung bei Buchpreisbindung ist abmahnbar

Ein Händler wurde abgemahnt, weil er ein Buch auf dem Amazon-Marketplace 30 Cent unter dem festgesetzten Preis verkauft hat. Dieses Vorgehen wurde als Preisbindungsverstoß gewertet, die Abmahnung folgte auf dem Fuß.
Inhaltsverzeichnis
- Die 30-Cent-Falle – Wie ein kleiner Preisnachlass zur Abmahnung wird
- Rechtliche Bewertung des Wettbewerbsverstoßes
- Best Practice: Korrekter Umgang mit der Buchpreisbindung
- Vermeiden Sie Abmahnungen mit unserem Service LegalScan Pro
- Learning für Händler
- Sie haben eine Abmahnung erhalten - So gehen Sie richtig vor
Die 30-Cent-Falle – Wie ein kleiner Preisnachlass zur Abmahnung wird
Ein Online-Händler auf dem Amazon Marketplace sieht sich mit einer Abmahnung konfrontiert.
Der Grund für das anwaltliche Schreiben ist auf den ersten Blick erstaunlich: Der Online-Händler hat ein Buch für 19,69 € anstatt des gebundenen Buchpreises in Höhe von 19,99 € verkauft. Ein Preisunterschied von lediglich 30 Cent.
Für den Händler, der in wettbewerbsorientierten Kategorien wie Elektronik oder Mode gewohnt ist, den niedrigsten Preis zu unterbieten, mag dies wie ein harmloser Versuch erscheinen, die Buy Box zu gewinnen und den Umsatz anzukurbeln.
Der Fall demonstriert eine fundamentale Fehleinschätzung in der Geschäftslogik vieler Online-Händler: Was in den meisten Märkten als legitime Preisoptimierung gilt, ist im Buchmarkt ein absolutes Tabu. Die Preisbindung ist eine starre Regel, die keine Toleranz für selbst kleinste Abweichungen kennt.
Rechtliche Bewertung des Wettbewerbsverstoßes
Im Gegensatz zu fast allen anderen Konsumgütern in Deutschland unterliegen Bücher einer gesetzlichen Preisbindung. Die rechtliche Grundlage hierfür ist das Buchpreisbindungsgesetz (BuchPrG).
Das Ziel dieses Gesetzes ist nicht die Regulierung des freien Wettbewerbs im Allgemeinen, sondern die Bewahrung des Buches als schützenswertes Kulturgut. Die Preisbindung soll die Vielfalt und Qualität des Buchangebots sichern und das flächendeckende Netz kleinerer Buchhandlungen erhalten.
Die zentrale Vorschrift findet sich in § 3 BuchPrG. Sie besagt, dass jeder, der „gewerbs- oder geschäftsmäßig Bücher an Letztabnehmer in Deutschland verkauft, den nach § 5 festgesetzten Preis einhalten muss“. Entscheidend sind dabei zwei Begriffe:
- Gewerbs- oder geschäftsmäßig: Dies schließt nicht nur professionelle Händler mit Tausenden von Angeboten ein, sondern auch Personen, die nur gelegentlich Bücher mit Gewinnerzielungsabsicht verkaufen.
- Letztabnehmer: Die Preisbindung gilt nur im Verhältnis zum Endkunden, der das Buch für den eigenen Gebrauch oder zur unentgeltlichen Weitergabe erwirbt. Verkäufe an andere Händler sind davon ausgenommen.
Ein Verstoß gegen das BuchPrG kann abgemahnt werden. Nach § 9 BuchPrG bestehen gegenüber demjenigen, der gegen das BuchPrG verstößt, sowohl Unterlassungs- als auch Schadensersatzansprüche.
Der aktuelle Abmahnfall illustriert die Funktionsweise einer solchen Abmahnung in der Praxis. Der Händler bot über den Amazon Marketplace das streitgegenständliche Buch zum Verkaufspreis von 19,69 €, obwohl der gebundene Ladenpreis bei 19,99 € lag - diese (minimale) Preisunterschreitung stellt einen Verstoß gegen § 3 BuchPrG dar.
Best Practice: Korrekter Umgang mit der Buchpreisbindung
Für Online-Händler gilt es, die Buchpreisbindung konsequent einzuhalten. Zunächst sollte geprüft werden, ob ein Produkt unter die Preisbindung fällt, was insbesondere für Neuerscheinungen, Verlagswerke und E-Books gilt.
Die Buchpreisbindung verbietet nicht nur die direkte Unterschreitung des Verkaufspreises, sondern auch eine Vielzahl von Umgehungsversuchen, die dem Kunden einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen, der seine Kaufentscheidung beeinflusst. Die Rechtsprechung hat hierzu eine breite Palette an Urteilen gefällt:
- Gratis-Zugaben: Zulässig sind nur Beigaben von geringem Wert. Entscheidend ist nicht der Einkaufspreis für den Händler, sondern der vom Kunden wahrgenommene Wert. Übersteigt die Zugabe diesen Rahmen, liegt ein Verstoß gegen die Buchpreisbindung vor.
- Irreführende Werbung: Begriffe wie „Aktion“ oder „SPAREN SIE BIS 70 %“ sind bei preisgebundenen Büchern unzulässig, auch wenn der tatsächliche Preis korrekt angegeben wird. Sie erwecken den Eindruck unzulässiger Preisnachlässe und gelten daher als irreführend und unlauter.
- Gutscheine und Boni: Eine Anrechnung von Gutscheinen auf den Kaufpreis preisgebundener Bücher ist nur dann erlaubt, wenn dem Händler bereits eine adäquate Gegenleistung zugeflossen ist. Gutscheine oder Boni, die der Kunde ohne jede Gegenleistung erhält und die den Kaufpreis unmittelbar mindern, stellen eine unzulässige Umgehung der Preisbindung dar.
Wenn Sie vertiefende Ausführungen über das Recht der Buchpreisbindung lesen möchten, dürfen wir Ihnen unseren Beitrag Das Buchpreisbindungsgesetz: Wie verkauft man rechtssicher Bücher? als Lektüre empfehlen!
Bei elektronischen Verlagserzeugnissen ist stets die aktuelle Rechtslage im Blick zu behalten. Hilfreich ist es zudem, das Verzeichnis lieferbarer Bücher (VLB) zu nutzen, um die gebundenen Titel im Sortiment sicher zu identifizieren.
Die Buchpreisbindung stellt ein umfassendes Schutzsystem gegen jegliche Form des Preiswettbewerbs dar. Online-Händler müssen daher nicht nur den absoluten Preis, sondern auch alle damit verbundenen Werbeaktionen und Angebote sorgfältig prüfen.
Vermeiden Sie Abmahnungen mit unserem Service LegalScan Pro
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Unser intelligenter E-Mail-Benachrichtigungsservice informiert Sie außerdem sofort, wenn neue Risiken auftreten.
LegalScan Pro steht unseren Mandanten im Mandantenportal zur Verfügung und ist derzeit für Verkaufsauftritte auf folgenden Plattformen bereits ab mtl. 6,90€ buchbar:
Amazon, eBay, Etsy, Kasuwa, Kaufland, Shopify-Shops und WooCommerce
Learning für Händler
Der aktuelle Abmahnfall zeigt eindrücklich, dass die Buchpreisbindung keinerlei Spielraum für Preisabweichungen lässt – selbst minimale Nachlässe wie 30 Cent sind unzulässig und können sofort abgemahnt werden.
Für Händler bedeutet das: Anders als in anderen Warengruppen darf es im Buchhandel weder Preisaktionen noch indirekte Vorteile wie Gutscheine, auffällige Rabattslogans oder wertige Gratiszugaben geben. Wer rechtssicher agieren will, muss konsequent den festgesetzten Ladenpreis einhalten und sämtliche Marketingmaßnahmen darauf abstimmen. Nur so lassen sich teure Abmahnungen vermeiden.
Sie haben eine Abmahnung erhalten - So gehen Sie richtig vor
Auch wenn die in Abmahnungen gesetzten Fristen meist sehr knapp bemessen sind, sollten Sie die Angelegenheit unbedingt von einem fachkundigen Anwalt prüfen lassen. Häufig geht es um erhebliche Zahlungsforderungen, bei denen unüberlegte Reaktionen teuer werden können.
Die beigefügte Unterlassungserklärung ist nach unserer Erfahrung fast immer einseitig ausgestaltet und birgt erhebliche Risiken. In der vorliegenden Form sollte sie daher keinesfalls unterzeichnet werden.
Vertrauen Sie auf die Kompetenz der IT-Recht Kanzlei: Unsere Anwälte verfügen über langjährige Erfahrung im Umgang mit Abmahnungen und vertreten Ihre Interessen zuverlässig und effektiv.
Ihre Hilfe: Der 10-Punkte-Plan: Ihre Checkliste zum Thema Abmahnung .
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