Widerrufsrecht für Verbraucher: Welche Fristen sind zu beachten?
Bei Kaufverträgen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher im Fernabsatz geschlossen werden, regelt das Gesetz unterschiedliche Fristen, die im Zusammenhang mit dem Verbraucherwiderrufsrecht zu beachten sind. Welche Fristen sind dabei konkret zu beachten, für wen gilt die jeweilige Frist und welches sind die Rechtsfolgen, wenn die jeweilige Frist nicht eingehalten wird? Mit diesen Fragen setzen wir uns im folgenden Beitrag auseinander.
Inhaltsverzeichnis
I. Unterschiedliche gesetzliche Fristen
Das Gesetz regelt unterschiedliche Fristen im Zusammenhang mit dem Verbraucherwiderrufsrecht bei Fernabsatzverträgen zur Lieferung von Waren. Konkret sind dabei folgende Fristen zu unterscheiden:
- Widerrufsfrist
- Rückzahlungsfrist
- Rückgabefrist
1. Widerrufsfrist
Die Widerrufsfrist gibt vor, wie lange der Verbraucher von seinem gesetzlichen Widerrufsrecht Gebrauch machen kann.
Sie ist in § 355 Abs. 2 BGB geregelt und beträgt 14 Tage.
Sie beginnt gemäß § 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB bei einem Verbrauchsgüterkauf,
- der nicht unter eine der folgenden Regelungen fällt, sobald der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die Waren erhalten hat,
- bei dem der Verbraucher mehrere Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt hat und die Waren getrennt geliefert werden, sobald der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die letzte Ware erhalten hat,
- bei dem die Ware in mehreren Teilsendungen oder Stücken geliefert wird, sobald der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die letzte Teilsendung oder das letzte Stück erhalten hat,
- der auf die regelmäßige Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum gerichtet ist, sobald der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die erste Ware erhalten hat.
Die Widerrufsfrist beginnt gemäß § 356 Abs. 3 BGB nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht unterrichtet hat. Das Widerrufsrecht erlischt jedoch spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem oben genannten Zeitpunkt.
Der Verbraucher kann sein Widerrufsrecht auch schon vor Beginn der Widerrufsfrist ausüben, sofern er bereits eine wirksame Vertragserklärung abgegeben hat.
Die Widerrufsfrist kann durch Vereinbarung zwischen den Parteien zugunsten des Verbrauchers verlängert, nicht aber zu seinen Lasten verkürzt werden.
2. Rückzahlungsfrist
Diese Frist gibt vor, bis wann der Unternehmer dem Verbraucher im Falle des Widerrufs spätestens den bereits gezahlten Kaufpreis und die ggf. bereits gezahlten Versandkosten (Hinsendekosten) zurückzahlen muss.
Insoweit regeln §§ 355 Abs. 3, 357 Abs. 1 BGB, dass die empfangenen Leistungen unverzüglich, spätestens aber nach 14 Tagen zurückzugewähren sind. Dabei knüpft der Fristbeginn nach § 355 Abs. 3 BGB an den Zugang der Widerrufserklärung beim Unternehmer an.
Allerdings kann der Unternehmer gemäß § 357 Abs. 4 BGB bei einem Verbrauchsgüterkauf die Rückzahlung verweigern (Zurückbehaltungsrecht), bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren beim Verbraucher abzuholen.
Die Rückzahlungsfrist kann nicht wirksam durch Vereinbarung zwischen den Parteien zugunsten des Unternehmers verlängert werden, da dies den Verbraucher unangemessen benachteiligen würde.
3. Rückgabefrist
Diese Frist gibt vor, bis wann der Verbraucher im Falle des Widerrufs die Widerrufsware spätestens an den Unternehmer zurückgeben muss.
Auch insoweit regeln §§ 355 Abs. 3, 357 Abs. 1 BGB, dass die empfangenen Leistungen unverzüglich, spätestens aber nach 14 Tagen zurückzugewähren sind. Dabei knüpft der Fristbeginn nach § 355 Abs. 3 BGB jedoch nicht an den Zugang, sondern an die Abgabe der Widerrufserklärung durch den Verbraucher an.
Hat der Unternehmer nicht angeboten, die Widerrufsware beim Verbraucher abzuholen, muss der Verbraucher diese an den Unternehmer zurücksenden. In diesem Fall reicht es zur Fristwahrung aus, wenn der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat (z. B. durch Vorlage eines Einlieferbeleges).
Die Rückgabefrist kann durch Vereinbarung zwischen den Parteien zugunsten des Verbrauchers verlängert, nicht aber zu seinen Lasten verkürzt werden.
II. Rechtsfolgen bei Fristversäumung
Je nachdem, welche der vorgenannten Fristen betroffen ist, knüpft das Gesetz unterschiedliche Rechtsfolgen an die Versäumung der jeweiligen Frist.
1. Widerrufsfrist
Gibt der Verbraucher seine Widerrufserklärung nicht innerhalb der gesetzlichen Widerrufsfrist (die vertraglich verlängert werden kann) ab, so erlischt das Widerrufsrecht und er kann sich nicht mehr hierauf berufen.
Der Widerruf hat gemäß § 355 Abs. 1 BGB durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer zu erfolgen. Maßgeblich sind insoweit die aus der Widerrufsbelehrung des Unternehmers ersichtlichen Kontaktdaten. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
Daraus ergibt sich, dass der Verbraucher den Widerruf ausdrücklich erklären muss. Die bloße Rücksendung der Ware ohne entsprechende Erklärung genügt nicht zur wirksamen Ausübung des Widerrufsrechts. Auch kann die fehlende Erklärung in diesem Fall nicht nachträglich geheilt werden, indem der Verbraucher diese nach Ablauf der Widerrufsfrist noch nachschiebt. Maßgeblich ist, dass die Widerrufserklärung selbst fristgerecht abgegeben wird.
Hat der Verbraucher die Widerrufsware bereits an den Unternehmer zurückgeschickt, den Widerruf aber nicht fristgerecht erklärt, kann der Unternehmer den Widerruf als verfristet zurückweisen und den Verbraucher zur Abholung der Ware auffordern, oder ihm die erneute Zusendung der Ware auf Kosten des Verbrauchers anbieten.
Tipp:
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2. Rückzahlungsfrist
Hat der Verbraucher sein Widerrufsrecht form- und fristgerecht ausgeübt, so muss der Unternehmer ihm den ggf. bereits gezahlten Kaufpreis und die ggf. bereits gezahlten Versandkosten spätestens innerhalb von 14 Tagen zurückzahlen, es sei denn, der Unternehmer kann sich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen (siehe oben).
Für die Rückzahlung muss der Unternehmer gemäß § 357 Abs. 3 BGB dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat, es sei denn, es wurde etwas anderes vereinbart und dem Verbraucher entstehen dadurch keine (Zahlungs-)Kosten.
Zahlt der Unternehmer nicht fristgerecht, so kommt er mit Fristablauf gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB in Verzug, ohne dass es hierzu einer Mahnung des Verbrauchers bedarf. Ab diesem Zeitpunkt haftet der Unternehmer dem Verbraucher für einen evtl. Verzugsschaden. Beauftragt der Verbraucher etwa nach Verzugseintritt einen Rechtsanwalt zur Durchsetzung seiner Forderung, so muss der Unternehmer auch die dem Verbraucher hierdurch entstehenden gesetzlichen Gebühren erstatten.
Neben dem oben bereits erwähnten Fall, dass sich der Unternehmer auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen kann, kommt der Unternehmer auch dann nicht in Verzug, wenn die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat, beispielsweise wenn das Bankkonto des Verbrauchers gesperrt ist oder nicht mehr existiert und der Verbraucher den Unternehmer nicht hierüber in Kenntnis gesetzt hat.
3. Rückgabefrist
Hat der Verbraucher sein Widerrufsrecht form- und fristgerecht ausgeübt und die Ware bereits erhalten, so muss er dem Unternehmer die Widerrufsware spätestens innerhalb von 14 Tagen zurücksenden, es sei denn, der Unternehmer hat angeboten, die Widerrufsware beim Verbraucher abzuholen oder die Parteien haben eine längere Rückgabefrist vereinbart.
Zur Fristwahrung reicht es aus, wenn der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren an die zutreffende Rücksendeadresse abgesandt hat (z. B. durch Vorlage eines Einlieferbeleges). Maßgeblich ist dabei die vom Unternehmer in seiner Widerrufsbelehrung angegebene Rücksendeadresse.
Sendet der Verbraucher die Ware nicht fristgerecht zurück, so kommt er mit Fristablauf gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB in Verzug, ohne dass es hierzu einer Mahnung des Unternehmers bedarf. Ab diesem Zeitpunkt haftet der Verbraucher dem Unternehmer für einen evtl. Verzugsschaden. Beauftragt der Unternehmer etwa nach Verzugseintritt einen Rechtsanwalt zur Durchsetzung seiner Forderung auf Herausgabe der Ware, so muss der Verbraucher auch die dem Unternehmer hierdurch entstehenden gesetzlichen Gebühren erstatten.
Der Verbraucher kommt jedoch nicht in Verzug, wenn die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat, beispielsweise wenn der Unternehmer eine falsche Rücksendeadresse in seiner Widerrufsbelehrung angegeben hat.
III. Muster für ein Aufforderungsschreiben bei Verzug des Verbrauchers mit der Rücksendepflicht
Zwar kommt der Verbraucher unter den vorgenannten Voraussetzungen auch ohne Mahnung des Unternehmers mit seiner Rücksendepflicht in Verzug. Allerdings kann es in der Praxis zweckmäßig sein, den Verbraucher vor Einschaltung eines Rechtsanwalts nochmals schriftlich zur Rücksendung der Widerrufsware aufzufordern. Diesem Zweck dient das nachfolgende Muster.
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