Wie berechne ich die Widerrufsfrist richtig?
Das Widerrufsrecht gehört zu den zentralen Verbraucherschutzinstrumenten im Online-Handel. Entscheidend ist dabei nicht nur ob, sondern wann die Widerrufsfrist beginnt – eine Frage mit erheblicher praktischer Relevanz.
Inhaltsverzeichnis
- Wann beginnt die Frist?
- 1. Mehrere Waren – getrennte Lieferung
- 2. Lieferung in mehreren Teilsendungen oder Stücken
- 3. Regelmäßige Lieferung über einen festgelegten Zeitraum
- 4. Sonstige Fälle der Warenlieferung
- Wer ist „ein vom Verbraucher benannter Dritter“?
- Wann endet die Frist?
- Wie lang ist die Widerrufsfrist bei unterbliebener oder falscher Belehrung?
- Händler-Quickcheck zur Widerrufsfrist
- Fazit
War der Widerruf Ihres Kunden noch rechtzeitig oder verspätet?
Mit unserem Widerrufsfristenrechner vermeiden Sie Rechenfehler und Unsicherheiten – gerade bei Teillieferungen, Feiertagen oder internationalen Verkäufen.
Wann beginnt die Frist?
Der Beginn der Widerrufsfrist richtet sich bei Warenlieferungen nach § 356 Abs. 2 BGB und ist nicht pauschal, sondern konkret anhand des Vertragstyps und der tatsächlichen Lieferabwicklung zu bestimmen.
Maßgeblich ist dabei nicht der Versand, sondern stets der tatsächliche Erhalt der Ware durch den Verbraucher oder einen von ihm benannten Dritten.
Das Gesetz unterscheidet hierbei mehrere Konstellationen, die für Händler erhebliche praktische Unterschiede haben.
1. Mehrere Waren – getrennte Lieferung
Wenn der Verbraucher mehrere Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt hat und die Waren getrennt geliefert werden, beginnt die Frist, sobald der Verbraucher oder ein von ihm bestimmter Dritter die letzte Ware erhalten hat.
Wenn der Verbraucher über das Internet im Rahmen einer einheitlichen Bestellung fünf Jacken bestellt, beginnt die Frist erst dann zu laufen, wenn er die letzte der bestellten Jacken tatsächlich erhalten hat.
2. Lieferung in mehreren Teilsendungen oder Stücken
Wenn die Ware in mehreren Teilsendungen oder Stücken geliefert wird, beginnt die Frist, sobald der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter die letzte Teilsendung oder das letzte Stück erhalten hat.
Erhält der Verbraucher zunächst den Korpus der Kommode und werden die Schubladen erst in einer weiteren Sendung nachgeliefert, beginnt die Widerrufsfrist erst zu laufen, sobald auch die letzte Teillieferung – hier die Schubladen – bei ihm eingegangen ist.
3. Regelmäßige Lieferung über einen festgelegten Zeitraum
Wenn der Vertrag auf die regelmäßige Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum gerichtet ist, wie dies etwa bei bestimmten Abonnement-Modellen der Fall ist, beginnt die Frist, sobald der Verbraucher oder ein von ihm bestimmter Dritter die erste Ware erhalten hat.
Wenn der Verbraucher ein Zeitungsabonnement abschließt, beginnt die Widerrufsfrist bereits mit dem Erhalt der ersten Ausgabe der Zeitung.
4. Sonstige Fälle der Warenlieferung
In allen anderen Fällen, die nicht unter 1.–3. fallen, beginnt die Frist, sobald der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter die Ware erhalten hat.
Wenn der Verbraucher fünf Jacken bestellt, die ihm in einer einzigen Lieferung zugestellt werden, beginnt die Widerrufsfrist mit dem Erhalt dieser Lieferung.
Wer ist „ein vom Verbraucher benannter Dritter“?
In bestimmten Fällen lässt das Gesetz für den Fristbeginn auch die Zustellung an einen vom Verbraucher benannten Dritten genügen. Dabei handelt es sich um eine Person, die vom Verbraucher ausdrücklich gegenüber dem Unternehmer zur Entgegennahme der Ware autorisiert wurde.
Hat der Verbraucher etwa keine ausdrückliche Erklärung abgegeben, dass sein Nachbar zur Annahme der Ware berechtigt ist, beginnt die Widerrufsfrist erst dann, wenn der Nachbar die Ware tatsächlich an den Verbraucher übergibt.
Der vom Verbraucher benannte Dritte kann niemals der Beförderer der Ware sein.
Wird die Ware nach einem erfolglosen Zustellversuch in einer Postfiliale oder Packstation hinterlegt, beginnt die Widerrufsfrist erst mit der tatsächlichen Abholung durch den Verbraucher.
Wann endet die Frist?
Bei ordnungsgemäßer Belehrung endet die Frist nach 14 Tagen, sofern der Unternehmer dem Verbraucher vertraglich keine längere Widerrufsfrist eingeräumt hat.
Bei der Berechnung der Frist ist zu beachten, dass der Tag, auf den das fristauslösende Ereignis fällt, nicht mitgerechnet wird (§ 187 Abs. 1 BGB) .
Erhält der Verbraucher seine über das Internet bestellte Ware beispielsweise am 28.08., beginnt die Frist erst am 29.08. Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, endet die Frist erst mit Ablauf des nächstfolgenden Werktages (§ 193 BGB) .
Fällt das rechnerische Fristende auf den 3. Oktober (gesetzlicher Feiertag) und sind der 4. Oktober (Samstag) sowie der 5. Oktober (Sonntag), endet die Frist erst mit Ablauf des 6. Oktober (§ 193 BGB) .
Wie lang ist die Widerrufsfrist bei unterbliebener oder falscher Belehrung?
Der Unternehmer ist gesetzlich verpflichtet, den Verbraucher ordnungsgemäß über das bestehende Widerrufsrecht zu belehren.
Wird eine solche Belehrung nicht oder nicht korrekt erteilt, beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen.
Das Widerrufsrecht erlischt in diesem Fall jedoch spätestens zwölf Monate und vierzehn Tage nach dem maßgeblichen fristauslösenden Ereignis (§ 356 Abs. 3 BGB) .
Aus diesem Grund ist Online-Händlern dringend zu raten, größte Sorgfalt auf eine rechtlich korrekte Widerrufsbelehrung zu verwenden, die den Verbraucher zutreffend über den Beginn der Widerrufsfrist informiert.
Händler-Quickcheck zur Widerrufsfrist
- Nicht der Versand zählt, sondern der Zugang der Ware.
- Bei mehreren Waren oder Teillieferungen beginnt die Frist erst mit der letzten Lieferung.
- Bei Abos läuft die Frist ab Erhalt der ersten Ware.
- Packstation, Filiale oder Ablageort lösen die Frist noch nicht aus – erst die Abholung.
- Ein benannter Dritter zählt nur bei ausdrücklicher Benennung durch den Verbraucher.
- Fehlerhafte oder fehlende Widerrufsbelehrung = Widerrufsrecht verlängert bis zu 12 Monate + 14 Tage.
- Feiertage und Wochenenden verlängern das Fristende automatisch.
Fazit
Der Beginn der Widerrufsfrist ist für den Händler von erheblicher Bedeutung, da hiervon abhängt, bis zu welchem Zeitpunkt der Verbraucher sein Widerrufsrecht wirksam ausüben kann.
Das Gesetz unterscheidet beim Fristbeginn nach der Art der Warenlieferung, weshalb Händler sorgfältig prüfen und dokumentieren sollten, wann der Verbraucher die (letzte) Ware der jeweiligen Bestellung tatsächlich erhalten hat.
Die Frage des Fristbeginns ist zudem untrennbar mit der inhaltlichen Gestaltung der Widerrufsbelehrung verbunden. Wird der Verbraucher hierüber nicht korrekt informiert, verlängert sich nicht nur die Widerrufsfrist erheblich, sondern es droht zusätzlich ein abmahnbarer Wettbewerbsverstoß.
Online-Händler sollten daher keine ungeprüften Muster übernehmen, sondern ihre Widerrufsbelehrung rechtlich absichern lassen.
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8 Kommentare
AGB: Sie haben das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen.
Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage, ab dem Tag des Vertragsabschlusses.
Ware wird in 4-12 Monate erst geliefert, laut kunden sogar dann noch nicht mal und auf Geld wird auch 1 Jahr gewartet oder garnicht mehr reagiert um zurück zu zahlen.
Nach meinem Verständnis zählt der Tag der Inbesitznahme nicht bei der Berechnung der 14-tägigen Widerrufsfrist mit, der Händler behauptet das Gegenteil. Wer hat nun recht?
Wenn 1 Januar übers Internet Smartphone bestelle und am 1Oktober erst erhalte: wann beginnt Widerrufsfrist?
unter BGB355 wird nicht differenziert und beides ist Fernabsatzgeschäft!
ab wann muss bei einem Widerruf das Geld zurückbezahlt werden!
Mfg
NM
wie sieht es aus, wenn die Ware einen Tag zu spät zurückgeschickt wurde, der Händler die Ware trotzdem annimmt und 14 Tage später (nach Aufforderung) das Geld zurückzahlt. Ist der Kaufvertrag dann rückabgewickelt oder kann er trotzdem noch weiterbestehen?
Vielen Dank!
Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.
(ich schreibe diesen Kommentar, weil in einem anderen Kommentar der sehr gute Artikel der IT-Kanzlei fälschlicher Weise kritisiert wird).
"Beispiel: Wenn das Fristende auf den 3.10. fällt, der 4.10. ein Samstag und der 5.10. ein Sonntag ist, endet die Frist am 6.10."
In dem Beispiel endet die Widerrufsfrist nicht erst am Montag, den 6.10. sondern bereits am Samtag, dem 4.10. - mit Fristablauf am Freitag (3.10.) ist Samstag ist der nächste Werktag nach Fristablauf.
Jetzt liegen genau diese Papiere vor, jedoch steht im Kleingedruckten das was ich im Titel erwähnt habe.
Offensichtlich hat man mich am Telefon belogen.